Ida

**** 7 Bewertungen

(Autor)

Buch | Hardcover
512 Seiten
2018 | 2. Auflage
Rowohlt (Verlag)
978-3-498-00093-6 (ISBN)
25,00 inkl. MwSt
lt;p>Sie ist eine der bekanntesten Patientinnen des 20. Jahrhunderts: Dora, das jüdische Mädchen mit der 'petite hystérie' und einer äußerst verschlungenen Familiengeschichte. Dora, die kaum achtzehn war, als sie es wagte, ihre Kur bei Sigmund Freud vorzeitig zu beenden, und ihn, wie er es fasste, "um die Befriedigung [brachte], sie weit gründlicher von ihrem Leiden zu befreien." Für Katharina Adler war die widerständige Patientin lange nicht mehr als eine Familien-Anekdote: ihre Urgroßmutter, die - nicht unter ihrem wirklichen Namen und auch nicht für eine besondere Leistung - zu Nachruhm kam, und dabei mal zum Opfer, mal zur Heldin stilisiert wurde. "Nach und nach wuchs in mir der Wunsch, dieses Bild von ihr zu ergänzen, ihm aber auch etwas entgegenzusetzen. Ich wollte eine Frau zeigen, die man nicht als lebenslängliche Hysterikerin abtun oder pauschal als Heldin instrumentalisieren kann. Eine Frau mit vielen Stärken und auch einigen Schwächen, die trotz aller Widrigkeiten bis zuletzt um ein selbstbestimmtes Leben ringt." Von ihr, von 'Ida', handelt dieser mitreißende Roman. Mit großem gestalterischem Weitblick und scharfem Auge für jedes Detail erzählt Katharina Adler die Geschichte einer Frau zwischen Welt- und Nervenkriegen, Exil und Erinnerung. Eine Geschichte, in die sich ein halbes Jahrhundert mit seinen Verwerfungen eingeschrieben hat. 'Ida' ist ein Plädoyer für die Wahrheit der Empfindung und die Vielfalt ihrer Versionen. Der Roman eines weitreichenden Lebens, das - mit Freuds Praxistür im Rücken - erst seinen Anfang nahm.

Katharina Adler wurde 1980 in München geboren, wo sie nach Stationen in Leipzig und Berlin heute wieder lebt. Mit ihrem viel beachteten Debüt, «Ida», war sie unter anderem für den Alfred-Döblin-Preis, den Klaus-Michael Kühne-Preis und den ZDF-aspekte-Literaturpreis nominiert. 2019 wurde sie mit dem Bayerischen Kunstförderpreis, 2020 mit dem Premio Letterario Adei-Wizo ausgezeichnet. «Iglhaut» (2022) ist ihr zweiter Roman.

Katharina Adler hat Freuds Patientin das Leben nach ihrer abgebrochenen Psychoanalyse zurückgegeben ... Sie beschreibt - in einer einfachen und schönen Sprache, erzähltechnisch gediegen, menschlich berührend - ein Mädchen, dessen Trauma nicht vernarben kann ... Freud und Adler parallel zu lesen bietet die einmalige Möglichkeit, den Unterschied zweier Aggregatszustände des Literarischen auf beiderseits hohem Niveau zu studieren. Stephan Wackwitz taz

Katharina Adler hat Freuds Patientin das Leben nach ihrer abgebrochenen Psychoanalyse zurückgegeben ... Sie beschreibt – in einer einfachen und schönen Sprache, erzähltechnisch gediegen, menschlich berührend – ein Mädchen, dessen Trauma nicht vernarben kann ... Freud und Adler parallel zu lesen bietet die einmalige Möglichkeit, den Unterschied zweier Aggregatszustände des Literarischen auf beiderseits hohem Niveau zu studieren.

Vielleicht brauchte es Abstand, den räumlichen und den zeitlichen von drei Generationen, um das Leben Ida Bauers in den Blick zu nehmen. Vielleicht brauchte es auch die Neugier einer weiblichen Verwandten, um sich für die Stimmlosigkeit der jungen Frau zu interessieren. Der Roman 'Ida' jedenfalls schließt eine Lücke – nicht nur in der Familie der Schriftstellerin. Wo steht geschrieben, dass Sigmund Freud das letzte Wort haben muss?

