FEM - Freiheitseinschränkende Maßnahmen (eBook)

Gesetzliche Grundlagen - Praxisbeispiele - Alternativen
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
164 Seiten
Schlütersche (Verlag)
978-3-8426-9127-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

FEM - Freiheitseinschränkende Maßnahmen -  Jutta König,  Marion Schibrowski
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Kompakter Ratgeber in Sachen FEM Tipps für die tägliche Praxis Alternativen für ein Plus an Lebensqualität FEM - das lässt sich mit 'freiheitseinschränkenden Maßnahmen' genauso gut übersetzen wie mit 'Freiheit eines Menschen'. Denn es gibt Alternativen zu Maßnahmen wie Bettgittern, Sitzgurten oder augenfälligen Protektoren, um vor allem Menschen mit Demenz zu schützen. Dieses Buch liefert Beispiele und vor allem viele Alternativen, die in der Praxis zu mehr Lebensqualität führen, ohne den Sicherheitsaspekt zu vernachlässigen: Biografiearbeit, Redufix, Werdenfelser Weg, Leitlinie FEM. Die Autorinnen tragen kurz und kompakt das grundlegende Wissen zusammen. Sie informieren über die aktuelle Rechtsprechung, über Sinn und Unsinn von Fixierungen. Und sie beweisen: Rund ein Drittel aller Maßnahmen kann entfallen, wenn Pflegende ihre Haltung ändern. Die Lektüre dieses Buches ist ein guter Anfang auf diesem Weg.

Jutta König ist Wirtschaftsdiplombetriebswirtin Gesundheit (VWA), Sachverständige bei verschiedenen Sozialgerichten im Bundesgebiet sowie beim Landessozialgericht in Mainz, Unternehmensberaterin, Dozentin in den Bereichen SGB V, SGB XI, Haftungs- und Betreuungsrecht. Sie ist examinierte Altenpflegerin, arbeitete als Pflegedienst- und Heimleitung. Marion Schibrowski arbeitet als Bereichsleitung im zentralen Qualitätsmanagement der Azurit-Gruppe in Fürstenzell. Nach ihrer Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin absolvierte sie Weiterbildungen zur Stations- und Pflegedienstleitung.

Jutta König ist Wirtschaftsdiplombetriebswirtin Gesundheit (VWA), Sachverständige bei verschiedenen Sozialgerichten im Bundesgebiet sowie beim Landessozialgericht in Mainz, Unternehmensberaterin, Dozentin in den Bereichen SGB V, SGB XI, Haftungs- und Betreuungsrecht. Sie ist examinierte Altenpflegerin, arbeitete als Pflegedienst- und Heimleitung. Marion Schibrowski arbeitet als Bereichsleitung im zentralen Qualitätsmanagement der Azurit-Gruppe in Fürstenzell. Nach ihrer Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin absolvierte sie Weiterbildungen zur Stations- und Pflegedienstleitung.

2.1Antifolterkommision


Bei dem Wort »Antifolterkommission« denkt man an Straflager, Gefängnisse, Polizeistationen, Auffanglager und vielleicht noch die geschlossene Abteilung einer Psychiatrie. Aber sicher denkt man nicht an Pflegeinrichtungen, wenn man von einer Kommission gegen Folter liest. 2013 wurde die bestehende Liste der »Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter« hinsichtlich zu überprüfender Institutionen um Altenpflegeeinrichtungen ergänzt. Und ab 2015 wurde in Einrichtungen geprüft. Im Namen des Justizministeriums prüft die Anti-Folter-Stelle, ob beispielsweise freiheitseinschränkende Maßnahmen in Pflegeheimen ihre Richtigkeit haben.

Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter beschreibt ihre Aufgaben auf ihrer Homepage wie folgt: »Hauptaufgabe der Nationalen Stelle ist es, Besuche an Orten der Freiheitsentziehung im Sinne von Artikel 4 OPCAT durchzuführen. Sie unterbreitet Empfehlungen mit dem Ziel, die Behandlung und die Bedingungen der Personen, denen die Freiheit entzogen ist, zu verbessern und Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe zu verhindern.«12

