Ada

Roman

**** 12 Bewertungen

Buch | Hardcover
394 Seiten
2020
Ullstein (Verlag)
978-3-550-20046-5 (ISBN)
24,00 inkl. MwSt
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Mit ihrer jüdischen Mutter aus Nachkriegsdeutschland nach Argentinien geflohen, vaterlos aufgewachsen in einem katholischen Land, kehrt Ada 1955 mit ihrer Mutter Sala nach Berlin zurück. In eine ihr fremde Heimat, deren Sprache sie nicht spricht.

Dort trifft sie auf den lange ersehnten Vater Otto, doch das Familienglück bleibt aus. In einer noch immer sehr autoritär geprägten Gesellschaft wächst Adas Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit. Die Studentenbewegungen der sechziger Jahre werden ihre Rettung.

In Paris lernt sie bei ihrer Tante Lola die Mode- und Kunstwelt kennen. Am Ende steht Woodstock, das für Ada ein dreitägiges mystisches Erlebnis wird, das sie verändert.

Christian Berkel, 1957 in West-Berlin geboren, ist einer der bekanntesten deutschen Schauspieler. Er war an zahlreichen europäischen Filmproduktionen sowie an Hollywood-Blockbustern beteiligt und wurde u.a. mit dem Bambi, der Goldenen Kamera und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Viele Jahre stand er in der ZDF-Serie »Der Kriminalist« vor der Kamera. Er lebt mit seiner Frau Andrea Sawatzki und den beiden Söhnen in Berlin. Sein Debütroman »Der Apfelbaum« wurde ein Bestseller.

In seinem neuen Roman erzählt Christian Berkel die Geschichte von Ada. Vor dem Hintergrund großer historischer Ereignisse erzählt Christian Berkel von der Schuld und der Liebe, von der Sprachlosigkeit und der Sehnsucht, vom Suchen und Ankommen - und beweist sich einmal mehr als großer Erzähler.

Erscheinungsdatum
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Maße 128 x 210 mm
Gewicht 491 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1968 • 20. Jahrhundert • 2. Juni • 50er • 60er • 60er Jahre • 68er • ADA • Alte Liebe • Apfelbaum • Argentinien • Benno Ohnesorg • Berlin • Berlin 1968 • Bestseller • Bestseller Familienromane • Beziehung • Buenos Aires • Bücher 2020 • Depression • Der Apfelbaum • Der Kriminalist • Deutsche • Deutsche Geschichte • Deutsche Literatur • Die verlorene Tochter • Drama • Einsamkeit • Emanzipation • Entnazifizierung • Familiendrama • Familienroman • Familiensaga • Frauen • Gegenwartsliteratur • Generation • Generationen • Generationenkonflikt • Generationenroman • Geschenk • Geschichte • Gesellschaftsroman • Heimat • Heranwachsen • Herbstnovitäten 2020 • Herkunft • Hippies • Historische Familiengeschichte • Holocaust • Identität • Identität • Jahre • Liebe • Liebesroman • Liebe und Beziehungen • Literatur • Mauerbau • Nazis • Neue Bestseller • neue Romane • Neuerscheinung • Paris • Paris 1968 • Quentin Tarantino • Roman • Romane 2020 • Schahbesuch • Sechziger • Sechziger Jahre • Studentenbewegung • Studentenrevolte • Suche • Weltliteratur • Wiederaufbau • Wirtschaftswunder • Woodstock
ISBN-10 3-550-20046-3 / 3550200463
ISBN-13 978-3-550-20046-5 / 9783550200465
Zustand Neuware
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5 Unerwartet eindrücklich

von , am 11.01.2021

Ada wird 1945 als Kind einer Jüdin in Leipzig geboren und flieht mit ihrer Mutter nach Argentinien. Ein paar Jahre später muss sie sich in Berlin in ihre Heimat einfinden. Sie wächst mit dem Schweigen ihrer Mutter und den umwälzenden Ereignissen der deutschen Geschichte nach dem zweiten Weltkrieg auf.

Nach "Der Apfelbaum" ist "Ada" der zweite Roman in einer Trilogie. Berkel befasst sich darin mit der Geschichte der Frauen in seiner Familie.

