Empire (eBook)

Die neue Weltordnung
eBook Download: EPUB
2003 | 1. Auflage
461 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-41899-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Empire -  Michael Hardt,  Antonio Negri
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Nach einem Vierteljahrhundert politischer Theoriemüdigkeit haben Michael Hardt und Antonio Negri mit ihrer brillanten, provokanten und heiß diskutierten Analyse des postmodernen Kapitalismus im Zeitalter der Globalisierung das Denken über die Weltordnung am Ende des 20. und am Beginn des 21. Jahrhunderts in Bewegung gebracht. Mit ihrem Bestseller »Empire« gaben sie der Hoffnung auf die politische Gestaltbarkeit einer neuen, gerechteren Weltordnung ein anspruchsvolles theoretisches Fundament. Das Buch wurde von Slavoj ?i?ek als Versuch eines »kommunistische[n] Manifest[s] des 21. Jahrhunderts« bezeichnet und gilt als zentrales Werk des Postoperaismus.

Michael Hardt ist Professor für Literaturwissenschaft an der Duke University in den USA. Zusammen mit Antonio Negri verfasste er die Bestseller »Empire. Die neue Weltordnung«, »Multitude. Krieg und Demokratie im Empire« und »Common Wealth. Das Ende des Eigentums«.
Nach einem Vierteljahrhundert politischer Theoriemüdigkeit haben Hardt und Negri mit ihrer brillanten, provokanten und heiß diskutierten Analyse des postmodernen Kapitalismus im Zeitalter der Globalisierung das Denken wieder in Bewegung gebracht. Der Hoffnung auf die politische Gestaltbarkeit einer neuen, gerechteren Weltordnung haben sie damit ein anspruchsvolles theoretisches Fundament gegeben.

"Eine grandiose Gesellschaftsanalyse, die unser Unbehagen bündelt und ihm eine Richtung gibt, für die in der Geschichte der Philosophie das Wort vom 'guten Leben' steht." Die Zeit

"Das Jahrzehnt linker Melancholie ist vorüber." Neue Zürcher Zeitung

Vorwort


Every tool is a weapon if you hold it right.

Ani DiFranco (My IQ, 1993)

Die Menschen kämpfen und unterliegen, und die Sache, für die sie kämpfen, setzt sich trotz ihrer Niederlage durch; und wenn das Ziel erreicht ist, erweist sich, dass es nicht das ist, was sie eigentlich meinten, und dass andere Menschen zu kämpfen haben für das, was sie meinten, doch unter anderem Namen.

William Morris

Das Empire materialisiert sich unmittelbar vor unseren Augen. Über mehrere Jahrzehnte hinweg, in deren Verlauf Kolonialregimes gestürzt wurden, und schließlich unvermittelt, als die sowjetischen Grenzen des kapitalistischen Weltmarkts endgültig zusammenbrachen, waren wir Zeugen einer unaufhaltsamen und unumkehrbaren Globalisierung des ökonomischen und kulturellen Austauschs. Mit dem globalen Markt und mit globalen Produktionsabläufen entstand eine globale Ordnung, eine neue Logik und Struktur der Herrschaft – kurz, eine neue Form der Souveränität. Das Empire ist das politische Subjekt, das diesen globalen Austausch tatsächlich reguliert, die souveräne Macht, welche die Welt regiert.

