Brüder des Windes (eBook)

Ein Roman aus Osten Ard

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
368 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-11856-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Brüder des Windes -  Tad Williams
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Tausend Jahre vor den Ereignissen, die im Drachenbeinthron geschildert werden: Die (fast) unsterblichen Sithi herrschen über die nördlichen Regionen von Osten Ard. Da tauchen Gerüchte auf, dass einer der ältesten und tödlichsten Drachen von ganz oben im Norden in das Reich eingedrungen ist. Am nächsten Morgen ist einer der beiden Söhne der mächtigsten Familie der Sithi verschwunden ... Unter den Sithi Osten Ards gibt es keine anderen zwei, die so geliebt und bewundert werden wie die beiden Söhne der Herrscherfamilie: Hakatri, ein stets verläßlicher Junge, und sein stolzer und leidenschaftlicher kleiner Bruder Ineluki, der spätere Sturmkönig. Sein Temperament reißt den jüngeren hin, einen gleichermaßen kühnen wie schrecklichen Schwur zu leisten: Er will das tödliche und furchtbare Ungeheuer Hidohebhi zur Strecke bringen und vernichten. Aber damit bringt er nicht nur seinen Bruder und sich selbst in die größte Gefahr, sondern er beschwört auch eine Katastrophe für alle Sithi herauf, womöglich sogar auch für das ganze menschliche Geschlecht. 

Tad Williams, geboren 1957 in Kalifornien, ist Bestseller-Autor und für seine epischen Fantasy- und Science-Fiction-Reihen, darunter Otherland, Shadowmarch, und Der letzte König von Osten Ard, bekannt. Seine Bücher, die Genres erschaffen und bisherige Genre-Grenzen gesprengt haben, wurden weltweit mehrere zehn Millionen Male verkauft.

Tad Williams, geboren 1957 in Kalifornien, ist Bestseller-Autor und für seine epischen Fantasy- und Science-Fiction-Reihen, darunter Otherland, Shadowmarch, und Der letzte König von Osten Ard, bekannt. Seine Bücher, die Genres erschaffen und bisherige Genre-Grenzen gesprengt haben, wurden weltweit mehrere zehn Millionen Male verkauft.

Ich unternehme es jetzt, die Geschichte meines Herrn Hakatri zu erzählen oder jedenfalls die Teile, die ich selbst miterlebt habe, doch noch ehe ich beginne, bin ich schon voller Zweifel. Ich kann die Geschichte meines Herrn nicht erzählen, ohne auch von mir zu berichten, aber ich bin nicht mehr der Pamon Kes, der so lange an seiner Seite gereist ist. Das, was uns widerfuhr, hat mich fast so sehr verändert wie ihn, und ich erinnere mich kaum noch an den, der ich damals war. Dennoch: Der Pamon Kes von heute wird sein Bestes tun zu erzählen, was der Pamon Kes von damals in jener schicksalhaften Zeit sah, hörte und fühlte.

Ich habe keine Ahnung, wer diese Worte lesen wird, aber mein Gefühl sagt, ich muss sie niederschreiben. Die Jahre vergehen, irgendwann wird der Tod mir die Augen schließen und mich verstummen lassen. Das Wissen um solch wichtige Geschehnisse gehört nicht mir allein, sondern allen Erben des Verlorenen Gartens.

Trotzdem ist es kein Leichtes, unerfreuliche Wahrheiten auszusprechen, auch wenn man es hinter dem Schild der Ehrlichkeit tut. Viele werden meine Worte mit Hohn und Verachtung aufnehmen, weil ich bin, was ich bin – ein Tinukeda’ya, einer von denen, die oft auch »Wechselwesen« genannt werden und für geringere Kreaturen erachtet werden als unsere Zida’ya-Herren. Aber ich bitte die, die mein Bericht erzürnen könnte, zu verstehen, dass ich mich trotz allem, was geschehen ist, dem Haus der Tanzenden Jahre und dem Volk von Asu’a immer noch in Treue verbunden fühle. Die einzige Möglichkeit, die mir bleibt, diese Treue zu zeigen und meinen Herrn zu ehren, ist es, die Dinge so darzustellen, wie ich sie in Erinnerung habe, ohne Rücksicht darauf, dass manch einer darüber nicht glücklich sein wird.

