Schildmaid (eBook)

Das Lied der Skaldin
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2022 | 1. Auflage
448 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60133-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schildmaid -  Judith C. Vogt,  Christian Vogt
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Eine göttliche Stimme aus der tiefgrünen See. Ein blaues Segel in einem Traum. Und der Aufbruch zu einer Reise, von der es kein Zurück mehr gibt ... Seit sieben Jahren baut die Einzelgängerin Eyvor ein Drachenboot in einem Fjord. Als sich immer mehr Außenseiterinnen um sie scharen, wird sie unerwartet zur Kapitänin eines Schiffes, das eigentlich niemals in See stechen sollte. Die Letzte, die sich ihr anschließt, ist Herdis, das Krähenkind: Verfolgt von Berserkern zwingt sie die Gruppe zum Aufbruch. Es beginnt ein tödliches Wettrennen vom skandinavischen Festland bis ins Land der Eisriesen hinein, an dessen Ende nichts Geringeres droht als Ragnarök, das Weltenende selbst. Mystisch, mitreißend und abenteuerlich: eine moderne Neuinterpretation nordischer Sagen. ***»Schildmaid. Das Lied der Skaldin« ist ein Einzelband.***

Judith Vogt (geb. 1981) brennt für die drei großen F: Fantastik, Fechten, Feminismus. Manchmal allein, manchmal mit Co-Autor Christian Vogt schreibt sie Fantasy- und Science-Fiction-Romane, mit Lena Richter podcastet sie beim »Genderswapped Podcast« zu feministischen Themen im Pen-&-Paper-Rollenspiel. Sie übersetzt, lektoriert und schreibt Rollenspiele und journalistische Texte (zum Beispiel auf TOR-Online). Sie ist Mit-Herausgeberin von »Roll Inclusive«, einem Essayband zu Repräsentation im Rollenspiel, und von »Queer*Welten«, dem ersten deutschsprachigen queerfeministischen SFF-Magazin.

Judith Vogt (geb. 1981) und Christian Vogt (geb. 1979) leben in Aachen und schreiben seit knapp zehn Jahren gemeinsam Fantasy, Science-Fiction und historische Romane. Ihr erster gemeinsamer Roman, »Die zerbrochene Puppe«, erhielt 2013 den Deutschen Phantastik Preis, den sie 2014 für die beste Kurzgeschichten-Anthologie ein zweites Mal einheimsen konnten. Sie designen außerdem (ebenfalls preisgekrönte) Pen-&-Paper-Rollenspiele und schreiben Essays und Sachtexte. Darüber hinaus podcastet Judith beim Genderswapped Podcast zu Feminismus und Nerdkultur und ist Mitherausgeberin des quartalsmäßig erscheinenden Kurzgeschichtenmagazins »Queer*Welten«.

Anfang einer Saga


1


Vergiss, was du weißt.

Diese Saga kommt aus einer Zeit, in der Menschen nur geringen Anteil an dieser Welt hatten. Es war das Unsterbliche, das die Welt beherrschte und gestaltete. Das Monströse, das sie zermalmen würde.

Wenn die Welt ungeheuerlich ist, dann werden es auch deine Gedanken. Deine Träume. Dann weißt du nicht, ob die Monster draußen im eisigen Wind lauern oder ob du sie in deinem Herzen mit hereingebracht hast.

Es wird die Zeit kommen, in der du ihnen in die Augen blicken musst.

2


Dies ist die Saga von Eyvor Unträumbar, Tochter der Ássá und des Béga. Ássá und Béga waren Kinder eines umherziehenden Stammes aus Sápmi gewesen, von den Eisküsten des Nordens. Ássá und Béga hatten ihrer Tochter niemals gesagt, warum sie sich in der Fremde niedergelassen hatten, denn Ränke und Scham darüber waren im Spiel. Zunächst hatten sie mit Pelzen und Leder gehandelt, doch mit ihren flinken Händen und scharfen Augen brachte es Ássá als Weberin zu einigem Ruhm. Sie lehrte Eyvor das Weben.

Der Schiffsbauer Orm, der Holz-Orm genannt wurde – aus mehr als einem Grund –, heiratete Eyvor und zahlte ihrer Herkunft zum Trotz einen stattlichen Preis aus vielen breiten Armreifen, denn er brauchte ihre Kenntnisse für die Herstellung seiner Segel.

