Prüfung durch die Heimaufsicht (eBook)

Das Praxishandbuch für die PDL: Grundlagen, Fallbeispiele & Strategien
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
144 Seiten
Schlütersche (Verlag)
978-3-8426-8905-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Prüfung durch die Heimaufsicht -  Tanja Leinkenjost
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Auf den Punkt gebracht: Schnell: Gut vorbereitet auf die WTG-Prüfung. Kompetent: Das Was, Wie und Warum der WTG-Prüfung. Praktisch: Erfahrungen, Tipps & Checklisten. Was früher mal 'Heimgesetz' hieß, heißt seit 2006 'Wohn- und Teilhabegesetz' und alle Bundesländer haben inzwischen adaptierte Formen davon in Kraft gesetzt. Zuletzt NRW in 2014. Die wichtigsten Grundlagen sind die Rechte der Bewohner auf •Betreuung (qualifiziert und individuell) •Beratung (über Hilfe, Behandlung und Pflege) •Mitbestimmung (betrifft auch Freizeitgestaltung und Hausordnung sowie Angehörigen- und Bewohnerbeiräte) nd all das wird jährlich geprüft: unangemeldet - die Prüfberichte werden veröffentlicht und der MDK kann gerufen werden, wenn die Prüfung der Heimaufsicht (auch: WTG-Prüfbehörde) Mängel feststellt. Schlimmstenfalls droht der Entzug der Betriebserlaubnis! Die Heimaufsicht wird von Pflegeeinrichtungen als massiv kontrollierende Instanz mit wenig Bereitschaft zur Zusammenarbeit erlebt. Dieser praktische Ratgeber baut Ängste ab - und setzt stattdessen auf nützliche Fakten.

2 DER KONTROLLIERENDE PARTNER


2.1 Die Heimaufsicht als Kontrolleur


Die Angst vor der Prüfung durch die Heimaufsicht ist sicherlich verständlich, und häufig auch berechtigt, denn jede Prüfung hängt vom Prüfer ab, seiner Kompetenz, seiner Zielorientierung und oft auch seiner Meinung zu den Sachverhalten, die er vorfindet.

Ein Fall aus der Praxis: Katastrophe am Prüfungstag

Bei der Prüfung durch die Heimaufsicht wurde eine Bewohnerin ausgewählt, die erst seit vier Tagen in der Einrichtung lebte. Unsere einrichtungsinterne Vorgabe lautete: Risiken innerhalb der ersten 24 Stunden erheben und die Infosammlung und die Pflegeplanung nach spätestens vier Wochen. Deshalb dokumentierten wir sehr intensiv und nahmen auch die Ergebnisse der Risikoanalysen in das Berichteblatt auf. Erschwerend kam hinzu: Leider hatte der Hausarzt es versäumt, in die Diagnosen die schon fortgeschrittene Demenz aufzunehmen.

Am Tag der Begehung besuchte die Heimaufsicht-Mitarbeiterin die besagte Dame zu einem Gespräch. Es war ein Termin, der in der Regel immer ohne Pflegepersonal stattfindet. Nach dem Gespräch sichtete sie die Bewohnerakte. Die Prüferin suchte gezielt nach Punkten, die sie jedoch aufgrund des erst viertägigen Aufenthaltes der Bewohnerin nicht finden konnte. Die Konsequenz: Die Prüferin begann, sich das Fehlende zu notieren und wurde mir gegenüber zunehmend reservierter. Sie erzählte mir dann auch, was die Dame während des Gesprächs gesagt hatte. Die Pflegekräfte waren dabei ziemlich schlecht weggekommen.

Unter anderem hatte sich die Dame darüber beschwert, dass sie vom Pflegepersonal nichts zu trinken aufs Zimmer gebracht bekäme. Das stimmte tatsächlich, weil die alte Dame in der Regel mindestens vier- bis fünfmal pro Schicht in die Wohnstube kam und sich selbstständig Wasser holte.