Aus Literatur wiederum Literatur zu machen ist eine große Kunst. Und die junge Autorin Katharina Adler schafft genau das. Ihre Urgroßmutter ist als Patientin von Sigmund Freud weltberühmt geworden. Als 'Der Fall Dora' beschreibt Freud sie in seinen Hysterie-Studien, eine junge Frau, die wegen Stimmverlust, Weltverlust, schlechten Benehmens in seine Behandlung kommt. Und sie zum Ärger des großen Meisters eigenständig abbricht ... Die sturköpfige Heldin ist schwer auszuhalten, aber am Ende des Buches leicht zu lieben. Hier ist ein zarter, kluger Debütroman, der satt ist an Geschichte und Geschichten.

Katharina Adler geht es nicht um die Methode von Sigmund Freud. Sie erzählt einfach eine - sehr schöne - Geschichte.

Ein kunstvoller Roman.

Ein außergewöhnliches und fesselndes Debüt, das eine zweite Lektüre unbedingt wert ist.

Berührend sind die Contenance und Tapferkeit, mit der Ida voranschreitet. Und die Ergiebigkeit des zweiten Blickes. Wenn man weiß, dass diese Frau ihr Leben lang 'das silbrige Klicken einer Uhrkette' im Ohr hatte, der Uhrkette des Doktor Freud …, dann wirken ihre spätere Härte und Selbstgerechtigkeit plötzlich nur noch halb so schlimm. Was ja für alle Menschen gilt, denen man begegnet. Man weiß nie, welcher Hölle sie entkamen. Und manchmal wissen sie es auch selber nicht.

Der Roman spannt nun den Bogen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, ist insofern Gesellschaftspanorama, Entwicklungsroman und Familiengeschichte. Im Zentrum steht eine gefährlich glühende Heldin … Katharina Adler hat für diese scharfsinnige Figur eine passende, schlanke Sprache gefunden. Sie selbst hat sich damit literarisch eindrucksvoll Gehör verschafft. Oder, wie Katharina Adler das sagt: 'Diese Frau hat auch mir eine Stimme gegeben.'

Erscheinungsdatum
Sprache deutsch
Maße 136 x 209 mm
Gewicht 596 g
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Amerika • Casablanca • Chicago • Dora • Emigration • Familiengeschichte • Frauenleben • Holocaust • Judentum • Musik • New York • Oper • Österreich • Politik • Psychoanalyse • Serpa Pinto • Sigmund Freud • Wien
ISBN-10 3-498-00093-4 / 3498000934
ISBN-13 978-3-498-00093-6 / 9783498000936
Zustand Neuware
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3 Zeitreise

von , am 08.10.2018

Wenn ein Buch schon alleine wegen des Namens der Autorin und dem der Romanheldin so viele Vorschusslorbeeren erntet, ist es schwer, dieses ohne hohe Erwartungshaltung zu lesen. Thematisch höchst interessant, bereits mit Preisen ausgezeichnet und von der Kritik viel gelobt kommt der Roman „Ida“ als Debüt der Autorin Katharina Adler daher.

Die Geschichte der Ida Adler, erzählt von ihrer Urenkelin Katharina Adler, beginnt, wenn auch nicht chronologisch berichtet, am Ende des 19.Jahrhunderts und endet 1945. Die Krankheitsgeschichte der berühmten Patientin Sigmund Freuds, als Hysterikerin eingestuft und durch sich selbst aus dessen Behandlung entlassen, ist geschickt verknüpft mit Idas Familiengeschichte. Höchst interessant mit wenigen eingestreuten Notizen Freuds, löst sich der Roman jedoch weit von Der Hysteriegeschichte und verleiht Ida Adler mit ihrem unglaublichen Überlebenswillen trotz der zeitgeschichtlichen Widrigkeiten und Wirrnisse eine starke Stimme. Nicht minder interessant ist der Werdegang des Österreichischen Sozialdemokraten Otto Bauer, Idas Bruders, und seines Umfeldes, wozu zum Beispiel Friedrich Adler, der den kaiserlichen Ministerpräsidenten Stürgkh erschoss, gehört.
Entspannt, mit Liebe zu Details des Wiener Lebens ist die Familiengeschichte erzählt, und obwohl manche Passagen bemüht und angestrengt wirken ergibt sich ein rundes Bild vom Leben der Jüdin, die bei Kriegsausbruch gezwungen war, ihre Heimat zu verlassen und mit Hilfe der Sozialdemokraten eine wahre Odyssee bis zur Ankunft in den USA hinter sich bringen musste.