Viele behaupten, die Globalisierung der kapitalistischen Produktion und Zirkulation würde bedeuten, dass sich die ökonomischen Verhältnisse gegenüber der politischen Kontrolle stärker verselbstständigten und politische Souveränität folglich im Niedergang begriffen sei. Manche feiern diese neue Ära als die Befreiung der kapitalistischen Ökonomie von den Beschränkungen und Verzerrungen, die ihr die Politik aufgezwungen habe; andere beklagen, dass dadurch die institutionellen Kanäle verstopft würden, die es Arbeitern und Bürgern erlaubten, auf die kalte Logik des kapitalistischen Profits Einfluss zu nehmen oder ihr gar die Stirn zu bieten. Es trifft natürlich zu, dass mit den Globalisierungsprozessen die Souveränität der Nationalstaaten zwar weiter bestehen bleibt, doch Stück für Stück zerfällt. Die Grundfaktoren von Produktion und Zirkulation – Geld, Technologie, Menschen und Güter – überqueren zunehmend mühelos nationale Grenzen; es steht von daher immer weniger in der Macht eines Nationalstaats, diese Ströme zu lenken und seine Autorität gegenüber der Ökonomie durchzusetzen. Selbst die führenden Nationalstaaten sollte man sich nicht mehr als höchste und souveräne Autoritäten vorstellen, und zwar weder innerhalb und noch weniger außerhalb der eigenen Grenzen. Der Niedergang der Souveränität von Nationalstaaten bedeutet jedoch nicht, dass Souveränität als solche im Niedergang begriffen wäre.1 Weiterhin beherrschen in den gegenwärtigen Veränderungen allenthalben politische Kontrolle, Staatsfunktionen und Lenkungsmechanismen den Bereich wirtschaftlicher wie gesellschaftlicher Produktion und Zirkulation. Unsere grundlegende Hypothese ist deshalb, dass Souveränität eine neue Form angenommen hat, sie eine Reihe nationaler und supranationaler Organismen verbindet, die eine einzige Herrschaftslogik eint. Diese neue globale Form der Souveränität ist es, was wir Empire nennen.

Der Niedergang der Souveränität von Nationalstaaten und ihre zunehmende Unfähigkeit, den ökonomischen und kulturellen Austausch zu lenken, kündigen tatsächlich als eines der ersten Symptome das entstehende Empire an. Die nationalstaatliche Souveränität war für die Formen des Imperialismus, wie sie die europäischen Mächte die ganze Moderne hindurch ausbildeten, der Eckpfeiler. Unter »Empire« verstehen wir jedoch etwas vollkommen anderes als »Imperialismus«. Für den europäischen Kolonialismus ebenso wie für die ökonomische Expansion waren die durch das moderne System von Nationalstaaten geschaffenen Grenzen grundlegend: Die Territorialgrenzen der Nation umschlossen ein Zentrum der Macht, das die Ströme der Produktion und Zirkulation systematisch kanalisierte oder blockierte, abwechselnd förderte oder unterband und so über fremde Territorien Herrschaft ausübte. Imperialismus dehnte eigentlich die Souveränität europäischer Nationalstaaten über deren eigene Grenzen hinaus aus. Schließlich konnte man so beinahe alle Landstriche der Welt aufteilen und die gesamte Weltkarte in die Farben Europas tauchen: rot für britische Gebiete, blau für französische, grün für portugiesische und so weiter. Ganz gleich, wo moderne Souveränität Wurzeln schlug, sie schuf einen Leviathan. Der umschlang die Sphäre der Gesellschaft und setzte eine Hierarchie territorialer Grenzziehungen durch, um über die Reinheit der eigenen Identität zu wachen und dabei alles andere auszuschließen.

Der Übergang zum Empire taucht aus der Dämmerung der modernen Souveränität auf. Im Gegensatz zum Imperialismus etabliert das Empire kein territoriales Zentrum der Macht, noch beruht es auf von vornherein festgelegten Grenzziehungen und Schranken. Es ist dezentriert und deterritorialisierend, ein Herrschaftsapparat, der Schritt für Schritt den globalen Raum in seiner Gesamtheit aufnimmt, ihn seinem offenen und sich weitenden Horizont einverleibt. Das Empire arrangiert und organisiert hybride Identitäten, flexible Hierarchien und eine Vielzahl von Austauschverhältnissen durch modulierende Netzwerke des Kommandos. Die unterschiedlichen Nationalfarben der imperialistischen Landkarte fließen zusammen und münden in den weltumspannenden Regenbogen des Empire.

Die Veränderungen in der imperialistischen Geografie des Planeten lassen ebenso wie die Verwirklichung des Weltmarkts innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise einen Übergang erkennen. Unverkennbar wurde die räumliche Aufteilung dreier Welten (einer Ersten, Zweiten und Dritten) kräftig durcheinander geworfen. Wir finden fortwährend die Erste Welt in der Dritten wieder, die Dritte in der Ersten, die Zweite hingegen fast nirgendwo. Das Kapital scheint einer geglätteten Welt gegenüber zu stehen – oder vielmehr einer Welt, die neue und komplexe Ordnungen aus Differenzierung und Homogenisierung, aus Deterritorialisierung und Reterritorialisierung bestimmen. Die Entwicklung der Verläufe und Grenzen dieser neuen weltweiten Ströme sind von Veränderungen der vorherrschenden Produktionsprozesse begleitet. In deren Folge wurde die führende Rolle industrieller Fabrikarbeit erschüttert, kommunikative, kooperative und affektive Arbeit rückte statt dessen an erste Stelle. Durch die Postmodernisierung der globalen Ökonomie wird der Reichtum mehr und mehr durch das geschaffen, was wir biopolitische Produktion nennen, durch die Produktion des gesellschaftlichen Lebens selbst. Darin überschneiden sich die Sphären des Ökonomischen, des Politischen und des Kulturellen zunehmend und schließen einander ein.

