Zwischen den Stühlen -  Kerstin Löffler

Zwischen den Stühlen (eBook)

Von Schulleiterinnen, Spannungsfeldern und Supervision
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2021 | 1. Auflage
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99125-831-5 (ISBN)
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Die Forschungsarbeit bietet einen Überblick über den Wandel, der sich im Schulsystem vollzogen hat, seine Auswirkungen auf Schulleiter_innen im Allgemeinen und Spannungsfelder, die daraus entstanden sind. Die von der Autorin gewonnenen Erkenntnisse zeigen, dass Schulleiter_innen Reflexionsräume benötigen, um Spannungsfelder ausbalancieren zu können. Supervision bietet sich an. Doch Schule und Supervision wird ein schwieriges Verhältnis nachgesagt.

Kerstin Löffler, BEd MSc ist Supervisorin, Mediatorin und Pädagogin. Sie hat langjährige Erfahrung als Pädagogin in Integrations-, Sonderschul- und Mehrstufenklassen. Heute arbeitet sie als freiberufliche Pädagogin für den Verein movefant.at. Weiters ist sie als Lehrbeauftrage und Referentin für unterschiedliche Erwachsenenbildungseinrichtungen tätig. Ihre Themenschwerpunkte sind: Kommunikation, Konfliktmanagement, Persönlichkeitsentwicklung, Teamarbeit, Wahrnehmung, Beratung, Gruppendynamik, Schulentwicklung, Supervision und Inklusion. Als Supervisorin & Coach begleitet sie Einzelpersonen, Gruppen, Teams und Organisationen. Mehr zu ihrer Arbeit hier: kerstinloeffler.com Foto: Birgit Machtinger

3 Coaching mit Schulleiter_innen


Wie schon im vorherigen Kapitel dargestellt, spricht man immer häufiger von einem Paradigmenwechsel, der sich im System Schule vollzogen hat. So stehen Schulleiter_innen vor einem schwierigen Balanceakt, bei dem sie teils neue Aufgabengebiete und komplexe Ansprüche ausgleichen müssen, die innerhalb und außerhalb des Schulsystems an sie gestellt werden. Um mit den beruflichen Anforderungen umgehen zu lernen, bieten sich neben Fortbildungsveranstaltungen Supervision und Coaching als unterstützende Beratungsformate an (Schreyögg 2000, 213; Belardi 2015, 69 f.; Krall 2008, 17). Dies wirft folgende, für die Forschungsfrage relevante Fragen auf:

  • Welche Unterscheidung gibt es zwischen Supervision und Coaching?
  • Werden die Formate Supervision bzw. Coaching von Schulleiter_innen in Anspruch genommen?
  • In welchen Settings finden diese beiden Formate statt?
  • Kann Supervision bzw. Coaching das Leitungshandeln unterstützen, und wenn ja, wie?

Ingeborg Luif (1997, 5) hält fest, dass die beiden Begriffe Supervision und Coaching meist synonym verwendet werden, obwohl sie, so Johannes Krall (2008, 18), unterschiedliche Schwerpunktsetzungen haben. Im Kontext Schule richtet sich das Format Supervision im Speziellen an Lehrer_innen, die in Einzeloder Teamsettings ihre Arbeit reflektieren (Schreyögg 2000, 214).

Coaching ist eine spezielle Form der Supervision (ÖVS 2016, 6) und bietet Einzelpersonen in Führungspositionen und Leitungsteams professionelle Unterstützung (Buer 2001, 14; Krall 2008, 18). Doch eine Recherche zeigt, dass eine klare Abgrenzung der Begriffe Supervision und Coaching im Bereich Schule kaum vorhanden ist (Heymann 2016, 10).

Um die Fragen beantworten zu können bedarf es, zu Beginn dieses Kapitels, einer Begriffsklärung.

Ungeachtet dessen, dass Supervision und Coaching als „Mittel zur Unterstützung der Handlungsfähigkeiten von Personen in Organisationen, wie auch zur Stärkung des Wohlbefindens und der Psychohygiene“ (Mietz, Kunigkeit 2013, 305) dienen, werden beide Formate im Arbeitsfeld Schule kritisch betrachtet (Wintersteller 2016, 6) und wenig in Anspruch genommen (Scala 1997, 119; Belardi 2015, 161). Harald Pühl (1994, 243) spricht sogar von der „schwierigen Begegnung zwischen Supervisor und Lehrer“.

