Wunderwerk Frau (eBook)

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2022 | 1. Auflage
192 Seiten
Gräfe und Unzer (Verlag)
978-3-8338-8299-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wunderwerk Frau -  Prof. Johannes Huber
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Warum leben Frauen länger als Männer? Wieso erkranken sie seltener an Herzinfarkt und weniger schwer an Covid-19? Ist der weibliche Körper robuster, weil er seit Anbeginn oft mehr als einen Organismus ernähren musste? Wirkt die monatliche Blutung reinigend auf den Blutkreislauf? Und was hat es zu bedeuten, dass Frauen sowohl mehr Gene als auch mehr Sexualhormone haben als Männer? Der legendäre Wiener Gynäkologe Professor Johannes Huber stellt sich in zehn Kapiteln diesen Fragen und vielen mehr. Mit archäologischem Forschungseifer deckt er über Jahrtausende entstandene Besonderheiten des evolutionären Wunderwerks Frau auf und legt offen, wieso das weibliche Geschlecht das wahrhaft starke ist. »Wunderwerk Frau« verbindet die neuesten Erkenntnisse der gynäkologischen Forschung mit einer Ode an die Evolution. In diesem Buch erfahren Sie alles über das unterschätzte Geschlecht.

Prof. Johannes Huber, geb. 1946, ist Mediziner und Theologe. Nach dem Studium in Wien organisierte er als Sekretär von Kardinal König u.a. eine Krönungsmesse im Petersdom. 1992 wurde er Leiter für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am AKH in Wien mit den Schwerpunkten Frauenmedizin und Altersforschung, was ihn als Professor auch in die USA und Schweiz führte. Bis 2007 leitete er die österreichische Bioethikkommission.

Prof. Johannes Huber, geb. 1946, ist Mediziner und Theologe. Nach dem Studium in Wien organisierte er als Sekretär von Kardinal König u.a. eine Krönungsmesse im Petersdom. 1992 wurde er Leiter für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am AKH in Wien mit den Schwerpunkten Frauenmedizin und Altersforschung, was ihn als Professor auch in die USA und Schweiz führte. Bis 2007 leitete er die österreichische Bioethikkommission.

Hinweis zur Optimierung
Impressum
Wichtiger Hinweis:
Vorwort
1: Im Auftrag ihrer Majestät, der Evolution
2: Gütesiegel der weiblichen Seele
3: Eva hat mehr Gene als Adam
4: Eva wurde wahrscheinlich vor Adam erschaffen
5: Frauenherzen schlagen für zwei
6: Eva sitzt am längeren und stärkeren Ast
7: Immunologische Meisterleistungen des weiblichen Körpers
8: Das längere Leben von Eva
9: Wachsam, merkfähig, nachhaltig
10: Die Geheimarchive des weiblichen Körpers
Ein Plädoyer zum Schluss
Endnoten
Prof. Dr. Johannes Huber

Bindungsfähigkeit und Hilfsbereitschaft


Im Januar 1811 berichtete Heinrich von Kleist in den »Berliner Abendblättern« über eine erschütternde Begebenheit:

»Zu St. Omer im nördlichen Frankreich ereignete sich im Jahr 1803 ein merkwürdiger Vorfall. Daselbst fiel ein großer toller Hund, der schon mehrere Menschen beschädigt hatte, über zwei, unter einer Haustür spielende, Kinder her. Eben zerreißt er das jüngste, das sich, unter seinen Klauen, im Blute wälzt; da erscheint, aus einer Nebenstraße, mit einem Eimer Wasser, den sie auf dem Kopf trägt, die Mutter. (…) entschlossen, das Untier mindestens mit sich zu verderben, umklammert sie, mit Gliedern, gestählt von Wut und Rache, den Hund: sie erdrosselt ihn, und fällt, von grimmigen Bissen zerfleischt, ohnmächtig neben ihm nieder. Die Frau begrub noch ihre Kinder und ward, in wenig Tagen, da sie an der Tollwut starb, selbst zu ihnen ins Grab gelegt.«

Kleist betitelte diese Erzählung mit »Mutterliebe« und wies auf die ungeheuren Kräfte hin, die eine Mutter zu entwickeln imstande ist.

Die Bindungsfähigkeit der weiblichen Seele ist so gewaltig, dass der Körper zu Großleistungen fähig wird. Obwohl die Evolution die Werkzeuge dafür aus dem Arsenal der Fortpflanzung geholt hat, besitzen sie auch Frauen, die die Reproduktion nicht für sich selbst in Anspruch nehmen.

