Physik und Unendlichkeit -  Arthur Zajonc,  Dalai Lama

Physik und Unendlichkeit (eBook)

Der Dalai Lama im Dialog mit den Vordenkern der Naturwissenschaft
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
330 Seiten
Crotona Verlag
978-3-86191-162-3 (ISBN)
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Der Dalai Lama war schon in den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts am Dialog mit den großen Naturwissenschaftlern interessiert. Seine Gespräche mit David Bohm und Rupert Sheldrake waren legendär, seine Freundschaft mit Carl-Friedrich von Weizsäcker von entscheidender Bedeutung im Hinblick auf den Dialog zwischen Buddhismus und Naturwissenschaft.
Der Dalai Lama hat diesen Dialog mit den Wissenschaftlern nie abreißen lassen. Heute ist es eine neue Generation, die auf der Basis aktuellster Erkenntnisse zu gleichen oder ähnlichen Einsichten gelangt wie die großen Begründer des Gedankenaustausches.
Da beide Seiten sich bemühen, die jeweils andere Position zu verstehen, entfaltet sich ein faszinierender Prozess des Redens und Verstehens, des meditativen Einfühlens in die Geisteswelt des Gesprächspartners. Wenn alle Beteiligten verstehen wollen, entsteht gleichsam ein Kosmos der Erkenntnis.
Ein sprühendes Feuerwerk an Gedankenblitzen und inspirierenden Einsichten. Unverzichtbar für jeden, der den Dialog zwischen Weisen und Wissenschaftlern fortsetzen möchte!

1

 

EXPERIMENT UND PARADOXON IN DER QUANTENPHYSIK

 

 

 

 

 

Am ersten Tag unseres Treffens wurde der österreichische Experimentalphysiker Anton Zeilinger gebeten, den Dalai Lama in die Grundlagen der Quantenmechanik einzuführen. Zeilinger gehört weltweit zu den führenden Experten auf dem Gebiet der experimentellen Grundlagen der Quantenmechanik. Am bekanntesten ist er wahrscheinlich für seine bahnbrechenden Experimente zum Nachweis der Quanten-Teleportation oder der Übertragung einer exakten Replik eines beliebigen Quantenzustands an einen fernen Ort. Für seine Sitzung hatte Zeilinger ein stark verkleinertes komplexes Quantenexperiment mit nach Indien gebracht, mit dem er die zentralen Rätsel der Quantenmechanik demonstrieren konnte.

In kurzer Zeit führte Zeilinger den Dalai Lama in den Welle-Teilchen-Dualismus bei einzelnen Photonen, in das Konzept des objektiven Zufalls in der Quantenmechanik und in das profunde Rätsel der Nichtlokalität bei Zwei-Teilchen-Systemen ein. In jedem Fall versuchte Zeilinger so nahe wie möglich bei den Phänomenen der Quantenexperimente zu bleiben und bei seinen Versuchsanordnungen mit der geringstmöglichen Anzahl an Vorannahmen auszukommen. Dies ist der Kern seiner philosophischen Ansicht. Daher verwundert es nicht, dass sich die Rolle des Beobachters bei Experimenten und die Gefahren der Verwendung von Modellen zur Darstellung der Funktion von Quantensystemen als wichtige Themen unserer Gespräche erwiesen.

Damals arbeitete Zeilinger an der Universität in Innsbruck, das genau wie Dharamsala vor einer prächtigen Bergkulisse liegt. Wir versammelten uns um den langen niedrigen Tisch, und Zeilinger begann seinen morgendlichen Vortrag mit einer Wertschätzung der Aufgeschlossenheit des Dalai Lama für neues Wissen und mit einem Dia von den Tiroler Alpen.

 

ANTON ZEILINGER: Eure Heiligkeit, die Skepsis, von der Sie gesprochen haben, ist genau das, was uns in der Wissenschaft antreibt. Nur wenn man dem skeptisch gegenübersteht, was einem jemand sagt – egal, wie berühmt oder wichtig er ist – nur dann kann man etwas Neues lernen. Skepsis ist der einzige Weg zu neuer Erkenntnis.

Ich zeige dieses Bild von einem Berg, um uns unsere alltägliche Sicht der Dinge, wozu auch die Sicht der klassischen Physik gehört, vor Augen zu führen. Im Alltag zweifeln wir normalerweise nicht daran, dass die Berge da sind, auch wenn wir nicht hinschauen. Aus philosophischer Sicht kann man dies hinterfragen, aber in der klassischen Physik und im Alltagsleben ist der Berg da, auch wenn ich nicht hinsehe. In der Quantenphysik funktioniert diese Haltung nicht mehr. Im Laufe der nächsten Stunde möchte ich Ihnen einige Gründe dafür nennen, warum wir dies glauben. Dazu werde ich über die Natur des Lichts sprechen, denn Licht war bei der Entwicklung dieser Ideen eine treibende Kraft.

Eine sehr wichtige Beobachtung hat 1802 der englische Arzt Thomas Young gemacht, der das berühmte Doppelspalt-Experiment durchgeführt hat. Eine Variante dieses Experiments mit moderner Ausrüstung habe ich mitgebracht [siehe Abbildung 1.1]. Ein kleiner Laser sendet hier rotes Licht aus. Das Licht fällt durch die beiden Spalte und bildet auf dem Beobachtungsschirm dahinter ein Muster. Das Wichtige ist hier die Lichtstreuung. Sie sehen Bänder aus rotem Licht und dazwischen schwarze Streifen. Schließe ich einen Spalt, sehen Sie, dass die schwarzen Streifen verschwinden. Wird ein Spalt geschlossen, ist das Lichtmuster homogen. Sind aber beide Spalte offen, tauchen plötzlich die schwarzen Streifen auf.