Dieser Roman hat mich unerwartet begeistert. Christian Berkel zeigt sich als wahrer Schriftsteller. Er schafft es die frühere deutsche Geschichte ergreifend zu beschreiben und das aus Sicht einer jungen Frau. Seine einfühlsamen Beschreibungen begleiten Ada in ihrer Entwicklung. Ihre Haltlosigkeit, der große Druck des Schweigens und die Suche nach ihrem Ich sind bewegend und realistisch dargestellt. Ihr Erleben ist raumgreifend.

Berkel hat eine ausdrucksstarke Sprache, bringt Zusammenhänge humorvoll und bildreich auf den Punkt. Die Dialoge im Berliner Dialekt wirken authentisch, ebenso die poetisch anmutenden Gedanken seiner Hauptfigur. Er bringt der Schwere und Eindrücklichkeit ebenso viel Humor und Leichtigkeit entgegen.

Der Roman hat mich ergriffen, mich in das Geschehen eingesaugt, mich bewegt und nachdenklich gemacht. Berkel gelingt es die geschichtlichen Ereignisse nah rücken zu lassen, ihnen die Bedeutung zu geben die ihnen zukommt. Die Geschichte lebt weiterhin in den nächsten Generationen. Mit diesem Gefühl habe ich das Buch beendet.

Ein beeindruckender Roman über die Entwicklung einer Frau in schweren Zeiten und die Umwälzungen des 20.Jahrhunderts in Deutschland. Sehr eindrücklich.

3 zu unrund

von , am 13.12.2020

Adas Wut auf die Mutter und ihre Identitätssuche konnte ich nachvollziehen. Das Schweigen von Eltern in der Nachkriegszeit war gewiss nicht selten und die daraus resultierenden Probleme vorprogrammiert. Die Sprachlosigkeit in der Familie, die Sinnsuche und das Verlangen nach Liebe wurden deutlich, ihr Fehlen kann man schmerzhaft nachempfinden.
Christian Berkel hat einen knappen Erzählstil. Dieses Buch hatte seine Längen für mich. Das lag auch daran, dass mir die Charaktere einfach zu fernblieben, die Dynamik zwischen den Ereignissen stimmte für mich häufig nicht, so blieb mir vieles zu unrund als das Buch beendet war.

3 Schwerer Zugang

von (Dresden), am 27.11.2020

Erzählt wird die Geschichte von Ada, die kurz nach dem zweiten Weltkrieg geboren wird, die ersten Jahre in Argentinien verbringt, danach in Berlin beziehungsweise Westberlin lebt. Das Buch endet im Jahr 1993.

Das erste Buch „Der Apfelbaum“ von Christian Berkel fand ich einfach genial. Umso mehr hatte ich mich auf den Nachfolger gefreut. Doch wie so oft ist das zweite Buch wohl immer schwerer zu schreiben. Jedenfalls hatte ich bei Ada besonders am Anfang nur schwer Zugang zu der Geschichte. Sie wird konsequent aus Sicht von Ada erzählt. Und gerade am Anfang ist es eben die Sicht eines Kindes. Sehr einseitig, zumal ihr von den Eltern, und speziell der Mutter, relativ wenig über die Familiengeschichte erzählt wird. So ist man auch als Leser etwas alleingelassen, weil man manche Handlungen nur schwer nachvollziehen kann. Je älter Ada wird, desto leichter war es für mich, die Hintergründe zu verstehen. Doch insgesamt fehlte mir in der ganzen Zeit ein gefühlsmäßiger Zugang. Ich habe das Buch eher wie ein Sachbuch gelesen, das über die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik berichtet, natürlich mit den wichtigsten Sachen, wie Studentenunruhen, Hippie-Bewegung und ähnlichem. Erst zum Ende hin fand ich es irgendwie persönlicher. Schade eigentlich.

5 Auf den dunklen Spuren der eigenen Geschichte

von , am 21.11.2020

68er Generation unter erschwerten Bedingungen.

Der Autor Christian Berkel setzt die Lebensgeschichte von Ada in Verbindung mit der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland vom Aufschwung der 60er Jahre bis hin zum Mauerfall als äußerer Rahmen. Als Leser kann man kann interessiert mitverfolgen, wie der Autor Ada die Fragmente ihrer Geschichte versucht zusammenzuzusetzen.
Wer denkt, Identitätsfindung in der Zeit der 68er, kennen wir alles schon, der darf sich beim Buch Ada von Christian Berkel auf ganz neue sprachliche und erzählerische Einsichten gefasst machen. Ins gesamt wohl einer der verheißungsvollsten zeitgenössischen Autoren unseres Landes.

