KaDeWe. Haus der Wünsche (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman - Die Kaufhaus-Saga 2
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
704 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-28915-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

KaDeWe. Haus der Wünsche -  Marie Lacrosse
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Berlin Mitte der 20er Jahre: In der Stadt tobt das Leben, die Strenge des Kaiserreichs ist passé, und Frauen eröffnen sich nie dagewesene Chancen. Im KaDeWe hat sich die Verkäuferin Rieke Krause zur Abteilungsleiterin emporgearbeitet. Währenddessen macht Judith Bergmann Karriere an der Universität und ist mit einem der neuen Geschäftsführer liiert. Rieke und Judith haben noch viele Pläne. Doch dann ziehen dunkle Wolken am Horizont auf. Die neuen Machthaber versuchen, die jüdischen Eigentümer des KaDeWe aus dem Unternehmen zu drängen. Und auch auf Rieke und Judith kommen schwere Zeiten zu ...

Marie Lacrosse hat in Psychologie promoviert und arbeitete viele Jahre hauptberuflich als selbstständige Beraterin überwiegend in der freien Wirtschaft. Ihre Autorentätigkeit begann sie unter ihrem wahren Namen Marita Spang und schrieb erfolgreich historische Romane. Heute konzentriert sie sich fast ausschließlich aufs Schreiben. Ihre Trilogie »Das Weingut « wurde ebenso zu einem großen SPIEGEL-Bestseller wie die »Kaffeehaus«-Saga. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in einem beschaulichen Weinort. Weitere Romane der Autorin sind bei Goldmann in Vorbereitung.


Prolog


Im KaDeWe


Ende Januar 1927

»Es freut mich außerordentlich, gnädige Frau, dass wir etwas Passendes für Sie gefunden haben.«

Während sich Frau Kommerzienrat Berlach, eine langjährige, zahlungskräftige Kundin, aufs Neue von allen Seiten in einem der goldumrahmten Spiegel des Anprobesalons in der Damenkonfektion betrachtete, warf Rieke einen verstohlenen Blick auf die Uhr.

Mittlerweile war es kurz vor acht. In weniger als einer Viertelstunde würde das KaDeWe schließen. Dann sollte Rieke offiziell in ihre neue Position als Aufsichtsdame eingeführt werden. Nicht nur ihre Vorgesetzten, sondern die gesamte Belegschaft der Rieke unterstellten Abteilungen würden an der Zeremonie teilnehmen.

»Oder entscheide ich mich doch für das dunkelblaue Modell?«, wandte sich Frau Berlach zu Riekes nicht gelindem Entsetzen an ihre Tochter, die sichtlich gelangweilt in einem der mit dunkelrotem Samt bezogenen Sessel herumrutschte.

»Oh Gott, Mutter, nein«, antwortete die junge Frau. »Du hast jetzt fast eine Stunde lang mindestens ein Dutzend Abendkleider anprobiert. Und wir waren uns doch bereits einig, dass dir dieses dunkelgrüne am besten zu Gesicht steht. Es passt wunderbar zu deinen grünen Augen und betont deine Figur vorteilhaft.«

»Dieser Meinung Ihres Fräulein Tochter kann ich nur zustimmen, gnädige Frau«, sagte Rieke. Sie war dankbar dafür, dass die Tochter nicht erneut auf das »Hüftgold« ihrer Mutter hingewiesen hatte. Denn diesem Argument hätte sie aus Respekt für die Kundin widersprechen müssen.

Nun hoffte sie, dass man ihr die zunehmende Nervosität nicht anmerkte. Schließlich hatte sie die Frau Kommerzienrat in ihrer bisherigen Stellung als Erste Verkäuferin der Damenkonfektion stets persönlich bedient. Nur aus diesem Grund hatte sich Rieke auch heute bereitgefunden, die Dame selbst zu beraten. Natürlich ohne zu ahnen, dass sie deshalb womöglich noch zu spät zu ihrer Einführungszeremonie kam.

Dies muss sich in Zukunft ändern, nahm Rieke sich vor. Sie spürte, dass ihre Mundwinkel von ihrem aufgesetzten Lächeln bereits zu schmerzen begannen. Verkaufen gehört nicht mehr zu meinen eigentlichen Aufgaben als Aufsichtsdame.

