Die Welt des Denkens (eBook)

Kognitive Einheit, kulturelle Vielfalt
eBook Download: PDF
2015 | 1. Auflage
287 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-95224-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Welt des Denkens -  Andrea Bender,  Sieghard Beller
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Eintauchen in die Welt des Denkens. Wir alle lernen es schon als kleine Kinder, und trotzdem fällt es uns auch als Erwachsene noch schwer: uns einzustellen auf das Denken anderer Menschen. Sehen Sie die Welt genau so wie wir oder stellt sie sich aus ihrer Perspektive ganz anders dar? Gerade im Kontakt mit fremden Kulturen spitzt sich diese Frage besonders zu: Hängt das, was Menschen wahrnehmen, denken und fühlen - womöglich sogar wie sie es tun - grundsätzlich davon ab, in welcher Kultur sie aufgewachsen sind? Oder gibt es doch mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes? Und wie kann man das eigentlich untersuchen? Andrea Bender und Sieghard Beller forschen seit vielen Jahren im Grenzgebiet zwischen Psychologie, Linguistik und Ethnologie und nehmen uns mit auf eine faszinierende wissenschaftliche Reise durch das weitläufige Gebiet der Kognitionen und rund um den Erdball. So lernen wir beispielsweise bei den Shuara-Indianern Südamerikas, wie ethnobiologisches Wissen organisiert ist, bei den Kpelle Afrikas, was Sprache mit der räumlichen Orientierung zu tun hat, und bei den Samoanern Polynesiens, wie sich die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme entwickelt. Kognition und Kultur sind eng verwoben - wie eng, zeigt dieses Buch an neun Fallbeispielen auf.

Die Welt des Denkens 1
Inhaltsverzeichnis 6
Vorwort 10
1 Kognition und Kultur 12
1.1 Die Wissenschaft von den Kognitionen 13
1.2 Kulturelle Variabilität 17
1.3 Methodische Herausforderungen 23
1.4 Aufbau des Buches 27
2 Blau und grün statt blün 32
2.1 Licht und Farbe 33
2.2 Wahrnehmung von Farbe 35
2.3 Sprechen über Farbe 39
2.4 Blue and green im Englischen versus siyóim Tarahumara 44
2.5 Kategoriengrenzen, ihre Wirkung und Bildung 49
3 Wie heißt dieser Vogel? 52
3.1 Vogelexpertise der Shuara 53
3.2 Klassifizieren Amerikaner anders? 59
3.3 Ethnobiologische Kategorien 62
3.4 Kategoriestruktur und Typikalität 66
3.5 Prozesse beim Erwerb von Kategorien 70
4 Einige, aber nicht alle 74
4.1 Mengen, Quantoren und Syllogismen 75
4.2 Logikkompetenz und belief bias bei den Kpelle 79
4.3 Logikkompetenz bei Hochschülern? 83
4.4 Belief bias auch bei Hochschülern? 88
4.5 Bildung, Sprache, Logik und beliefs 91
5 Zwei, vier, sechs, acht, zehn 94
5.1 Zählen mit natürlichen Zahlen 95
5.2 Zahlensysteme und ihre Eigenschaften 98
5.3 Brotfrucht ist nicht gleich Brotfrucht: Zählen auf Mangareva 107
5.4 Evolution von Zahlensystemen 114
6 Wege in der Wüste 118
6.1 Grundlagen räumlicher Kognition 119
6.2 Kognitive Landkarten 122
6.3 Räumliche Referenzrahmen 127
6.4 Strategien der räumlichen Orientierung beiden Aborigines 132
6.5 Sind Aborigines „genordet“? 137
7 Vorwärts oder rückwärts in die Zukunft 142
7.1 Physikalische Perspektive: der Pfeil der Zeit 143
7.2 Biopsychologische Perspektive: die Gesichter der Zeit 146
7.3 Sprachliche Perspektive: die Verankerung der Zeit im Raum 151
7.4 Kulturelle Perspektive: die Richtung der Zeit 158
8 Mit den Sternen segeln 170
8.1 Die Geografie der Karolineninseln 171
8.2 Unterwegs in Auslegerbooten 174
8.3 Orientierung an den Sternen 176
8.4 Von Insel zu Insel 181
8.5 Navigatoren brauchen vielfältige kognitive Kompetenzen 187
9 Theory of Mind 190
9.1 Perspektivenwechsel – eine spezifischmenschliche Kernkompetenz? 191
9.2 Entwicklung der Theory of Mind 197
9.3 Soziale und kulturelle Einflüsse 200
9.4 Kulturspezifische Theories of Mind 204
10 Mensch ärgere dich nicht 212
10.1 Was ist eine Emotion? 213
10.2 Am Gesicht, da könnt ihr sie erkennen! 215
10.3 Auf die Ereigniseinschätzung kommt es an 217
10.4 Das Emotionslexikon und seine Ordnung 228
10.5 Kulturelle Einflüsse auf mehreren Ebenen 233
11 Zurück zum Ausgangspunkt 236
11.1 Kaleidoskop der Kognitionen 236
11.2 Wie tief reichen die kulturellen Einflüsse? 241
11.3 Die Bedeutung von Kultur 246
Literatur 250
Sachregister 282
Länder, Sprachen und Kulturen 286
Zu den Autoren 288