5 Entwurzeltes Leben

von (Ilsenburg ), am 08.11.2020

Der Sprung in die Geschichte gelingt mit Ada‘s Entscheidung für psychologische Hilfe. Zunächst war mir die Notwendigkeit eines Psychiaters ein Rätsel. Mit dem Lesen wurde dieses anfänglich fehlende Verständnis dann sukzessive aufgelöst. Wir folgen Ada in ihre Vergangenheit und lernen eine innerlich zerrissene Frau kennen. Bereits aus „Der Apfelbaum“ waren mir die Flucht nach Argentinien und die Lebensumstände für Ada und ihre Mutter dort bekannt. Schön war hier der Perspektivwechsel, da wir nun Ada als Ich-Erzählerin haben und ihre Sicht aufs Geschehen lesen können.

Mit diesem Wechsel der erzählenden Figur ändert sich auch der Sprachgebrauch. Während im Apfelbaum doch eher die gehobene Sprache der aus einer intellektuellen jüdischen Familie stammenden Sala zum tragen kommt, ist es nun Ada‘s lockere von Berliner Schnodderigkeit beeinflusste Ausdrucksweise, die uns entgegen schlägt. Dadurch wird für mein Empfinden Ada‘s rebellierender Charakter perfekt herausgearbeitet.

Ada hat es nicht leicht in ihrem Leben. Die ersten Jahre wächst sie in Argentinien ohne Vaterfigur auf, bei einer Mutter, die sie eigentlich nicht haben wollte. Viel Aufmerksamkeit bekommt Ada nicht, ist doch die Mutter voll damit beschäftigt, für den Lebensunterhalt zu sorgen. So beschränkt sich ihr Kümmern um Ada auf Kritik. Nach der Rückkehr nach Berlin und dem Wiedereintritt von Otto als Vater in die Familie tritt für Ada auch keine emotionale Verbesserung ein. Schnell wird ein neues Kind „Sputnik“ geboren, das nun im Mittelpunkt steht. Zudem ist das Leben vom großen Schweigen gekennzeichnet. Über die Vergangenheit wird nicht gesprochen, an/in den Erinnerungen der Erwachsenen wird nicht (herum)gerührt, erklärt wird der nachfolgenden Generation nichts. Ada‘s Gefühl, ein Unfall und damit unerwünscht zu sein, bleibt, nimmt sogar noch zu.

So begleiten wir Ada im West-Berlin der Zeit des Wirtschaftswunders, Mauerbaus und durch die 68er-Bewegung. Als weiteres historisches Ereignis wird der Mauerfall 1989 thematisiert. Die Lücke dazwischen ist recht groß, lässt Fragen in Ada‘s Leben offen. So hoffe ich auf einen dritten Roman, der genau diese Lücke schließt.

Mir hat Ada sehr gut gefallen. Wie auch schon beim Vorgänger kann ich das Lesen nur empfehlen.

3 Heranwachsen in der Nachkriegszeit

von , am 28.10.2020

Von diesem Roman habe ich etwas anderes erwartet. Im Vordergrund geht es darum, wie es ist, in der Nachkriegszeit heranzuwachsen. Adas Heranwachsen wird in historische Ereignisse eingebettet. Ein zentraler Punkt ist die scheiternde Kommunikation zwischen Ada und ihren Eltern, die über ihre Vergangenheit schweigen und somit Adas Identität verschleiern.
Trotz dieser schweren Thematik konnte ich keine Nähe zu der Protagonistin aufbauen. Zudem fand ich viele Themen nur kurz und oberflächlich angerissen. Besonders die erste Hälfte des Romans war sehr langatmig. Die zweite Hälfte war interessanter und behandelte viele Themen gefühlt im Schnelldurchlauf.

Der Schreibstil hat mir gefallen, da er sehr poetisch und flüssig ist. Die Gedanken und Gefühle von Ada werden sehr genau beschrieben. Man merkt, wie sehr sie unter der Einsamkeit und dem Schweigen der Eltern leidet.