Der innerste Code des weiblichen Gehirns ist altruistisch – auf ein Gegenüber ausgerichtet, bereit, Hilflosen beizustehen. Dabei werden unglaubliche Mechanismen aktiviert. Diese begleiten das große kindliche Lauschen, wenn noch im Mutterleib das Baby die Stimme seiner Mutter zu erkennen beginnt, ihre Weiblichkeit riecht und sich an beides festklammern kann, wenn es die paradiesischen Umstände der Gebärmutter verlässt und die ersten Tage in einer fremden Welt zu verbringen anfangen muss – allerdings geschützt von der ihm schon bekannten mütterlichen Vokalität, von ihrem Körpergeruch und den taktilen Berührungen, die die uterine Welt simulieren. Der Schutz der Gebärmutter wird auch nach der Entbindung aufrecht gehalten.

Einem unreifen Geschöpf zu Hilfe zu eilen gehört zu den Charakteristika des weiblichen Genoms, egal ob die Frau einmal schwanger war oder nicht.

Wenn Goethe den zweiten Teil seines »Faust« mit den berühmten Worten »Das ewig Weibliche zieht uns hinan« beschließt, dann hat er in kryptischer, vielleicht sogar in prophetischer Weise vorweggenommen, was die Medizin heute weiß, und das auch erst seit Kurzem: dass der weibliche Körper in der Lage ist, Zellteile von all seinen Kindern in sich zu tragen und sie nach der Geburt in sich zu behalten, möglicherweise für immer; und dass die Frau so auch mit dem Vater ihrer Kinder zellverwandt bleibt, vielleicht ebenfalls bis zu ihrem Tod. Mikrochimärismus lautet der Fachausdruck für dieses unglaubliche Phänomen.18

Da können Männer nicht mit. Diesen Zaubertrick hat die Natur nur dem weiblichen Körper geschenkt.

Mikrochimärismus – das Geheimnis zwischen Mutter und Kindern


Es sind allerdings nicht ganze Zellen, sondern die DNA, das kindliche Erbgut, das zur Hälfte natürlich von der Mutter, zur Hälfte auch vom Vater stammt, und die Mutter ab der Schwangerschaft mit sich trägt.

In der Geburtshilfe wird dieser Mechanismus klinisch genützt. Wollte sich früher eine Mutter Sicherheit verschaffen, ob ihr Kind chromosomal gesund ist, musste sie eine Fruchtwasserpunktion über sich ergehen lassen. Unter Ultraschallsicht wurde durch ihre Bauchdecke eine dünne Nadel direkt in die Gebärmutter vorgeschoben, Fruchtwasser mit kindlichen Zellen aspiriert und dann untersucht – ein für viele betroffene Frauen belastendes Ereignis.

Durch den entdeckten Mikrochimärismus hat die Gynäkologie ein völlig neues Instrument bekommen: Nicht mehr Fruchtwasser muss abgesaugt werden, sondern lediglich mütterliches Blut, in dem die kindliche DNA zirkuliert. Daraus lässt sich über epigenetische Marker auf die Chromosomen des Kindes und damit auf seine diesbezügliche chromosomale Gesundheit schließen. Eine enorme Erleichterung in unserem Fach, in der jedoch eine ganz neue Physiologie schlummert, nämlich die Biologie des Mischwesens, bestehend aus Mutter und Kind, die gegenseitig ihre Stammzellteile austauschen. Mit dieser Fähigkeit wurde Adam bei seiner Erschaffung nicht beschenkt.

Der DNA-Austausch ist gegenseitig, »bidirektional«, wie es die Biologie nennt. Zunächst wird kindliches Erbgut in den mütterlichen Kreislauf geschleust und bleibt dort viele Jahre erhalten – einschließlich des väterlichen Anteils der fetalen Zellen. Darüber hinaus gelangen aber auch mütterliche DNA-Teile in das Kind, auch diese trägt es dann weiter in sich – das »ewig Weibliche« bleibt damit in uns bewahrt.

Bekommt eine Frau nach der Geburt ein zweites, drittes oder viertes Kind, so wird über ihr Blut eine kleine DNA-Portion der früheren Geschwister in die aktuelle Schwangerschaft geschleust. Der Erstgeborene bleibt Initialspender und wird seine DNA über die Mutter an die Nächstgeborenen weitergeben. Aber auch später geborene Kinder geben über mütterliches Blut ihre DNA an die nachfolgenden Geschwister weiter.

Das erklärt einen Weisheitsschatz im aristokratischen bzw. orientalischen Denken: dass nämlich der Erstgeborene eine besondere Stellung nicht nur im Erbrecht, sondern auch in der Biologie hat – der Primogenitus. Selbst im Weihnachtsevangelium wird dies noch hinzugefügt: »In der Krippe gebar Maria das Kind – den Erstgeborenen.« Diese Auffassung wirkt bis heute fort und wird sichtbar bei der Regelung der Thronfolge oder beim Antritt des adeligen Familienerbes, wo grundsätzlich ein erstgeborener Nachkomme als Erbe und Rechtsnachfolger des Verstorbenen gilt.

Die kindliche DNA schwirrt in den mütterlichen Organismus hinein und scheint die Genialität zu besitzen, Schwachstellen im mütterlichen Körper zu erkennen, die es mit seinen Stammzellstücken hilfreich unterstützt.

