Kommunikationskultur in Familienunternehmen (eBook)

Unternehmer im Gespräch - von Führungsverantwortung über Konfliktlösung bis zur Nachfolgeregelung
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
287 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-08968-2 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
38,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Welche Vorstellungen von Führung und Miteinander überzeugen? Welche Rollendynamiken wirken? Der Autor zeigt, wie es Ihnen gelingt, die Rollen neu zu finden und sich überzeugend damit zu identifizieren. So gelingen auch Veränderungsprozesse und die Nachfolge in Ihrem Unternehmen erfolgreich. 'Charmant und eingängig werden hier die zentralen Fragestellungen vorgestellt, mit denen die Familie des Familienunternehmens konfrontiert ist. Durch die Interview-Zitate erhält das Buch eine eindringliche Unmittelbarkeit. Für mich war es eine besondere Lesefreude!' Prof. Dr. Arist von Schlippe, Akademischer Direktor des Wittener Instituts für Familienunternehmen (WIFU) 'Die Buddenbrooks für Manager. Jochen Waibels Buch bietet einen sehr persönlichen Einblick in deutsche Familienunternehmen und erzählt spannend von Söhnen und Patriarchen. Ein lebendiger Ausschnitt deutscher Unternehmenskultur.' Hanna Grabbe, DIE ZEIT Inhalte: - Der Familienbegriff als Mittelpunkt im Unternehmenszusammenhang - Der Patriarch als Ausgangspunkt: Machteingriffe und kommunikative Win-Win-Situationen - Kommunikation zwischen Nähe und Distanz - Teamrollen und Persönlichkeitsmerkmale richtig einsetzen - Dialog auf dem Weg zur Unternehmensnachfolge 

Jochen Waibel ist Gründer und Geschäftsführer des Instituts Stimmhaus® Stimme. Führung. Mediation. in Hamburg. Er ist Wirtschaftspsychologe, Gründerenkel und verfügt über langjährige Erfahrung als Mediator, Coach, Ausbilder und Dozent.

Jochen Waibel Jochen Waibel ist Gründer und Geschäftsführer des Instituts Stimmhaus® Stimme. Führung. Mediation. in Hamburg. Er ist Wirtschaftspsychologe, Gründerenkel und verfügt über langjährige Erfahrung als Mediator, Coach, Ausbilder und Dozent.

1   Vom ältesten Gasthaus und der ältesten Brauerei der Welt zu den Geheimnissen der Familienunternehmen


„sub rosa dictum - unter der Rose gesagt, muss geheim bleiben“

Mittelalterliche Redewendung

„Niemand beichtet gern in Prosa;
Doch vertraun wir oft sub Rosa
In der Musen stillem Hain“

Goethe (aus: „An die Günstigen”)

In diesem Kapitel geht es darum, ob Familienunternehmen so schlau wie Einstein oder eher so starr wie ein Stein sind. Beispielhaft betrachte ich im Zusammenhang mit dieser Frage u. a. die älteste Familienbrauerei und das älteste Familienunternehmen. Zudem schaue ich auf die Bedeutung des „Geheimnisses und der Rose”. Außerdem beschreibe ich, was ich unter Führung mit Vertrauen verstehe.

Einer meiner Söhne kam einmal mit einem Wortspiel nachhause. Bist Du so schlau wie EinStein? Daraus machte ich die Frage:

Sind Familienunternehmen so schlau wie EinStein?

Diese doppeldeutige Frage kann natürlich nicht pauschal beantwortet werden.

1.1   Familienunternehmen – schlau wie Einstein?


Ja, manche Familienunternehmen wirken tatsächlich so schlau, so genial wie Einstein – der die Vorstellung von Raum und Zeit durcheinander brachte – und bewahren das Unternehmen für sich und ihre Mitarbeiter über Generationen.