Natürlich ist es unschön, wenn eine Antifolterkommission in Pflegeeinrichtungen geht und dies auch in der Zeitung breitgetreten wird. Ist doch ein solcher Besuch wieder scheinbar ein Beweis für den schlechten Ruf der Altenhilfeeinrichtungen. Andererseits wäre es gut, wenn Freiheitseinschränkungen noch mehr in den Fokus genommen würden. Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter ist in Altenpflegeeinrichtungen tatsächlich wenig aktiv. So wurden 2019 lediglich sechs Heime in Deutschland besucht, mit dem erfreulichem Ergebnis: »Im Rahmen ihrer Besuche hat die Nationale Stelle unter anderem Folgendes positiv bewertet: Häufig fiel in den besuchten Alten- und Pflegeheimen der wertschätzende Umgang mit den Bewohnerinnen und Bewohnern auf. Beispielsweise wurde der Bewohnerschaft durch regelmäßige Bewohnerversammlungen eine Beteiligung am Heimalltag ermöglicht und Wünsche und Ideen aufgegriffen.«13 Ein Jahr zuvor, dem sogenannten »Schwerpunktjahr« der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter, wurden bundesweit 28 Einrichtungen der Altenhilfe aufgesucht.

2.2Testen Sie Ihr Wissen


1. Ein nicht gehfähiger Herr bekommt einen Therapietisch auf seinen Rollstuhl geklemmt. Er kann den Tisch nicht selbst entfernen. Auf dem Tisch kann er Gegenstände abstellen/ablegen.

2. Ein Pflegebedürftiger zieht sich immer wieder sein Inkontinenzprodukt aus und schmiert mit Stuhlgang. Somit ist am Morgen das Bett ständig nass und der Pflegebedürftige verschmutzt.

3. Ein Ehemann bittet Sie, nachts das Bettgitter bei seiner Frau hochzuziehen. Er hat Angst, dass sie heraus fällt. Die Dame ist demenziell erkrankt und steht sonst unbeobachtet auf.

4. Eine Tochter (ambulante Versorgungsituation) wünscht, dass die Haustür der pflegebedürftigen Mutter nachts abgeschlossen wird. Sie hat Angst, dass Unbefugte leicht ins Haus kommen können.

5. Ein Pflegebedürftiger möchte sein erforderliches Herzmedikament nicht einnehmen. Sie mischen das Medikament unter den Pudding, der Pflegebedürftige isst seinen Pudding und damit auch das Medikament.

6. Ein demenziell Erkrankter im Pflegeheim steht nachts immer wieder auf und geht in fremde Zimmer. Sie sperren ihn in sein Zimmer, damit die anderen Bewohner ihre Nachtruhe haben.

7. Ein demenziell erkrankter Mensch ist sehr unsicher im Gehen. Damit er nicht allein aufstehen und stürzen kann, bekommt er einen Therapietisch vor den Rollstuhl.

8. Ein nicht gehfähiger Mensch bekommt zum Schutz vor dem Herausrutschen aus dem Rollstuhl eine Sitzhose angelegt.

9. Ein richterlich genehmigter Bauchgurt wird während der Essenszeiten und Beschäftigung nicht angelegt.

10. Ein demenziell Erkrankter zieht immer wieder an seiner PEG-Magensonde. Um der Gefahr der Verletzung durch Herausziehen der PEG entgegenzuwirken werden ihm die Arme festgebunden.

11. Eine pflegebedürftige Dame zieht sich nachts immer wieder nackt aus und liegt halb zugedeckt im Bett. Gleichzeitig ist das Fenster auch in der Nacht offen, da sie es so gewohnt ist. Damit sie morgens nicht völlig unterkühlt ist, ziehen Sie ihr einen Pflegeoverall über das Nachthemd.

12. Eine ältere Dame kann ohne Gehhilfe nicht laufen. Sie ist in der Vergangenheit auf dem Weg zur Toilette immer wieder gestürzt. Damit sie nicht mehr allein geht sondern klingelt, stellen Sie den Gehwagen außer Reichweite. Folglich ruft oder klingelt die Frau, wenn sie zur Toilette muss.

13. Einem Mann mit Schluckbeschwerden werden die Tabletten gemörsert und unter den Brei gemischt, damit er sie besser schlucken kann

14. Eine demenziell Erkrankte wirft immer wieder ihre Kleider vom Schrank aufs Bett oder holt sich Sachen aus dem Schrank und zieht mehrere Teile übereinander an. Damit sie nicht alles rausholt, werden ihr die Sachen morgens aufs Bett gelegt und der Schrank verschlossen.

15. Damit ein Pflegebedürftiger nicht aus dem Bett fällt, wird er mit der Matratze auf den Boden gelegt. So kann er nicht mehr fallen, aber er kann auch nicht allein aufstehen.

