Alter Schwede (eBook)

24 Zebrastreifen an der Kiellinie

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
296 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-04306-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Alter Schwede -  Jörg Lühn
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Der THW Kiel benötigte in der Handball-Bundesliga Ende der 1980er-Jahre einen Strategiewechsel. Ihr Obmann, beruflich Beamter beim Militärischen Abschirmdienst, hatte Gespür für eine Geheimaktion und verpflichtete Magnus Wislander. Der 26-jährige Schwede war der wichtigste Transfer der Vereinsgeschichte, riss seine Nebenleute und Zuschauer mit. Das Herz von Skandinavien war für den THW Kiel als Impulsgeber auf dem Weg zum deutschen Nonplusultra maßgebend. 24 Schweden streiften sich bislang das schwarz-weiße Trikot in Kiel über. Jeder war oder ist in der Ostseehalle auf seine Art ein Idol. Die meisten Schweden verließen Kiel erst, als sie schon »alt« waren. Der Ausruf »Alter Schwede« drückt in Norddeutschland Erstaunen, Respekt und Freude über die Situationen und Personen aus. Mit den Protagonisten erhalten Momente von gestern neues Leben. Das Buch trägt zurecht diesen Titel.

Magnus Wislander

*22. Februar 1964 in Göteborg

Rückraumspieler beim THW Kiel von 1990 bis 2002 / 386 Länderspiele für Schweden mit 1191 Toren / 357 Bundesligaspiele für den THW mit 1332 Toren / 80 Europapokalspiele mit 306 Toren / 35 DHB-Pokalspiele mit 130 Toren / 6 Supercup-Spiele mit 18 Toren / 2 Golden-Globe-Spiele mit 7 Toren/

Besonderheiten:

1990 zum dritten Welt-Handballer der Geschichte gewählt; im Jahr 2000 zum Welt-Jahrhundert-Handballer gewählt / Kapitän in Kiel von 1992 bis 2001 / Ehrenspielführer

Größte Erfolge während der THW-Zeit:

• Weltmeister 1999

• Olympia-Silber 1992, 1996 und 2000

• Europameister 1994, 1998, 2000, 2002

• Champions-League-Finalist 2000

• EHF-Pokalsieger 1998, 2002

• Deutscher Meister 1994, 1995, 1996, 1998, 1999, 2000, 2002

• Deutscher Pokalsieger 1998, 1999, 2000

• Supercup-Sieger 1996 und 1998

Ideen aus dem Handgelenk

Der Bundesliga-Obmann vom THW Kiel, Heinz Jacobsen, beruflich Beamter beim Militärischen Abschirmdienst, nahm in geheimer Mission Kontakt zu Staffan Holmqvist auf. Dieser war Präsident des schwedischen Verbandes und natürlich ganz nahe an Magnus Wislander dran. »Ich kannte Staffan durch die Verbandsarbeit ganz gut«, gestand Heinz Jacobsen. Als die deutschen Handballer 1978 in Dänemark Weltmeister wurden, war Heinz Jacobsen außerdem noch Männerwart beim Deutschen Handballbund (DHB) und reichte dem Goldschmied von Kopenhagen, Bundestrainer Vlado Stenzel, mehr als nur das Eisen. Nach dem Ende beim DHB avancierte er zum Macher an der Kieler Förde.

Dominierende Vereine nach Heinz Jacobsens Amtsübernahme in Kiel waren der VfL Gummersbach, TV Großwallstadt und TuSEM Essen. Diese machten mehrfach die Titel unter sich aus. Der THW kam über die Vizemeisterschaft 1983, 1985 und 1989 nicht hinaus. Dabei hatten der damals sehr junge Trainer Jóhann Ingi Gunnarsson und dessen Denker und Lenker Marek Panas einen anderen Weg als den des Schlagwurfhandballs gewählt.

