Eine neue Geschichte der Säugetiere (eBook)

Mammut, Schnabeltier, Homo sapiens - wie sie die Welt eroberten
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
528 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60464-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Eine neue Geschichte der Säugetiere -  Steve Brusatte
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Der lange Weg des Menschen Das Aussterben der Dinosaurier war die große Chance der Säugetiere: Jahrelang lebten sie im Schatten der Ungetüme, nun eroberten sie sich die Erde zurück. Heute gibt es nur noch 6000 Säugetierarten - Überlebende eines einst üppigen Stammbaums, der durch Naturkatastrophen und nicht zuletzt die Klimakrise beschnitten wurde. Steve Brusatte porträtiert Mammuts und Säbelzahntiger, eierlegende Schnabeltiere, Koalas, die ihre Jungen in winzigen Beuteln aufziehen, und natürlich den Homo sapiens. Ein faszinierendes Buch voll bahnbrechender Erkenntnisse über unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Steve Brusatte, geboren 1984, ist Paläontologe und Evolutionsbiologe. Er hatte sich auf die Anatomie und Evolution von Dinosauriern spezialisiert, bevor ihn die Säugetiere in ihren Bann zogen. Der gebürtige Amerikaner studierte in Chicago, Bristol und New York. Derzeit lehrt und forscht er an der Universität Edinburgh in Schottland. Bei unzähligen Ausgrabungen in aller Welt entdeckte Brusatte mehr als ein Dutzend neuer Wirbeltierfossilien. Er war paläontologischer Berater u. a. für BBC, National Geographic und den Blockbuster Jurassic World: Ein neues Zeitalter. Bei Piper erschien bisher der New York Times-Bestseller »Aufstieg und Fall der Dinosaurier«.

Steve Brusatte, geboren 1984, ist Paläontologe und Evolutionsbiologe. Er hat sich auf die Anatomie und Evolution der Dinosaurier spezialisiert und selbst zehn Spezies entdeckt und benannt. Bei Piper erschien von ihm bisher »Aufstieg und Fall der Dinosaurier«.

Einführung


Unsere Familie, die Säugetiere


 

Zum ersten Mal seit Jahren durchbrachen wieder Sonnenstrahlen den finsteren Himmel. Rauchschwaden trieben unter den grauen Wolken und überzogen den Boden mit düsteren Schatten. Das Land war verwüstet. Dreckiger Schlamm, so weit das Auge reichte, eine farblose Einöde ohne Grün oder andere bunte Tupfer. In der Luft hing eine gespenstische Stille. Nur das Plätschern eines Flusses war zu hören, dessen Lauf von Stöcken, Steinen und verrottenden Pflanzen behindert wurde.

Am Flussufer lag das Skelett einer Bestie, Fleisch und Sehnen waren längst verschwunden, die Knochen von einem stockfleckigen Beige. Aus dem wie zum Schrei aufgerissenen Kiefer waren die Zähne herausgeschlagen und lagen verstreut neben dem Schädel. Sie waren groß wie Bananen und messerscharf, mörderische Waffen, mit denen dieses Ungeheuer seine Beute zerfetzt und ihr die Knochen zermalmt hatte.

Es war das Skelett eines Tyrannosaurus Rex – einst König der Dinosaurier, ein Echsentyrann, der den gesamten Kontinent unterdrückte. Nun gab es seine Spezies nicht mehr. Und auch sonst schien kaum etwas überlebt zu haben.

Plötzlich drang aus dem Inneren des toten Giganten ein leises Geräusch. Ein Rascheln und Trippeln, dann tauchte zwischen zwei T.-rex-Rippen eine winzige Nase mit zitternden Tasthaaren auf, zögernd zunächst, als witterte sie Gefahr, aber da war nichts.

Die Zeit war gekommen, aus dem Versteck zu kriechen. Schnell huschte die Kreatur ins Licht und erklomm die Knochen.

Mit ihrem fellüberzogenen Körper, den Knopfaugen, dem dünnen, langen Schwanz und der Schnauze voller Zähne, die an Berggipfel erinnerten, hätte sie einem T. rex nicht unähnlicher sein können.