Halb fiktional als Romanbiografie erzählt ist das Buch eine Mischung aus wenigen hinterlassenen Materialien der Ida Adler, viel zeitgeschichtlicher Recherche und mit Fantasie der Autorin gefüllten Lücken.
Stilistisch wirkt auf mich sehr störend, dass man diese Übergänge ziemlich deutlich mitbekommt. Das Buch hätte sehr gut funktionieren können, aber vielleicht fehlt der Autorin die Schreiberfahrung, und so entstehen trotz der durchaus gewollten zeitlichen und inhaltlichen Sprünge und der Unterschiedlichkeit der Geschichte zu viele Versatzstücke, die für mich einfach nicht gut zusammenpassen wollen. Sprachlich holprig und etwas mühsam zu lesen wird der Roman dadurch.
Es ist dennoch ein lesenswertes und interessantes Buch, wenn man darüber hinwegsehen kann und sich vordergründig faktisch auf Ida Adlers Geschichte einlässt.

4 Freuds abtrünnige Patientin

von , am 21.08.2018

Bereits als junges Mädchen leidet Ida an allerlei Krankheiten: Husten bis hin zur Sprachlosigkeit, Magenbeschwerden, ein taubes Bein. Krankheiten scheinen in der Familie Bauer einen großen Stellenwert einzunehmen, auch Mutter und Vater sind ständig krank. Als Ida dann von einem Bekannten der Familie belästigt wird und sie sich der Mutter anvertraut, glauben die Eltern Ida nicht und schicken sie zur Behandlung ihrer physischen und psychischen Leiden zu Dr. Freud.
Die Sitzungen bei Freud haben meine Geduld auf eine harte Probe gestellt. Egal, was Ida ihm erzählt, alles interpretiert er in Richtung Sexualität. Wenn sie einige der absurden Auslegungen Freuds vehement ablehnt, so erklärt er dies damit, dass sie sich des Sachverhalts lediglich nicht bewusst ist. Gottseidank bricht Ida die „Kur“ ab.
Zu Beginn des (Hör-)Buchs kommt Ida im Alter von 58 Jahren nach ihrer Flucht aus dem von Nazis besetzten Europa in den USA an, wo ihr Sohn schon seit längerem lebt. Ida hat kein gutes Wort für ihn und seine Frau, sie mäkelt an allem herum und ist mir äußerst unsympathisch.
Im Laufe des Buchs wird anhand von Rückblenden Idas Leben erzählt und ich habe mehr Verständnis dafür entwickelt, warum sie so geworden ist.
Die Geschichte springt von einer Zeit zur nächsten und da ich das Buch als Hörbuch gehört habe, war dies nicht immer einfach zu verfolgen. Auch war mir zunächst die Stimme der Sprecherin nicht angenehm, doch bereits bei der 2. CD hatte ich mich an die österreichische Färbung gewöhnt.
Alles in allem fand ich Idas Geschichte sehr interessant, vor allem hat es mir gut gefallen, dass die Autorin den politischen Ereignisse der damaligen Zeit einen hohen Stellenwert eingeräumt hat. Das Buch ist keine leichte Kost und Freuds Therapie hat mich zur Weißglut getrieben, trotzdem würde ich die Lektüre empfehlen.

5 Bewegend

von , am 23.07.2018

Sigmund Freuds berühmte Patientin Dora ist weltweit bekannt. Bei ihr wurde von Sigmund Freud Hysterie diagnostiziert. Diese Diagnose hängt ihr für den Rest ihres Lebens an. Nun hat Idas Urenkelin (Ida war Doras richtiger Name) Katharina Adler diese bewegende Lebensgeschichte zu Papier gebracht. Sie beschreibt den Leidensweg von Ida, welch unvorstellbare Therapien sie durchleiden mußte. Bis sie endlich bei Sigmund Freud landet. 