Außerdem hatte die Dame sich darüber beschwert, dass ihr nie die Kompressionsstrümpfe angezogen würden. Auch das war so nicht richtig, weil sie immer schon sehr früh aufstand und vom Personal zunächst mehrfach gebeten werden musste, sich nochmals hinzulegen, damit die MKS richtig angezogen werden können. Leider war aber das alles nur auszugsweise in der Dokumentation hinterlegt, sodass die Prüferin mir keinen rechten Glauben schenken wollte, sondern dachte, ich wolle mich herausreden.

Dann bemängelte die Prüferin, dass wir keine Prophylaxen geplant hatten. Ich versuchte nun darzustellen, wie die Abläufe in unserer Einrichtung sind: Wir führten zunächst die Risikoanalysen durch und deshalb gab es entsprechende Einträge in den Berichtsblättern. Das aber reichte der Prüferin nicht aus. Sie stellte fest, dass ein massives Sturzrisiko bestünde und dass wir dieses zwar erkannt, jedoch keine ausreichende Prophylaxe geplant hätten. Dieser »Mangel« zog sich bei sehr vielen weiteren pflegerelevanten Punkten durch.

Bis zu einem gewissen Grad konnte ich die Kritik der Prüferin nachvollziehen, da an der einen oder anderen Stelle wirklich nicht ausreichend dokumentiert worden war. Ich konnte alles erklären, doch die Prüferin wertete die Aussagen der Bewohnerin, die sie im persönlichen Gespräch mit ihr erhalten hatte, höher als meine Erklärungen. Meine mehrfachen Hinweise, dass die Dame demenziell verändert sei, ließ sie nicht gelten – schließlich stand davon nichts in den Diagnosen! Der Einstieg in diesen Prüfungstag hätte schlimmer nicht laufen können.

Ich fühlte mich am Ende des Tages wie nach einem Marathon. Ständig war mein Puls auf 180, jede Minute hatte ich die Angst, dass etwas gefunden werden könnte, was der Einrichtung schaden oder mich den Job kosten könnte. Ich stellte fest, dass mir Vertrauen fehlte. In mich und meine Mitarbeiter. Und ich wusste, dass ich lernen musste, mich besser auf die Prüfung durch die Heimaufsicht vorzubereiten. Wie wird so schön gesagt: »Die kochen auch nur mit Wasser«. Aber welche Zutaten werfen sie hinein? Bei welcher Temperatur kochen sie – und wie kann ich beeinflussen, was am Ende dabei herauskommt?

Ich fing an, mich intensiv mit der Heimaufsicht und ihren Belangen zu beschäftigen:

Was erwarten die von uns?

Was können wir leisten?

Was können wir machen, damit diese Begehungen auf Augenhöhe verlaufen und wir nicht vor lauter Angst vollkommen gelähmt sind?

Mir wurde bewusst, dass nicht nur ich wirkliche Prüfungs-Angst hatte, sondern auch meine Mitarbeiter. Aber das konnte doch wirklich nicht so bleiben! Denn jeder einzelne Mitarbeiter in unserer Einrichtung tut in der Regel alles, was für das Wohlbefinden unserer Bewohner notwendig ist. Insofern wurde die Kontrolle durch die Heimaufsicht auch als etwas demütigend und wenig wertschätzend gegenüber den Mitarbeitern der Pflege empfunden.

Es war eine meiner Aufgaben, meine Mitarbeiter so zu stärken, dass sie vor diesen Prüfungen keine Angst mehr haben mussten. Wir brauchten mehr Informationen, solide Strukturen und vor allem Kompetenz.