Ich habe "Der Apfelbaum" von Christian Berkel nicht gelesen, obwohl es dort um die Geschichte von Sala und Otto geht. Ich finde, dass man den Vorgänger auch nicht lesen muss, um diesen Roman zu verstehen. Aber vielleicht, hätte es das Verständnis und Leseerlebnis doch irgendwie beeinflusst.

Fazit:
Es ist ein interessanter Roman über ein junges Mädchen, welches es nicht leicht hat, in der Nachkriegszeit aufzuwachsen. Wir beobachten ihre Entwicklung inmitten historischer Ereignisse und der Leere durch das Schweigen. Für mich war es aber an einigen Stellen zu langatmig und an anderen Stellen zu oberflächlich.

3 Identitätssuche

von , am 22.10.2020

Ada, Jahrgang 1945 erzählt einem Psychologen ihre Geschichte und die beständige Suche nach ihrer Identität. Eine sehr bewegte Geschichte, die in Argentinien, Frankreich, den USA, aber hauptsächlich in Berlin spielt. Es ist zwar die Geschichte Adas, aber diese steht für ihre Generation, zeigt die Folgen des Schweigens der Elterngeneration und zahlreiche historische Momente der Nachkriegsgeschichte.

Das Buch hat mich zunächst so überhaupt gar nicht erreichen können. Die schwierige Beziehung zur jüdischen Mutter und dann noch die Geschichte mit dem Vater haben mich einfach nicht erreicht. Gestört haben mich auch manche Zeitsprünge und Wesenszüge mancher Personen – beides stilistisch wahrscheinlich sinnvoll, aber irgendwie nicht so gelungen für mich. Viel schwerwiegender jedoch: Ada war mir zu suspekt, ihre Art irgendwie zu sperrig und in Teilen hat sich das auch durch das komplette Buch gezogen, doch irgendwann – nach einer Reise nach Berlin (keine Ahnung, ob es da einen Zusammenhang gibt, aber irgendwie fühlt es sich so an), hat mich das Buch schon gefesselt, als hätte jemand den Schalter umgelegt. Die Geschehnisse waren plötzlich greifbarer und interessanter – Ada mitten in einer Demonstration zu erleben und die Geschehnisse z.B. um Ohnesorg aus ihrer Sicht zu erleben war schon irgendwie ergreifend und fesselnd. Hier offenbaren sich die Konflikte und Kommunikationsschwierigkeiten der Generationen sehr genau

Insgesamt fällt mir die Wertung schon schwer, da der Anfang so gar nicht meins war, später die Geschichte aber relativ fesselnd wirkte - wenngleich auch da immer wieder Momente dabei waren, die mich einfach nicht ganz überzeugt haben. Teils waren mir auch die Zeitsprünge zu groß und das Ende hat mich – wie der Anfang – nicht überzeugt.
Der Schreibstil als solcher ist sehr ansprechend, die Atmosphäre wird gut eingefangen und die Geschehnisse von der Nachkriegszeit bis zum Mauerfall werden gelungen in die Geschichte eingewoben.
Ich hatte „Der Apfelbaum“ vorher nicht gelesen, weil ich zunächst keinen unmittelbaren Zusammenhang sah und vielleicht hätte ich mehr Verständnis für manche Verhaltensweisen der Elterngeneration aufgebracht, so aber ging es auch. Ich bin so zwiegespalten, dass ich nicht mal sicher bin, ob ich das Buch nun empfehlen soll oder nicht.

5 Schweigen und Verdrängen sind die großen Themen

von (Rastede), am 18.10.2020

Das zweite Buch von Christian Berkel ist die Fortsetzung von seiner Familiengeschichte „Der Apfelbaum“.

Das Buch beginnt mit dem Fall der Mauer, den Ada hautnah in Berlin miterlebt. In kleinen Schritten erzählt sie rückblickend aus ihrem Leben. Die recht kurzen Kapitel untermauern diese kleinen Schritte. Mich haben die kurzen Kapitel regelrecht in einen Lesesog gezogen, getreu dem Motto: Eines geht noch! Die Sprache von Christian Berkel ist sehr einfach und schnörkellos. Man fliegt regelrecht durch das Buch. Es liest sich leicht und locker. Von mir eine ganz klare Leseempfehlung und die volle Punktzahl!