Katharina Adler hat hier eine Biographie in Romanform geschrieben. Dadurch ist das Buch keine bloße Aneinanderreihung von Begebenheiten, sondern liest sich auf eine andere Art. Die Geschehnisse sind nicht in zeitlicher Reihenfolge aufgeschrieben, was manchmal ein wenig verwirrend ist. Jedoch liest man sich mit der Zeit in dieses System ein. Der geschichtliche Hintergrund war für mich gut dargestellt, hier wurde eine gute Balance gefunden.

4 Unterschätzte starke Persönlichkeit

von (Ilsenburg), am 22.07.2018

Katharina Adler rekapituliert mit ihrem Roman ein Stück österreichische und europäische Zeitgeschichte. Mit Hilfe des verwendeten Vokabulars gelingt das Eintauchen in die Orte des Geschehens jeweils sehr schnell. Katharina Adler beschreibt mit Liebe zum Detail die Familienverhältnisse und diverse gesellschaftliche Anlässe, aber auch wirtschaftliche und politische Wendepunkte zwischen Jahrhundertwende und dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Dabei erzählt sie die Geschichte nicht kontinuierlich von Anfang bis Ende, sondern bedient sich der Technik von Zeitsprüngen und Perspektivwechseln. Dadurch bleibt der Leser zunächst recht lange im Dunklen und versteht nicht wirklich, warum Ida teilweise so komisch tickt. Vielleicht waren es auch ein paar Sprünge zu viel. Insgesamt verkörpert dieses viele Hin und Her in Ida‘s Geschichte aus meiner persönlichen Wahrnehmung ihre innere Zerrissenheit.

Als zweites Kind von Philipp und Katharina Bauer entwickelt sich Ida zu einer streitbaren Persönlichkeit, die mir nur zeitweise nahe gekommen ist. Ganz oft kam mir ihr Verhalten auch irrational und befremdlich vor. Dies begründet sich wohl auf den Gepflogenheiten der Zeit, in der sie zu einer jungen Dame reift. Von Beginn an ist Ida’s Verhältnis zu ihrem Vater, Textilfabrikant und Lebemann, ausgeprägter und liebevoller als zur Mutter, die oftmals recht kühl ihrer Tochter gegenüber auftritt. Deshalb lastet jede Kritik des Vaters, z. B. als sie den Komponisten Ernst Adler heiratet, doppelt so schwer auf Ida. Als Mädchen wird sie in ihrer Entwicklung ganz bewusst ausgebremst, umfänglichen Zugang zu Bildung erhält nur der Bruder Otto. Die fast schon offen ausgelebte Liebelei des Vaters und dessen häufige Krankheiten bereiten Ida ständig Kummer. Die Aufdringlichkeit von Hans Zellenka bringt Ida‘s Weltbild dann vollends durcheinander.

Schon als Kind bildet Ida in diesem Umfeld einen chronisch wirkenden Husten sowie eine schlimme Migräne aus. Als diese Symptome auch nach teilweise schrecklichen Behandlungsstrategien diverser Mediziner nicht schwinden, soll sich Ida in die Behandlung von Sigmund Freud begeben. Wie besessen unterstellt Freud ihr sexuelle Phantasien und sie müsse nur davon ablassen, um ihre Beschwerden zu lindern. Meinem Empfinden nach hatte sie wohl eher mit ihrem geliebten Vater mitgekränkelt, da es immer zeitliche Zusammenhänge gab.

Sympathischer wird mir Ida erst als ihr Überlebenskampf beginnt. Zunächst ist dieser mit dem Tod ihres Ehemannes, Ernst Adler, nur von wirtschaftlicher Natur. Später als sie, Jüdin und Schwester von Otto Bauer, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, in Wien und bald darauf in ganz Europa nicht mehr sicher ist und flüchten muss, geht es dann richtig ums Überleben. Monatelang dauert die von Entbehrung, Ausgrenzung und Hunger gekennzeichnete Flucht. Ida‘s Beharrlichkeit und Geduld, ihr Weiterstreben trotz des ungnädigen Schmerzes und der Verluste haben mich durchaus beeindruckt. Erst in dieser Phase lässt sich feststellen, dass hinter der oft verwirrt und labil dargestellten Persönlichkeit, Ida, in Wirklichkeit eine starke Frau steckt, die fast durch ihr Umfeld gebrochen worden wäre.