»Ich bin sicher, auch Papa wird das Modell gefallen«, insistierte Frau Berlachs Tochter. Im Gegensatz zu Rieke gab sie sich keine Mühe, ihre Ungeduld zu verbergen. »Außerdem macht das Kaufhaus in wenigen Minuten zu. Du hast gar keine Zeit mehr, das Dunkelblaue noch einmal anzuziehen. Also spute dich! Die Verkäuferinnen möchten bald Feierabend machen.«

Besser hätte Rieke ihre eigenen Gedanken nicht ausdrücken können. Aber das hätte ihr nicht einmal in ihrer neuen Vorgesetztenfunktion zugestanden. »Die Wünsche der Kunden stehen immer im Mittelpunkt unserer Aktivitäten«, erinnerte sie sich an den Leitspruch, den sie schon vor vielen Jahren zum ersten Mal gehört hatte, als sie als einfaches Kassenmädchen ins KaDeWe gekommen war.

Einen Moment lang sah es trotzdem so aus, als ob Frau Berlach ihrer Tochter widersprechen wollte. Dann gab sie mit einem tiefen Seufzer nach. »Na gut, Klara. Ich hoffe, dass du recht behältst. Morgen will ich das neue Abendkleid im Opernhaus tragen. Dann werde ich ja sehen, was man davon hält.«

»Ich glaube, damit wirst du die Sensation des Abends«, versicherte ihr Klara. Und Rieke fügte hinzu: »Sie können das Modell selbstverständlich umtauschen, gnädige Frau, wenn Sie im Nachgang doch nicht damit zufrieden sind.«

Zum Glück war sie als Aufsichtsdame befugt, einer solventen Kundin ein solch großzügiges Angebot zu machen. Denn in der Regel konnte man bereits getragene Kleidung nur dann umtauschen, wenn sie einen während des Verkaufs unbemerkten Mangel aufwies.

Jetzt endlich begab sich Frau Berlach in die Umkleidekabine und zog den rotseidenen Vorhang zu. Fünf Minuten später, die Rieke wie eine Ewigkeit vorkamen, kam sie in ihrem schicken dunkelbraunen Wollkostüm wieder heraus. Es stammte ebenfalls aus dem KaDeWe.

Rieke begleitete Frau Berlach noch zur nächstgelegenen Registrierkasse und verabschiedete sich von ihr. Dann ging sie so rasch, wie es ihr ihre neue Würde erlaubte, die rechte Marmorfreitreppe mit dem grazilen Bronzegeländer ins Erdgeschoss hinab. Dort schlüpfte sie durch die unauffällige Personaltür, um sich im Souterrain für die bevorstehende kleine Feier noch etwas zurechtzumachen.

Wenig später schlug Rieke das Herz bis zum Hals, als sie sich im Damenumkleideraum des KaDeWe ein letztes Mal im Spiegel betrachtete. Sie biss sich leicht auf die Lippen und kniff sich in die Wangen, um etwas Farbe hineinzubekommen.

Obwohl sie keinen Gebrauch von dem »Beruhigungsmittel« gemacht hatte, das ihr Fritz Zimmer, der Lebensgefährte ihrer Mutter Käthe, am Vorabend zugesteckt hatte, zerbiss sie ein Pfefferminzbonbon, um ihren Atem aufzufrischen. Den Flachmann mit dem Branntwein verwahrte sie in ihrem Spind, sie wollte ihn Fritz unberührt zurückgeben.

Zwar nahm sie ihre neue Rolle als Aufsichtsdame nach dem Ausscheiden ihrer Vorgängerin Frau Liebermann schon seit Jahresbeginn ein. Am Monatsende würde sie auch mit dem dazugehörigen stattlichen Gehalt entlohnt werden. Es hatte sich allerdings hingezogen, bis die Umverteilung aller neuen Posten im KaDeWe abgeschlossen war. Dazu gehörte zuoberst die Aufnahme von Dr. Hugo Zwillenberg in den Kreis der Geschäftsführer. Als ausgebildeter Jurist übernahm er auch für die ehemaligen Jandorf-Kaufhäuser die Aufgaben des Konzernjustiziars, wie Rieke von Judith Bergmann bei ihrem letzten Treffen erfahren hatte.

»Mein Vater bekommt also eine neue Position«, erzählte Judith. »Auf Empfehlung von Adolf Jandorf wird ihm die kaufmännische Leitung des KaDeWe übertragen. Sein Vorgänger ist mit sofortiger Wirkung freigestellt, erhält jedoch sein volles Gehalt bis zum offiziellen Beginn seines Ruhestands.«

»Das ist aber sehr großzügig«, freute sich Rieke.

»Auch hierfür zeichnet Adolf Jandorf verantwortlich«, erklärte Judith. »Mein Vater hat mir gesagt, dass Jandorf die Hälfte der dadurch entstehenden Unkosten aus seinem Privatvermögen tragen wird. Wusstest du eigentlich, dass Gunter Perl auf den Posten des kaufmännischen Leiters gehofft hat und nun leer ausgeht?« Die Schadenfreude in Judiths Stimme war deutlich.

