HumorCare -

HumorCare (eBook)

Das Heiterkeitsbuch für Pflege- und Gesundheitsberufe

Christoph Müller (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
272 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-75894-7 (ISBN)
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Humor und Lachen sind wichtige Ressourcen für Patientinnen, Angehörige und Gesundheitsprofis, um mit Krankheit und Behinderung zurecht zu kommen. 'HumorCare', das Heiterkeitsbuch für Pflege- und Gesundheitsberufe, stellt eine humorvollen Haltung in psychosozialen Handlungsfeldern in den Mittelpunkt. Der Pflegeexperte Christoph Müller und namhafte Humorforschende stellen Konzeptbausteine, innovative Projekte sowie Reflexionen zu pflegerischen Praxissituationen vor. Der Herausgeber und die Autorinnen • analysieren das Phänomenen des Humors und zeigen, wie Lachen und Heiterkeit gefördert werden können • beschäftigen sich mit der Angst vor dem Ausgelachtwerden und einer selbstironischen Rhetorik • zeigen die Kraft des befreienden Lachens • verdeutlichen Möglichkeiten, den Humor für die psychosoziale Praxis von Pflege- und Gesundheitsberufen zu trainieren • schlagen konkrete Interventionen in verschiedenen Settings von Akut- bis Langzeitpflege sowie mit jungen und alten Menschen vor • stellen Variationen des clownesken Arbeitens und des Lachyoga vor

|25|1 Kleine Geschichte des gesunden Lachens


Wann wird Humor im Krankenhaus nicht mehr belächelt?

Eckart von Hirschhausen

Stellen Sie sich vor, Sie werden auf einer Party jemandem als Humortrainer vorgestellt. Was werden die ersten Fragen sein? Kann man davon leben? Haben sie was Richtiges gelernt? Oder: Jetzt mal im Ernst, was machen sie wirklich? Ich träume davon, dass es in einer Generation gelingen wird, die Humorforschung in eine anerkannte Wissenschaft überführt zu haben, mit mehreren Lehrstühlen in Deutschland, als Inhalt in allen pflegerischen, medizinischen und therapeutischen Berufen, und mit Partys, wo man sich eher schämt, wenn man Jurist, Verwaltungsdirektor oder Steuerberater ist.

Ich freue mich, für dieses Buch einen kleinen Überblick darüber zu geben, in welchem Zusammenhang mein Engagement für Humor in der Pflege steht. Humor in die Gesundheitsbranche zu bringen habe ich mir nicht im luftleeren Raum ausgedacht. Dazu gab es zahlreiche Vordenker. Keine Angst, ich fange nicht bei Aristoteles an – obwohl der sich schon sehr für die Kraft der Komik interessiert hat. Viele grosse Geister von Immanuel Kant, Arthur Schoppenhauer und Sigmund Freud haben sich intensiv damit beschäftigt, was diese Urkraft des Lachens auslöst und welche Funktion sie hat.

Einer der Pioniere der Humortherapie war der Österreicher Viktor Emil Frankl. Wegen seiner jüdischen Herkunft kam er 1942 ins Konzentrationslager. Er überlebte. Aufgrund seiner Erfahrungen und Beobachtungen begründete er die „Logotherapie“, die viel Wert darauf legt, sich mit dem Sinn (gr. logos) im Leben und Leiden zu beschäftigen. Seine zentrale Erkenntnis war, dass Menschen selbst unter den widrigsten Umständen in der Lage waren, der Situation einen „Sinn“ abzutrotzen.

Frankl verabredete mit anderen Häftlingen, sich jeden Tag einen Witz zu erzählen und sagte im Nachhinein, dass die gezielte Beschäftigung mit Humor ihn davor gerettet habe, aufzugeben und zu zerbrechen. Auf seinen Gedanken bauten dann weitere Revolutionäre der Psychotherapie wie Paul Watzlawick auf, dessen „Anleitung zum Unglücklichsein“ sich immer wieder zu lesen lohnt. Frankl ist in Deutschland viel zu wenig bekannt. Dabei ist er für mich einer der bedeutendsten Psychologen und der Begründer von all dem, was heute unter „Resilienz“ verhandelt wird.

1.1 Weniger Lachen nach Schmerzmittel


Auf die Idee, sie systematischer im Krankenhaus zu nutzen, kam aber bis vor rund 30 Jahren niemand. Dann kamen gleich drei Ideen in den USA zusammen: Norman Cousin, Patch Adams und Michael Christensen. Es war bezeichnenderweise ein Patient, der etwas an sich selbst beobachtete und ins Rollen brachte. Der amerikanische Journalist Norman Cousins litt unter einer rheumatischen Erkrankung der |26|Wirbelsäule, die stationär behandelt wurde. Von ihm stammt die wichtige Beobachtung: „Ein Krankenhaus ist kein guter Ort für kranke Menschen.“

Er buchte sich gegenüber von der Klinik ein Hotelzimmer, lud abends, wenn die Therapien vorbei waren, dorthin Freunde ein und schaute seine liebsten komischen Videos der Marx-Brother. Dabei bemerkte er, dass er nach dem gemeinsamen Lachen weniger Schmerzmittel brauchte. Dies teilte er seinen Ärzten mit, seine Biografie „Der Arzt in uns selbst“ wurde zum Bestseller und zum Startschuss für die amerikanische Lachbewegung.

