Ein Küchenchef reist um die Welt - Anthony Bourdain

Ein Küchenchef reist um die Welt

Auf der Jagd nach dem vollkommenen Genuss
Buch | Softcover
352 Seiten
2004
Goldmann Verlag
978-3-442-45742-7 (ISBN)
8,95 inkl. MwSt
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Ein Jahr lang hat sich Anthony Bourdain in seiner Küche, dem Ort seines leidenschaftlichen Wirkens, nicht blicken lassen. Statt in den eigenen Töpfen zu rühren, hat er in fremde geschaut, statt zu kochen, hat er sich bekochen lassen - auf einer kulinarischen Reise, die ihn fast um die ganze Welt führte und die zu einer phantastischen Odyssee geriet ...

Der französischstämmige Amerikaner Anthony Bourdain, geboren 1956 in New York, gelang mit seinem autobiografisch durchwirkten Buch Geständnisse eines Küchenchefs ein Welterfolg, seitdem legte er u.a. "Ein Küchenchef reist um die Welt" und "So koche ich" sowie mehrere Kriminalromane vor. Mit drei Jahren konnte er lesen, mit sechs hörte er Miles Davis, mit zwölf rauchte er seinen ersten Joint. Seit seinem 17. Lebensjahr arbeitet Bourdain in der Küche. Er studierte am College von Vassar und absolvierte seine Fachausbildung am Culinary Institute of America (CIA). Rund zehn Jahre lang führte er die Brasserie Les Halles in New York. Seine Fernsehserien A Cook s Tour und "Eine Frage des Geschmacks" fanden in vielen Ländern großen Anklang.

Liebe Nancy,
So weit entfernt von dir wie jetzt war ich noch nie. Ich sitze in einem Hotel, genauer gesagt, dem Hotel in Pailin, einem armseligen Kaffim Nordwesten von Kambodscha, wo diese alles andere als liebenswerten Halunken, die Roten Khmer, zu Hause sind. Stell dir Folgendes vor: ein durchgelegenes Einzelbett, ein kaputter Fernseher, der lediglich verschwommene Bilder vom Thai-Kickboxen liefert, Fliesen auf dem Boden und auch noch die halbe Wand hoch, mit einem Abfluss in der Mitte, so als wäre der ganze Raum nur darauf ausgelegt, rasch und effizient mit dem Schlauch ausgespritzt zu werden. Dann gibt es noch eine Glühbirne, eine windschiefe Kommode und einen Kamm mit Empfehlung des Etablissements, voller fremder Haare. Doch trotz dieses reinigungsfreundlichen Designs finden sich verdächtige und beunruhigende Flecken an den Wänden. Auf der einen Wand knapp unter der Decke befindet sich etwas, das aussieht wie blutige Fußspuren und, wie heißt das noch, arterielles Spritzblut? Wie die dahin kamen, so hoch oben, kann ich nur mutmaßen. Die Wand gegenüber weist ähnlich unheilschwangere Flecken auf - Spuren einer undurchsichtigeren Substanz - die auf tiefer liegende Entladung hindeuten. Nachdem ich das Badezimmer gesehen habe, kann ich dem Missetäter keinerlei Vorwurf machen.
In dieser Stadt gibt es kein Lächeln, nur durchbohrende Blicke nackter Feindseligkeit. Die übliche Kostümierung besteht aus Resten militärischer Arbeitsuniformen. In der Lobby gibt es eine "Karaoke"-Bude direkt neben dem Standardbild einer AK-47, das rot durchgestrichen ist (KEINE AUTOMATISCHEN WAFFEN IN DER LOBBY). "Karaoke" bedeutet wohl, dass die Frauen im Büffelformat, die mit ihren Kindern am Tresen herumlungern, zu Zwecken sexueller Vergnügungen verfügbar sind. Mein Dolmetscher, der kaum den Mund aufgemacht hat, seit wir das Territorium der Roten Khmer betreten haben, sagt, er hätte sich das letzte Mal, als er hier war, einen furchtbaren Hautausschlag geholt. Er habe vor, im Stehen zu schlafen, sagt er. Jetzt rückt er damit raus...
Könntest du vielleicht schon mal einen Arzttermin für mich ausmachen? Ich denke da an einen totalen Checkup, nur für alle Fälle. Ich bin viel durch Wasser gewatet - und habe es auch getrunken - genau wie in diesen Gau-Szenarios, über die sich die Reiseführer und Warnschriften für Reisende gern auslassen. Es erübrigt sich wohl zu sagen, dass ein paar von den Dingen, die ich gegessen habe - nun ja, dass der Umgang mit Lebensmitteln bestenfalls zweifelhaft war. Sind Leberparasiten heilbar? Ich glaube, dagegen haben sie mich nicht geimpft. Du fehlst mir. Die Katze fehlt mir. Mein eigenes Bett fehlt mir. Die Simpsons um 7:00 und um 11:00. Ein kaltes Bier könnte mich wirklich anmachen. Eine Pizza. Ein bisschen gehackte Hühnerleber von Barney Greengrass. Toiletten, die kein Doppelleben als Dusche führen. Ich ruf dich an, wenn ich wieder in Phnom Penh oder Battambang bin.
Liebe dich.
Tony

Ich sitze mit Charlie im Schneidersitz im Dschungel, tief im Mekong-Delta, und trinke vietnamesischen Schwarzgebrannten aus einer Plastik-Colaflasche. Es ist dunkel, das einzige Licht kommt von einer generatorbetriebenen Glühbirne. Auf der Plane aus zusammengenähten Dünger- und Reissäcken, die vor mir auf dem harten Dschungelboden ausgebreitet ist, hat man gerade das Abendessen aufgetragen. Ein bescheidenes Bauernmahl: in Lehm gebackene Ente, Ente und Bananenblütensuppe, Salat und gefüllte Bittermelone. Mein Gastgeber, genannt "Onkel Hai", sitzt links von mir, seine rechte Hand umklammert mein Knie. In regelmäßigen Abständen kneift er es ein bisschen, nur um sicher zu gehen, dass ich noch da bin und es mir gefällt.
Es gefällt mir wirklich. Ich amüsiere mich königlich. Mir gegenüber sitzt ein fünfundneunzig Jahre alter Mann mit einem milchig weißen Auge und ohne einen Zahn im Mund. Er trägt einen schwarzen Schlafanzug und Gummisandalen, hebt sein Glas mit dem brutalen, hausgemachten Reiswhisk

Reihe/Serie Goldmann Taschenbücher
Übersetzer Dinka Mrkowatschki
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel A Cook's Tour
Maße 118 x 187 mm
Gewicht 265 g
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte Essen (speisen) • Koch / Köchin; Biografien/Erinnerungen
ISBN-10 3-442-45742-4 / 3442457424
ISBN-13 978-3-442-45742-7 / 9783442457427
Zustand Neuware
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