5 Wer bin ich?

von , am 18.10.2020

Die Protagonistin, Ada, erzählt diesen Roman nur aus ihrer Perspektive. Dabei benutzt sie einen einfachen Sprachstil, der, je nach dargestelltem Alter variiert und sich der jeweiligen Situation, durchaus auch fremdwortreich und differenziert, anpasst. Das Werk ist in drei Teile aufgeteilt, mit recht kurzen Kapiteln, was dem Lesefluss auch sehr zuträglich ist.
Ada lebt zuerst mit ihrer aus Nazideutschland geflüchteten Mutter in Argentinien. Sie sehnt sich nach ihrem Vater in Deutschland, ist jedoch bei der Rückkehr in der Nachkriegszeit von ihm enttäuscht. Sie erfährt nichts über die Vergangenheit der Mutter, und auch der Vater schweigt über die schwere Kriegszeit.
Ada befindet sich in einer Identitätskrise und sucht nach dem Sinn des Lebens als Jugendliche. Selbst als 50-jährige Frau hat sie noch Probleme mit ihrer Identitätsfindung und geht deshalb viermal die Woche zur Aufarbeitung ihrer Vergangenheit zu einem Psychotherapeuten. Sehr geschickt vermittelt Bertel die Situation des Schweigens, des Verdrängens des Kriegshorrors und das Wirtschaftswunder, denn sie Bevölkerung will neu aufbauen und genießen, aber nicht zurückschauen.
In der autoritär geprägten Gesellschaft, ohne große Zuneigung aufgewachsen, kann Ada ihren Platz nicht akzeptieren, geschweige denn finden. Da sie völlig unaufgeklärt aufwächst, wird sie mit ungewollter Schwangerschaft und Abdriften ins Drogenmilieu konfrontiert. Selbst als Jugendliche weiß sie nicht einmal, wer Hitler war. Erst spät erfährt sie von ihrer Tante, dass sie, gemäß der jüdischen Familiendefinition, ebenfalls Jüdin ist. Selbst von ihrer Mutter katholisch erzogen, stürzt sie diese Information in einen noch größeren Zwiespalt. Daraufhin kehrt sie nicht nach Hause zurück und schlägt sich nach New York durch, wo sie von Hilfstätigkeiten lebt.
Die Studentenrevolte hat auch Ada zum hinterfragen animiert.
Ada ist eine durchaus glaubwürdige Frauenfigur, jedoch ist zu bedenken, dass sie als Arzttochter in einer Villa, also privilegierten Verhältnissen aufwächst. Sie darf aufs Gymnasium gehen und dann ihren Neigungen folgend studieren. Ada ist im Grunde genommen ein „verwöhntes Gör“ und passt gut in die Zeit der Studentenrevolte, welche die festgefahrenen Strukturen aufbrechen will. Junge Arbeiter hatten da wohl eher soziale und finanzielle Probleme. Aus diesem Grunde kann ich mich nicht voll mit Ada identifizieren, da sie wie ein flacher Charakter daherkommt.
Ihre Eltern hingegen, wirken sehr authentisch. Vater und Mutter hüllen sich in Schweigen, um sich selbst und Ada zu schützen. Das war typisch für die Verdrängung der Kriegserlebnisse. Der Vater wirkt dominant und herrisch, jedoch arbeitet er sehr viel und verschafft seiner Familie ein sehr sorgenfreies Leben. Am Ende des Romans findet ein Sprung von den 60er Jahren in die Gegenwart statt. Leider erfährt man wenig über Adas Leben dazwischen. Ihre Biografie bleibt also lückenhaft und somit das Ende wenig nachvollziehbar.
Als Gesellschaftsbild der frühen Bundesrepublik sowie der 60er Jahre ist das Werk sehr gut gelungen und lesenswert. Jeder sollte nach Identifikationsmöglichkeiten suchen.