Es musste also ein Strategiewechsel her. Über einen Spielervermittler fanden die ersten Gespräche mit Magnus Wislander statt. Dem Rückraumspieler von Redbergslids IK lagen Angebote aus Spanien und vom renommierten TV Großwallstadt vor. Zum Glück für den THW war Magnus Wislander schon verheiratet, mit Camilla – ebenfalls einer Handballerin. Außerdem hatte Tochter Therese im Februar 1990 das Licht der Welt erblickt. »Camilla schob einem angedachten Wechsel nach Spanien ein kategorisches Nein vor«, erinnerte sich Heinz Jacobsen. Sollte es in Kiel nicht passen, so würde sie mit der Fähre schnell zu Hause in Göteborg sein.

Großwallstadt wurde offenbar gar nicht diskutiert und so brachte Magnus Wislander, der zuvor noch für die Post in Schweden arbeitete, zwar keine Briefe, aber den Erfolg zum THW Kiel. Die Kieler waren stolz wie Oskar, dass sie den Weltmeister aus Skandinavien, der mit 33 Treffern bester Turnier-Torschütze seiner Mannschaft war, schon 15 Tage nach dem WM-Titel in der Tschechoslowakei überzeugt hatten, auf die andere Seite der Ostsee zu wechseln. Er war der erste Schwede in der Bundesliga. Und seine Frau Camilla dachte gar nicht an eine Rückkehr.

Sie war selbst die erste Schwedin, die mit ihren Handballerinnen vom TuS Holtenau, einem Kieler Amateurverein, von der Kreisliga bis in die höchste Landesklasse in Schleswig-Holstein, die Oberliga, aufstieg.

»Als ich nach Kiel kam, war die Einstellung zwar nicht ganz mit Betriebssport zu vergleichen, aber alles war ein wenig lockerer«, erinnerte sich Magnus Wislander. Von Jahr zu Jahr sei alles professioneller geworden und inzwischen fast einem normalen Arbeitsalltag angepasst. Es dauerte trotzdem noch vier Jahre, ehe die Kieler erstmals die Meisterschale in den Händen hielten.

Magnus Wislander brauchte eine Anlaufphase. Holger Oertel nahm seinen neuen Spielmacher anfangs sogar vom Feld. Die Bundesliga, obwohl bis 1992 nur mit 14 Mannschaften besetzt, war ein hartes (Knäcke-) Brot. 1991 und 1992 scheiterten die Zebras jeweils im Halbfinale der Play-offs. Dafür vergrößerte Tochter Veronica die Familie Wislander.

Die Kieler gingen mit der Gründung der GmbH 1992 und der verbundenen Ausgliederung aus dem Gesamtverein den Weg Richtung Profitum.

Es war eine Reaktion auf das anhaltende Mäzenatentum anderer Bundesligisten, die sich in große finanzielle Abhängigkeiten einzelner Unternehmer begaben.

Jetzt musste ein echter Vollprofi auf die Trainerbank. Keiner, der vormittags noch Unterricht gab. Für Lehrer Holger Oertel, der am 3. Februar 1993 die Mannschaft mit seinem Rücktritt schocktherapieren wollte, kam im Sommer 1993 mit Zvonimir Serdarušić ein neuer Coach. Dem Kroaten, den alle nur Noka nannten, eilte der Ruf voraus, ein harter Hund zu sein. Uwe Schwenker, zuvor langjähriger Linksaußen, wollte nach der Demission von Holger Oertel ohnehin nicht länger als Interimstrainer agieren. Auf der Saisonpressekonferenz im Haus von Hauptsponsor Provinzial ließ Uwe Schwenker wissen, dass der neue Trainer der Otto Rehhagel des Handballs in Kiel werden solle. Zu dieser Zeit war der Bremer Fußballlehrer bereits zwölf Jahre beim SV Werder Bremen.

Was von der Journaille müde belächelt wurde, sollte Noka Serdarušić sogar noch übertreffen. Rehhagel brachte es auf 14 Jahre an der Weser, gewann zwei Meistertitel. Noka Serdarušić kam auf 15 Jahre an der Förde in Kiel und holte imposante elf Meisterschaften.

