Bergers unverhoffte Reise -  Hans Walker

Bergers unverhoffte Reise (eBook)

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2022 | 1. Auflage
304 Seiten
Buch&Media (Verlag)
978-3-95780-263-7 (ISBN)
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Deutschland, Anfang 1970: Willy Brandt ist Bundeskanzler, das Album »Abbey Road« von den Beatles stürmt die Charts - und der 22-jährige Student Max aus der süddeutschen Provinz erhält ein ungewöhnliches Angebot: Ein Jahr lang soll er als Hauslehrer die Kinder einer deutschen Familie in Indonesien unterrichten. Aber schon die Überfahrt nach Asien wird zu einem großen Abenteuer, geprägt von den Mitreisenden, ihren Emotionen, Dramen und Geheimnissen. Da ist neben den zwei lebhaften Schülern von Max auch deren Mutter, für die er mehr als nur freundschaftliche Gefühle empfindet. Da sind der Schweizer Schriftsteller mit Schaffenskrise und ein holländisches Ehepaar, das trotz der Nähe an Bord immer weiter auseinanderdriftet. Da ist vor allem die geheimnisvolle, sehr attraktive Gräfin, von der sich Max gleichzeitig hingezogen und abgestoßen fühlt. Doch im Laufe der vierwöchigen Passage entwickelt sich zwischen ihm und der deutlich älteren Adeligen etwas, das sein Leben für immer verändert ...

Hans Walker wuchs in der Nähe von Stuttgart auf, studierte einige Semester Physik und arbeitete dann als Privatlehrer in Indonesien. Es folgten ein Studium der Agrarökonomie, Promotion und wissenschaftliche Lehr- und Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der Entwicklungsökonomie. Fast vier Jahrzehnte lang war er als Berater und Moderator im In- und Ausland tätig und lebte in dieser Zeit über ein Jahrzehnt in Afrika. Seit 2018 arbeitet er in eigener Praxis als Personal Coach, Supervisor und Mediator.

Hans Walker wuchs in der Nähe von Stuttgart auf, studierte einige Semester Physik und arbeitete dann als Privatlehrer in Indonesien. Es folgten ein Studium der Agrarökonomie, Promotion und wissenschaftliche Lehr- und Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der Entwicklungsökonomie. Fast vier Jahrzehnte lang war er als Berater und Moderator im In- und Ausland tätig und lebte in dieser Zeit über ein Jahrzehnt in Afrika. Seit 2018 arbeitet er in eigener Praxis als Personal Coach, Supervisor und Mediator.

3

NOCH VOR WENIGEN Stunden waren Alex, Lotte und ihre Mutter zusammen mit Max in einem Erste-Klasse-Abteil der Bahn von Süddeutschland nach Holland unterwegs gewesen. In Rotterdam wurden sie von Herrn Hansen, dem Agenten der Reederei, und einer schwarzen Limousine erwartet, deren vordere Türen das Hapag-Lloyd-Emblem zierte.

Kurz vor drei Uhr erreichten sie einen meterhohen Drahtzaun, der das dahinterliegende Hafengelände abgrenzte. Hansen brachte den Wagen vor einem schweren, zweigeteilten Gittertor zum Stehen.

Ein uniformierter Mann kam aus dem schwarz gestrichenen, hölzernen Wachhäuschen, blickte durch die offene Scheibe auf der Fahrerseite und grüßte Hansen mit einem angedeuteten Kopfnicken. Wasser tropfte vom Rand seiner Schirmmütze. Hansen zeigte ihm die Schiffsbuchungen und fragte etwas auf Holländisch. Der Wachmann antwortete einsilbig, ging auf das Tor zu und öffnete einen Flügel.

Zügig fuhr Hansen über das Hafengelände. Die Sicht aus dem Wagen war eingeschränkt durch den Nieselregen, der kurz nach der Abfahrt am Bahnhof eingesetzt hatte. Immer wieder wich Hansen elegant Schwerlasttransportern aus, die mit Holzkisten beladen waren. Ein anderes Mal musste er scharf bremsen, weil ein Gabelstapler hinter einem Container hervorschoss und auf seine Fahrspur einbog.

Max wusste nicht, wohin er zuerst schauen sollte. Er hatte noch nie das Innenleben eines Hafens gesehen. Die Kinder neben ihm auf der Rückbank waren aufgeregt, machten sich gegenseitig und die Erwachsenen ständig auf Neues aufmerksam und wollten unablässig etwas wissen. Max gab es auf, zu antworten, denn bis er durch sein beschlagenes Fenster erkannt hatte, auf was sich ihre Frage bezog, waren sie schon wieder ein Stück weiter.