Eyvor und ihre Mutter und ihre Schwestern woben Segel für Holz-Orms Schiffe.

Sie brauchten dafür ebenso lange wie seine Männer brauchten, um die Schiffe zu fertigen, und auf den Reisen an den Küsten entlang nach Westen und nach Osten kam dem Segel ebenso viel Wert zu wie den Planken.

Holz-Orm selbst brach eines Tages ins Land Garðaríki auf, das im Osten liegt, denn dort fließen Flüsse nach Süden in fremde Meere zu neuen Reichen und Reichtümern. Er reiste mit fünf fertigen Segeln zu den Rus, einer gewaltigen, kostbaren Last, doch er starb auf dem Weg oder kam auf andere Weise abhanden, und niemand weiß, was mit seinen Segeln geschah.

Eyvor blieb zurück und trauerte nicht um Holz-Orm. Sie sagte zu einer ihrer Schwestern an dem Tag, an dem diese selbst heiraten sollte: »Ich bin heute Morgen aufgewacht und hatte vergessen, dass ich verheiratet war.«

Eine Weile webte sie weiter in Holz-Orms Webhaus mit ihrer Mutter, ihrer jüngsten Schwester und den Freigelassenen seines Haushalts. Eyvor verkaufte Tuch, lebte gut davon und von allem, was Holz-Orm, den Eyvor so rasch fortgeträumt hatte, ihr hinterlassen hatte.

Kurz nachdem die jüngste Schwester auf einen anderen Hof geheiratet hatte, starben Ássá und Béga an einem kalten Sturm, der aus dem Norden gekommen war, und an der Krankheit, die er mitgebracht hatte. Man munkelt, so habe ihr Stamm sie sich zurückgeholt.

Der Fluch aus Sápmi streckte auch nach Eyvor die Finger aus und sie wachte fieberkrank aus einem Traum voller Schnee auf. Mit feuchtem Husten in der Kehle schleppte sie sich zum Fjord, in dessen Schutz einst Holz-Orms Schiffe zusammengefügt worden waren.

Kein Schiff lag hier. Eyvor war allein. Doch in ihrem Traum hatte sie durch den Schnee hindurch ein Drachenboot mit blauem Segel gesehen.

3


Andere würden das Schiff einen unträumbaren Traum nennen.

Aber Träume reichen tief, und niemand weiß genau, welche davon wahrhaft unträumbar sind und welche Teil unseres Urðr, des Schicksals. Die Stimme in Eyvors Traum war aus der tiefgrünen Tiefe gekommen, ebenso wie eine Hand, auf der es von Seegras, Seepocken, Muscheln und kleinen Krebsen wimmelte. Diese Hand, die Hand der Meeresgöttin Rán, hatte Eyvor beschirmt und ihr das Drachenboot gezeigt.

Göttinnen sind Hüterinnen unträumbarer Träume. Welche Geschenke könnten mächtiger sein als etwas, das nicht nur unmöglich ist, sondern auch noch unträumbar? Rán begehrte solch ein Geschenk. Wenn Eyvor es ihr geben wollte, musste sie es erst erschaffen.

Eyvor musste gesund werden, um Rán ein Schiff zu bauen.

Dort, wo der Fjord breiter und seine Klippen niedriger wurden, lag ein Wald. Orm und seine Arbeiter hatten an diesem Ort das Holz für die Schiffe ausgewählt und es gab dort eine Hütte. In diese Hütte ging Eyvor und dort begann sie mit dem Bau ihres Drachenboots. Das Fieber und der Husten wichen aus Respekt vor dem Traum und der ihn hütenden Göttin.

Eyvor arbeitete allein an einem Ort, der nicht für sie bestimmt war. Das Unträumbare träumen ist schwer genug, doch es als Sámi zu träumen, es als Frau zu träumen in einem Land der Nordmänner, das ist schwerer, als die passenden Stämme zu finden, sie zu fällen, sie zu spalten, das Holz auf die richtige Weise zu trocknen, zu krümmen, zu ölen.

 

Hin und wieder ging sie zur Küste, um Rán zu sagen, dass sie aufgab. Dass der Schnee wiederkommen solle, um sie zu verschlingen. Alles sei besser, als noch einen Stamm zu spalten. Noch einen Fehler zu machen. Noch einmal mit der Leere des Scheiterns einzuschlafen.

