Trumps Amerika (eBook)
172 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7431-5464-3 (ISBN)
Bernhard Klee ist ein Marketingexperte und arbeitete für Firmen wie Procter & Gamble, Unilever und T-Mobile. Er studierte auch Politikwissenschaften in Österreich und den USA. Seit vielen Jahren lebt er in den USA und ist dort politisch aktiv.
Vorwort
2016 ist ein besonders spannendes Jahr in der Geschichte der westlichen Demokratien. In Großbritannien hat sich die Mehrheit der Bevölkerung für das Verlassen der EU entschieden, in Frankreich zeigen Umfragen eine Mehrheit für einen ebensolchen Austritt des Landes und Marie Le Pen vom Front National hat gute Chancen auf das Präsidentenamt. In Deutschland wiederum kann die rechte AfD hoffen, mit einem zweistelligen Prozentanteil in den Bundestag einzuziehen. In den USA hat Donald Trump die Chance, Obama als US-Präsident nachzufolgen.
Als geborener Österreicher und aufgewachsen in einem vereinten Europa, lebe ich seit über sechs Jahren in den Vereinigten Staaten und entdecke auf beiden Seiten des Atlantiks viele Parallelen. Es gibt einen starken Trend, der sich gegen etablierte Parteien und erfahrene Politiker, ja sogar gegen die „herrschende Klasse“ aus Politik, Wirtschaft und Kultur richtet. Im Gegensatz zu vielen anderen sehe ich diese Entwicklung allerdings nicht negativ, sondern verstehe sie als eine natürliche Reaktion breiter Bevölkerungsschichten auf eine Politik, die sich in Wirtschafts-, Steuer- und Einwanderungsfragen gegen die Interessen der Mittelschicht richtet. Ob dieser Eindruck mit der Faktenlage übereinstimmt oder nicht, ist hier nicht die Frage, denn die Wahrnehmung bestimmt das Wahlverhalten und damit die Realität.
In Europa vermissen viele junge Menschen eine gemeinsame Vision ihres Landes und der EU sowie wirtschaftliche Aufstiegschancen. Der Mittelstand sieht sich als Opfer eines wachsenden staatlichen Zugriffs und einer EU-Bürokratie, die immer höhere Steuern und immer neue Regulierungen hervorbringt. Zur gleichen Zeit können sich Reiche und Großkonzerne zunehmend der Steuerlast entziehen und Einfluss erkaufen, während viele arme Menschen inklusive der Migranten Nutznießer des Sozialstaates europäischer Prägung sind. Die Flüchtlingskrise hat die Hilflosigkeit des größten Wirtschaftsraums der Welt gezeigt, der im Jahr 2015 nicht einmal seine Außengrenze sichern konnte und zuließ, dass Millionen Menschen, hauptsächlich junge muslimische Männer, ohne jede Kontrolle quer durch Europa marschierten. Die mangelnde Solidarität bei der Verteilung der Flüchtlinge, gepaart mit terroristischen Anschlägen, hat die Mittelschicht endgültig zum Aufstand mittels ihrer Wahlstimmen bewegt. Während der mangelnde Anstieg bei den Realeinkommen der Mittelschicht durch globale Trends wie Globalisierung und Technisierung bedingt ist, ist die Hilflosigkeit bei der Migration ganz offensichtlich ein Problem der EU-Institutionen und ihrer mangelnden Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit in außenpolitischen und militärischen Fragen. Natürlich tragen die USA eine Haupt- oder Mitschuld am Aufstieg des sogenannten Islamischen Staates, aber diese Erkenntnis an sich trägt nicht dazu bei, die Sicherheit des größten und reichsten Wirtschaftsraums der Welt zu verbessern und seine Bürger zu schützen. Der EU mangelt es an wahren Führungspersönlichkeiten, die in kurzer Zeit eine Militärallianz schmieden könnten, um mit den 30.000 Barbaren fertigzuwerden, die sich in Syrien und im Nordirak „Islamischer Staat“ schimpfen. Die Schaffung und Verteidigung einer Schutzzone in Nordsyrien und im Nordirak wäre weitaus menschlicher, effektiver, verantwortungsvoller und günstiger, als Millionen junge islamische Männer ohne geeignete Ausbildung und kulturelles Verständnis für die Aufnahmeländer in Westeuropa hereinzulassen, die eigentlich lieber zu Hause geblieben wären. Das ist eine kurzfristige, verantwortungslose Politik, die hier von Merkel und Co. betrieben wird und für die die Menschen mit steigendem Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit, sexuellen Attacken, Angriffen auf Homosexuelle sowie radikalislamistischen Anschlägen bezahlen.
Es ist eine Ironie der Geschichte, dass Europa sich nach den Bush-Jahren einen friedfertigen US-Präsidenten gewünscht und ihn mit Obama auch bekommen hat, es aber nun die Konsequenzen eines in der Weltpolitik entstandenen Machtvakuums tragen muss. Denn die EU hat weder den Willen noch die Systeme, um gegen den Islamischen Staat zu kämpfen.
In den USA zeigt sich der Unmut der Mittelschicht im großen Erfolg des Populisten Donald Trump auf rechter und in dem von Bernie Sanders auf linker Seite. Ähnlich wie in Europa erkannten viele Journalisten und Politiker den Trend, der Donald Trump unaufhaltsam der republikanischen Nominierung näherbrachte, nicht. Zuerst wurde er als lustige Randerscheinung und Reality-TV-Star gesehen. Dann wurden seine Wähler als Bewegung zorniger, ungebildeter, weißer „Globalisierungsverlierer“ aus dem Süden der USA abgetan. Als sich aber seine Wahlerfolge in Neuengland, um die Großen Seen herum und an der US-Westküste fortsetzten, wurde schnell klar, dass es sich um eine breitere Bewegung handelt, die alle Bildungs- und Einkommenslevel abdeckt und schon bald bei den Vorwahlen über 60% der Stimmen errang.