Rieke schüttelte den Kopf. »Ich habe zwar einige Gerüchte gehört, aber nichts darauf gegeben«, gab sie zu.

Judith grinste. »Martin Tietz hat mir im Vertrauen gesagt, dass Gunter diesbezüglich sogar bei ihm und seinem Bruder Georg vorstellig geworden ist. Doch nach Rücksprache mit Adolf Jandorf hat man sich dann für meinen Vater entschieden. Und Martin wird der neue Leiter des KaDeWe«, hatte sie Rieke bei dieser Gelegenheit gleich mit informiert.

Die Verzögerung, mit der Rieke offiziell als Aufsichtsdame eingeführt wurde, lag jedoch nicht daran, dass man die neuen Leitungsfunktionen im KaDeWe erst bekannt machen musste. Dies war bereits in der ersten Geschäftswoche des neuen Jahres geschehen.

Doch wie schon aus dem gemeinsamen Kommuniqué von Jandorf und Tietz hervorgegangen war, mit dem sie Anfang Dezember den Verkauf des Jandorf-Imperiums an die Hermann Tietz OHG veröffentlicht hatten, erhoffte man sich von der Zusammenlegung der Geschäfte natürlich auch Einspar- und Rationalisierungsmöglichkeiten. Deshalb würde Rieke heute nicht nur als neue Aufsichtsdame der Damenkonfektion und der Damenwäscheabteilung vorgestellt werden.

Ausgerechnet Gunter Perl hatte, möglicherweise um sich zu profilieren, bereits kurz nach Bekanntgabe des Kommuniqués vorgeschlagen, auch die Abteilungen für Damenaccessoires aller Art aus dem gehobenen Preissegment und sogar die Damenschuhabteilung unter die Leitung einer einzigen Aufsichtsdame zu stellen. Rieke hatte er dabei allerdings wohl nicht im Auge gehabt.

Deren neuer Verantwortungsbereich erstreckte sich nun fast über das ganze erste Stockwerk. Die Umstrukturierung samt dem damit verbundenen Umzug von feinen Lederwaren, Seidenschals und ähnlichen Luxusartikeln aus dem Erdgeschoss hatte sich auch dadurch angeboten, dass Harry Jandorf als Abteilungsleiter der Strumpfwaren zum 1. Januar ausgeschieden war. Das gehörte zu den Vertragsbedingungen von Tietz. Alle Mitglieder der Familie Jandorf hatten nach dem Verkauf ihre Posten aufgegeben.

Im Erdgeschoss waren jetzt nur noch Artikel für die weniger solvente weibliche Kundschaft verblieben. Dazu zählten Kittelschürzen, Wollstrümpfe und einfache Baumwollkleider. Als Erste Verkäuferin für diese ebenfalls neu gebildete Abteilung hatte Gunter Perl perfiderweise ausgerechnet Esther Weinberg empfohlen. Das war Riekes tüchtigste Verkäuferin. Sie hatte sie eigentlich für ihre eigene Nachfolge in dieser Position in der Damenkonfektion im Sinn gehabt. Doch als leitender Textileinkäufer war Perl weiterhin Riekes direkter Vorgesetzter und hatte das Sagen.

Obwohl Esthers bereits erfolgte Versetzung ihre Sorge verstärkte, der erweiterten Verantwortung in ihrer neuen Position nicht gewachsen zu sein, freute Rieke sich für ihre jüdische Kollegin. Deren Ehemann hatte nämlich gerade aufgrund der antisemitischen Einstellung seines Arbeitgebers seine Stelle in einer Anwaltskanzlei verloren. Esthers mit der Beförderung verbundene Gehaltserhöhung konnte das Ehepaar daher gut gebrauchen.

Noch einmal warf Rieke einen nervösen Blick in den Spiegel ihres Spinds und danach auf ihre Armbanduhr. Es war jetzt zwanzig nach acht. Die feierliche Einführung war für Punkt halb neun Uhr anberaumt. Dem Personal war eine Anwesenheitspflicht auferlegt...

Erscheint lt. Verlag 14.6.2023
Reihe/Serie KaDeWe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 2023 • Berlin • Bestseller Autorin • das Kaffeehaus • Das Weingut • eBooks • Enteignung • Familiensaga • Frauen • Frauenfreundschaft • Frauenromane • Goldene Zwanziger • historisch • Kaufhaus • Liebesromane • Nazizeit • Neuerscheinung • Neuerscheinung 2023 • Paperback • Reihe Band 2 • Roman • Romane • Zweiter Band
ISBN-10 3-641-28915-7 / 3641289157
ISBN-13 978-3-641-28915-7 / 9783641289157
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