5 Die Sprachlosigkeit einer Generation

von (Chemnitz), am 15.10.2020

In seinem ersten Buch „Der Apfelbaum“ beschreibt Christian Berkel in eindrucksvoller Weise ein ganzes Jahrhundert deutscher Geschichte anhand der ungewöhnlichen Liebe seiner Eltern Sala und Otto in der Zeit der Nationalsozialisten. Diese aufregende, oft quälende und bittere Story der beiden aus sehr unterschiedlichen Schichten stammenden Menschen bildete den Kern des Buches. Die Familiengeschichte bewirkte den Rahmen, den roten Faden der ganzen Erzählung.

In „Ada“ nun wird aus der Ich-Perspektive der Hauptfigur eine wesentlich dichtere autofiktionale Geschichte abgebildet. Das geschieht über einen Zeitraum von fast 50 Jahren. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf den 50er und 60er Jahren, die 70er und 80er sind ausgeblendet. Evtl. spielt die ausgesparte Zeit in einem weiteren Buch noch eine wesentliche Rolle?
Aus dem Bruder Peter des Autors in der Realität wurde in der Fiktion die Schwester Ada, die 1945 nach einer schwierigen Geburt in Leipzig das Licht der Welt erblickt. Kurze Zeit später verläßt die Jüdin Sala mit ihrem kleinen Mädchen das Land und zieht nach Argentinien. Erst als Neunjährige kommt Ada von Buenos Aires nach Berlin, in ein kaputtes, kaltes, ihr völlig fremdes Deutschland. Sie spricht nicht einmal die Sprache. Ihre Mutter setzt sich mit Otto in Verbindung und bald darauf heiraten sie. Das Kind bleibt mit seinen Fragen und der unbekannten Umwelt allein. Wie schon in Argentinien fühlt Ada sich nirgendwo zugehörig.

[S. 57] „ Ich glaube, meine Mutter bestand darauf, etwas Besseres zu sein. Wir gehörten einfach nirgendwo dazu, wir klebten wie Streichware an immer neuen Brötchenhälften.“

Was in der Vergangenheit geschah (mit Otto, mit Sala und den anderen), wird totgeschwiegen und kommt nach und nach bröckchenweise ans Licht. Der gesamte Roman zeichnet im wesentlichen recht bemerkenswert die Sprachlosigkeit einer ganzen Generation nach. Sie können nicht über die Vergangenheit sprechen, weder die Täter noch die Opfer. Aus der Sicht Adas wirkt diese Tatsache auf mich oft sehr beklemmend. Sie befand sich in einer widersprüchlichen Lage. Einerseits wollte sie die merkwürdigen Geschichten ihrer vielfältig gearteten Familie nicht hören, konnte sie nicht ertragen. Auf der anderen Seite litt sie unter dem allgegenwärtigen (Ver)Schweigen. Sie macht vieles allein mit sich aus. Ich kann ihre Gefühle nachvollziehen.

Christian Berkel verarbeitet sowohl im Apfelbaum als auch in Ada autobiografische Wurzeln.
Als ich seine Biografie las, stieß ich auf Namen, die in seinen beiden Büchern wichtige Rollen spielen. Vor allem den lebensbejahenden Großvater Johannes Nohl mit seiner außergewöhnlichen Lebensgeschichte möchte ich nennen.

Fazit:
Ein wichtiges Zeitzeugnis, das anhand von Familiengeschichte die Versäumnisse der Geschichtsauf- und –verarbeitung des dritten Reiches deutlich macht. Mich beeindruckte wiederum der sehr gewandte, detaillierte, wohlformulierte Sprachstil des Autors.

Ich freue mich auf eine Fortsetzung und vergebe meine Höchstbewertung für einen wertvollen Roman.