Gleich bei seiner Ankunft erhöhte der neue Trainer die Anzahl der Trainingseinheiten von fünf auf sieben pro Woche. Das zahlte sich aus. Den Fans war es egal: »Von der Ostsee bis zu Isar – immer wieder THW«, hallte es durch das Ostseehallenoval. Nach 31 Jahren standen die Kieler Handballer 1994 wieder auf dem nationalen Thron. Zugleich ging Heinz Jacobsens Traum, wenigstens einmal die deutsche Meisterschale in den Händen zu halten, in Erfüllung. Danach gab der Größte Manager aller Zeiten (Abkürzung: GröMaZ), wie er manchmal genannt wurde, seinen Job in Kiel auf, um DHB-Präsident zu werden. Das gelang allerdings nicht. Heinz Jacobsen verlor die sicher geglaubte Wahl mit drei Stimmen gegen seinen Konkurrenten Bernd Steinhauser.

Nachfolger Uwe Schwenker baute in den folgenden Jahren eine immer stärkere Mannschaft auf. Dazu hatte er schließlich den erfolgshungrigen, aber autoritär agierenden Trainer Noka Serdarušić engagiert.

Magnus Wislander beim Siebenmeter.

Magnus Wislander gelang es immer besser, sein Spiel zu entwickeln. Mit gefühlvoller Leichtigkeit in den Bewegungen, dafür ohne harten Wurf ausgestattet, hatte er immer wieder eine neue Idee in seinem butterweichen Handgelenk. Er war der verlängerte Arm des Trainers auf dem Spielfeld und natürlich längst als Kapitän der Anführer der Zebraherde. Allein schon wegen seines Handballverstandes und der vermutlich angeborenen Schlitzohrigkeit.

Natürlich kam bei der ersten Meisterfeier das kleine Kind in ihm und seinem Zimmergenossen Klaus-Dieter Petersen hoch. Die Spieler, die im schwarzen Anzug der Blues Brothers, den Protagonisten einer US-amerikanischen Filmkomödie auftraten, ließen ihren Trainer leiden. Vor den Augen von Ministerpräsidentin Heide Simonis wurde Noka Serdarušić mit Sekt übergossen. Klaus-Dieter Petersen und Magnus Wislander ruinierten den Anzug des Trainers und sorgten bei ihm für ganz schlechte Laune. Der Coach verließ wütend den Empfang und lehnte sogar lange eine Entschuldigung ab.

Der Weg zum Titelhattrick 1996 hing an einem Mittelhandknochen – dem der Wurfhand Magnus Wislanders. »Das war meine schwerste Verletzung«, erinnerte er sich. Im Februar zog sich der Schwede einen Spiralbruch in der rechten Wurfhand zu. Eine Operation war nicht zu vermeiden. Der THW schien vom Titelkurs abzukommen, war in der Champions League ausgeschieden. Dann das Comeback: Sechs Spieltage vor Saisonende lag der THW gegen die SG Wallau-Massenheim 14:17 zurück, das Publikum in der Ostseehalle forderte lautstark die Rückkehr ihres Spielmachers. Schließlich durfte das Spiel nicht verloren werden, weil Nordrivale SG Flensburg-Handewitt ebenfalls schon den Titel im Visier hatte. Noka Serdarušić erhörte die Rufe, das kam sehr selten vor.

Nach der Einwechselung erzielte der Schwede in seiner ersten Aktion mit einem so typischen butterweichen Wurf, der kaum über die Linie rollte, den Anschlusstreffer. Der THW siegte 24:23. Nach dem Auswärtssieg in Düsseldorf (21:20) war der Titel nicht mehr zu nehmen. 39 Tore und zwei Punkte lagen Magnus Wislander und Co vor der SG Flensburg-Handewitt. Am Abend wurde schon einmal mit der gesamten Mannschaft bei Michael Steinbrecher im Aktuellen Sportstudio des ZDF...

Erscheint lt. Verlag 20.10.2023
Verlagsort Ahrensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Sport Ballsport
Schlagworte Handballbundesliga Kieler Schweden Kiel • schwedische Handballspieler in Deutschland • Schwedische Handball Spieler Kiel • schwedischer Handball in Deutschland • schwedische Spieler in Deutschland • THW Kiel Handball Spieler Schweden Buch • THW Kiel schwedische Handballspieler Bücher
ISBN-10 3-384-04306-5 / 3384043065
ISBN-13 978-3-384-04306-1 / 9783384043061
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