Doch Rán schwieg, wie es die Art der Göttinnen ist. Die Nornen jedoch spinnen jedes Menschen Schicksal als Faden und verweben ihn mit anderen Fäden zu einem Tuch. Der erste Faden, den sie an den von Eyvor knüpften, war der von Wortriff-Tinna, einer Skaldin, obwohl es keine Skaldinnen gab. Ein weiterer Faden war von Störr-Skade, halbwild, mit einem Hauspeer in der einen Hand und ihren Kindern an der anderen. Ein weiterer Faden gehörte der Seherin, Herdis Kráka, dem Krähenkind. Wäre sie nicht gekommen, wäre Eyvors Schiff geblieben, wofür es alle hielten: ein unträumbarer Traum.

 

Eyvor nannte ihr Schiff Skjaldmær, Schildmaid.

4


Während Eyvor zum ersten Mal Bäume gefällt hatte, um sie in Wuchsrichtung zu spalten, hatte Tinna das Recht erworben, sich Skalde zu nennen.

Ihr Lehrmeister hatte ihr alles beigebracht, was er wusste, die Kunst der Drápa, der epischen Gedichte, und die Kunst der kürzeren Flokk, sogar, wie man die Níðs, die Schmähgedichte, führt wie einen Speer, der ins Herz eines gerüsteten Anführers fährt, ohne die Rüstung zu beschädigen. Tinna beherrschte die Kenningr, die Wörter, die ein anderes Wort meinen, und den Stabreim. Tinna kannte die Asen und die Vanen, die Geschlechter der Riesen und der anderen Ungesehenen, für die die Menschen Spielfiguren sind in ihrem Schicksalsspiel. Sie kannte ihre Geschichten und Óðinns zweihundert Namen. Tinna kannte Runen, nicht, wie eine Zauberin sie kennt, sondern sie kannte die Bilder der Runen und die dahinter verborgenen Bilder und die verborgenen Bilder wiederum dahinter.

Tinna war auf der Jagd nach einer Rune.

Es war eine Jagd ohne Waffen, eine Spurensuche, an deren Ende ein Ringen mit einem Geist stand.

Von dieser Rune flüsterte nur, wer sicher war, dass andere das Geheimnis bewahren würden. Tinna hatte sich als vertrauenswürdig erwiesen, die richtigen Fragen gestellt und im rechten Moment geschwiegen. Geduld und Hartnäckigkeit hatten sie auf die Fährte eines Mannes namens Hervard geführt. Die Spur führte zu seinem Grab.

Zu dieser Zeit hatte Eyvor gelernt, Stämme zu gleichmäßigen Planken zu spalten, und sie hatte einen langen Eichenstamm als Kiel ausgewählt und würde noch ein ganzes Jahr beobachten, wie der Baum den Stürmen trotzte, und entscheiden, welche seiner Äste später Bodenwrangen ergäben. Mal sprach sie ihm geduldig zu, an anderen Tagen verfluchte sie ihn.

Am Tag des großen Sturms, der die Eiche fällte, kam Tinna an Hervards Grab an. Viele Männer hatten schon danach gesucht, weil sie es auf Schätze und Schwerter abgesehen hatten, und so gönnte sich Hervard keine Ruhe im Tod. Der Hof in der Nähe war verlassen, denn erwachte Tote sind boshaft und wütend. Erst treiben sie das Vieh in den Irrsinn, dann dringen sie in die Träume der Menschen ein. Entweder, man sammelt seinen Mut und tritt ihnen entgegen, oder man sucht sich einen neuen Hof.

Tinna stand vor dem geöffneten Grabhügel. Auf der...

Erscheint lt. Verlag 24.2.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Anarchie Deco • deutsche Fantasy • Edda • Fantasy Bücher Nordische Mythologie • Fantasy Romane Erwachsene • Feministische Fantasy • High Fantasy • historische Fantasy Romane • J. C. Vogt • J.C. Vogt • nordische Götter • Nordische Legenden • Nordische Mythologie • nordische Sagas • Odin • progressive fantasy • Progressive Phantastik • Ragnarök • Rán • Skandinavien • Valhalla • viking fantasy • Vikings • Wikinger • Wikinger Fantasy
ISBN-10 3-492-60133-2 / 3492601332
ISBN-13 978-3-492-60133-7 / 9783492601337
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