Fünf Winter (eBook)

Thrille
eBook Download: EPUB
2023
501 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-77586-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Fünf Winter -  James Kestrel
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Dezember 1941: Joe McGrady ist Detective beim Honolulu PD und wird mit der Untersuchung eines Falls beauftragt, der sein Leben für immer verändern wird: dem Mord an einem jungen Mann, dem Neffen des Oberbefehlshabers der Pazifikflotte, und dessen Freundin, einer jungen Japanerin.

McGrady folgt einem Verdächtigen bis nach Hongkong, das gerade von den Japanern eingenommen wird. Er wird als Gefangener nach Japan verschleppt, als potentieller Spion droht ihm der Tod. Gerettet wird er von dem Diplomaten Takahashi Kansei, der heimlich gegen die offizielle japanische Kriegspolitik arbeitet. Takahashi und seine Tochter Suchi verstecken McGrady bis zur Kapitulation Japans.

McGrady kehrt nach Hawaii zurück und beginnt, nach nunmehr fünf Wintern und jetzt als Privatdetektiv, den alten Fall wiederaufzunehmen.

James Kestrel ist ein Pseudonym von Jonathan Moore, Anwalt und Romancier. Bevor er sein Jurastudium in New Orleans abschloss, war er Englischlehrer, Wildwasser-Rafting-Führer auf dem Rio Grande, Besitzer von Taiwans erstem mexikanischen Restaurant, Betreuer in einem texanischen Wildniscamp für jugendliche Straftäter und Ermittler für einen Strafverteidiger in Washington, D.C. Er lebt mit seiner Familie auf Hawaii. Seine Bücher wurden in zwölf Sprachen übersetzt. Für Fünf Winter wurde er mit dem Edgar Award 2022 für den besten Roman des Jahres ausgezeichnet. Im Suhrkamp Verlag erschien zuletzt Poison Artist (2022), das im August 2022 auf der Krimibestenliste von Deutschlandfunk Kultur stand.

Thomas Wörtche, geboren 1954. Kritiker, Publizist, Literaturwissenschaftler. Beschäftigt sich für Print, Online und Radio mit Büchern, Bildern und Musik, schwerpunktmäßig mit internationaler crime fiction in allen medialen Formen, und mit Literatur aus Lateinamerika, Asien, Afrika und Australien/Ozeanien. Herausgeber der »global crime«-Reihe metro in Kooperation mit dem Unionsverlag (1999 – 2007), der Reihe »Penser Pulp« bei Diaphanes (2013-2014). Gründete 2013 zusammen mit Zoë Beck und Jan Karsten den (E-Book-)Verlag CulturBooks und gibt ein eigenes Krimi-Programm für Suhrkamp heraus. Co-Herausgeber des Online-Feuilletons CULTurMAG.

Stefan Lux übersetzt aus dem Englischen und hat u. a. Jonathan Moore, Marie Rutkoski, Loraine Peck, Nick Kolakowski und Michael Koryta ins Deutsche übertragen. Er lebt in Bonn.

Fünf Winter ist ein gewaltiges Epos im Cinemascope-Format: ein fesselnder Thriller, ein erschütterndes Porträt des Krieges und eine herzzerreißende Liebesgeschichte in einem.

»Poetisch, gewalttätig, intelligent, atemberaubend: dies ist ein überwältigendes Buch.« The Wall Street Journal

»Die Geschichte über Liebe, Mut, Entbehrungen und Hingabe ist unvergesslich« Publishers Weekly

»Eine höllisch gute Geschichte. Fünf Winter hat mich umgehauen.« Stephen King

2


Der Straßenbelag endete, sobald er von der Küstenstraße ins Kaʿaʿawa Valley abbog. Anfangs war das Tal breit, beiderseits des Flusses erstreckten sich Weiden. Er roch feuchtes Gras, Rinder und aus dem Dschungel kommendes Wasser, das aus den Bergen ins Tal hinabfloss. Aber je weiter er fuhr und je näher die Berghänge an den Fluss rückten, desto enger wurde das Tal, desto schmaler die Weiden. Sie fuhren durch einen Bestand von Mangobäumen und kamen dann auf eine feuchte Wiese, auf der nur Ingwer wuchs.

»Es ist gleich hinter der Kurve«, sagte Faithful. »Einen knappen halben Kilometer noch.«

McGrady warf einen Blick nach hinten. Miguel war wieder eingeschlafen.

