Ich, die Alte (eBook)

Aktivistische Ratschläge für freie Menschen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
208 Seiten
Orlanda Verlag
978-3-949545-26-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ich, die Alte -  Anna Freixas
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Anna Freixas' neues Buch ist ein Weckruf für alle Frauen über 60, gemeinsam für Gerechtigkeit, Würde, Selbstbestimmung und Freiheit einzustehen und stolz auf ihr Alter zu sein. Anna Freixas schreibt frech, direkt und mit viel Humor darüber, was es bedeutet, eine alte Frau zu sein. Dabei prangert sie all die negativen Vorstellungen vom Alter und herrschende Imperative der »ewigen Jugend« an, welche alte Menschen in ihrer Individualität unsichtbar machen. Sie liefert vielzählige Ideen zum Widerstand für eine neue Generation alter Frauen und macht Mut, die Kontrolle über das eigene Leben einzufordern. Ich, die Alte! ist der Ausgangspunkt für einen generationsübergreifenden Diskurs, der das Alter als etwas ganz Normales, Positives und Kraftvolles versteht. Auch jungen Menschen und Männern zur Lektüre empfohlen.

Anna Freixas ist Psychologin, Schriftstellerin und Feministin, die bahnbrechende Beiträge in der feministischen Gerontologie geleistet hat. In ihren Publikationen beschäftigt sie sich mit dem Älterwerden, weiblicher Sexualität und Selbstbestimmung. »Ohne Regel(n)«, in dem es um die Sexualität nach der Menopause geht, war ihr erstes auf Deutsch übersetztes Buch.

Anna Freixas ist Psychologin, Schriftstellerin und Feministin, die bahnbrechende Beiträge in der feministischen Gerontologie geleistet hat. In ihren Publikationen beschäftigt sie sich mit dem Älterwerden, weiblicher Sexualität und Selbstbestimmung. »Ohne Regel(n)«, in dem es um die Sexualität nach der Menopause geht, war ihr erstes auf Deutsch übersetztes Buch.

Vorwort


Manuela Carmena, von 2015 bis 2019 Bürgermeisterin von Madrid

Ich habe dieses Buch verschlungen. Danke, Anna, vielen Dank. Deine Listen von Ratschlägen für uns alte Frauen haben mir großen Spaß gemacht. Und schon das ist etwas sehr Wichtiges. Vielleicht wird bisher zu wenig beachtet, dass wir Frauen, neben so vielem anderen, auch dafür kämpfen mussten, überhaupt als Frauen anerkannt zu werden. Wir mussten darum kämpfen, unsere biologischen Eigenheiten bekannt zu machen, auch darum, sie selbst kennenzulernen, mit allem, was an ihnen großartig, anders und besonders ist.

Die Verhaltensweisen unseres Körpers zu verstehen. Unser organisches Funktionieren im Allgemeinen und, was noch wichtiger ist, unsere so unbekannte Sexualität. Über sie warf die Tradition mindestens einen blickdichten Schleier, sofern sie nicht in althergebrachter Grausamkeit versuchte, sie ganz auszuschalten. Es sollte nicht vergessen werden, dass die grässliche Praxis der Klitorisbeschneidung keineswegs nur in einigen Gesellschaften des afrikanischen Kontinents vorkommt. Im 19. und bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts war sie ein gängiges Vorgehen angesehener europäischer und amerikanischer Ärzte. Die Herren Doktoren waren so dreist, den weiblichen Orgasmus, anstatt ihn als solchen anzuerkennen, als Krankheitssymptom zu diagnostizieren. Ein englischer Gynäkologe empfahl 1866 öffentlich die operative Entfernung der Klitoris als Mittel gegen Hysterie. Das war vorsätzliche, ideologische Ignoranz – und es ist dringend nötig, dass diese Dinge ans Licht gebracht und erforscht werden!

Ja, es ist von essenzieller Bedeutung, dass wir an all das weibliche Leid erinnern, das die in einem uralten Sexismus wurzelnde tödliche Mischung aus Überheblichkeit und Unwissen verursacht hat. Bis hin zur Fantasie christlicher Theologen, die Frau sei ein biologisch unvollkommenes Wesen, das seinen Penis eingebüßt habe und ihn erst beim Eintritt ins Paradies wiedererlangen würde. Natürlich nur, wenn sie gottesfürchtig gelebt und ihn sich verdient hätte. Was für ein obszönes, narzisstisches Bild von einem hermaphroditischen Himmel! Der Islam mochte zwar noch sexistischer geprägt sein, doch er stellte den Männern immerhin ein Paradies mit Jungfrauen in Aussicht.