In der Geschichte der Physik war dies eine sehr wichtige Entdeckung. Warum ist sie wichtig? Wie ist dies zu verstehen? In der Geschichte der Physik hat man sehr lange darüber diskutiert, ob das Licht eine irgendwie geartete Welle ist oder ob es sich dabei um Teilchen handelt, kleine Stückchen aus irgendetwas. Dieses Experiment schien zu beweisen, dass Licht eine Welle ist.

 

 

Abbildung 1.1 Doppelspalt-Experiment. Licht fällt von links ein und tritt durch den ersten Spalt. Dann trifft es auf eine Wand mit zwei Spaltöffnungen, von denen eine mit einer kleinen Blende verschlossen werden kann. Schließlich fällt das Licht auf einen Beobachtungsschirm. Sind beide Spalte geöffnet, beobachten wir helle und dunkle Streifen. Ist ein Spalt geschlossen, erscheinen keine Streifen, und wir beobachten auf dem Schirm eine homogene mittlere Helligkeit. Die Streifen entstehen durch die Überlagerung der durch die Spalte dringenden Lichtwellen. Die im Text besprochene konzeptuelle Frage erhebt sich, wenn man sich bewusst macht, dass Licht aus einzelnen Lichtquanten, Photonen genannt, besteht, welche die Eigenschaften von Teilchen aufweisen.

 

 

Gleichphasig: konstruktive Interferenz

 

 

Gegenphasig: destruktive Interferenz

 

Abbildung 1.2: Gleichphasige Wellen interferieren konstruktiv; gegenphasige Wellen interferieren destruktiv.

 

Wenn zwei Wellen aufeinandertreffen, wechselwirken ihre Schwingungen in irgendeiner Form. Dabei sind zwei Extreme zu beobachten [siehe Abbildung 1.2]. Beim einen Extrem schwingen sie gegenphasig, also gegeneinander. Treffen die beiden Wellen aufeinander, heben sie sich gegenseitig auf. Bei Wasserwellen kann man dies beobachten. Beim anderen Extrem schwingen die Wellen zufällig gleich und verstärken einander dadurch. Die beiden Spalte ermöglichen dem Licht zwei Wege. Um denselben Punkt auf dem Beobachtungsschirm zu erreichen, müssen die Wellen, die die beiden Schlitze passieren, geringfügig unterschiedliche Entfernungen zurücklegen. Die unterschiedliche Streckenlänge und Reisezeit haben zur Folge, dass die Wellen aus jedem Spalt an bestimmten Punkten auf dem Schirm in gleicher Weise schwingen, wodurch die hellen Streifen entstehen, und sich an anderen Punkten gegenseitig aufheben, wodurch die dunklen Streifen entstehen.

DALAI LAMA: Würde dies genauso funktionieren, wenn der Laser eine andere Farbe hätte als rot? Wenn er blau oder gelb wäre?

ANTON ZEILINGER: Ja. Heute wissen wir, dass alle Wellen so funktionieren – Licht, Wasserwellen, Radiowellen, sogar Atome. Atome können auch Wellennatur haben. Man hat dasselbe Experiment mit Atomen durchgeführt, die durch eine Anlage mit zwei Spalten geschickt wurden, und es hat zum selben Phänomen geführt. Es ist ein universelles Phänomen.

DALAI LAMA: Ich stelle mir vor, dass Lichtwellen sich wie Wasserwellen bewegen, also in ständiger Bewegung sind. Wenn man mit mikroskopischer Präzision schauen könnte, würde man dann sehen können, dass sich die Bewegung dort auf der Oberfläche ebenfalls abzeichnet? Würden die schwarzen und roten Linien dann aussehen, als ob sie schwanken oder schwingen würden? Oder wären sie völlig statisch?

ANTON ZEILINGER: Das Auge ist sehr, sehr langsam. Diese Wellen schwingen mit einer Geschwindigkeit von hundert Millionen mal einer Million Mal pro Sekunde. Das ist zu schnell, als dass man es sehen könnte.

DALAI LAMA: (lacht) Halb glaube ich Ihnen … ich sehe das skeptisch!

 

Welle-Teilchen-Dualismus

ANTON ZEILINGER: Die Physik hat aus Thomas Youngs Experiment gelernt, dass wir Licht als Welle verstehen können. Dies war die übereinstimmende Ansicht, bis zu Beginn unseres Jahrhunderts ein neues Experiment durchgeführt wurde. Man hat beobachtet, dass sich, wenn Licht auf eine Metallplatte gerichtet wird, unter bestimmten Umständen Elektronen – kleine Elementarteilchen – aus dem Metall lösen.

Als experimentelle Beobachtung war das Phänomen schon einige Zeit bekannt, verstanden hat man es aber erst, als Albert Einstein es 1905 erklärte. (Dafür hat er den Nobelpreis bekommen. Seine Relativitätstheorie galt als zu radikal für den Nobelpreis, aber diese Erklärung ist tatsächlich nicht weniger radikal.) Einstein sagte, dies sei ganz leicht zu verstehen: Nehmen wir einmal an, Licht bestünde aus Teilchen, die später als Photonen bezeichnet wurden. Wenn Licht auf eine metallische Oberfläche...

Erscheint lt. Verlag 20.7.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Esoterik / Spiritualität
ISBN-10 3-86191-162-0 / 3861911620
ISBN-13 978-3-86191-162-3 / 9783861911623
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