Versprich es mir (eBook)

Über Hoffnung am Rande des Abgrunds

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
250 Seiten
C.H.Beck (Verlag)
978-3-406-76714-2 (ISBN)
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DER MÄCHTIGSTE MANN DER WELT - VON SEINER PERSÖNLICHSTEN SEITE
Joe Bidens autobiografisches Buch «Versprich es mir» war in den USA wochenlang auf Platz 1 der Bestsellerliste und erscheint nun erstmals auf Deutsch. In seiner Zeit als Vizepräsident unter Barack Obama musste Joe Biden machtlos zusehen, wie sein ältester Sohn Beau, Hoffnungsträger der Demokratischen Partei, an einem unheilbaren Gehirntumor erkrankte und seinen Kampf gegen den Krebs schließlich verlor. Wie wird ein Vater, wie wird eine Familie mit einer solchen Tragödie fertig? Bidens ergreifendes Memoir bietet einen einmaligen Einblick in das Innenleben des designierten nächsten Präsidenten der USA.
Im November 2014 versammelten sich die Bidens in Nantucket, um gemeinsam Thanksgiving zu feiern - eine Familientradition seit vierzig Jahren. Aber diesmal fühlte sich alles anders an. Bei Beau, dem ältesten Sohn von Joe Biden, war zuvor ein Hirntumor diagnostiziert worden, und sein Überleben war ungewiss. «Versprich es mir», sagte der kranke Sohn seinem Vater. «Versprich mir, dass du klarkommst, ganz egal, was passiert.» Joe Biden gab ihm sein Wort. Das darauffolgende Jahr stellte ihn auf eine schwere Probe. Der damalige Vizepräsident reiste mehr als hunderttausend Meilen quer durch die Welt und befasste sich mit schwierigen Krisen in der Ukraine, Mittelamerika und dem Irak. Während sein Sohn zu Hause um sein Leben kämpfte, stellte sich Joe Biden der Verantwortung für sein Land und versuchte dennoch für die Familie da zu sein. Bidens Memoir ist das Buch eines Politikers, aber mehr noch eines Vaters, Großvaters, Freundes und Ehemanns. Es ist die Geschichte vom Leid einer Familie, aber auch von Hoffnung und Zuversicht.

Joe Biden wurde am 3. November zum 46. Präsidenten der USA gewählt. Von 1973 bis 2009 gehörte er als Vertreter des Bundesstaates Delaware dem Senat der Vereinigten Staaten an. Von 2009 bis 2017 war er unter Präsident Barack Obama der 47. US-Vizepräsident.

KAPITEL EINS

THANKSGIVING BEI DEN BIDENS


Die Tage wurden nun kürzer, und es hatte bereits die Dämmerung eingesetzt, als sich das Tor unseres vorübergehenden Zuhauses öffnete und unsere Autokolonne den Grenzzaun passierte, welcher das United States Naval Observatory in Washington, D. C., umgab. Wir fuhren von unserem Amtswohnsitz zur Andrews Air Force Base, wo uns meine Kinder und Enkelkinder erwarteten. Jill und ich freuten uns auf unseren alljährlichen gemeinsamen Thanksgiving-Ausflug. In den bislang fünfeinhalb Jahren meiner Vizepräsidentschaft war die Familie stets ein wichtiger Zufluchtsort für mich gewesen; Zeit mit meinen Lieben zu verbringen, war wie ein Flug ins Auge des Orkans – eine Erinnerung an die natürliche Leichtigkeit und die Rhythmen unseres vorherigen Lebens und ein Vorgeschmack auf die Ruhe, die meiner Amtszeit folgen würde. Der Job war unglaublich spannend, aber Jill und ich vermissten viele Dinge aus unserem Leben vor der Vizepräsidentschaft. Wir vermissten unser Zuhause in Wilmington. Wir vermissten die Möglichkeit einer langen Autofahrt zu zweit, auf der wir ungestört miteinander reden konnten. Wir vermissten es, frei über unseren eigenen Terminplan und unseren Tagesablauf verfügen zu können. Ferien, Feiertage und Familienfeste waren Atempausen, die unser inneres Gleichgewicht wieder einigermaßen herstellten. Der Rest der Familie schien diese Pausen ebenso nötig zu haben wie Jill und ich selbst.