All diese Barbareien, manche nur theoretisch, andere in große praktische Brutalität umgesetzt, haben dazu geführt, dass Frauen sich selbst weitgehend unbekannt blieben, und trugen jahrhundertelang dazu bei, dass der Frauenkörper nicht nur ein Rätsel war, sondern verborgen wurde. Er galt an und für sich als Objekt der Sünde, und sogar die Frauen selbst sahen ihn so. Wir stellten unsere eigene organische Struktur infrage und wagten unsere Empfindungen nicht einmal zu erkennen, geschweige denn zu ergründen. Aus diesem negativen, abwegigen Rahmen von Sünde und Fluch mussten wir uns herauskämpfen, mussten die quälende historische Last abwerfen. Und so haben wir uns unsere eigenen Erfahrungen erschlossen, mit uns und mit anderen, haben voneinander gelernt, von den Dingen, die wir einander anvertrauten. Dabei stützten wir uns vor allem auf das Wissen von Ärztinnen, aber auch von einzelnen männlichen Ärzten mit Respekt für die weibliche Intelligenz. Sie haben zu dem Licht beigetragen, das wir brauchten, um uns – was für ein Paradoxon – selbst kennenzulernen.

Wie ich dir eingangs sagte, Anna, danke ich dir für dieses Buch voller kluger Ratschläge. Mir hat sehr gefallen, was du uns, den alten, den nicht mehr so jungen Frauen empfiehlst. Du sagst zum Beispiel, wir sollten daran denken, uns die Haare am Hinterkopf zu ordnen, wenn wir länger auf dem Sofa gelegen haben. O ja, auch ich habe mich schon öfter mit verfilztem Hinterkopf erhoben. Warum ist das so, Anna? Werden die Haare mit den Jahren etwa auch ein bisschen träger? Bei Dingen, die uns eher auffallen, geben wir uns mehr Mühe, fit zu bleiben. Aber die Haare haben wir nicht im Griff, wir wissen ja auch nicht, woher die grauen kommen (ich glaube, die Männer wissen es ebenso wenig); nur Friseur*innen kennen sich da wirklich aus.

Uns einzugestehen, dass wir alt geworden sind, ist etwas Seltsames, so offensichtlich und doch so falsch, zumindest vom Gefühl her. Ich habe das Wort alt nie gemocht und mich auch nie als alt empfunden, obwohl ich nun schon 77 bin. Lange Zeit war ich es gewohnt, in jeder Gruppe die Jüngste, die Kleine zu sein, mich hochzuarbeiten in einer Welt der Älteren. Dieser Prozess ist zweifellos abgeschlossen, er hat aber meinen Lebensweg geprägt. Als ich kandidierte, um Bürgermeisterin von Madrid zu werden, fand ich mich von Mitstreitenden umgeben, die meine Kinder hätten sein können. Ein Realitätsschock: Ohne Zweifel und mit Abstand war ich die Älteste. Doch ich fühlte mich nicht anders als sonst, war dieselbe wie immer. Mein Körper hat sich verändert, hat sich abgenutzt, ist faltig geworden, aber im Innern fühle ich mich nicht anders. Ich glaube, das ist gut so. Sportlich gesagt: Bloß nicht das Handtuch werfen.

Vieles von dem, was du schreibst, kann ich bestens nachvollziehen. Ich habe Dinge getan – und tue sie weiterhin –, die die Gesellschaft nicht mehr für uns alte Menschen vorsieht. Ich bin überzeugt, dass wir sie genauso gut können wie die Jüngeren, oder sogar besser. Das soll nicht heißen, dass unsere Erfahrung uns Alte den Jungen per se überlegen macht. Aber wir sind ihnen eben auch nicht unterlegen. Für die Wirtschaft wären Ältere wertvoller als Jüngere, wenn der Lebenserfahrung die angemessene Wertschätzung entgegengebracht würde. Stattdessen wird diese so schwer zu erwerbende Kompetenz von den Unternehmen kaum genutzt. Noch problematischer aber ist die Vergeudung auf gesellschaftlicher Ebene: Die Alten werden ständig unterschätzt und abgewertet. Müssen Frauen generell hart darum kämpfen, Anerkennung zu erlangen, so wird dieser Kampf noch mühseliger, wenn er sich gegen das vorherrschende Bild vom biologischen Kalender richtet.