Katharina Adler‘s Roman ist kein einfaches Buch, das man mal eben zwischendurch liest. Es ist anspruchsvoll, zum einen durch den geschichtlichen Hintergrund und zum anderen durch die Notwendigkeit, die bisher bekannte Wahrheit über Ida ins richtige Licht zu rücken. Gelegentliches Innehalten lässt Gelesenes wirken.

Mir hat Ida bis auf ein paar kosmetische Schwächen sehr gut gefallen.

3 Hatte mehr erwartet...

von (DE), am 18.07.2018

INHALT:
Ida Bauer wurde im 20. Jahrhundert bekannt als der "Fall Dora", in Freuds Psychoanalyse. Bereits im Alter von 12 Jahren erkrankt Ida immer wieder. Von da an begleiten sie Husten, Magenkrämpfe und Sprachlosigkeit durch ihr Leben. Sie sucht mehrere Ärzte auf, die zum Teil recht grausame Therapien an ihr versuchen. Jedoch ohne Erfolg.
Im Jahre 1900 beginnt Ida im Alter von 18 Jahren eine Kur beim Psychoanalythiker Sigmund Freud, die sie jedoch schon nach kurzer Zeit eigenmächtig abbricht.
Katharina Adler berichtet in ihrem biografischen Roman über ihre jüdische Großmutter und deren Leben zwischen Krankheit und Weltkriegen. Die beleuchtet neben der Krankengeschichte Idas, die familiären als auch die politischen Verhältnisse der damaligen Zeit.

MEINUNG:
Die Geschichte beginnt, als Ida 1941 mit 58 Jahren nach Chicago zu ihrem Sohn reist und geht dann zurück bis in Idas Kindheit.
Für mich hat das Buch sehr stark angefangen. Ich fand Idas Charakter unglaublich spannend, ihre Krankengeschichte & Arztbesuche haben mich interessiert und auch die Schilderungen der familiären Ereignisse empfand ich als gelungen.
Ich mochte den Schreibstil der Autorin unglaublich gerne. Dieser passte wunderbar zur damaligen Zeit. Die häufig verwendete indirekte Rede im Konjunktiv, hat den Schreibstil auf mich besonders wirken lassen.
Leider wurde die Geschichte für mich im Verlauf immer schwächer.
Die politische Situaion bekam einen immer höheren Stellenwert in der Geschichte, wurde für mich jedoch leider recht unspektakulär erzählt.
Auf mich wirkte die Geschichte manchmal etwas "chaotisch". Sie springt mal vor und dann wieder zurück in der Zeit, was man mögen muss. Mir waren es ein paar Sprünge zu viel.
Meistens wird aus Idas Sicht erzählt, selten aus anderen Perspektiven. Hier hätte ich mir gerne eine Konstante gewünscht (entweder nur aus Idas Sicht, oder durchgehend aus abwechselnde Perspektiven), damit es strukturierter gewirkt hätte.
Trotz des interessanten Charakters, konnte mich Idas (Innen-) Leben emotional nicht erreichen.
Mit den vielen Längen wurde die Geschichte für mich mit der Zeit immer uninteressanter, obwohl deren Inhalt viel Potential gehabt hätte. Viele meiner Fragen bzgl. Ida (ihrer Krankengeschichte, ihrem Charakter, usw.) blieben unbeantwortet.

4 Ida

von (Deutschland), am 14.07.2018

Als Dora ist sie weit über die Welt der Psychologie hinaus bekannt geworden. Sigmund Freuds berühmteste Patientin, der er in jungen Jahren Hysterie attestierte und die ihr Leben lang unter der Diagnose leiden sollte. Ihre Urenkelin Katharina Adler erzählt nun die andere Geschichte der Dora, oder Ida, wie sie tatsächlich hieß. Wie das immerzu kranke Mädchen in jungen Jahren unglaublichsten Therapien unterzogen wird, bis sie schließlich bei dem berühmten Wiener Arzt landet. Wie sie sich von ihrer Familie befreit und im Theater ihr Glück sucht und wie schließlich die dunkle Zeit über Europa hereinbricht, die sie als Jüdin in größte Gefahr bringt.

