Justizirrtum!

Deutschland im Spiegel spektakulärer Fehlurteile
Buch | Hardcover
240 Seiten
2004 | 1., Aufl.
Campus (Verlag)
978-3-593-37542-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Justizirrtum! -
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Die Ohnmacht von Justizopfern ist grenzenlos. Sie werden plötzlich verhaftet, mitten aus dem Leben gerissen und kommen unschuldig hinter Gitter. Erst nach Jahren der Verzweiflung werden sie entlastet und in eine ungewisse Zukunft geschickt.

Dr. Thomas Schuhbauer, Historiker und TV-Producer, und Jörg Kunkel, Diplombetriebswirt und Leiter Dokumentarfilmabteilung, produzieren seit 2001 Dokumentationsreihen für ARD und ZDF mit Schwerpunkt Zeitgeschichte, u. a. über Deutschland in den Fünfziger Jahren. Zuletzt: Legenden und Die großen Kriminalfälle.

Der erste ProzessSaal 218 im ehemaligen Münsteraner Landgericht trägt heute die Nummer A 01, doch im Übrigen hat sich hier in den letzten Jahrzehnten kaum etwas verändert. Fünf große Bogenfenster spenden Licht, an der Stirnseite führt eine Stufe zum Respekt einflößenden Richtertisch. Die Angeklagten müssen zu ihren Richtern hinaufschauen; das ist wohl so gewollt. Ein allzu offensichtliches Symbol für die Ohnmacht der Delinquenten wurde ausgetauscht: Statt der hölzernen Anklagebank gibt es jetzt eine gepolsterte Variante. Das Kruzifix fehlt. Im Rohrbach-Prozess stand es als Menetekel für die Vorläufigkeit irdischer Gerechtigkeit unübersehbar vor dem Vorsitzenden. Geblieben ist die Tür rechts neben dem Eingang. Sie führt zu einem unterirdischen Gang, früher die Verbindung zum Untersuchungsgefängnis. VierVorführzellen zweigen hier ab, Wartezimmer für Delinquenten, ausgestattet mit einer Bank, einem Tisch, einem Klo und einem Waschbecken; mehr braucht es offenbar nicht, um einen Menschen auf seinen Prozess einzustimmen.Es ist Punkt 9 Uhr am 13. März 1958, als eine gebückte Frauengestalt aus dem Untersuchungsgefängnis in den Raum 218geführt wird. Schon Stunden vorher hatten sich vor dem Gericht lange Schlangen gebildet, denn der Prozess gegen die potenzielle Gattenmörderin ist auch ein gesellschaftliches Ereignis, das kultiviertes Gruseln verspricht. Der Zuschauerraum ist zum Bersten gefüllt; auch überregionale Zeitungen haben ihre Korrespondenten geschickt. Einer von ihnen ist der junge Chefreporter der Bild am Sonntag, Friedhelm Werremeier. Er wird im Fall Rohrbach noch eine besondere Rolle spielen, doch vorerst zwängt er sich in die Reihe seiner mit Stenoblock bewaffneten Kollegen. Die Sensationslust der Zuschauer wird nicht enttäuscht, schon der Asservatentisch verheißt Nervenkitzel: Dort stapeln sich Deckenteile, Bindfäden, Wäschestücke, Fußbodenbretter, ein Hammer, ein Sägemesser und - als Schauder erregende Krönung - eine große, schwarz gestrichene Säge.Auf der Richterbank haben drei Berufsrichter und sechs Schöffen Platz genommen, allesamt ältere Herren aus geordnetenVerhältnissen. Sie sollen nun über Schuld oder Unschuld einer jungen Frau richten, die schon auf den ersten Blick wie ein Luder wirkt. Maria Rohrbach ist in einem hellroten Sommerkleid erschienen - ein offenkundiger Verstoß gegen den Dresscode für eine Witwe, egal, ob sie nun ihren Mann erschlagen hat oder nicht. Und so beginnt der Prozess, der einmal Justizgeschichte schreiben wird, mit einem Diskurs über die Kleiderordnung."Hohes Gericht!", beginnt der Verteidiger, Rechtsanwalt Fritz Gross. "Die Angeklagte sitzt hier auf der Anklagebank in einem hellroten Kleid. Ich möchte das Gericht darauf aufmerksam machen, dass der Angeklagten das einzige schwarze Kleid, das sie besaß, aus Ermittlungsgründen abgenommen wurde. Die Angeklagte fühlt sich dadurch psychisch stark belastet.""Das Gericht nimmt das zur Kenntnis", raunzt der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Dr. Heukamp, zurück. Das Verhandlungsklima zwischen Richter und Verteidiger bekommt gleich zu Beginn einen frostigen Unterton und wird sich in den folgenden Wochen weiter verschlechtern. "Im Grunde war es ein sehr seltsames Zusammentreffen", erinnert sich Reporter Friedhelm Werremeier. "Der Richter war ein Choleriker, der Rechtsanwalt war ein Choleriker, der Staatsanwalt war auch nicht gerade der Friedlichste, und schon krachte es."Dass dieser Prozess dramatisch werden würde, verspricht bereits die Anklageschrift, denn der Tötungsvorwurf wird hierin um ein entscheidendes Detail erweitert: Maria Rohrbach habe ihren Mann monatelang mit Thallium vergiftet, bevor sie ihm im Schlaf mit einem schweren Gegenstand den Schädel eingeschlagen habe. Ein von langer Hand vorbereiteter, heimtückischer Mord soll es also gewesen sein, nicht nur ein Totschlag. Darauf steht Zuchthaus, vielleicht sogar lebenslang. Von vornherein sind die Fronten zwischen Staatsanwaltschaft un

Sprache deutsch
Maße 140 x 215 mm
Gewicht 445 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Schlagworte Bundesrepublik • Bundesrepublik Deutschland (1949-1990); Politik/Zeitgeschichte • Bundesrepublik Deutschland (1949-1990); Recht • DDR • Deutsche Demokratische Republik (DDR); Politik/Zeitgeschichte • Deutsche Demokratische Republik (DDR); Recht • Deutsche Demokratische Republik; Politik/Zeitgeschichte • Deutsche Demokratische Republik; Recht • Deutschland; Politik/Zeitgeschichte • Deutschland; Recht • Geschichte • HC/Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft • Justizirrtum • Justizirrtümer • Justizirrtum (Fernsehserie) • Justizskandal • Zeitgeschichte
ISBN-10 3-593-37542-7 / 3593375427
ISBN-13 978-3-593-37542-7 / 9783593375427
Zustand Neuware
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