»Pflicht ist Ehre«, pflegte mein strenger Vater zu sagen. »Und Ehre ist alles.«

Aber ich würde dem noch etwas hinzufügen. Ich habe gelernt, dass unsere oberste Pflicht die Pflicht zur Wahrheit ist, denn ohne die Wahrheit ist alle Ehre hohl.

Es war in den letzten Tagen des Schlangenmonds, früh in der Zeit der Erneuerung, als das Wetter sich gerade zu ändern begann. Alles schien ganz normal für die Jahreszeit: Der Himmel über der Stadt war, wie schon seit einigen Tagen, kalt, aber hell, und viele Vögel sangen.

In der Früh, nachdem ich ein Gebet an den Verlorenen Garten gerichtet hatte, ging ich in die großen Stallungen des Palastes, um die Pflege der Pferde meines Herrn und die Morgenfütterung zu beaufsichtigen und dabei zu schauen, ob alle Tiere in bester Verfassung waren oder ob eines womöglich irgendeine Kümmernis oder eine Wunde plagte. Es schien ein Tag wie jeder andere. Um mich herum waren niedriger gestellte Tinukeda’ya, hauptsächlich Pferde- und Stallknechte, fleißig bei der Arbeit, auch nachdem die Pferde gefressen hatten; sie striegelten das prächtige Fell der Tiere, führten sie auf dem weißen Sand des Hofs umher, um sie zu bewegen, und umhegten sie auf vielerlei Art und Weise. Die Stallungen von Asu’a sind voll von Pferden stolzer, alter Abstammungslinien, und die, die für sie sorgen, sind ebenfalls stolz.

Yohe, Waffenträgerin – vergleichbar dem, was die Sterblichen des Südens »Knappe« nennen – des Bruders meines Herrn, Ineluki, war die einzige Zida’ya, die ich in den Stallungen antraf. Yohe war dünn, selbst für ihr schlankes Volk, kräftig und pragmatisch, und sie trug das Haar immer eng am Kopf geflochten, damit es sie bei der Arbeit nicht behinderte. Sie sang leise, während sie ein Neun-Jahreszeiten-Fohlen mit dem Mottenzaum bekannt machte. Unsere Blicke trafen sich, aber sie begrüßte mich lediglich mit einem knappen Nicken. Ich war auch Waffenträger, genau wie Yohe, doch die Zida’ya-Knappen verschwendeten kaum je Zeit damit, höflich zu mir zu sein, wobei Yohe immerhin meine Anwesenheit zur Kenntnis nahm. Sie hatte zudem eine Rechtfertigung für ihre knappe Begrüßung: Einem jungen Pferd erstmals einen Zaum anzulegen, ist eine heikle Sache. Unsere Pferde mögen es nicht, irgendetwas im Gesicht zu haben, nicht einmal etwas so Leichtes wie einen Mottenzaum. (Ich habe nie verstanden, wie die Sterblichen ihren Pferden eine Gebissstange ins Maul schieben können, unsere Asu’a-Pferde würden sich das nie gefallen lassen.) Ich beobachtete, wie Yohe die »Flügel« der Motte anhob, indem sie sanft am Zügel zog. Das Fohlen scharrte ein wenig mit den Hufen, aber Yohe hatte eine leichte Hand, und das Fohlen blieb ruhig, eingelullt durch ihren uralten Gesang. Ich fuhr fort, die Pferde meines Herrn zu inspizieren.

Als ich einen Stein aus dem Huf der hellen Stute Gischtkrone kratzte und überlegte, ob der Bronzeschmied sie wohl neu beschlagen müsste, kam ein junger Tinukeda’ya-Stallknecht vom Hof hereingerannt. Es war Nali-Yun, ganz rot vor Aufregung.

»Waffenträger Pamon, da sind Sterbliche im Palast!«, verkündete er laut.

Yohe wandte sich ihm zornig zu. »Bist du verrückt?«, zischte sie ihn an und versuchte dabei, das erschrockene Fohlen zu beruhigen. »Brüllst wie ein Tier! Pass doch auf, Wechselwesen!«

Ich zog Nali-Yun beiseite. »Wann sind denn keine Sterblichen im Palast?«, fragte ich ihn ruhig. »Sie stehen doch jeden Morgen vor Sonnenaufgang an den Toren Schlange, um Dinge einzutauschen oder zu verkaufen. Sie lungern im Besucherhof herum und schreien wie Krähen auf jeden Vorbeikommenden ein, in der Hoffnung auf eine Audienz bei der Sa’onsera und dem Protektor – die ihnen nie gewährt werden wird. Wir können doch kaum einen Schritt aus dem inneren Palast hinaustun, ohne über irgendwelche Sterblichen zu stolpern. Warum schreist du wegen etwas so Normalem derart herum?«