Vielleicht kennen Sie den Film „Patch Adams“, in dem Robin Williams den anarchischen Medizinstudenten spielt, der versucht, mit den Patienten Quatsch zu machen und dafür hochkant aus der Ausbildung rausfliegt. Der echte Patch Adams ist eher ein Aktivist als ein Clown und bis heute weltweit unterwegs, ob in Flüchtlingslagern, mit Strassentheater und Vorträgen. Neben der Clownerie im Krankenhaus hat eine andere Bewegung parallel stattgefunden, das Lachyoga. Auch wenn es einzelne Menschen gibt, die beides miteinander verbinden, ist das eine separate „Szene“. Dr. Madan Kataria, ein indischer Arzt, propagiert das Lachen ohne Grund. In seinen „Lachclubs“ mischt er Yogatechniken mit bewusstem rhythmischem Klatschen und Ausatmen auf „Ha-Ha-Ho-Ho“.

Der erste echte Klinik-Clown war Michael Christensen vom New Yorker Big Apple Circus, der als „Dr. Stubs“ in einem weissen Kittel und einem Gummihuhn die ersten „Clownsvisiten“ für Kinder startete. Eine seiner Mitarbeiterinnen, die Schauspielerin und Pantomimin Laura Fernandez, brachte diese Idee vor gut 20 Jahren nach Deutschland und startete mehrere regionale Gruppen und Vereine. Inzwischen ist sie die künstlerische Leiterin meiner bundesweiten Stiftung HUMOR HILFT HEILEN.

Parallel dazu entwickelte der amerikanische Sozialarbeiter Frank Farelly mit der deutschen Psychologin Eleonore Höfner die „Provokative Therapie“ und setzte den Humor in den Mittelpunkt therapeutischer Arbeit, um Patienten und Klienten zu helfen. Vor einigen Jahren begann ein Medizinstudent in Leipzig das Projekt „Arzt mit Humor“. Gemeinsam mit HUMOR HILFT HEILEN und dem Deutschen Institut für Humor werden Medizinstudenten in Humortrainings auf die besondere Arzt-Patienten-Kommunikation sensibilisiert. Erstmalig 2017 erreichen wir einen Meilenstein. An der Uniklinik Münster haben wir das Humortraining nun fest ins Curriculum für alle Studenten integriert – ob sie wollen oder nicht. Am Humor kommen sie nun nicht mehr vorbei. Diesen Vortrag und das Humortraining gestalten wir natürlich sehr einladend. Von mehreren Seiten und vielen fleissigen Mitstreitern wird Humor inzwischen als therapeutische und medizinische Heilkraft und als Handwerk unter die Lupe genommen.

1.2 Pflegezeit ist Lebenszeit


Die Humorarbeit wird oft mit Clowns im Krankenhaus gleichgesetzt. Es war zwar historisch der Beginn, aber es ist nur ein Teil des Potenzials. Inzwischen gibt es neben den Klinik-Clowns viele Humortrainer, gut ausgebildete Humor-Therapeuten und Profis, was den helfenden Einsatz von Humor angeht. „Pflegezeit ist Lebenszeit!“ Dies sollte für beide Seiten gelten, für Patienten und Pflegende. Aber wer hat noch Zeit? Wenn Zeit Geld ist und gespart wird, wird am grausamsten an Zuwendung gespart, denn es fällt erst einmal nicht so auf.

Ich habe selber noch an der Universitätsklinik der Freien Universität in Berlin gearbeitet, die heute zur Charité gehört. Es ist das grösste Klinikum Europas. Was die wenigsten noch wissen: Das Wort Charité kommt nicht von Shareholder Value. Charité kommt von Caritas, der Nächstenliebe. Sich um kranke Menschen zu kümmern war ursprünglich im christ|27|lichen Abendland ein Akt der Barmherzigkeit. Ein Patient ist kein Kunde, sondern ein leidender Mensch. Die wichtigste Frage sollte nicht sein, wie mache ich mit ihm 20 % Rendite, sondern: Was kann dem helfen? Deshalb glaube ich auch, dass es keinem Zufall, sondern einer inneren Logik entspricht, wenn die Gegenbewegungen zur kommerzialisierten Medizin etwa zeitgleich entstanden sind.

Sowohl die Humor- als auch die Hospizarbeit wollen das Humane in der Humanmedizin stärken. Ein Krankenhaus ist ein Ort der Heilung, des Schicksals und des Sterbens. Überraschenderweise wird auf Palliativstationen und in Hospizen viel gelacht. HUMOR HILFT HEILEN finanziert aktuell ein Forschungsprojekt in der Palliativmedizin der Uni Bonn und eine regelmässige Clownsvisite auf der Palliativstation in Jena, frei nach dem Motto von Georg Bernhard Shaw: „Das Leben hört nicht auf komisch zu sein, wenn wir sterben. So wenig wie es aufhört ernst zu sein, wenn wir lachen.“

Ein grosser Trend in Medizin, Therapie und Gesellschaft sind Meditation und Achtsamkeit. Auch hier gibt es meines Erachtens eine grosse Querverbindung zum Humor. Im Lachen können Widersprüche bestehen bleiben, ohne dass sie aufgelöst werden müssen. Unser Verstand will die Welt sortieren, die ist aber viel zu komplex, um sich in gut/böse, rechts/links,...

Erscheint lt. Verlag 14.10.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Pflege
Schlagworte Angst • Ausgelachtwerden • befreiend • Behinderung • Gesundheitsberufe • Heiterkeit • HumorCare • Humorforschende • Humorforschung • humorvoll • Interventionen • KlinikClowns • Krankenpflege • Krankheit • Lachen • Lachyoga • Pflege • Psychosozial • Selbstironisch • Therapie
ISBN-10 3-456-75894-4 / 3456758944
ISBN-13 978-3-456-75894-7 / 9783456758947
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