Viele siedeln die letzte Entscheidungsgewalt, die über die Globalisierungsprozesse und die neue Weltordnung herrscht, in den USA an. Befürworter einer solchen Vorstellung loben die Vereinigten Staaten als Weltführung und alleinige Supermacht, ihre Gegner bezichtigen sie der imperialistischen Unterdrückung. Doch beruhen diese Sichtweisen auf der Annahme, die USA seien einfach in die Haut einer Weltmacht geschlüpft, wie sie von den Nationen Europas eben abgeworfen wurde. Wenn Britannien das 19. Jahrhundert prägte, dann Amerika das 20.; oder besser, war die Moderne europäisch, so ist die Postmoderne amerikanisch. Die vernichtendste Anklage, die Kritiker deshalb erheben können, ist, dass die USA die Methoden des alten europäischen Imperialismus wiederholen. Die Anhänger feiern die Weltführung der Vereinigten Staaten hingegen als effizienter und wohlwollender; sie machten richtig, was die Europäer falsch gemacht hätten. Mit unserer grundlegenden Hypothese, wonach eine neue, imperiale Form der Souveränität entstanden ist, widersprechen wir gleichwohl beiden Sichtweisen. Die Vereinigten Staaten bilden nicht das Zentrum eines imperialistischen Projekts, und tatsächlich ist dazu heute kein Nationalstaat in der Lage. Der Imperialismus ist vorbei. Keine Nation kann in dem Sinne die Weltführung beanspruchen, wie die modernen europäischen Nationen das taten.

Die USA nehmen allerdings im Empire eine privilegierte Position ein, doch leitet sich dieses Privileg nicht aus ihren Ähnlichkeiten zu den alten europäischen imperialistischen Mächten ab, sondern aus den Unterschieden. Diese Unterschiede sind am klarsten erkennbar, wenn man sich auf die im eigentlichen Sinn imperialen (und nicht imperialistischen) Grundlagen der US-Verfassung konzentriert. »Verfassung« meint sowohl die formale Konstitution, also den geschriebenen Verfassungstext zusammen mit den verschiedenen Zusatzartikeln und Rechtsbestimmungen, als auch die materielle Konstitution, die fortwährende Entstehung und Neuzusammensetzung sozialer Kräfte. Thomas Jefferson, die Autoren des Federalist und andere geistige Gründerväter der Vereinigten Staaten waren vom imperialen Vorbild der Antike inspiriert; sie glaubten daran, auf der anderen Seite des Atlantik ein neues Imperium mit offenen und sich ausdehnenden Grenzen schaffen zu können, in dem Macht vollständig in einem Geflecht von Strukturen verteilt sein würde. Diese imperiale Vorstellung überlebte und reifte in der Verfassungsgeschichte der Vereinigten Staaten. Heute zeigt sie sich im globalen Maßstab, in vollständig verwirklichter Form.

Wir sollten unterstreichen, dass wir »Empire« hier nicht als eine Metapher ansehen, an der zu zeigen wäre, welche Übereinstimmungen es zwischen der heutigen Weltordnung und den Imperien oder Reichen Roms, Chinas, der beiden Amerika und so weiter gibt; Empire ist vielmehr ein Begriff, der nach einem theoretischen Zugang verlangt.2 Den Begriff Empire charakterisiert maßgeblich das Fehlen von...

Erscheint lt. Verlag 17.3.2003
Übersetzer Thomas Atzert, Andreas Wirthensohn
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Gewicht 685 g
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Geschichte Allgemeine Geschichte Zeitgeschichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Biopolitik • Globalisierung • Imperialismus • Kapitalismus • Souveränität • Soziale Bewegungen
ISBN-10 3-593-41899-1 / 3593418991
ISBN-13 978-3-593-41899-5 / 9783593418995
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