Um die Vorbehalte gegenüber Supervision und Coaching im Bildungsbereich nachvollziehbar zu machen, beinhaltet das Kapitel 3.2 neben den Gründen für die distanzierte Haltung einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung von Supervision und Coaching im Kontext Schule und den heutigen Stand.

In Kapitel 3.3 erfolgt ein Blick auf Settings, in denen Coachings mit Schulleiter_innen stattfinden.

Kapitel 3.4 geht auf die Themen ein, die Thema in Coachings mit Schulleiter_innen sein können.

3.1 Begriffsklärung


In der Fachliteratur existieren unzählige Versuche, die beiden Formate Supervision und Coaching voneinander abzugrenzen, jedoch gibt es bis dato keine klare begriffliche Unterscheidung (Heymann 2016, 5). Die Bandbreite der Darstellung reicht von der Definition, Coaching sei von der Supervision anhand verschiedener Kriterien wie Zielsetzung, Auftrag, Methode oder Setting klar als eigenständige Beratungsform abzugrenzen (Galdynski 2009, 86) über die Auffassung, dass es eine fließende Grenze gibt, die eine klare Abgrenzung unmöglich macht (Klinkhammer 2005, 49) bis zu der Ansicht, Coaching sei eine Unterform von Supervision im Sinne der Leitungssupervision (Buer 1999, 71 f.).

Im Zusammenhang mit Unterstützungsangeboten für Schulleiter_innen ist anzumerken, dass sowohl die Begriffe Supervision als auch Coaching verwendet werden (Heymann 2016, 5). Als Beispiel sei hier eine vom Bundesministerium für Bildung im Jahr 2016 herausgegebene Broschüre angeführt, die den Titel „Beratung an und für Schulen. Informationsmaterialien für Schulleitung, Lehrende und Beratende“3 trägt. Darin werden verschiedene Beratungsformate erläutert, die „Schulen bei der Bewältigung psychologischer, gesundheitlicher und sozialer Herausforderungen sowie bei Fragen der Schulentwicklung und der Gestaltung des Unterrichts unterstützen“ (ebd. 3). Dabei werden neben Supervision für Lehrer_innenteams, Supervision für Leitungsteams (ebd. 56), Coaching für einzelne Schulleiter_innen und Coaching für Leitungsteams (ebd. 59) aufgeführt.

Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, welcher Begriff in der vorliegenden Arbeit verwendet wird. Dabei ist es hilfreich, auf die Unterschiede zwischen Supervision und Coaching zu blicken, die

Astrid Schreyögg (2003, 217) wie folgt beschreibt:

„Coaching richtet sich an die Zielgruppe der Führungskräfte, Supervision an die der Geführten. Coaching ist primär Personalentwicklung, während Supervision vielfach in ,Personenentwicklung‘ besteht. Coaching strebt Veränderung von oben an, während Supervision Veränderung von unten intendiert.“

Da diese Arbeit den Fokus auf Schulleiter_innen, also Führungskräfte, richtet, werde ich demnach in Folge den Begriff Coaching verwenden und meine damit explizit Coaching als Form der Supervision im Unterschied zu Coaching als „einen Sammelbegriff, hinter dem sich verschiedene Ansätze verbergen“ (Böning 2005, 22), die teilweise schon unüberschaubare Ausmaße angenommen haben (ebd.). Nando Belardi (2015, 110) spricht in diesem Zusammenhang von „Coaching als Allerweltsbegriff für Beratung“. Gleichzeitig ist es mir wichtig anzumerken, dass zum Thema Coaching mit Schulleiter_innen im deutschsprachigen Raum wenig Literatur vorhanden ist. Aus diesem Grund fließen in diese Arbeit auch Informationen ein, die unter dem Begriff Leitungssupervision (Gotthardt-Lorenz, Schüers 1997, 16; Judy, Knopf 2016, 155) zu finden sind.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es sich bei Coaching um eine besondere Art der Supervision handelt, die Führungskräfte unterstützt und in Organisationen Veränderungen von oben anstrebt. Doch wie bereits zu Beginn dieses Kapitels angemerkt, werden Coaching bzw. Supervision im Arbeitsfeld Schule kritisch betrachtet und wenig in Anspruch genommen. Der nächste Abschnitt gibt einen Überblick über die geschichtlichen Hintergründe dieser Tatsache.