Erst wenige Monate zuvor waren wir zu unserem jährlichen Sommerausflug zusammengekommen und hatten einen Nationalpark besucht. Fünf Tage Wandern, Wildwasserfahren und lange, laute Abendessen in den Tetons hatten den Erwachsenen jedoch offenbar nicht gereicht. Am letzten Tag waren Jill und ich gerade in unserer Hütte beim Packen, als es an der Tür klopfte. Es war unser Sohn Hunter. Er wusste, dass Jill und ich noch vier Tage allein am Strand ausspannen wollten. Aber er und seine Frau hatten noch etwas freie Zeit, und deshalb fragte er, ob sie vielleicht mitkommen könnten. Natürlich, sagten wir. Wenige Minuten später klopfte unser Sohn Beau. Seine Schwiegereltern hätten sich bereiterklärt, die Kinder zu hüten. Vielleicht würde es uns nichts ausmachen, wenn er und seine Frau uns an den Strand auf Long Island begleiteten. Natürlich nicht, sagten wir.

Ich vermute, dass sich manche Eltern ausgenutzt fühlen, wenn man sie derart ihrer Zweisamkeit beraubt. Für mich waren diese Anfragen hingegen eher ein Zeichen eines gelungenen Lebens: Unsere erwachsenen Kinder wollten bei uns sein. Also verbrachten wir im August weitere herrliche vier Tage gemeinsam am Strand. Dagegen war unser Zusammensein im November von einer beunruhigenden Dringlichkeit geprägt, die mein Gemüt trübte, als Jill und ich wie jedes Jahr nach Nantucket aufbrachen, um mit unserer Familie Thanksgiving zu feiern.

Wir passierten die Tore des Observatoriums, und ich spürte, wie unsere für Regierungsmitglieder vorgeschriebene gepanzerte Limousine ihren üblichen sanften Schwenk auf die Massachusetts Avenue machte, wo man den örtlichen Verkehr angehalten hatte, um den Weg für uns freizumachen. Ich blickte auf die wuchtige digitale Außenstanduhr am Ende der Einfahrt, wie ich es vielleicht schon tausendmal getan hatte, seit wir den Amtssitz bezogen hatten. Die rot leuchtenden Ziffern der Anzeige wechselten mit metronomischer Perfektion: 5:11:42, 5:11:43, 5:11:44, 5:11:45. Es war die bis auf die Millisekunde genaue Uhrzeit des Landes, die keine hundert Meter weit entfernt von der U. S. Naval Observatory Master Clock gemessen wurde. Das Verteidigungsministerium, das rund um den Globus Truppen und Standorte unterhielt, hatte die «Precise Time» zur operativen Notwendigkeit erklärt. 5:11:50, 5:11:51, 5:11:52.

Unsere Limousine beschleunigte aus der Kurve heraus, und die plötzliche Kraft drückte mich zurück in den weichen Ledersitz. Im Nu lag die Uhr hinter uns und war außer Sichtweite, zeigte aber immer noch an, wie die Zeit verstrich: 5:11:58, 5:11:59, 5:12:00. Die Kolonne beschrieb auf der Ringstraße um das Observatorium eine Kurve nach Südosten, und wir konnten sehen, wie die Lichter des Amtssitzes durch die kahlen Bäume blitzten. Ich freute mich, dem Haus für ein paar Tage Lebewohl sagen zu können. Unsere Abreise bedeutete, dass ein Großteil des zur Marine gehörigen Personals, das sich dort um uns kümmerte, sein gesamtes Feiertagswochenende mit der eigenen Familie verbringen könnte.

Sobald wir auf den Parkway stießen, nahm die Prozession Fahrt auf, und unsere Motorradeskorte drängte andere Verkehrsteilnehmer sanft zur Seite. Die Kolonne fuhr entlang der südlichen Stadtgrenze von Washington in Sichtweite der Denkmäler und öffentlichen Gebäude: Arlington National Cemetery, Lincoln Memorial, Washington Monument (mit dem Weißen Haus in einiger Entfernung dahinter), Jefferson Memorial, das Kapitol. Ich bekleidete in dieser Stadt zwar seit 1973 ununterbrochen ein Wahlamt, davon 36 Jahre lang als Senator und sechs als Vizepräsident, doch waren mir die Schönheit und die Bedeutung dieser mächtigen Wahrzeichen, die nun in ein mildes Licht getaucht wurden, nicht gleichgültig geworden. Für mich standen die wuchtigen Marmorbauten für unsere Ideale, für unsere Hoffnungen und unsere Träume.

