Kriegsklingen (eBook)

Roman
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2011 | 1. Auflage
800 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-06881-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kriegsklingen -  Joe Abercrombie
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Ein Barbar, ein Inquisitor und ein Magier kämpfen um das Schicksal ihrer Welt
In einer düsteren Welt, die von Kämpfen gezeichnet und von Magie durchdrungen ist, lebt es sich besser als Held. Oder Magier. Alle anderen müssen sehen, wo sie bleiben. So auch Inquisitor Glokta, dessen eigene schmerzvolle Vergangenheit ihn nicht daran hindert, seine Feinde grausam zu verfolgen. Oder Barbarenkrieger Logen Neunfinger, der eigentlich die Nase voll von Schlachten hat und dem die größte noch bevorsteht, als er auf den alten Magier Bayaz trifft, der ganz eigene Pläne verfolgt ...

Joe Abercrombie arbeitet als freischaffender Fernsehredakteur und Autor. Mit seinen weltweit erfolgreichen »Klingen«-Romanen hat er sich auf Anhieb in die Herzen aller Fans von packender, düsterer Fantasy geschrieben und schafft es regelmäßig auf die internationalen Bestsellerlisten. Joe Abercrombie lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in Bath.

DAS VERHÖR


Wieso tue ich das überhaupt?, fragte sich Inquisitor Glokta zum tausendsten Mal, als er den Korridor entlanghinkte. Die Wände waren mit Rauputz überzogen und geweißelt, aber offenkundig schon vor ziemlich langer Zeit. Dem Ort haftete etwas Heruntergekommenes an, und es roch dumpfig. Fenster gab es keine, da dieser Gang tief unter der Erde lag, und die Laternen warfen zähe Schatten in alle Ecken.

Wieso sollte das überhaupt irgendjemand tun wollen? Gloktas Schritte schlugen einen beständigen Rhythmus auf den verdreckten Bodenfliesen. Erst das selbstbewusste Klack seines rechten Absatzes, dann das Klick seines Stocks, und schließlich das endlose Schleifen seines linken Fußes, begleitet von den vertrauten, stechenden Schmerzen in Knöchel, Knie, Hintern und Rücken. Klack, klick, Schmerz. Das war der Rhythmus seines Schritts.

Die dreckige Monotonie des Korridors wurde hin und wieder von einer schweren, mit rostigem Eisen beschlagenen Tür unterbrochen. Einmal glaubte Glokta, einen erstickten Schmerzensschrei hinter einer dieser Türen hervordringen zu hören. Welcher arme Narr wird dort wohl gerade befragt? Welchen Verbrechens ist er wohl schuldig – oder unschuldig? Welche Geheimnisse werden dort enthüllt, welche Lügen offen gelegt, welche Verrätereien aufgedeckt? Er dachte jedoch nicht allzu lange darüber nach. Die Treppe unterbrach seine Gedanken.

Hätte man Glokta die Möglichkeit gegeben, einen Menschen seiner Wahl zu foltern, dann hätte er sich sofort für den Erfinder von Treppen entschieden. Als er noch jung und viel bewundert war, vor seinem Unglück, hatte er sie kaum je wahrgenommen. Er war zwei Stufen auf einmal heruntergesprungen und vergnügt seiner Wege gegangen. Das war vorbei. Sie sind überall. Man kann ohne sie nicht von einem Stockwerk ins andere gelangen. Und abwärts gehen ist noch schlimmer als aufwärts, das machen sich die Leute gar nicht bewusst. Wenn man nach oben steigt, fällt man in der Regel nicht so tief.

Er kannte diese Treppe hier gut. Sechzehn Stufen, aus glattem Stein gehauen, in der Mitte ausgetreten und ein wenig feucht, wie alles hier unten. Es gab kein Geländer oder sonst etwas, an dem man sich hätte festhalten können. Sechzehn Feinde. Eine echte Herausforderung. Glokta hatte eine ganze Weile gebraucht, um die am wenigsten schmerzvolle Art der Treppenbewältigung herauszufinden. Er ging seitwärts wie ein Krebs. Erst der Stock, dann der linke Fuß, dann der rechte, dann folgte ein stärkerer Schmerz als gewöhnlich, wenn nämlich sein ganzes Gewicht auf dem linken Bein lastete, und im Hals setzten anhaltende Stiche ein. Wieso tut es am Hals weh, wenn ich die Treppe hinuntergehe? Trägt mein Hals etwas von meinem Gewicht? Oder wie? Doch der Schmerz war nicht zu leugnen.

