"Apaisement" in Asien

Frankreich und der Fernostkonflikt 1937-1940

(Autor)

Buch | Hardcover
580 Seiten
2009
De Gruyter Oldenbourg (Verlag)
978-3-486-59012-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

"Apaisement" in Asien - Volker Nies
84,95 inkl. MwSt
Frankreich stand in der Zwischenkriegszeit nicht nur in Europa unter dem Druck expansiver Diktaturen, sondern auch in Asien. Die Bedrohung durch Japan wurde drängend, als das Kaiserreich ab Juli 1937 China mit Krieg überzog und auch vor der Küste der französischen Kolonie Indochina seine Macht deutlich demonstrierte. Die Bonner Dissertation von Volker Nies untersucht erstmals, was Paris unternahm, um seine Großmachtposition in Ostasien zu behaupten. Frankreich suchte auf zuweilen doppelbödige Art die Nähe zu Japan. Paris ging dabei so weit, wie es die Rücksicht auf die Beziehungen zu den USA und Großbritannien erlaubte, die Japans Aufstieg kritisch sahen. Für Paris war der virtuose Einsatz diplomatischer und militärischer, wirtschaftlicher und geheimdienstlicher Instrumente im Fernen Osten am Ende erfolglos, denn fast zeitgleich mit dem Einmarsch deutscher und italienischer Truppen rückte im Juni 1940 ein japanisches Vorauskommando in Indochina ein.

Frankreich stand in der Zwischenkriegszeit nicht nur in Europa unter dem Druck expansiver Diktaturen, sondern auch in Asien. Die Bedrohung durch Japan wurde drängend, als das Kaiserreich ab Juli 1937 China mit Krieg überzog und auch vor der Küste der französischen Kolonie Indochina seine Macht deutlich demonstrierte. Die Bonner Dissertation von Volker Nies untersucht erstmals, was Paris unternahm, um seine Großmachtposition in Ostasien zu behaupten. Frankreich suchte auf zuweilen doppelbödige Art die Nähe zu Japan. Paris ging dabei so weit, wie es die Rücksicht auf die Beziehungen zu den USA und Großbritannien erlaubte, die Japans Aufstieg kritisch sahen. Für Paris war der virtuose Einsatz diplomatischer und militärischer, wirtschaftlicher und geheimdienstlicher Instrumente im Fernen Osten am Ende erfolglos, denn fast zeitgleich mit dem Einmarsch deutscher und italienischer Truppen rückte im Juni 1940 ein japanisches Vorauskommando in Indochina ein.

Volker Nies, geboren 1966, arbeitet als freier Journalist in Fulda.