Ich möchte Ihnen zunächst zwei traditionsreiche Familienunternehmen vorstellen: Das ist zum einen die älteste Familienbrauerei der Welt, die Zötler-Brauerei, im Herzen des Allgäus gelegen. Sie beglückt die Menschen nunmehr seit 1447 in der 21. Generation mit ihren Produkten. Der Senior- wie auch der Juniorgeschäftsführer waren freundlicherweise bereit zu einem Interview, das Sie weiter unten nachlesen können. Das zweite Beispiel ist das (vermutlich) älteste Familienunternehmen der Welt, das japanische Gasthaus und Hotel Hoshi Ryokan. Es liegt in einem kleinen Dorf namens Awazu Onsen an der Westküste Japans. Das Hoshi Ryokan existiert seit dem Jahr 717 und versorgt seine Gäste inzwischen in der 46. Generation mit japanischer Küche – kombiniert mit heißen Bädern. Für das Gasthaus gilt das weitere Überleben allerdings nicht als gesichert, sofern es Sicherheit überhaupt geben kann. Das hat mehrere Gründe: Das Ryokan wird seit fast 1.300 Jahren von Zengoro Hoshi geleitet. Ist dieser Mann etwa 1.300 Jahre alt? Nein. Das dahinter stehende Geheimnis ist simpel: Seit der Gründer anno 717 sein damaliges Start-up begann, wird der Name Zengoro Hoshi weitergegeben. So eisern der Name, so eisern die Tradition. Die Tragödie des Familienunternehmens ist, dass der eigentliche Nachfolger, Hoshis ältester Sohn, vor zwei Jahren starb. Der zweite Sohn wiederum entzweite sich mit dem Vater. Nun steht zur Nachfolge Zengoro Hoshis Tochter Hisae Hoshi bereit. Die Hoffnung des Vaters liegt aber nicht nur auf der Tochter, sondern auch auf ausländischen Touristen, die an der traditionellen japanischen Kultur interessiert sind. Denn zur schwierigen Nachfolgesituation kommt hinzu, dass die modern ausgerichteten und verwöhnten Kunden das traditionelle Hotel zunehmend meiden.

Hoshis Tochter ist pflichtbewusst, aber überfordert. Die Führung des Unternehmens alleine zu übernehmen, empfindet sie als zu viel Verantwortung. Sie hofft nun auf ihren verstoßenen Bruder, doch dieser darf nur unter der Weisung seiner Schwester zurück ins Hotel, die sich ihrerseits lieber unterordnen würde. Falls sie das Familienunternehmen doch übernehmen sollte, würde ihr zukünftiger Mann den Namen Zengoro Hoshi annehmen müssen: Das wäre zumindest ein lösbares Problem (www.ho-shi.co.jp).

Es bleibt die Frage: Haben die bis heute so erfolgreichen und manchmal uralten Familienunternehmen den Stein des Weisen gefunden?

Nicht unbedingt, denn wie Sie am Beispiel des Hoshi-Unternehmens gesehen haben, ist eine sehr lange Unternehmenstradition nicht zwangsläufig ein Garant dafür, dass der Erfolg für immer anhält bzw. automatisch bis in die Ewigkeit Bestand hat.

1.2   Familienunternehmen – starr wie ein Stein?


Manche Familien, Dynastien oder auch Pseudodynastien wirken so starr wie ein Stein, glauben zwar, den Stein des Weisen gefunden zu haben, aber tragen die Gründungsidee nicht allzu weit und zerbrechen oder zerbröseln manchmal schon während der ersten Übergabe. „Wir haben uns einvernehmlich getrennt”, heißt es dann schmallippig. Wer ist dieses „wir”? Was heißt „getrennt”? Und inwiefern „einvernehmlich”? Oder zeigt sich hier der „Buddenbrooks-Effekt”, also eine bestimmte Instabilität in Familienunternehmen? Manche Unternehmer oder Unternehmen stehen gewiss nicht mit leeren Händen da, aber möglicherweise ohne familiären Nachfolger, wie es die Nachfolgeproblematik um Albert Darboven bzw. Eugen Block zeigt (s. u.).

Mancher Gründer bzw. aktuelle Firmeninhaber präsentiert sich gerne kerngesund und tatkräftig, trotz seiner siebzig Jahre: „Ich fühle mich topfit!”. Man wurde eben unersetzlich. Der eigene Erfolg scheint einem Recht zu geben und so hat man das Patentrezept in der Hand. Doch das Rezept wurde vom Nachfolger so nicht übernommen, also hat man sich „einvernehmlich getrennt”! Was für eine Haltung steht hinter diesen Worten? „Einvernehmlich” meint in erster Linie, unter Zustimmung aller betroffenen Parteien vereinbart. Durch die Blume, wenn schon nicht unter der Rose gesagt: Ein-ver-nehm-lich, einer hat's vernommen, genommen, womöglich ist es die weniger fest im Sattel sitzende, die potenziell nachfolgende Person, die nicht mehr mit im Boot ist. Also Trennung! Der Ältere hat all seine Haare dem Leben und Unternehmen gegeben, die oder der Jüngere hat volle Haare, aber nicht das operative Geschäft in den Händen. Ohne Haare soll aber nicht bedeuten: ohne Leidenschaft, ohne Vitalität und das wird bewiesen mit aller Macht – und sei es zum Preis des Scheiterns einer Nachfolgeregelung.