3.2 Warum sind Schule und Reflexion in den Formaten von Supervision und Coaching so ein schwieriges Paar?


Supervision und Schule werden ein schwieriges Verhältnis nachgesagt (Wintersteller 2016, 5; Pühl 1994, 272; Kogelbauer 1997, 301). Auf der Suche nach den Hintergründen dafür zeigt sich, dass die Ursachen nicht unmittelbar bei den beteiligten Personen, also bei den Supervisor_innen und Pädagog_innen an sich, sondern vielmehr im Feld Schule zu finden sind (Kogelbauer 1997, 301). Zuerst stelle ich mögliche Gründe für das schwierige Verhältnis von Supervision und Schule dar, um im Anschluss daran einen Blick in die Geschichte der Entwicklung von Supervision und Coaching im Feld Schule zu werfen. Die historische Beschäftigung kann helfen, den Blick zu weiten, um den gegenwärtigen Status (Sauer 1997, 27) und die dahinterliegende Skepsis, die Menschen, die im Feld Schule arbeiten, gegenüber den beiden Formaten haben (Scala 1997, 119; Belardi 2015, 161), besser nachvollziehen zu können (Sauer 1997, 27).

Trotz der Schulreformen, die ab den 1990er Jahren eingeleitet wurden (Mikula 2008, 169) und Änderungen im Schulsystem ausgelöst haben (siehe dazu auch Kapitel 2), arbeiten und agieren viele Lehrpersonen nach wie vor als Einzelkämpfer_innen (Palzkill 1995, 117). Dies liegt daran, dass einerseits in Schulen immer noch eine Kultur gegenwärtig ist, „in der ständig die Frage von Bewertung, Selbstwert und Leistung akzentuiert wird“ und die dadurch den Austausch unter Lehrer_innen verhindert. Andererseits empfinden Lehrer_innen und Leiter_innen das Annehmen von Hilfestellungen als Eingeständnis von Schwäche (Palzkill 1995, 117; Kogelbauer 1997, 306). Lehrer_innen haben durch ihre Berufssozialisation, die bewirkt, dass sie sich gegen Einblicke Fremder in die eigene Arbeit verschließen (Palzkill 1995, 118), kaum Erfahrungen mit und das Wissen über professionelle Beratung, in der nicht die Beurteilung ihrer Leistung im Vordergrund steht (Wintersteller 2016, 5). Auch sind die Wirksamkeit und die Möglichkeiten, die Supervision und Coaching bringen können, kaum bekannt (Bauer 2016, 18).

Als weitere Hürde, um mit Supervision bzw. Coaching in Kontakt zu kommen, merkt Klaus Scala (1997, 119) an, es sei auffallend, dass im Lehrberuf, im Gegensatz zu anderen Berufen in sozialen, psychologischen und pädagogischen Feldern, die Reflexion der eigenen persönlichen Anteile nicht institutionalisierter Teil der Ausbildung ist. Dem schließt sich Harald Pühl an (1994, 273). Er macht deutlich, dass in der Lehrer_innenausbildung der Faktor Mensch und das eigene Kind im Lehrer, der Lehrerin weitgehend ausgeblendet und geheimgehalten werden muss (ebd.). Alfred Kogelbauer (1997, 305) und Claudia Wintersteller (2016, 6) verweisen auf die fehlenden finanziellen Ressourcen und nennen diese als weiteren Grund für eine suboptimale Entwicklung von Supervisionsund Coachingangeboten im Bereich Schule.

Um die Sozialisation im Lehrberuf und die inhärente Skepsis in Bezug auf Reflexion besser nachvollziehn zu können, folgt nun ein kurzer geschichtlicher Abriss der Entwicklung von Supervision und Coaching im Kontext Schule und Schulleitung.

Die Geschichte von Supervision im Kontext Schule und Schulleitung


Bei der Recherche zur Geschichte von Leitungssupervision im Bereich Schule stößt man in der Literatur auf die Namen Sigmund Freud, August Aichhorn, Anna Freud und Siegfried Bernfeld (Sauer 1997, 29;...

Erscheint lt. Verlag 21.5.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Bewerbung / Karriere
ISBN-10 3-99125-831-5 / 3991258315
ISBN-13 978-3-99125-831-5 / 9783991258315
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