»Du bist immer so streng, Pamon Kes«, beschwerte er sich. »Was ich zu sagen habe, ist überhaupt nicht normal.«

»Im Stall herumzuschreien auch nicht.« Doch es behagte mir gar nicht, einen anderen Tinukeda’ya vor Yohe auszuschelten – sie und die übrigen Zida’ya-Knappen hielten schon wenig genug von uns. »Also, sprich, warum ist die Ankunft weiterer Sterblicher ungewöhnlich?«

»Weil es eine ganze Schar von Sterblichenmännern aus dem Westen ist. Sie haben um eine Audienz ersucht – und Herrin Amerasu hat sie ihnen gewährt. Sie beginnt beim Läuten der Morgenglocke. Du musst schnell hin!«

»Zwing mich nicht, noch mal Ruhe zu verlangen«, warnte ihn Yohe streng.

Ich tat mein Bestes, mich dem jungen Stallknecht gegenüber zu beherrschen. »Warum sollte ich schnell hinmüssen? Um ein paar Sterblichenmänner zu sehen? Das ist doch nichts Neues.«

»Na ja, du solltest dich wohl trotzdem beeilen«, sagte er grinsend. »Weil dein Herr Hakatri wünscht, dass du zu ihm in die Halle der Tausend Blätter kommst.«

»Du Dummkopf.« Jetzt war ich richtig ärgerlich. »Das hättest du mir gleich sagen sollen.«

Ich säuberte mich sofort, so gut es ging, und eilte in die große Halle, doch durch das Geschwätz des Stallknechts hatte ich unnötig Zeit verloren. Als ich die Vorhalle der großen Halle erreichte, strömten die anderen Höflinge bereits hinein. Die allermeisten waren goldhäutige Zida’ya wie mein Herr, aber ich sah auch ein paar knochenbleiche Hikeda’ya, Angehörige des Bruder-Volks der Zida’ya. (Wir Tinukeda’ya haben ebenfalls goldene Haut, aber unser Goldton ist nicht so kräftig wie der unserer Zida’ya-Herren, wie bei verdünntem Wein.) Hikeda’ya waren jetzt in Asu’a selten – die meisten waren ihrer selbsternannten Königin Utuk’ku nach Norden in deren Bergstadt Nakkiga gefolgt –, weshalb sie mit ihren onyxschwarzen Augen und ihrer pergamenthellen Haut umso mehr hervorstachen. Die Hikeda’ya, die in Asu’a geblieben waren, hatten ihr Leben hier unter den Zida’ya über ihre Blutsbande gestellt, und wenn sie auch von ihren Verwandten im Norden dafür verachtet und sogar als Verräter betrachtet wurden, mischten sich die Hikeda’ya von Asu’a weiterhin so selbstverständlich unter das Volk meines Herrn, als hätte die große Trennung der beiden Clans nie stattgefunden.

Als ich eintrat, fiel das erste Sonnenlicht durch die hohen Fenster der Halle der Tausend Blätter auf die vielen verschiedenen Farbtöne von Kleidung und Haaren der versammelten Zida’ya. Hoch über den Köpfen, an den Wänden und unterm Dach des heiligen Kuppelsaals, den die Zida’ya den Yásira nannten, leuchteten die Flügel der zahllosen Schmetterlinge auf, die dort saßen und langsam erwachten.

Auf dem Podest unter der offenen Kuppel saßen die führenden Mitglieder des Hauses der Tanzenden Jahre – die meisten jedenfalls. Die Ehrenplätze gehörten natürlich Sa’onsera Amerasu und Protektor Iyu’unigato, den Eltern meines Herrn Hakatri. Die Ehefrau meines Herrn, Briseyu, saß auch dort oben, auf dem Schoß ihre kleine Tochter...

Erscheint lt. Verlag 13.4.2022
Übersetzer Cornelia Holfelder-von der Tann, Wolfram Ströle
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Drache • Drachen • Elben • Freunde • Jugend • Königskinder • Mut • Osten-Ard • Schwur
ISBN-10 3-608-11856-X / 360811856X
ISBN-13 978-3-608-11856-8 / 9783608118568
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