1;INHALT;6
2;1. EINLEITUNG;8
2.1;1.1. Juni 1940: Das Ende französischer Herrschaft über Indochina;8
2.2;1.2. Stand der Forschung;10
2.3;1.3. Akten- und Quellenlage;17
2.4;1.4. Forschungsfragen und Untersuchungsrahmen;20
3;2. FRANZÖSISCHE FERNOSTPOLITIK 1844 1937;22
3.1;2.1. Die Etablierung französischer Macht in Ostasien 1844 1901;22
3.2;2.2. Französisch-japanische Freundschaft und China bis 1931;24
3.3;2.3. Fortbestand alter Allianzen 1931 1935;29
3.4;2.4. Erstes Mißtrauen gegenüber Japan 1936 1937;37
4;3. LAVIEREN UND PROFITIEREN: JULI 1937 APRIL 1938;42
4.1;3.1. Personen und Organisation französischer Fernostpolitik;42
4.2;3.2. Die französische Öffentlichkeit und Ostasien;61
4.3;3.3. Der Ausbruch des Konfliktes in Nordchina;78
4.4;3.4. Waffenexporte und japanische Drohungen im Herbst 1937;90
4.5;3.5. Erste Aufmerksamkeit für die Paracels und die Spratlys;107
4.6;3.6. Chinas Appell an den Völkerbund;116
4.7;3.7. Die Vorbereitung der Brüsseler Konferenz;129
4.8;3.8. Verlauf und Scheitern der Brüsseler Konferenz;140
4.9;3.9. Der Konflikt um Shanghai;157
4.10;3.10. Die Kirche und Frankreichs mission civilisatrice in China;181
4.11;3.11. Der Ausbau der Interessensphäre in Südchina;191
4.12;3.12. Vorübergehende Beruhigung in Ostasien;212
5;4. KONFLIKTVERMEIDUNG: APRIL OKTOBER 1938;222
5.1;4.1. Neue Entscheidungsträger: Daladier, Bonnet und Mandel;222
5.2;4.2. Aufrüstungsbemühungen in Indochina;234
5.3;4.3. Die Strategie zur Verteidigung Indochinas;249
5.4;4.4. Erstes Spiel mit der chinesischen Karte;264
5.5;4.5. Stabilität zwischen Paris und Tokio im Sommer 1938;272
5.6;4.6. Keine Kraftprobe um die Paracels und die Spratlys;282
5.7;4.7. Französische Behörden zwischen Trotz und Kollaboration;291
5.8;4.8. Die Sudetenkrise und ihre Folgen im Fernen Osten;304
6;5. AUF KONFRONTATIONSKURS: BIS AUGUST 1939;326
6.1;5.1. Verschärfter Ton zwischen Tokio und dem Westen;326
6.2;5.2. Japan besetzt Hainan und annektiert die Spratlys;342
6.3;5.3. Nervenkrieg in Tientsin;353
6.4;5.4. Die weltpolitischen Lager bilden sich;363
6.5;5.5. Nadelstiche mit der Waffe Wirtschaft;385
6.6;5.6. Die Entsendung einer Militärmission nach China;395
6.7;5.7. Der dritte Feind: Siam;410
6.8;5.8. Kollaboration und Widerstandswille in den Konzessionen;420
7;6. HEFTIGES WERBEN UM JAPAN BIS JUNI 1940;438
7.1;6.1. Rückkehr zur alten Freundschaft;438
7.2;6.2. Diplomatische und militärische Pläne gegen die Sowjetunion;455
7.3;6.3. Die japanisch-französischen Gespräche unter Druck;463
7.4;6.4. Indochina und die Konzessionen im europäischen Krieg;478
7.5;6.5. Beruhigung der Krisen um Thailand, Tientsin und Shanghai;487
7.6;6.6. Französische Waffenlieferungen durch Indochina;494
7.7;6.7. Frankreich verliert die Kontrolle über die Konzessionen;511
7.8;6.8. Das Ende der französischen Souveränität in Indochina;513
8;7. ERGEBNISSE;528
9;ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS;538
10;QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS;540
10.1;1. Ungedruckte Quellen;540
10.2;2. Gedruckte Quellen;544
10.3;3. Literatur;548
11;PERSONENREGISTER;578

"Sehr eindrücklich arbeitet Nies Frankreichs Rolle und Position als einer hybriden Macht heraus, in der die Europainteressen aus guten Gründen Vorrang besaßen vor weltpolitischen Erwägungen und asiatischen Verwicklungen." Marc Frey in H-Soz-u-Kult

4.3. Die Strategie zur Verteidigung Indochinas (Seite 248)

Worauf bauten die Verantwortlichen trotz Frankreichs militärischer Schwäche in Asien und der wiederholten, kaum widerlegbaren Analysen von Admiral Castex, Indochina sei nicht zu verteidigen74, ihr Vertrauen in die Sicherheit der Kolonie? Oder nahmen Politiker, Diplomaten und Militärs das Risiko eines Verlustes Indochinas in Kauf? Die Verlegung von Truppen aus der Metropole nach Indochina schloß die Armee seit 1925 aus. In den 1930er Jahren durfte Indochina erst recht nicht auf Hilfe aus Europa bauen: Im Januar 1937 legte das Kolonialministerium im überarbeiteten Verteidigungsplan für Indochina fest, die Kolonie müsse für ihre Sicherheit allein sorgen, weil Italien eventuell die Wege von der Metropole nach Asien kontrolliere. Moutet verlangte, die Kolonie müsse fähig sein, einen Überraschungsangriff allein zu überstehen.