Als ich Bürgermeisterin war, gab es vor dem Rathaus immer wieder Protestkundgebungen. Öfter ging ich dann hinunter, um zu sehen, was los war. In einem Fall begannen die Versammelten, offenbar Gefolgsleute der rechten Volkspartei, mich anzuschreien: »Alte, Alte, rote Alte!« Ich wartete einen etwas ruhigeren Moment ab und begrüßte sie freundlich. Da verstummten sie erstaunt. Ich sagte ihnen, sie würden das Wort »Alte« zwar als Schimpfwort benutzen, aber es sei keins. Sie hätten ja recht, ich sei eine alte Frau. Man könne es auch höflicher ausdrücken, also fügte ich hinzu: eine alte Dame. Und man könne darin auch einen gewissen Vorteil erblicken. Weil ich so alt war, hatte ich die Franco-Diktatur noch erlebt, ich war eine derjenigen gewesen, die durch ihren Widerstand dazu beigetragen hatten, die Demokratie nach Spanien zu bringen: diese Demokratie, um die wir uns alle kümmern müssten und die es ihnen gerade ermöglichte, frei ihre Meinung zu äußern und mich öffentlich zu kritisieren.

Sie waren es nicht gewohnt, dass jemand ruhig mit ihnen diskutierte und dabei sogar noch freundlich war. Einige von uns Alten können das aber, und wir tun es sogar besonders gerne.

Ja, die Lebenserfahrung ist etwas Großartiges. Wie ein praller Rucksack voller Handlungsoptionen, der uns klüger und umsichtiger und – das ist das Beste – kreativer machen kann. Wir verfügen, um noch ein anderes Bild zu bemühen, über mehr Pinsel und mehr Farben, mit denen wir Erlebtes zeichnen und darstellen können.

All das ermöglicht uns das Alter, solange der körperliche Verfall nicht zu weit fortgeschritten ist und das Gehirn noch gut arbeitet. Unter diesen Voraussetzungen kann das Alter eine glückliche, freie, kreative und genussvolle Phase sein. Wichtig dafür ist allerdings, dass wir jeden Abschnitt unseres Lebens bewusst wahrgenommen haben. In gewisser Weise sind wir für unser Altern ebenso verantwortlich, wie wir es als Erwachsene für unser Gesicht und Erscheinungsbild sein sollten.

Als ich 15 Jahre alt war, hatten wir zu Hause das Magazin Blanco y Negro, eine Sonntagsbeilage zur Zeitung ABC. In diesem Magazin schrieb eine Autorin, die ich bewunderte, Begoña García de Diego, und in einem ihrer Artikel (»Sag ja« hieß er) mahnte sie, beim Älterwerden seien wir für unser Gesicht verantwortlich. Das war in den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, und ich bezweifle, dass man es heute noch so sagen würde – schließlich hat die plastische Chirurgie gewaltige Fortschritte gemacht. In meiner Zeit als Bürgermeisterin fiel mir bei gesellschaftlichen Anlässen mit sehr wohlhabenden Frauen immer wieder auf, wie erstaunlich ähnlich sie sich alle sahen. Im ersten Moment konnte man sie obendrein mit ihren Töchtern verwechseln.

Wenn wir aber für unsere äußere Erscheinung verantwortlich sind, dann sind wir es erst recht für unseren inneren Rucksack. Deshalb, liebe Anna,...

Erscheint lt. Verlag 15.9.2022
Reihe/Serie frauen bewegt
Übersetzer Gemma Terés Arilla, Michael Ebmeyer
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Allgemeines / Lexika
Schlagworte Abhängigkeit • Ageism • Aktivismus • Aktivistisch • alte Frauen • Alter • Altern • Altersdiskriminierung • Altersforschung • Altersheim • Altersrassismus • Altersstereotype • Ausgrenzung • Beteiligung • Betreutes Wohnen • Betreuungsfrage • Direktheit • Diskiminierung • Diskriminierung • Ewige Jugend • Feminismus • Feministisch • Frauen • Freiheit • Geld • Gemeinschaft • Generationen • Generationenvertrag • Generationsübergreifend • Gerontologie • Gesellschaft • Gesellschaftskritik • Gesundheit • Handlungsempfehlungen • Humor • Individualität • Isolation • Körper • Lebenserfahrung • Lebensspanne • Lernen • Mehrgenerationenhaus • menopause • Mitsprache • neue Wohnkonzepte • Offene Gesellschaft • Pflege • Privilegien • Ratschläge • Rente • Rentner • Rentnerinnen • Repräsentation • Respekt • Schönheitsideale • Selbstbestimmung • Selbstbewusstsein • Senioren • Seniorinnen • Sexismus • Sexualität • Sichtbarkeit • Sichtbar machen • Solidarität • Sozialwissenschaften • Stereotype • Stolz • Teilhabe • Tipps • über 60 • Über 70 • Über 80 • Überalterung • Unabhängigkeit • Vorbilder • Weisheit • Widerstand • Wissen • Würde • Zugehörigkeit • Zukunft • Zusammenleben
ISBN-10 3-949545-26-3 / 3949545263
ISBN-13 978-3-949545-26-9 / 9783949545269
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