»Wo wohnt er, wenn er nicht im Schuppen schläft?«

»Seine ganze Familie lebt draußen in Nānākuli.«

»So weit weg?«

»Er fährt ein- oder zweimal im Monat hin.«

»Dann lebt er also in dem Schuppen.«

Faithful zuckte die Achseln.

»Er hat dort alles, was er braucht.«

McGrady bog um die letzte Kurve und sah die Hütte. Sie schmiegte sich an den Hang, rechts von ihr bildete der aus den Bergen kommende Bach einen kleinen Wasserfall. Die Hütte bestand aus unlackierten Hartholzschindeln, die von innen nach außen verrotteten, aber die Bretter waren so dick, dass sie wahrscheinlich noch hundert Jahre hielten.

»Ich gehe rein«, sagte McGrady. »Bleiben Sie hier bei Silva. Rufen Sie, wenn er aufwacht oder abzuhauen versucht. Oder wenn er auf Sie losgeht.«

Er zog die Schlüssel aus dem Zündschloss, stieg aus und schlug die Tür hinter sich zu. Faithful sprang heraus und sprach ihn über das Dach hinweg an.

»Wenn er auf mich losgeht?«

»In der Hälfte der Fälle ist derjenige, der die Leiche findet, auch der Täter. Wenn er also auf Sie losgeht, tun Sie, was Sie tun müssen. Und rufen Sie mich. Dann komme ich sofort.«

McGrady trat ans Heck des Wagens, schloss den Kofferraum auf und nahm seine Taschenlampe heraus. Ein großes, sechs Batterien fassendes Gerät aus Walzstahl. Er drückte den Schalter. Nichts passierte. Als er mit der linken Handfläche dagegenschlug, flutete gelbes Licht in den Kofferraum. McGrady sah eine schwarze Ledertasche mit Ausrüstung. Er öffnete sie und fand zwischen Handschellen, den Blocks mit Formularen und dem Schlagstock aus Teak seine Ersatzwaffe, eine .45er ACP Automatic. Ein inoffizielles Überbleibsel aus seinen Tagen bei der Army. Sicher nichts, was er unbeaufsichtigt in einem Wagen lassen wollte, in dem ein Freund des Chiefs und ein potenzieller Mordverdächtiger saßen. Er lud die Waffe durch, steckte sie in seinen Gürtel und schlug den Kofferraumdeckel zu.

Reginald Faithful stand neben ihm, kniff die Augen zum Schutz vor dem Licht zusammen und schlug nach den Mücken, die sein Gesicht umschwirrten.

»Haben Sie auch eine für mich?«

»Nein.«

»Wie wäre es mit einer Taschenlampe?«

»Sie haben die Innenbeleuchtung des Wagens.«

»Wollen Sie mich wirklich hier draußen lassen?«

»Es ist doch Ihr Land.«

Er ging über den von Hufen plattgetretenen Erdboden zur Hütte, drückte die Tür mit der Schulter auf und setzte einen Fuß hinein. Noch bevor er die Taschenlampe einschaltete, war ihm klar, dass der alte Mann sich nicht alles ausgedacht hatte. Der Tod war gegenwärtig. Wenn der Geruch ihn nicht verraten hätte, dann auf jeden Fall die Fliegen.

Am Tag hatte die Temperatur dreißig Grad erreicht. Jetzt, nach mehreren Regengüssen, war es kühler. Aber die Hütte war dicht verschlossen gewesen, sodass sich die Hitze gehalten hatte. Sobald die Tür sich einen Spalt geöffnet hatte, erkannte McGrady den Geruch. Auf der Westseite der Insel gab es ein Schlachthaus, das er im letzten halben Jahr aus beruflichen Gründen zweimal besucht hatte. Daher war ihm der Geruch von Blutpfützen und aufgetürmten Innereien vertraut, was immerhin eine Art Vorbereitung auf den Anblick darstellte, der sich ihm jetzt bot.

Der tote Mann hing kopfüber von den Dachbalken herab, beide Fußgelenke auf die Haken an den Enden einer eisernen Stange gespießt. Er musste tot sein. Er war mehr oder weniger in zwei Teile aufgerissen, der größte Teil seiner Innereien hing auf den Lehmboden herab. McGrady legte die linke Armbeuge über Mund und Nase und trat weiter in die Hütte.