An den von Scheinwerfern angestrahlten Piers lagen zahlreiche Frachtschiffe.

»Welches ist unseres?«, fragte Alex.

Anne und Max konnten nicht weiterhelfen. Hansen wirkte auch unsicher.

»Pier 38 müsste hier irgendwo sein«, meinte er zögernd und verringerte das Tempo ein wenig. »Da liegt es!«, rief er dann erleichtert. »Ihr Schiff!«

Die Limousine war jetzt auf der Höhe des Frachters, und in diesem Moment sah auch Max den großen Schriftzug am Bug: Holsatia. Der Schornstein, an dessen Öffnung dunkle Rauchwolken mit dem Niederschlag kämpften, war hell angestrahlt und glänzte im Regen. Die Farben der Reederei, vier breite horizontale Streifen in Schwarz, Weiß, Rot und Gelb, waren gut zu erkennen.

Hansen hielt am Fuß der Gangway an und half der Gruppe mit ihrem Gepäck aus dem Wagen. Dann stieg er in die schwarze Limousine, wendete und winkte ihnen noch einmal durch das offene Seitenfenster zu.

Max spürte, wie ihm die ersten Tropfen über die Nase liefen. Er hasste Regen. Vor allem, wenn er mit kühler Witterung und Wind daherkam.

Den groß gewachsenen Mann mit schwarzem Vollbart, der jetzt in blauer Uniform sehr sportlich die Landungsbrücke herablief, störten die unwirtlichen Bedingungen nicht. Er strahlte und seine hellen Augen blitzten unter der Krempe seiner Schildmütze. In der Hand hielt er eine schwarze Mappe.

»Frau Stoll, nehme ich an. Ich bin Dirk Claasen, der Zweite Offizier der Holsatia. Ich darf Sie im Namen der Reederei und unseres Kapitäns, Herrn Ahlers, ganz herzlich willkommen heißen.« Nach einem kurzen Blick auf die Papiere wandte er sich Max zu: »Herr Berger, wenn ich die Buchung richtig gesehen habe. Herzlich willkommen! Und ihr zwei müsst Alex und Lotte sein. Toll, dass ihr dabei seid. Wenn wir auf hoher See sind, werde ich euch das Schiff zeigen, falls ihr das wollt. Im Moment ist die gesamte Crew jedoch sehr beschäftigt. Die Ladung ist weitgehend an Bord, aber es gibt vor dem Ablegen noch sehr viel zu tun. Und die ersten Stunden nach dem Ablegen sind nicht weniger hektisch für uns.«

Anne bückte sich nach ihrem Koffer.

»Nehmen Sie nur Ihr Handgepäck mit«, empfahl Claasen. »Der Steward ist schon unterwegs und kümmert sich um den Rest.«

Er stieg ihnen zügig voran, ohne sich an einem der Drahtseile festzuhalten, die links und rechts entlang der Gangway gespannt waren. Alex und Lotte liefen wie zwei kleine nervöse Spürhunde dicht hinter ihm her.

Nach wenigen Schritten merkte Max, dass er keinen festen Boden mehr unter den Füßen hatte. Obwohl das Schiff noch vertäut am Pier lag, konnte er schon das leichte Wiegen spüren. Er begann auf den feuchten Holzplanken zu rutschen und griff schnell nach dem Seil. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn.

Als Jugendlicher hatte Max einen empfindlichen Magen gehabt. Busfahrten im Rahmen der Schulausflüge überstand er nie ohne mindestens eine Spuckattacke. Hielt der Busfahrer rechtzeitig, schaffte er es auf den Grünstreifen oder ins Gebüsch. Einmal war der Busfahrer nicht schnell genug gewesen, und der Kragen des Vordermanns hatte daran glauben müssen. Obwohl sein Magen inzwischen nicht mehr so sensibel war wie früher, blieb er doch eine Schwachstelle. Max musste sich möglichst bald an Bord orientieren, bevor es bei ihm losging.

Doch erst einmal verlangte der Eintritt in die Welt des Frachtschiffes seine volle Aufmerksamkeit. Genau genommen war die Holsatia ein Kombischiff, denn sie beförderte neben Gütern noch eine begrenzte Zahl an Passagieren. Nach den Informationen, die Anne von der Reederei erhalten hatte, waren es in diesem Fall genau acht.

Sie traten durch eine schwere, selbstschließende Stahltür in das Deckshaus ein und folgten dem Offizier über zwei enge, steile Metalltreppen nach oben. Dort drückte er eine weitere Tür auf und ließ die vier Passagiere in einen schmalen Flur treten. Der Boden war ab hier nicht mehr aus Stahl, sondern mit einem weichen, braun gemusterten Teppich ausgelegt. Runde Deckenleuchten aus Milchglas verströmten ein weiches Licht.

