Elvis Presley (eBook)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
160 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01249-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Elvis Presley -  Alan Posener,  Maria Posener
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Elvis Presley (1935 - 1977), der «King of Rock 'n' Roll», verkörpert wie kein Zweiter Träume und Alpträume Amerikas: den Aufstieg aus Armut zu Ruhm und Reichtum; die Einsamkeit, den Exzess und Lebensverdruss eines Königs. Seine Musik spiegelt die Widersprüche unserer Zeit - zwischen Schwarz und Weiß, Mann und Frau, Todessehnsucht und Lebenshunger, Rebellion und Konformität, Naivität und Selbstironie, Kommerz und Kunst. Das Bildmaterial der Printausgabe ist in diesem E-Book nicht enthalten.

Alan Posener, geboren 1949, wuchs in London, Kuala Lumpur und Berlin auf. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter die Rowohlt-Monographien über John Lennon, John F. Kennedy, Elvis Presley, William Shakespeare, Franklin Delano Roosevelt und die Gottesmutter Maria. Zuletzt erschien in einer Neuausgabe: «John F. Kennedy. Biographie» (2013). Posener ist Autor der WELT. Er lebt in Berlin.

Alan Posener, geboren 1949, wuchs in London, Kuala Lumpur und Berlin auf. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter die Rowohlt-Monographien über John Lennon, John F. Kennedy, Elvis Presley, William Shakespeare, Franklin Delano Roosevelt und die Gottesmutter Maria. Zuletzt erschien in einer Neuausgabe: «John F. Kennedy. Biographie» (2013). Posener ist Autor der WELT. Er lebt in Berlin.

That’s All Right Mama


1. Hound Dog


Der Mississippi leuchtet / Wie eine Gitarre Marke «National» aus Stahlblech / Und ich folge dem Fluss / Dem Highway / In die Wiege des Bürgerkriegs hinein / Ich fahr nach Graceland … (Paul Simon)[1]

«Graceland» ist ein amerikanischer Wallfahrtsort. Hier lebte und starb Elvis Presley, hier liegt er neben seiner Mutter, seinem Vater und seiner Großmutter im «Meditationsgarten» begraben. Täglich kommen mehrere tausend Menschen aus der ganzen Welt hierher, defilieren an den schlichten Grabplatten vorbei und lassen sich durch das Haus führen, das mit seinem klassizistischen Portikus Erinnerungen an die Herrenhäuser der alten Plantagen wachrufen will und das Elvis in einem Stil dekorieren ließ, der einmal «Neo-Bestattungsinstitut» genannt worden ist.

Wenn sich die alte Baumwollstadt Memphis in der stickig-schwülen Augusthitze quält, finden sich jährlich vierzig- bis fünfzigtausend Menschen zur «Elvis International Tribute Week» hier ein. Höhepunkt ist die traditionelle Kerzenprozession zur Grabstätte am Todestag, dem 16. August.

Memphis ist Elvistown, und Graceland liegt an einer Straße, die schon zu Lebzeiten des Hausherrn in «Elvis Presley Boulevard» umbenannt wurde. Besucher können dort ein Elvis-Museum besichtigen (eine Elvis-Bibliothek nach dem Muster der Präsidenten-Bibliotheken ist auf dem Anwesen geplant), zwei von Elvis’ vier Privatflugzeugen und das «Elvis Presley Automobile Museum» mit einigen seiner Cadillacs, Motorräder, Geländewagen usw. bestaunen. Sie können in einem Tourenbus die Stätten besuchen, die den Aufstieg eines Mannes markieren, der Millionen Anhängern schlicht als «The King» gilt: die Sozialwohnung der Familie Presley in Lauderdale Courts, die Hume High School, das Tonstudio der Firma «Sun Records» in der Union Avenue, die Freilichtbühne in Overton Park, wo der erste große Auftritt stattfand – banale, oft hässliche Orte, auf die das verklärende Licht einer Legende fällt, einer Lebensgeschichte, die bereits zur kollektiven Mythologie des 20. Jahrhunderts gehört.