Eine Fliege erhob sich vom Boden und ließ sich auf der Linse seiner Taschenlampe nieder. Er wedelte sie weg und hockte sich hin, um das Gesicht des Mannes sehen zu können. Er war jung, vielleicht achtzehn oder zwanzig. Es war schwer zu sagen, denn seine Augen fehlten, vielleicht auch seine Zunge. McGrady wollte nicht in seinem zertrümmerten Mund herumwühlen, um sich zu überzeugen.

Er richtete sich wieder auf, drehte sich langsam um und ließ den Lichtkegel durch den Schuppen schweifen. Er sah Miguels Campingkocher, seine Kaffeekanne. Es gab einen hölzernen Eimer und eine Schöpfkelle aus Bambus. Außerdem Schaufeln und Spitzhacken und andere Werkzeuge, die an Wandhaken hingen. An der gegenüberliegenden Wand stand ein Feldbett, darauf türmten sich Laken, alte Segeltuchplanen und Kleidungsstücke.

Er richtete die Lampe nach oben, wo er die Balken und die Unterseite des Blechdachs sah. Die Spreizstange hing an einem Seil, das an einem Flaschenzug befestigt war. Jemand hatte den Mann hochgezogen, sodass sein ganzes Gewicht an den tief in seine Fußgelenke eingedrungenen Haken hing.

Falls er dabei noch am Leben gewesen war, hätte man die Schreie kilometerweit hören müssen. McGrady vermutete, dass er noch am Leben gewesen war. Seine Beine und sein Rücken waren voller Blut, das von den Fußgelenken heruntergelaufen war – unmöglich, wenn er schon tot gewesen wäre. Also musste er geschrien haben, lange und laut. Aber weit und breit wohnte niemand. Hier, im hintersten Winkel des Tals, hatten ihn höchstens die Rinder gehört.

McGrady verließ die Hütte. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und ging zum Wagen. Miguel lag reglos auf der Rückbank. Reginald Faithful trat aus dem Schatten heraus.

»Ist es wahr?«

»Ich muss Ihr Telefon benutzen«, sagte McGrady. »Es sei denn, es gibt eins, das nicht so weit entfernt ist.«

»Wir verschwinden hier einfach?«

»Je eher wir fahren, desto eher kann ich zurückkommen. Aber ich muss mit meinem Captain sprechen und den Leichenwagen anfordern.«

Die Faithfuls ließen ihn im Haus allein. Er beschloss, zuerst Molly anzurufen. Eine ihrer Mitbewohnerinnen kam an den Apparat. Die Neue aus Kalifornien. Ihr Name fiel ihm nicht ein.

»Hier ist Joe«, sagte er. »Kannst du Molly holen?«

»Sie schläft schon seit einer Stunde. Seit sie aus der Bibliothek zurück ist. Soll ich sie wecken?«

»Kannst du ihr eine Nachricht hinterlassen?«

»Welche Nachricht?«

»Ich habe einen großen Fall zugewiesen bekommen. Wenn ich es schaffe, komme ich morgen zum Abendessen. Falls nicht, sag ihr, es tut mir leid.«

Die Kalifornierin murmelte etwas und hängte ein. McGrady rief noch einmal die Vermittlung an und ließ sich mit der Polizei im Stadtzentrum verbinden, mit dem Büro der Detectives. Es dauerte keine Minute, bis er Captain Beamer in der Leitung hatte.

»McGrady?«

»Ja.«

»Ich habe mich schon gefragt, ob ich Ihnen vertrauen kann. Was ist da oben los?«

»Wie der Mann gesagt hat: eine Leiche, die an den Dachbalken hängt. Aber er ist übel aufgeschlitzt.«

»Ein Mann?«

»Ja.«

»Sind Sie sicher?«

»Er ist nackt.«

McGrady hielt inne und wartete auf eine Bemerkung des Captains. Als der Mann nichts sagte, fuhr er fort.

»Ich vermute, er ist an der Ausweidung gestorben.«

Beamer rieb mit dem Telefonhörer über seine Haut. Er hatte sich schon...

Erscheint lt. Verlag 12.3.2023
Reihe/Serie suhrkamp taschenbuch ; 5317
Übersetzer Stefan Lux
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Original-Titel Five Decembers
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Cold Case • Edgar Award 2022 • Hawaii • Historische Mystery • Historischer Roman • Hong Kong • Honolulu • Japan • Krimi • Liebesgeschichte • neues Buch • Pazifikkrieg • Pearl Harbour • Privatdetektiv • Roman Noir • Spionage • Thriller • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-518-77586-3 / 3518775863
ISBN-13 978-3-518-77586-8 / 9783518775868
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