Kehren wir also zurück zum Anfang: Was will die Heimaufsicht? In Tabelle 3 habe ich Ihnen die Ziele und Zwecke der einzelnen Landesgesetze aufgelistet. Noch einmal zur Erinnerung zwei Beispiele:

WTG NRW:

»Dieses Gesetz hat den Zweck, die Würde, die Rechte, die Interessen und Bedürfnisse der Menschen, die Wohn- und Betreuungsangebote für ältere oder pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Behinderung nutzen, vor Beeinträchtigungen zu schützen, die Rahmenbedingungen für Betreuungs- und Pflegekräfte positiv zu gestalten und die Einhaltung der den Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern obliegenden Pflichten zu sichern.«

Und, etwas länger, der Auszug aus dem Heimgesetz Mecklenburg-Vorpommerns:

EQG M-V:

»(1) Zweck des Gesetzes ist es,

1. die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Bewohner von Einrichtungen im Sinne des § 2 Absatz 1 und 2 sowie von Wohn- und Betreuungsformen im Sinne des § 2 Absatz 4 bis 7 vor Beeinträchtigungen zu schützen, im Rahmen des Möglichen die Aspekte der kulturellen, religiösen und sprachlichen Herkunft zu berücksichtigen und eine angemessene Lebensgestaltung zu ermöglichen,

2. die Selbstständigkeit, die Selbstbestimmung, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und die Mitwirkung der Bewohnerschaft zu wahren und zu fördern,

3. eine dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse entsprechende Qualität des Wohnens und der Betreuung zu sichern,

4. die Beratung und Information über Angebote des Wohnens und der Betreuung für ältere, pflege- oder betreuungsbedürftige Menschen zu fördern,

5. die Zusammenarbeit der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden mit den Trägern und deren Verbänden, den Pflegekassen, dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung sowie den Trägern der Sozialhilfe zu fördern,

6. die Einhaltung der dem Träger gegenüber der Bewohnerschaft obliegenden Pflichten zu sichern und

7. selbstbestimmte Wohn- und Betreuungsformen für ältere, pflege- oder betreuungsbedürftige Menschen zu ermöglichen.«

Ähnlich lauten auch die anderen Ziele und Zwecke, die in den unterschiedlichen Landesgesetzen niedergelegt sind. Was uns heute so nachvollziehbar erscheint (Selbstbestimmung, Würde, Schutz), war nicht immer so. Ein kleiner Exkurs sei also gestattet.

Exkurs
Die pflegerische Einrichtung – eine totale Institution?


Der Begriff »Totale Institution« ist ein soziologischer Begriff, der von Erving Goffman geprägt wurde. Erstmals verwendet wurde die Bezeichnung vom französischen Architekten Louis-Pierre Baltard (1764–1846).

Definition

Der Begriff »Totale Institution« bezeichnet Organisationsformen, die das Leben eines sozialen Akteurs zu regeln und zu kontrollieren geeignet oder bestimmt sind. Beispiele dafür sind Klöster, Gefängnisse, Psychiatrien oder Schiffsbesatzungen.

Nach Goffman ist die totale Institution eine Unterform des allgemeineren Begriffs »soziale Institution«, die er definiert als »Räume, Wohnungen, Gebäude oder Betriebe, in denen regelmäßig eine bestimmte Tätigkeit ausgeübt wird«41. Sie können sich prinzipiell nach Kriterien, wie z. B. Zugänglichkeit und Zielsetzung, unterscheiden. Die totale Institution bildet einen Extremfall auf letzterer Skala, da sie »durch Beschränkungen des sozialen Verkehrs mit der Außenwelt«42 einen »allumfassenden oder totalen Charakter«43 annimmt. Eine Institution wie zum Beispiel ein Fußballverein nimmt also nur jeweils einen Teil des Lebens ein, während ein Insasse in einer totalen Institution wie einem Gefängnis oder einer geschlossenen Abteilung, seine gesamte Zeit dort verbringt.

Eine totale Institution weist nach Goffman folgende Merkmale auf:

Totale Institutionen sind...

Erscheint lt. Verlag 13.11.2017
Reihe/Serie pflege kolleg
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Pflege Ausbildung / Prüfung
Schlagworte Altenpflege • Beratung • Betreuung • Checklisten • Management • MDK • Pflege • Pflegemanagement • Pflegemanagement & -planung • Pflegeplanung
ISBN-10 3-8426-8905-5 / 3842689055
ISBN-13 978-3-8426-8905-3 / 9783842689053
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