16. Ein nicht willentlich bewegungsfähiger Pflegebedürftiger bäumt sich beim Husten immer wieder auf. Dabei droht er aus dem Bett zu fallen.

17. Ein Rollstuhlfahrer fährt mit seinem Rollstuhl an die Treppe und will »zur Arbeit«. Sie schieben den Mann in einen anderen Flurbereich und stellen die Rollstuhlbremse fest.

18. Eine demenziell erkrankte unruhige Dame läuft nahezu ununterbrochen, auch wenn sie müde ist und fast nicht mehr kann. Sie haben Angst, dass die Frau fällt und binden Sie jede Stunde für 15 Minuten am Stuhl fest, damit sie sich ausruhen kann. Danach lassen Sie sie wieder laufen.

19. Im ambulanten Bereich steht an der Haustür eines Mietshauses »Tür bitte nach 20 Uhr abschließen«.

20. Der Betreuer einer Pflegebedürftigen erklärt, dass sein Schützling schon mehrfach aus dem Bett oder beim Aufstehen vom Bett gestürzt sei. Zum Schutz ordnet er ein Bettgitter an.

Die Auflösung dieses Tests finden Sie am Ende des Buches.

2.3Genehmigungspflichtige freiheitseinschränkende Maßnahmen


Genehmigungspflichtig sind alle freiheitseinschränkenden Maßnahmen, die gegen den Willen des Betreffenden ergriffen werden (sollen). Ist der Mensch selbst einwilligungsfähig, stellt dies keine freiheitseinschränkende Maßnahme dar. Ebenso ist eine Maßnahme zum Schutz des Betreffenden durch unwillkürliche Bewegungen nicht genehmigungspflichtig. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, einen Freiheitsentzug rechtlich sicher durchzuführen:

1. Der Richter spricht eine Genehmigung für eine entsprechende Maßnahme aus.

2. Eine freiheitseinschränkende Maßnahme wird im rechtfertigenden Notstand ergriffen (Kap. 1.1).

Zu 1) Der Richter des zuständigen Betreuungsgerichts entscheidet, welche Maßnahme über welchen Zeitraum ergriffen werden darf. Der Richter kann dies allerdings auch auf den Betreuer übertragen. So gibt es richterliche Entscheidungen, in denen der Richter das Recht, welche Maßnahme wann und wie lange ergriffen werden soll, auf den gesetzlich bestimmten Betreuer überträgt. Einen Satz müssen Sie sich bei der Entscheidung immer vor Augen halten: Es gibt kein automatisches Vertretungsrecht von Angehörigen oder Betreuern. Das Recht, in eine freiheitseinschränkende Maßnahme einzuwilligen, diese gar zu genehmigen, muss vom Richter an den Betreuer übertragen werden. Das Recht zur Genehmigung freiheitseinschränkender Maßnahmen ist nicht automatisch bei Vorliegen einer Vollmacht oder eines Betreuerausweises gegeben.

Zu 2) Wer im rechtfertigenden Notstand, zum Schutz von Leben und Gesundheit eine freiheitseinschränkende Maßnahme durchführt, bleibt straffrei. Das gilt aber nur, wenn die Gefahrenlage akut war und nicht nur »vermutlich « eingetreten wäre. Wer raucht, gefährdet sich potenziell. Das allein würde es nicht rechtfertigen, die Zigaretten wegzunehmen. Die Gefahr muss schon akut sein. Das ist dann der Fall, wenn jemand sehr müde ist und im Bett noch rauchen möchte. Hier steht zu befürchten, dass die Person im nächsten Moment einschläft und sich und andere in Gefahr bringt. Wenn ein Pflegebedürftiger, der unsicher geht, vom Stuhl aufsteht, ist dies nur eine potenzielle Gefahr und rechtfertigt keinen Freiheitsentzug. Wenn aber ein Pflegebedürftiger, der gar nicht gehfähig ist, mit dem...

Erscheint lt. Verlag 25.10.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Pflege
Schlagworte Aktivierung • Altenpflege • Altenpflegeheime • Altenpflegekräfte • Ambulante Pflege • Biografiearbeit • Demenz • Fixierungen • Freiheitseinschränkende Maßnahmen • Lebensqualität • Leitlinie FEM • Pflegebedürftige • Pflegebericht • Pflegedienstleitung • Pflegedokumentation • Pflegeplanung • Rechtsprechung • Redufix • Sturzprophylaxe • Werdenfelser Weg
ISBN-10 3-8426-9127-0 / 3842691270
ISBN-13 978-3-8426-9127-8 / 9783842691278
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