Glokta hielt vier Stufen vor dem Ende der Treppe inne. Er hatte sie fast besiegt. Seine Hand zitterte am Knauf seines Stocks, das linke Bein schmerzte wie wild. Mit der Zunge massierte er das Zahnfleisch an der Stelle, wo einmal seine Vorderzähne gewesen waren, dann nahm er einen tiefen Atemzug und tat den nächsten Schritt. Sein Knöchel gab mit einem entsetzlichen Ruck nach, und er stürzte verdreht und schlingernd ins Leere; wie in einem Kessel brodelten in seinem Geist Entsetzen und Verzweiflung. Wie ein Betrunkener stolperte er auf die nächste Stufe; seine Fingernägel schabten über die glatte Wand, während er einen Angstschrei ausstieß. Du blöder, blöder Idiot! Sein Stock fiel klappernd zu Boden, sein ungelenker Fuß kämpfte mit den Steinen, und dann stand er plötzlich am Ende der Treppe – wie durch ein Wunder noch immer aufrecht.

Und jetzt ist er da. Der schreckliche, wundervolle, lang gezogene Augenblick nach dem Anstoßen eines Zehs, der vergeht, bevor man den Schmerz fühlt. Wie viel Zeit habe ich, bevor er kommt? Wie schlimm wird er sein, wenn er einsetzt? Keuchend und mit herunterhängendem Unterkiefer spürte Glokta die mächtige Vorahnung. Hier ist er …

Die Qual war unaussprechlich, als ein schneidender Krampf seine linke Seite vom Fuß bis zum Kopf erfasste. Er kniff die tränenden Augen zusammen und presste die rechte Hand so fest auf den Mund, dass er seine Knöchel knacken hörte. Seine verbliebenen Zähne mahlten aufeinander, als er die Kiefer zusammenpresste, aber dennoch entwich ihm ein hohes, gepeinigtes Stöhnen. Schreie ich oder lache ich? Wie kann ich das eine vom anderen unterscheiden? Er atmete in schweren Stößen durch die Nase, und Rotz blubberte ihm auf die Hand, während sein verkrümmter Körper von der Anstrengung zitterte, aufrecht stehen zu bleiben.

Der Krampf ging vorüber. Glokta bewegte vorsichtig seine Glieder, eines nach dem anderen, und prüfte, welchen Schaden sie genommen hatten. Sein Bein brannte wie Feuer, sein Fuß war taub, sein Hals knackte bei jeder Bewegung und schickte gemeine kleine Stiche das Rückgrat hinunter. In Anbetracht der Umstände gar nicht mal so schlecht. Er beugte sich mit viel Mühe vor und erwischte mit zwei Fingern seinen Stock, richtete sich wieder auf und wischte sich Rotz und Tränen mit dem Handrücken ab. Das war ja ein echter Kitzel. Hat es mir denn Spaß gemacht? Für die meisten Leute sind Stufen etwas völlig Alltägliches. Für mich sind sie ein Abenteuer! Er humpelte den Gang entlang und kicherte leise vor sich hin. Er lächelte noch immer leicht, als er seine eigene Tür erreichte und ins Zimmer schlurfte.

Es war eine schmuddlige weiße Kammer mit zwei einander gegenüberliegenden Türen, eng wie eine Schachtel. Die Decke war bedrückend niedrig, und der Raum wurde durch gleißende Lampen zu hell erleuchtet. Feuchtigkeit kroch aus einer Ecke, und der Putz warf flockige Blasen, die von schwarzen Schimmelpunkten übersät waren. Jemand hatte versucht, einen länglichen, ausgedehnten Blutfleck von einer Wand zu schrubben, hatte sich aber offensichtlich nicht allzu viel Mühe gegeben.