Immanuel Kants berühmter „kategorischer Imperativ” lautet folgendermaßen: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.” Dieser Satz wurde zu einer Art Goldenen Regel für Familienunternehmer. Er findet seinen Ausdruck in dem Sprichwort: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg’ auch keinem andern zu” – eine Maxime, die seine wirkungsvolle Entfaltung gerade in Familienunternehmen finden sollte. Daraus ergibt sich fast zwangsläufig, dass man dann aufhört, wenn man im besten Alter ist und nicht erst kurz bevor man umfällt. Anstatt: „Ich bin ja noch topfit! Also mache ich weiter” sollte die Maxime lauten: „Ich bin ja noch topfit und regle die Übergabe der operativen Geschäfte deshalb jetzt, so lange ich so fit bin!”

Vor der offiziellen Auszeichnung seines im Haufe-Verlag herausgegebenen Buches „Das demokratische Unternehmen" sagte Thomas Sattelberger in einer Podiumsdiskussion des Forums Wissenschaft und Bildung auf der Frankfurter Buchmesse 2015 zum Thema „Die Zukunft der Arbeit”: „Unternehmer sollten nicht Errungenschaften wie eine Monstranz auf der Fronleichnamsprozession vor sich hertragen.” Die Monstranz steht dabei für deren Patentrezept.

Ein prominentes Beispiel ist der bereits erwähnte Hanseat und Kaffeekönig Albert Darboven. Der vordergründige Streit um die Unternehmensführung und – tiefer sitzend – die klassische Vater-Sohn-Beziehung führte zu einem Konflikt. Dabei lüftete der Junior im 150ten Jubiläumsjahr von J. J. Darboven das Beziehungsgeheimnis zwischen sich und seinem Vater kurz nach den Feierlichkeiten und öffnete sich gegenüber der Zeitschrift Capital: „Ich bin fassungslos!” sagte er bezüglich des eigenmächtigen Verhaltens seines Vaters und dessen Aussage, weitere fünf Jahre das Unternehmen zu führen, acht Jahre nach dem Ausstieg des Juniors aus der Führung des Unternehmens und im 150. Jubiläumsjahr sowie einem Feierakt des Seniors im Alleingang. Deshalb wolle er sein Schweigen brechen, sozusagen nicht unter der Rose sprechen wie in den letzten acht Jahren (s. Kap. 2 und Kap. 4).

Indirekt kommentierte dies Wolfgang Grupp, Eigentümer der Trigema Inh. W. Grupp e. K., 2012 auf dem Schweizer KMU-Tag, einem Kongress für Klein- und Mittelunternehmen in St. Gallen:

„Wolfgang Grupp: Erfolg haben ist keine Kunst, Erfolg durchstehen ist eine Kunst. Und deshalb darf ich Sie bitten zu sagen, ob ich erfolgreich bin oder nicht: an meinem Grab, wenn ich im Prinzip meine Aufgabe hinter mich gebracht habe. Es gab viele erfolgreiche Unternehmer, aber sie haben leider den Erfolg nicht durchgestanden.“

Im Gesellschaftsroman „Buddenbrooks: Verfall einer Familie” von Thomas Mann (1901) geht die unternehmerische Entwicklung nach dem Tod von Thomas Buddenbrook sogar gänzlich zu Ende, der Sohn und Erbe wird einfach ignoriert, als gäbe es ihn nicht: „Die Dinge lagen so, daß liquidiert werden, daß die Firma verschwinden sollte, und zwar binnen eines Jahres; dies war des Senators letztwillige Bestimmung. Frau Permaneder zeigte sich heftig bewegt hierüber. „Und Johann, und der kleine Johann, und Hanno?!” fragte sie … Die Tatsache, daß ihr Bruder [Thomas B.] über seinen Sohn und einzigen Erben hinweggegangen war, daß er für ihn nicht hatte die Firma am Leben erhalten wollen, enttäuschte und schmerzte sie sehr. Manche Stunde weinte sie darüber, daß man sich des ehrwürdigen Firmenschildes, dieses durch vier Generationen...

Erscheint lt. Verlag 17.8.2016
Reihe/Serie Haufe Fachbuch
Verlagsort Freiburg
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management
Schlagworte eBook • E-Book • e-pdf • epdf • E-Pub • EPUB • Familie • Familienunternehmen • Kommunikation • Nachfolge • Patriarchat • Unternehmensnachfolge
ISBN-10 3-648-08968-4 / 3648089684
ISBN-13 978-3-648-08968-2 / 9783648089682
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,4 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Stärken nutzen, Erfolgspotenziale realisieren

von Sandra Müller

eBook Download (2023)
Springer Fachmedien Wiesbaden (Verlag)
26,99