2 Blau und grün statt blün Beeinflussen Farbkategorien die Farbwahrnehmung? (S. 31-32)

Nie zuvor hatte Krabat darauf geachtet, wie vielerlei Grün es gab, hundert Arten von Grasgrün, von Birken- und Weidengrün, Moosgrün dazwischen, bisweilen mit einem Stich ins Bläuliche, junges, flammendes Grün an den Ufern des Mühlenweihers, an jeder Hecke, an jedem Beerenstrauch … Otfried Preußler, Krabat, 1979, S. 203.

Ein Regenbogen entsteht, wenn Sonnenlicht im richtigen Winkel durch Wassertropfen fällt. Das Licht bricht sich in den Tropfen und wird in ein Spektrum von Farben aufgespalten, die wir dann am Himmel als Bogen sehen. Er erscheint uns aus Bändern verschiedener Farben zusammengesetzt, welche die meisten Personen von außen nach innen wie folgt bezeichnen: Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett. Allerdings hat das Farbspektrum des Sonnenlichts weit mehr als diese sechs Farbtöne, denn die Farben gehen fließend ineinander über. Wie kommen wir dann dazu, den Regenbogen mit einigen wenigen, spezifischen Farben zu beschreiben? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir analysieren, wie Menschen Farben wahrnehmen, welche Farbbegriffe ihnen ihre Sprache zur Verfügung stellt und wie sie damit das Farbspektrum abdecken.

Farbbegriffe bezeichnen Kategorien ähnlicher Farben. Wir können Objekte danach kategorisieren, ob sie rot, gelb, grün oder blau sind. Farbbegriffe sind also das Resultat einer Kategorienbildung und damit ein Resultat des Denkens. Mit der These zur Linguistischen Relativität von Sapir und Whorf (Sapir, 1921, 1929; Whorf, 1991; original in Carroll, 1956; s. auch Gumperz & Levinson, 1996; Lucy, 1997) wurde die Frage aufgeworfen, ob vorhandene sprachliche Kategorien umgekehrt auch das Denken determinieren (starke Version) oder es zumindest beeinflussen (schwache Version). Nehmen zwei Personen Farben unterschiedlich wahr oder denken sie anders über Farben, wenn sie verschiedene Farbkategorien beziehungsweise Farbbegriffe haben?

Das Zusammenspiel von Farbkategorien und anderen Kognitionen wird in diesem Kapitel anhand klassischer Studien diskutiert, in der englischsprachige Personen mit Tarahumara-Indianern aus Mexiko verglichen werden, deren Sprache nur ein Wort für Blau und Grün hat. Als Hintergrund werden zunächst die physikalischen Grundlagen des Lichts und verschiedene Systeme zur Ordnung von Farben erläutert (Kapitel 2.1). Danach werden ausgewählte Aspekte der Farbwahrnehmung behandelt (Kapitel 2.2) und Befunde zur Benennung von Farben vorgestellt (Kapitel 2.3). Damit sind die Grundlagen gelegt, um das Fallbeispiel der Tarahumara vorzustellen (Kapitel 2.4). Abschließend werden Wirkung und Bildung von Kategoriengrenzen diskutiert (Kapitel 2.5).

Erscheint lt. Verlag 23.4.2015
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Psychologie
Geisteswissenschaften Psychologie Allgemeines / Lexika
Schlagworte Denken • Einfühlungsvermögen • Ethnologie • Kognition • Kognitionswissenschaft • Kpelle • Kultur • Linguistik • Polynesien • Psychologie
ISBN-10 3-456-95224-4 / 3456952244
ISBN-13 978-3-456-95224-6 / 9783456952246
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