Bis noch vor einem Jahr hatte es so ausgesehen, dass die Demokraten mit Hillary Clinton eine unbesiegbare Kandidatin hätten, die nicht nur den perfekten Erfahrungshintergrund mitbrachte, sondern auch den beliebtesten noch lebenden Präsidenten zum Mann hat. Gute Umfragewerte sowie weit und breit keine ernst zu nehmenden parteiinternen Herausforderer verstärkten diesen Eindruck. Die Republikaner hatten 17 Kandidaten, waren gespalten zwischen Tea-Party-Bewegung und dem Rest der Partei und hatten an Glaubwürdigkeit bei ihrer eigenen Basis verloren, nachdem sie trotz Mehrheit im US-Kongress keine Erfolge vorweisen konnten.
Der Einstieg von Donald Trump ins Rennen um die US-Präsidentschaft änderte schlagartig alles, aus Neugier wurde Interesse und aus Interesse immer bessere Umfragewerte für ihn. Diese sanken auch dann nicht, als Trump mit immer umstritteneren Aussagen aufhorchen ließ. Die Medien unterstützten seinen Aufstieg indirekt und unfreiwillig, indem sie ihm auf der Jagd nach Quoten eine unbezahlte und kontinuierliche Berichterstattung widmeten. Die Vorwahldebatten auf republikanischer Seite brachten fünf- bis zehnmal höhere Einschaltquoten als in früheren Wahlgängen. So gab es innerhalb eines Jahres zwei Milliarden US-Dollar an Gratis-Berichterstattung für Donald Trump. Seine Aussagen und Auftritte ließen keinen kalt und bewegten sich zwischen Reality-TV-Unterhaltung und seriöser Politdebatte. Hillary Clinton hingegen tat sich weitaus schwerer, gegen den sozialistischen Populisten Bernie Sanders anzukommen, der vor allem die jungen und weißen Amerikaner auf demokratischer Seite für sich mobilisieren konnte. Sie konnte nur dank starker Mehrheiten bei Schwarzen und Hispanoamerikanern die Vorwahlen auf demokratischer Seite für sich gewinnen.
Donald Trumps Kampagne ist eher eine Marken- und Produktkampagne als eine politische Kampagne. Er verspricht, seinen Erfolg als Geschäftsmann auf Amerika zu übertragen und so Amerika und die Amerikaner wieder zu „Gewinnern“ zu machen. Er punktet dabei mit Authentizität und Quereinsteiger-Qualitäten und will wieder Vernunft in die Politik bringen, abseits von politischem Lagerdenken und Ideologie. Seine Kernthemen sind so einfach wie populär: innere und äußere Sicherheit, strengeres Vorgehen gegen illegale und radikalislamische Einwanderung und mehr Protektionismus für die US-Wirtschaft. Damit punktet er sowohl bei den sogenannten Independents, den Unabhängigen, die sich keiner Parteiseite zugehörig fühlen, als auch bei eigentlich Demokraten-Wählern, die die Gewerkschaften unterstützen und schon lange gegen Freihandelsabkommen wettern.
Donald Trump ist ein Kind der 1980er Jahre und hat sich seither einige Male ideologisch, persönlich und finanziell neu erfunden. Er ist in dritter Ehe verheiratet. Im Jahre 1990 durchlitt er den Bankrott einiger seiner Firmen, vor allem durch den Niedergang der Casino-Stadt Atlantic City, einem Las Vegas im Kleinformat an der amerikanischen Ostküste. Ideologisch ist er schwer einzuordnen, da er erst seit 2012 Republikaner ist, davor war er Demokrat oder auch Anhänger der Reformpartei. Seine Themen kommen von beiden Seiten des politischen Spektrums, er möchte Demokraten ebenso wie Republikaner ansprechen.
Viele Amerikaner haben die Hoffnung, dass Trump ideologisch flexibel agieren wird, sollte er Präsident werden, dass er sich einzig dem Volk verpflichtet fühlt und nicht den Lobbyisten. Damit erhoffen sie sich ein Aufbrechen der politischen Lähmung, die seit sechs Jahren die US-Politik dominiert und diese praktisch handlungsunfähig macht. Trumps Aufstieg ist eine klare Reaktion auf Obamas Präsidentschaft. Seine Anhänger sehen in ihm einen Anti-Politiker und Anti-Obama, der sagt, was er denkt. Nach der sehr defensiven Außenpolitik der USA unter Obama wünschen sich viele wieder einen durchsetzungsstarken Präsidenten, der stärker gegenüber Machtmenschen wie Putin, Erdoğan oder dem chinesischen Präsidenten auftreten kann. Das Risiko einer ungewissen Trump-Präsidentschaft ist vielen Amerikanern lieber als eine Fortführung der Clinton-Ära mit ihrer langen Geschichte an Skandalen, die gerade wieder durch die E-Mail-Affäre und...
Erscheint lt. Verlag | 30.9.2016 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung |
ISBN-10 | 3-7431-5464-1 / 3743154641 |
ISBN-13 | 978-3-7431-5464-3 / 9783743154643 |
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