Sie hielt einen Moment inne, kratzte sich das Nackenfell und stellte die Ohren auf, bevor sie sich auf allen vieren auf den Weg machte. Hände und Füße stabil unter dem Körper, kletterte sie flink und zielsicher über die Rippenbögen nach oben und dann entlang der Wirbelsäule auf den Dinosaurierschädel.

In einer der Augenhöhlen, durch die der T. rex einst Triceratops-Herden beobachtet hatte, blieb das Fellknäuel sitzen, drehte sich Richtung Brustkorb und stieß ein grelles Quieken aus. Aus dem Monster krochen zwölf etwas kleinere Fellknäuel und flitzten zu ihrer Mutter. Noch keine Minute an der Erdoberfläche, drängten sie sich um ihren Bauch und schlabberten gierig ihre Frühstücksmilch.

Während sie ihre Babys säugte, blinzelte die Mutter ins Sonnenlicht. Die Welt gehörte nun ihr, ihr und ihrer Familie. Die Herrschaft der Dinosaurier war vorüber. Die feurige Zerstörungswut eines Asteroiden und ein langer, globaler nuklearer Winter hatten sie beendet. Die Erde war im Begriff zu heilen, und es war ein neues Zeitalter angebrochen – die Ära der Säugetiere.

 

Rund 66 Millionen Jahre später stand an ebenjener Stelle ein anderes Säugetier mit einer Kreuzhacke in der Hand. Sarah Shelley war meine erste Doktorandin, nachdem ich meinen Job als Paläontologe an der Universität von Edinburgh in Schottland angetreten hatte. Wir waren auf Fossilienjagd in den USA, in New Mexico, und suchten nach Knochen, Zähnen und Skeletten, die uns helfen sollten zu verstehen, wie die Säugetiere den Asteroideneinschlag überlebt hatten und die Dinosaurier bis heute überdauert haben. Wie haben sie sich die Welt zu eigen gemacht und sind zu den pelzigen Gesellen geworden, die wir auch heute noch kennen, lieben und manchmal fürchten?

Säugetiere sind – bei allem Respekt für Reptilien, Vögel und die anderen über acht Millionen Tierarten, die nicht zu den Säugern zählen – die charismatischsten und meistgeliebten Lebewesen auf unserem Planeten. Teilweise liegt das wohl einfach daran, dass die meisten von ihnen niedlich und flauschig sind, teilweise aber auch daran, dass wir eine Beziehung zu ihnen herstellen können und uns selbst in ihnen wiedererkennen. Auf dem Bildschirm verfolgen wir gebannt das Drama einer von einem Gepard gejagten Gazelle, geraten in Verzückung über eine Ottermutter, die auf dem Cover einer Zeitschrift mit ihren Jungen spielt, unsere Kinder betteln, dass wir mit ihnen im Zoo die Elefanten und Nilpferde besuchen, und während uns die meisten Spendenaufrufe nur nerven, erregen bedrohte Pandas unfehlbar unser Mitleid. Füchse und Eichhörnchen haben sich an unsere Städte gewöhnt, und selbst Rehe und Hirsche wagen sich bis in die Randbezirke. Wir sind schwer beeindruckt von Walen, die länger sind als ein Basketballfeld und meterhohe Geysire aus ihren Blaslöchern in die Luft prusten, gruseln uns vor Vampirfledermäusen, die tatsächlich Blut trinken, und der Anblick eines Löwen oder Tigers jagt uns ein Schaudern über den Rücken. Wir lieben knuddelige Haustiere, Katzen, Hunde oder auch exotischere Arten. Als Rindersteaks, Schweinswürstchen oder Lammkoteletts sind Säugetiere für viele von uns Nahrung. Und natürlich zählen wie Bären oder Mäuse auch wir selbst zur Familie der Säugetiere.