3 Melancholische Identitätssuche einer Nachkriegsgeborenen

von , am 12.10.2020

Als Schauspieler kennt man Christian Berkel schon länger und als Autor legt er inzwischen auch schon den zweiten Roman, nämlich „Ada“ vor. Schreibt er so gut, wie er spielt?
Die Geschichte handelt von der 1945 geborenen Ada, deren jüdische Mutter nach Kriegsende für knapp 10 Jahre nach Argentinien geht, um dann nach Berlin zurückzukehren. Dort versuchen sie ihr Familienleben mit Adas Vater Otto „wiederzubeleben“, doch der Versuch will nur bedingt gelingen – zu groß ist der Schatten unausgesprochener Tatsachen, Verletzungen … das ist mit ihrer neuen alten Heimat Deutschland nicht viel anders: Vieles wird totgeschwiegen – und Ada fühlt sich fremd, in diesem Land, dessen Sprache sie nicht kennt. Erzählt wird die Geschichte aus Adas Perspektive, die ihrem Therapeuten ihr Leben erzählt, als sie Mitte Vierzig ist. Insofern sehen wir Ada aus ihrer eigenen Sicht auf sich und lernen sie aus Rückblicken auf ihr Leben, vor allem ihre Kindheit und Jugend kennen. Wir lernen eine Frau kennen, die auf der Suche nach sich selbst ist (und dazu hat sie als offenbar ungewolltes Kind mit allem, was das so mit sich bringt, jeden Anlass) – aber wir lernen auch viel über die Nachkriegsgeschichte bis zum Mauerfall.
Berkel schafft Erstaunliches: Zum einen habe ich selten erlebt, dass ein Mann so gut aus Frauenperspektive erzählt hat. Das Ganze geschieht noch dazu unaufdringlich, aber doch eindringlich (eine treffendere Beschreibung will sich einfach nicht einfinden). Dabei finde ich die Sprache nicht einmal besonders literarisch, sondern vielmehr scheint man aus ihr herauslesen zu können, dass Berkel zunächst eben Schauspieler ist: Da kommt mal eine dialektale Passage, das Ganze scheint in Ansätzen fast wie ein Drehbuch (vielleicht lese ich das aber so im Wissen, dass der Autor Schauspieler ist). Dass „Ada“ quasi auf „Der Apfelbaum“ aufsetzt, war mir nicht bewusst, ist aber mein Fehler. Vielleicht bleiben deshalb manche Fragen offen (gibt es da Hinweise, wie sich diese Leerräume füllen?), was den Lesegenuss etwas schmälert, nichtsdestotrotz kommt man auch ohne Kennntis des Apfelbaums klar. Dann ist „Ada“ eben vorwiegend die Geschichte einer Frau der Nachkriegszeit mit dem gesamten dieser Zeit immanenten Generationen- und Kommunikationsproblem, die eben auch einen Blick auf diese Zeit wirft. Eine melancholische Geschichte über Familien, Identitätssuche und vor allem auch die Nachkriegszeit und ihre Auswirkungen auf die Menschen in Deutschland. Fazit aus meiner Perspektive: Ja, Berkel kann schreiben, aber das ist nicht jedermanns Sache (meine nicht so sehr); die Geschichte ist interessant, hat mich aber nicht wirklich zu fesseln vermocht – insofern gibt es abgerundete 3,5 Sterne, weil letztlich jeder selbst entscheiden sollte, ob ihm Geschichte und Schreibstil zusagen.

4 Macht nachdenklich

von , am 11.10.2020

In der noch jungen Bundesrepublik ist die dunkle Vergangenheit für Ada ein Buch, aus dem die Erwachsenen das entscheidende Kapitel herausgerissen haben. Mitten im Wirtschaftswunder sucht sie nach den Teilen, die sich zu einer Identität zusammensetzen lassen und stößt auf eine Leere aus Schweigen und Vergessen. Ada will kein Wunder, sie wünscht sich eine Familie, sie will endlich ihren Vater – aber dann kommt alles anders. Vor dem Hintergrund umwälzender historischer Ereignisse erzählt Christian Berkel von der Schuld und der Liebe, von der Sprachlosigkeit und der Sehnsucht, vom Suchen und Ankommen – und beweist sich einmal mehr als mitreißender Erzähler. (Klappentext)
Das Buch ist eindrucksvoll geschrieben, schildert den Zwiespalt von Ada auf fesselnde Weise und gibt einen guten Einblick in Adas Leben und das Leben im Nachkriegsdeutschland, vor allem auch in West-Berlin. Die Charaktere sind jeder auf seine Art sehr gut ausgearbeitet, beschrieben und entwickeln sich auch authentisch weiter. Die Handlung ist glaubhaft und beeindruckend. Das Kopfkino ratterte sehr schnell und die verschiedenen Emotionen erlebte ich fast haut nah mit. Ich war sehr schnell in der Handlung integriert. Es hat mir gut gefallen, hat mich aber an manchen Stellen auch nachdenklich gemacht.
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