Die etwas unkonventionelle Biographie, die in der Tat mehr Romancharakter hat und durch den diskontinuierlichen Aufbau auch nicht der Chronologie der Ereignisse folgt, zeichnet das Bild einer Frau, deren Erlebnisse als junges Mädchen so tiefgreifende Einfluss auf ihren späteren Lebens- und Entwicklungsweg nehmen, dass man unweigerlich wieder bei der Psychologie landet, die ihr erst die weltweite Berühmtheit brachte. Allerdings blieb mir das Mädchen bzw. die spätere Frau in weiten Teilen zu sehr hinter den politischen Ereignissen zurück, dabei hätte sie das Potenzial gehabt, ganz in den Mittelpunkt gerückt zu werden und die Geschichte zu tragen.

Zugegebenermaßen hatte ich mit den vielen Zeitsprüngen etwas zu kämpfen, es ist auch nicht ganz nachvollziehbar, weshalb sich Katharina Adler für diese Struktur entschieden hat, denn dies bremst meines Erachtens das Nachvollziehen der Entwicklung Idas enorm. Die interessantesten Passagen warn für mich zum einen die Erlebnisse mit Hanns Zellenka und die Reaktion ihres Umfeldes darauf: in penetrantester Weise bedrängt er das noch junge Mädchen und niemand schenkt ihr Glauben. Wie unsäglich dies später von Freud im Roman verdreht wird, setzt dem ganzen noch die Krone auf. Der psychologische Druck, der auf die junge Ida ausgeübt wird, wird nur noch durch die – man kann es kaum anders sehen – physischen Misshandlungen durch die anderen Ärzte getoppt. Hier ist die Erzählung dicht, nach bei der Protagonistin und lässt einem auch als Leser nicht kalt.

Leider sind diese Passagen in der Gesamtbetrachtung zu kurz geraten, was für mich der größte Kritikpunkt vor allem im Hinblick auf die Werbung für das Buch ist. Unabhängig davon wurde durchaus geschickt das Einzelschicksal mit dem historischen Lauf verwoben, was aber für mein Empfinden eine ganz andere Geschichte ist. Auch die vielen Zeitsprünge sind für mich nicht nachvollziehbar motiviert. Fazit: interessant zu lesen, aber nicht ganz den Erwartungen entsprechend.

5 Ein Frauenleben

von (Lemwerder), am 14.07.2018

Katharina Adlers „Ida“ ist eine Familienanekdote, die sie in diesem Roman lebendig werden lässt. Es ist ihr erster Roman.

Als Ida 1941 in Ellis Island vom Einwanderungsarzt als gesund ins Land gelassen wurde, lächelte sie.
Katharina Adler erzählt mit scharfem Auge die Geschichte einer Frau zwischen Nervenkrankheit und Weltkriegen. Mal war Ida krank, dann wieder lange Zeit gesund.

So erfahren wir wie es begann.
Um 1892 wurde die 12jährige Ida krank, sie bekam Zustände. In ihrer Familie waren eigenartige Zustände. Ihre ärztlichen Behandlungen waren altertümlich und gruselig. Dann wird sie von Dr. Freud behandelt, Ida bricht die Behandlung ab. Dann diese Annäherungen von diesem Hans und vom Vater gibt es keine Unterstützung. Vielleicht wurde Ida deshalb so nervenkrank.
Das alles wurde in dem Ton der Zeit gehalten.

Idas Leben ging ziemlich normal weiter. Als Mutter war sie für ihren Sohn Kurt oft etwas zu anhänglich.

Das Weltbild und die Politik wurde detailliert dargestellt.

Der Roman wechselt oft in den Zeiten, mal ist Ida erwachsen und dann wieder ein Kind, er liest sich fesselnd und ist mitreißend.
Er konnte mich in die Zeit eintauchen lassen. Ein interessanter Roman.
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