Sarah Shelley und ich in New Mexico auf der Suche nach Zähnen von Säugetieren, die kurz nach dem Aussterben der Dinosaurier lebten. (Foto: Tom Williamson)

 

Während in der Ferne eine Horde Präriehunde heulte, schwang Sarah unbeirrt ihre Kreuzhacke. Mit jedem Schlag stieg eine faulig nach Schwefel stinkende Staubwolke aus dem Gestein auf, und jedes Mal wartete Sarah geduldig, bis der Staub sich gelegt hatte, um nachzusehen, ob der Boden etwas Interessantes preisgegeben hatte. Über eine Stunde lang kam jedoch nichts anderes zutage als gewöhnlicher Stein. Bis dann nach einem Schlag plötzlich eine Form mit einer anderen Beschaffenheit und Färbung zu erkennen war. Sarah kniete sich auf den Boden, um sich die Stelle genauer anzusehen. Dann stieß sie einen so lauten und spontanen Freudenschrei aus, dass mir hier schlicht die Worte fehlen, um ihn zu beschreiben.

Sie war auf ein Fossil gestoßen, den ersten großen Fund ihrer Studentinnenlaufbahn.

Als ich zu ihr lief, um ihren Schatz zu begutachten, händigte sie mir zwei an der Spitze zusammenhängende Kieferknochen aus. Die mit Gipsspat überzogenen Zähne glitzerten in der Wüstensonne, und ich sah sofort, dass es sich um scharfe Eckzähne und die dahinterliegenden Mahlzähne handelte. Ein Säugetier! Aber nicht irgendein Säugetier. Sondern jene Gattung, die die Thronfolge der Dinosaurier angetreten hatte.

Wir klatschten uns ab und machten uns sofort wieder an die Arbeit.

Der von Sarah gefundene Kiefer gehörte zu einer Gattung namens Pantolambda, und er war groß, ungefähr so groß wie der eines Shetlandponys. Die Pantolambda lebten »nur« ein paar Millionen Jahre nach den Dinosauriern, also einige Generationen, nachdem die kleine Säugetiermutter in meiner fiktiven, aber durchaus realistischen Eingangsgeschichte zwischen den Rippenbögen des T. rex hervorgekrochen war. Die Pantolambda waren bereits bedeutend größer als alle Säugetiere, die T. rex oder Brontosaurus je zu Gesicht bekommen hatten. Nachdem ein paar dieser genügsamen Geschöpfe den Asteroiden dank ihrer geringen Größe – keines von ihnen war größer als ein Dachs – überlebt hatten, fanden sie sich plötzlich in einer dinosaurierfreien Welt wieder. Sie wurden größer, breiteten sich aus, und es entstanden neue Arten, die bald komplexe Ökosysteme bildeten, die jene der Dinosaurier – die mehr als 100 Millionen Jahre über die Erde geherrscht hatten – ersetzten.

Dieses spezielle Pantolambda lebte im Dschungel am Rand eines Sumpfgebiets (daher der üble Geruch des Gesteins, in dem es begraben lag). Es war in der Gegend der größte Pflanzenfresser, und wenn es nach einem Mittagessen aus Blättern und Bohnen durch das kühle Wasser watete, sah oder hörte es eine Vielzahl anderer Säugetiere. Über seinem Kopf turnten kätzchengroße ...

Erscheint lt. Verlag 31.8.2023
Übersetzer Katja Hald
Zusatzinfo Mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Abbildungen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Aufstieg und Fall der Dinosaurier • Ausgrabung • Aussterben der Dinosaurier • Dinosaurier • Eiszeit • Entwicklungsgeschichte • Erdgeschichte • Evolution • Frühgeschichte • Geschichte der Menschen • Geschichte der Säugetiere • Josef H. Reichholf • Natur • Naturwissenschaft • Paläontologie • SACHBUCH NATUR • SACHBUCH TIERE • Säugetiere • Tiere • Tiere und Umwelt • Trias • Urgeschichte • Urzeit • Von Füchsen und Menschen • Wirbeltiere • Wirbeltierforscher • Zeitalter der Säugetiere
ISBN-10 3-492-60464-1 / 3492604641
ISBN-13 978-3-492-60464-2 / 9783492604642
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