Der Quai d'Orsay hatte im September 1936 nach einer drohenden Landung der Japaner auf Hainan erstmals in der Zwischenkriegszeit den Fall eines Kriegs mit Tokio erwogen. Militärattaché Sabattier schrieb im Januar 1937 – nach dem Antikominternpakt vom November 1936 –, in einem Weltkrieg müsse Paris hoffen, daß Japan Indochina verschone. Mit den Einheimischen könne Frankreich aber mehr Truppen einsetzen als Japan, für das die Eroberung Indochinas mit zu großen Opfern verbunden sei. Die Kolonie könne man vor allem dann verteidigen, wenn Japan gleichzeitig gegen China und Rußland Krieg führe, zumal der japanische Soldat das Klima in Indochina nicht vertrage. Frankreichs Position in Indochina sei stark: Die Kolonie könne in einem Weltkrieg so viele japanische Kräfte binden, daß sich Tokios Druck auf Moskau vermindere. Militärattaché Mast schrieb im Februar 1937, der Antikominternpakt mache einen Angriff Japans auf Indochina viel wahrscheinlicher. Selbst bei einem Krieg gegen die Sowjetunion könne Japan mit drei bis vier modernen Divisionen in Indochina landen. Der Angriff werde von nationalistischen Aufständen und der Subversion einheimischer Einheiten begleitet werden. Tokio werde Prinz Cuong-Dê als neuen Herrscher ausrufen.

Die Urteile der Attachés waren vom Schock über den Antikominternpakt geprägt. Später klangen ihre Analysen beruhigter. Im April 1937 schrieb Sabattier, daß kein Vorgehen Japans gegen Indochina zu befürchten sei, außer bei einem Krieg in Europa. Ende Juni wurde Sabattier noch zuversichtlicher: Japan könne zwar Frankreichs Verbindung mit Indochina abschneiden, sei aber nicht in der Lage, militärisch gegen die Kolonie vorzugehen, weil Indochina zu weit entfernt liege. Japan müsse zunächst Hainan besetzen und sich dort gegen China behaupten. Mast meinte im Juni 1937, für Frankreich sei die japanische Expansionspolitik in Südostasien lästig, gefährlich sei sie nur für die Niederlande. Zwar hielt das Militär in Indochina die Möglichkeit einer japanischen Landung für so realistisch, daß sie im Mai 1937 in einer Stabsübung und im Dezember 1937 bei einem Manöver die Landung einer asiatischen Macht an der Küste Annams durchspielte. Doch letztlich erschien der Konflikt mit Japan so unwahrscheinlich, daß das Militär in Indochina noch im Oktober 1937 in seinen Alben Silhouetten nicht eines einzigen japanischen Flugzeugs besaß, obwohl die Daten der japanischen Flugzeuge beim Generalstab der Armée de l'air in Paris bekannt waren.

Erscheint lt. Verlag 19.8.2009
Reihe/Serie Pariser Historische Studien ; 93
Verlagsort Basel/Berlin/Boston
Sprache deutsch
Maße 142 x 224 mm
Gewicht 793 g
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte 1918 bis 1945
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Schlagworte Ferner Osten / Fernost, Geschichte • Ferner Osten, Geschichte • Frankreich • Frankreich, Geschichte • Geschichte • Hardcover, Softcover / Geschichte/20. Jahrhundert (bis 1945) • HC/Geschichte/20. Jahrhundert (bis 1945) • Indochina • Indochina, Geschichte • Kolonialgeschichte • Kolonialismus • Kolonialismus / Kolonialgeschichte • Ostasien • Ostasien, Geschichte • Zeitgeschichte • Zeitgeschichte 1933 - 1945 • Zeitgeschichte 1933-1945 • Zwischenkriegszeit
ISBN-10 3-486-59012-X / 348659012X
ISBN-13 978-3-486-59012-8 / 9783486590128
Zustand Neuware
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