»Wir sind jetzt im Passagierbereich. Hier finden Sie Ihre Kabinen«, sagte Claasen, nachdem sich die Tür selbsttätig hinter ihnen geschlossen hatte. »Ihrer Buchung entsprechend haben wir Ihnen drei nebeneinanderliegende Kabinen zugeteilt. Entscheiden Sie bitte die Belegung selbst. Ich muss Sie jetzt leider alleine lassen. Die Pflicht ruft. Der Steward sollte mit Ihrem Gepäck jeden Moment da sein. Er wird Ihnen beim Einräumen helfen und alle Fragen beantworten, was den weiteren Ablauf des Abends angeht.«

Anne und Max sahen sich an. Max hätte sich gewünscht, eine Kabine direkt neben der von Anne zu bewohnen. Ihr ruhiger Blick verriet nicht, ob sie auch eine Präferenz hatte.

Alex und Lotte übernahmen sofort die Regie, rannten in die Kabinen, stellten fest, dass sie alle gleich aussahen, und verkündeten ihre Entscheidung: »Wir nehmen die Kabine zwischen dir, Mama, und unserem Hauslehrer!«

Für Max war es befremdlich, seine neue Berufsbezeichnung aus dem Mund der Kinder zu hören. Für Alex und Lotte schien es normal zu sein. »Unser Hauslehrer«. Genau genommen klang es familiär, etwa wie »unser Haus«, »unsere Katze«, und jetzt eben »unser Hauslehrer«.

Max war beeindruckt, als er die ihm zugedachte Kabine betrat. Ein moosgrüner Veloursteppich dämpfte seinen Schritt, vor dem quadratischen Fenster hingen weiße Stores, über die bei Bedarf etwas schwerere, beigefarbene Vorhänge gezogen werden konnten.

Er blickte sich um. Sein neues Domizil war in einen Wohn- und einen Schlafbereich aufgeteilt, die durch einen Vorhang getrennt werden konnten. Im Wohnbereich standen eine Couch und ein Sessel, Beistelltische aus Mahagoni mit Leseleuchten, ein kleiner Schreibtisch, davor ein Holzstuhl mit gepolsterter Sitzfläche. Auf dem Arbeitstisch entdeckte er eine Ledermappe mit dem Emblem der Reederei. An den Wänden des Raums hingen mehrere goldgerahmte Stiche mit Schiffsmotiven.

Eine schmale Tür mit Messingknauf führte in ein Bad mit Wannendusche und WC. Auf einem hüfthohen hölzernen Sideboard stapelten sich flauschige, weiße Handtücher.

Das breite Bett im Schlafbereich war mit einer beigefarbenen, abgesteppten Tagesdecke überzogen. Die Wand gegenüber bestand komplett aus Einbauschränken aus dunklem Holz.

Als Max neugierig eine der Türen öffnete, ging im Schrank automatisch das Licht an. In diesem Moment musste er laut lachen. Alles war so unwirklich. Wie ein Kind begann er zu spielen: Tür auf, Licht an. Tür zu, Licht aus. War es wirklich aus? Er versuchte, durch den Spalt zwischen den beiden Flügeln zu prüfen, ob es wirklich aus war. Es war aus.

Max kam aus dem Staunen nicht heraus. Als er von Anne erfahren hatte, dass sie mit einem Frachtschiff nach Asien fahren würden, hatte er sich eine kleine, spartanisch ausgestattete Kabine vorgestellt.

Ein Klopfen unterbrach sein Treiben mit den Schranktüren.

»Herzlich willkommen, Herr Berger! Ich bringe Ihr Gepäck. Mein Name ist Kai Schlüter. Bitte nennen Sie mich Kai. Ich bin der Steward und werde während der gesamten Fahrt für Sie zuständig sein.«

Kai empfahl ihm ausdrücklich das Studium der Reederei-Unterlagen. »Sie finden sie in der Ledermappe auf dem Schreibtisch. Und bevor ich es vergesse: Der Kapitän erwartet stürmisches Wetter in der Nordsee und im Ärmelkanal....

Erscheint lt. Verlag 14.2.2022
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Asien • Beatles • Hauslehrer • Indonesien • Roman über Schiffsreise • Schiffsreise • Willy Brandt
ISBN-10 3-95780-263-6 / 3957802636
ISBN-13 978-3-95780-263-7 / 9783957802637
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