Und da stoßen wir schon auf eine paradoxe Schwierigkeit: Darüber ist schon so viel geschrieben worden, dass die Leute die wahre Geschichte gar nicht kennen.[2]

Vielleicht gar nicht kennen wollen: Bereits 1958 ehrte der Kongress seines Heimatstaates Mississippi den Dreiundzwanzigjährigen mit einer Resolution: «Elvis Presley ist eine Legende geworden und eine Inspiration für Millionen und aber Millionen Amerikaner, indem er eine historische amerikanische Idee bestätigt, nämlich dass ein Mensch in unserer Nation Erfolg haben kann durch individuelle Initiative, harte Arbeit und nicht nachlassenden Glauben an sich selbst und seinen Schöpfer.»[3] Vierzehn Bundesstaaten begehen den Geburtstag des Stars offiziell als «Elvis Presley Day», und die Lobby der über hundertfünfzig Fan-Clubs in Amerika arbeitet daran, auch die restlichen 36 Staaten herumzubekommen. Der Mann, der 1956 die geheimen Ängste aller Spießbürger der Welt, die un-amerikanische Aktivität schlechthin, den Untergang der abendländischen Kultur verkörperte, ist ein nationales Heiligtum geworden, und nicht nur weil «alle dich lieben, wenn du sechs Fuß unter der Erde steckst», wie John Lennon sang.[4] «Es ist wie deine erste Liebe», erklärt Belinda Lee, die jedes Jahr nach Graceland kommt. Und: «Er erfüllte den amerikanischen Traum, und wir trugen dazu bei, dass dieser Traum Wahrheit wurde.»[5] Die einsamen, traurigen letzten Jahre, da er sich als aufgeblähte Karikatur seiner selbst durch Hunderte von Konzerten quälte, der einsame, unwürdige Tod auf dem Fußboden neben dem Klo gewinnen bereits die Konturen eines Martyriums, in dem wahlweise sein gewissenloser Manager, seine treulose Frau, seine Freunde und Handlanger, die ihn vor der Selbstzerstörung nicht bewahrten, sein Arzt, der ihm Medikamente in tödlichen Mengen verschrieb, oder wir selbst, das Publikum, das sich an ihm nicht sattsehen konnte, die Rolle des Bösen spielen. «Er hat die Stellung eines mittelalterlichen Heiligen eingenommen», sagt der Andenkenverkäufer Ed Rains. «Wir verkaufen Reliquien.»[6]

Acht Souvenirläden gibt es im «Graceland Plaza Shopping Center» am Elvis Presley Boulevard. Hier können die Fans Fotos, T-Shirts, Abziehbilder, Gartenkeramik, Kuscheltiere («hound dogs» und «teddy bears»), Elvis-Wein und Elvis-Make-up kaufen. In anderen Läden gibt es «Love Me Tender»-Strumpfhalter und -Scheidenbefeuchter. Es ist leicht, über diesen Kult zu lachen; Elvis lachte darüber, und über sich selbst; die Fans lachen auch darüber: «Wir zahlen 2000 Dollars, um hierherzukommen», sagt Yoko Minami, Sprecherin einer Gruppe von zwanzig Fans aus Tokio. «Wir kommen jedes Jahr. Früher waren wir nicht verrückt. Er hat uns verrückt gemacht.»[7]

Elvis Presley ist, anders als der Intellektuelle John Lennon, der den Titel für sich reklamierte, ein «working class hero», ein Held aus der Arbeiterklasse für die Arbeiterklasse: Mein Papa war ein einfacher Arbeiter. Er hatte keine berufliche Ausbildung, genauso wenig wie ich. Meistens fuhr er einen Lastwagen.[8] Der bald peinlich-berührte, bald belustigte Blick auf den Elvis-Kult und seine Anhänger – die übergewichtigen Matronen mit Lockenwicklern, die bierbäuchigen «good ol’ boys» mit Baseballmützen – verrät den Hochmut der «Gebildeten – zu nichts Verbildeten», wie Werther sie nennt. «Diese Liebe, diese Treue, diese Leidenschaft … Sie lebt, sie ist in ihrer größten Reinheit unter der Klasse von Menschen, die wir ungebildet, die wir roh nennen.»[9] Und auch Paul Simon, Produkt der jüdisch-intellektuellen Bohème New Yorks, in seinem Habitus genauso weit vom Südstaatenjungen Elvis Presley entfernt wie wir Europäer, bekennt: «Aus Gründen, die ich nicht erklären kann / Will ein Teil von mir nach Graceland / Habe ich Grund zu der Annahme / Dass wir alle Aufnahme finden / in Graceland.»[10]