Das Baby regeneriert die Mutter


Eine Beobachtung ist dem Geburtshelfer nicht fremd: Wird am Vormittag ein Kaiserschnitt durchgeführt und besucht man am frühen Abend die operierte Frau, so ist es gar nicht so selten, dass sie schon im Querbett sitzt, das Kind in den Händen hält und lächelt. Ihre Schmerzen scheinen vergessen zu sein – nicht so wie bei einer anderen Frau, die die gleiche Operationstechnik aus anderen Gründen hatte, aber am gleichen Tag noch wesentlich mehr Schmerzmittel benötigt.

Die Erklärungen dafür waren zunächst einfach: Die Frau ist über ihr Kind so beglückt, dass sie die Schmerzen vergisst und keine Analgetika mehr braucht.

Das mag nicht unrichtig sein, allerdings scheint dafür auch der DNA-Transfer mit involviert zu sein, der dem mütterlichen Gewebe zu Hilfe eilt – vor allem dort, wo Operationswunden geheilt werden sollen.

Dies zu untersuchen war vor allem bei Müttern, die Söhne geboren hatten, leichter,19 weil sie das Y-Chromosom in ihrem Genom tragen, das der Mutter natürlich fehlt. Man kann es markieren und findet es auch im mütterlichen Gewebe wieder, was eindeutig beweist: Es sind die Gene des Kindes, die sich dort niedergelassen haben. Das soeben geborene Kind sorgt mit der Bereitstellung seiner Stammzellteile dafür, dass die Wundheilung der Mutter schnellstens vonstattengeht. Dieses Wunder betrifft nicht nur die Kaiserschnittnarbe, sondern ist auch im Gewebe des Beckenbodens nachweisbar, wo ein Dammschnitt notwendig war.

Beliebte Orte scheinen die Haut, das Bindegewebe, aber auch verletzte Muskeln zu sein, in denen die kindliche DNA sofort mit Reparatur und Aufarbeiten beginnt, vor allem, wenn es sich um Wunden handelt, die bei der Episiotomie oder beim Kaiserschnitt zugefügt wurden. Die DNA dieser kindlichen Zellen produzieren Kollagen I und III sowie TGF Beta III – alles quasi »Medikamente«, die die Wundheilung beschleunigen.20

Das offenbart ein interessantes Detail: dass nämlich nach der Geburt der Wundheilungsprozess im mütterlichen Körper viel schneller voranschreitet. Aber auch ein anderer Aspekt scheint auf jenem biologischen Phänomen zu beruhen. Unmittelbar nach der Geburt blüht – zwar nicht immer, aber meist – der weibliche Organismus auf. Die eben entbundene Mutter nähert sich trotz der Mühsal von Schwangerschaft, Geburt und beginnender Laktation den klassischen Schönheitsidealen an. Oft ist diese postpartale Ästhetik nicht zu überbieten.

Dafür gab es in der Vergangenheit auch eine einfache Erklärung. Um die Beziehung zum Vater des Kindes zu festigen und damit auch die Überlebenschancen des Kindes zu erhöhen, hätte Mutter Natur diesen kosmetischen Effekt herangezogen. Hormonschwankungen, so die Hypothese, wären dafür verantwortlich gewesen. Betrachtet man diese Deutung jedoch genauer, so erscheint sie als nicht letztschlüssig. In der Schwangerschaft erreichen die weiblichen Hormone zwar ein Maximum, das später nie wieder in dieser Form möglich wird. Unmittelbar nach der Geburt, nach Ausstoßung der hormonellen Fabrik, der Plazenta, fallen die großen Hormongruppen des weiblichen Körpers aber massiv ab. Die Frau erlebt eine endokrine Entleerung, was oft mit Haarausfall und depressiven Verstimmungen einhergeht. Trotzdem bleiben Haut und Gesichtszüge wunderschön, ja mitunter hat der Mann den Eindruck, die Frau verjünge sich von selbst.

Die Stammzellen-DNA des Kindes ist im mütterlichen Körper angelegt und lässt die Frau strahlen. Das ist die älteste Form der Stammzelltherapie und gleichsam eine individuelle Anti-Aging-Medizin.

Kinder schenken ihren Müttern – förmlich als Dankeschön für die Zuneigung und...

Erscheint lt. Verlag 2.8.2022
Reihe/Serie Edition Gesellschaft
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Bestseller-Autor • Biologie • Chromosom • Feminismus • Frau • Fruchtbarkeit • Frühgeburt • Geburt • Geburtshilfe • Geschlecht • Gravidität • Gynäkologie • Hormon • Hormone • Jubiläum • Mann • menopause • Menstruation • Menstruationszyklus • Obstetrics • Östrogen • Plazenta • Schwangerschaft • Testosteron • Zyklus
ISBN-10 3-8338-8299-9 / 3833882999
ISBN-13 978-3-8338-8299-9 / 9783833882999
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