Mein Arbeitsleben in Washington hatte mich vom Tag meiner Ankunft an mit Stolz auf das Erreichte erfüllt, und dieses Gefühl war auch nach fast 42 Jahren noch lange nicht erloschen. Tatsächlich war ich am 25. November 2014 ebenso begeistert und getrieben von meiner Arbeit wie zu jedem anderen Zeitpunkt meiner Karriere, wenngleich mein damaliges Amt zugegebenermaßen ein wahrhaft seltsamer Job war. Der Aufgabenbereich des Vizepräsidenten besitzt eine einzigartige, seltsame Dehnbarkeit. Rein verfassungsrechtlich verfügt der Amtsinhaber über äußerst geringe Machtbefugnisse. Er oder sie hat die Aufgabe, eine Stimmengleichheit im Senat zu brechen – was man in fast sechs Jahren nicht von mir verlangt hatte – und gegebenenfalls die Amtsgeschäfte zu übernehmen, sollte der Präsident aus irgendeinem Grund nicht selbst dazu in der Lage sein. Von einem früheren Amtsinhaber stammt das berühmte Zitat, das Amt sei «nicht einmal einen Eimer warmer Spucke wert». (Das ist die zensierte Version. Er sagte nicht «Spucke».) Die tatsächliche Macht des Amtes spiegelt das Vertrauen des Präsidenten in seinen Stellvertreter wider, von welchem sie so gut wie vollständig abhängt.

Barack Obama hatte mir vom Beginn unserer ersten Amtszeit an wichtige Regierungsgeschäfte anvertraut, und wenn er mich erst einmal beauftragt hatte, den Recovery Act von 2009 zu überwachen, Verhandlungen mit Senator Mitch McConnell zu führen oder diplomatische Beziehungen zum Irak aufzunehmen, sah er mir dabei nicht mehr über die Schulter. Ich glaube, ich machte meine Arbeit gut genug, um mir sein Vertrauen zu verdienen und zu erhalten.

Auch Ende 2014 ersuchte er mich um meinen Rat, welchen er offenbar schätzte. Dadurch wiederum spürte ich an manchen Tagen, dass ich dazu beitragen konnte, den Lauf der Geschichte ein klein wenig zum Besseren zu wenden. Und irgendwo in der Autokolonne gab es an jenem Abend, als wir durch die Straßen Washingtons fuhren, einen Wagen, in dem der Militärberater des Vizepräsidenten fuhr. Dieser verwahrte den «nuklearen Football», auf den ich jederzeit Zugriff haben musste. Ich gehörte zu jener Handvoll Menschen, die Kontrolle über die Codes haben, mittels derer man praktisch jedes Ziel auf dem Planeten mit einen Atomschlag treffen kann. Ich wurde also ständig an die hohe Verantwortung meines Amtes und das in mich gesetzte Vertrauen erinnert, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.

Doch trotz alledem, trotz Stellung und Ansehen, war ich nicht in der Lage, das zu tun, was ich bei der Fahrt zu diesem Ferienwochenende am liebsten getan hätte: diese Hauptuhr am Ende meiner Einfahrt anhalten, diese roten, wechselnden Ziffern verlangsamen, um mir, meiner Familie und vor allem meinem älteren Sohn etwas mehr Freiraum zu verschaffen. Ich wünschte mir die Macht, der Zeit ein Schnippchen zu schlagen.

Die Familientradition der Bidens, Thanksgiving gemeinsam auf Nantucket zu verbringen, nahm ihren Anfang im Jahre 1975 als eine Art diplomatischer Akt. Ich war zum ersten Mal Senator und gleichzeitig alleinstehender Vater von zwei Jungen – Beau war sechs Jahre alt und Hunter erst fünf. Jill Jacobs und ich hatten begonnen, ernsthaft über eine gemeinsame Zukunft zu sprechen. Thanksgiving war unser erster gemeinsamer Feiertag, und wir hatten zu viele Einladungen. Meine Eltern wollten, dass wir zu ihnen nach Wilmington kämen. Jills Eltern wollten uns bei sich in Willow Grove, Pennsylvania, haben....

Erscheint lt. Verlag 24.11.2020
Übersetzer Henning Dedekind, Friedrich Pflüger
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Abschied • Amerika • Bestsellerliste • Biografie • Biographie • Delaware • Demokraten • Demokratischen Partei • Donald Trump • Ehemann • Familie • Freund • Gehirntumor • Großvater • Hoffnung • Joe Biden • Krebs • Leben • Memoir • Memoiren • Politik • Politiker • Präsident • Präsidentschaftskanditat • Sterbebegleitung • Tod • Trauer • Trump • USA • US-Präsident • Vater • Vereinigte Staaten von Amerika • Verlust • Vizepräsident
ISBN-10 3-406-76714-1 / 3406767141
ISBN-13 978-3-406-76714-2 / 9783406767142
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