Sie sollten wissen: Ich las Comics, und ich war der Held der Comic-Hefte. Ich sah Filme, und ich war der Leinwandheld. Also ist jeder Traum, den ich je träumte, hundertmal in Erfüllung gegangen.[11] Lag bewusste Selbstironie vor, wenn sich der «King» als Held der Comic-Hefte – als unwirkliche Gestalt also – bezeichnete? Es ist durchaus möglich. Er war seinem Image, seinem respektvoll-unterwürfigen Yes Sir, No Ma’am gegenüber Reportern, seiner Angst vor Intellektuellen[12] zum Trotz eine komplexe Persönlichkeit, und Selbstironie war einer seiner herausragenden Züge: Während ich hier Wasser trinke, können Sie sich Zeit nehmen und mich anschauen, sagte er dem Publikum seines triumphalen Comeback-Konzerts 1969 im International Hotel. Und dann sagen Sie: «Das soll er sein? Ich dachte, er wär größer. Sieht mickerig aus, der Kerl, nicht wahr?»[13] Er wußte, dass «Elvis» überlebensgroß im Pantheon der amerikanischen Superhelden neben seinen Kindheitsidolen und Rollenmodellen «Superman» und «Captain Marvel Jr.» thronte, mochte auch der Mensch Elvis Presley mit Atemnot, Heiserkeit und Lampenfieber auf einer Bühne in Las Vegas ringen.

Und doch: Welchen anderen Traum hätte ihm Amerika mitgeben können, als den, den er gelebt hat? «From rags to riches» wie die Romanhelden Horatio Algers – von der Blockhütte zum Weißen Haus wie Abe Lincoln – vom Laufjungen zum Millionär wie Andrew Carnegie – vom Sohn armer Weißer, auf die selbst die Schwarzen herabsahen, zum «King»: dies ist die Grundstruktur des grandiosen Mythos, den sich Amerika immer wieder erzählt, der Thomas Jefferson dazu bewegt hat, in die Unabhängigkeitserklärung die kühnen Behauptungen hineinzuschreiben, alle Menschen seien gleich und die Jagd nach dem Glücke sei ihr gottgegebenes Menschenrecht. Nur wer bereit ist, sich auf das Faszinierende und Furchtbare dieses amerikanischen Traums einzulassen, wird Elvis Presleys Geschichte verstehen.

 

Diese Geschichte beginnt etwa 200 km südlich von Memphis, in einem Ort namens East Tupelo, im Bundesstaat Mississippi. Schon der Name Mississippi ruft Bilder hervor: schwarze, fette Erde; Baumwollfelder, die sich zum Horizont erstrecken, in denen in langen Reihen schwitzende schwarze Gestalten schuften; Herrenhäuser, deren glänzendweiße neogriechische Fassaden den Geist der Sklavenhalterdemokratie Athens beschwören; Clark Gable und Vivien Leigh in «Vom Winde verweht»; die schwüle Untergangsstimmung der Dramen von Tennessee Williams. Mississippi ist die Heimat des Blues – Muddy Waters, Howlin’ Wolf, Elmore James, Jimmy Reed, John Lee Hooker, Skip James und Sonny Boy Williamson kommen von hier. Über 50 % der Bevölkerung dieses Staates waren 1930 schwarz. (Der Durchschnitt für das gesamte Gebiet der ehemaligen Südstaaten betrug 24,7 %, in New York State waren 3,3 % Schwarze und in Massachussetts ganze 1,2 %.)[14] Mississippi war der ländlichste und wahrscheinlich rückständigste Staat der...

Erscheint lt. Verlag 14.9.2021
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte 50er Jahre • 60er Jahre • Biografie • Graceland • Memphis • Monografie • Musik • Musiker • Rock n Roll • The King
ISBN-10 3-644-01249-0 / 3644012490
ISBN-13 978-3-644-01249-3 / 9783644012493
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