Praktikal Frost stand auf der einen Seite des Zimmers, die mächtigen Arme über der breiten Brust verschränkt. Er nickte Glokta zu und wirkte dabei so gefühlvoll wie ein Stein; Glokta nickte zurück. Zwischen ihnen stand ein von Kerben übersäter, fleckiger Holztisch, der, an den Boden geschraubt, von zwei Stühlen flankiert wurde. Auf einem davon saß ein nackter dicker Mann, dem man die Hände auf den Rücken gebunden hatte und dessen Kopf mit einem braunen Leinensack verhüllt war. Seine schnellen, gedämpften Atemzüge waren das einzige Geräusch in dem Raum. Es war kalt hier unten, aber er schwitzte. Und das sollte er ja auch.

Glokta humpelte zum anderen Stuhl hinüber, lehnte seinen Stock sorgsam gegen die Tischplatte und setzte sich vorsichtig und schmerzgeplagt. Er rollte den Hals nach links und rechts und gestattete es seinem Körper dann, in eine Haltung zu sinken, die einigermaßen bequem war. Hätte man Glokta die Möglichkeit gegeben, einem Menschen seiner Wahl die Hand zu schütteln, hätte er sich sofort für den Erfinder von Stühlen entschieden. Er hat mein Leben beinahe erträglich gemacht.

Frost trat geräuschlos aus der Ecke hervor und nahm die lose herabhängende Spitze des Leinensacks zwischen die fleischigen, bleichen Finger und den breiten, weißen Daumen. Glokta nickte, und der Praktikal riss den Sack mit einem Ruck herunter. Salem Rews blinzelte in das grelle Licht.

Ein gemeines, hässliches kleines Schweinsgesicht. Du fieses, hässliches Schwein, Rews. Du ekelhafte Sau. Du bist jetzt bereit zu gestehen, wette ich, bereit, ohne Unterbrechung zu reden und zu reden, bis es uns allen zum Hals raushängt. Rews’ Wange zierte eine große dunkle Schwellung; eine weitere zog sich über seinen Kiefer oberhalb des Doppelkinns. Als sich seine tränenden Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, erkannte er Glokta, der ihm gegenüber saß, und ein Hoffnungsschimmer flog über sein Gesicht. Leider, leider eine gänzlich unbegründete Hoffnung.

»Glokta, Sie müssen mir helfen!«, kreischte Rews und beugte sich so weit vor, wie es seine Fesseln erlaubten; die Worte sprudelten in einem verzweifelten, wilden Strom aus ihm heraus. »Ich wurde fälschlich angeklagt, Sie wissen das, ich bin unschuldig! Sie sind gekommen, um mir zu helfen, nicht wahr? Sie sind mein Freund! Sie haben hier viel Einfluss. Wir sind doch Freunde, Freunde! Sie könnten für mich eintreten! Ich bin unschuldig und wurde fälschlich verdächtigt! Ich …«

Mit einer Handbewegung hieß Glokta ihn schweigen. Er starrte Rews’ vertrautes Gesicht eine Weile an, als sähe er ihn zum ersten Mal, dann wandte er sich an Frost.

»Sollte ich diesen Mann kennen?«

Der Albino sagte nichts. Der untere Teil seines Gesichts wurde von seiner Praktikalenmaske verdeckt, und der Teil darüber ließ keinerlei Regung erkennen. Er blickte den Gefangenen auf seinem Stuhl an, ohne mit der Wimper zu zucken, und seine rosa Augen wirkten tot wie die eines Leichnams. Er hatte, seit Glokta den Raum betreten hatte, nicht ein einziges Mal geblinzelt. Wie schafft er das nur?

»Ich bin es, Rews!«, zischte der dicke Mann, und seine immer höher werdende Stimme ließ wachsende Panik erkennen. »Salem Rews, Sie kennen mich, Glokta! Ich war mit Ihnen im Krieg, bevor … Sie wissen schon … wir sind Freunde! Wir …«

Glokta hob erneut die Hand und lehnte sich zurück, während er mit dem Fingernagel wie in Gedanken versunken gegen einen seiner verbliebenen Zähne tippte. »Rews. Der Name klingt vertraut. Ein Kaufmann, ein Mitglied der Tuchhändlergilde. Ein reicher Mann, nach allem, was man hört. Jetzt erinnere ich mich …« Glokta beugte sich vor...

Erscheint lt. Verlag 18.7.2011
Reihe/Serie Die Klingen-Romane
Illustrationen Dominic Harman
Übersetzer Kirsten Borchardt
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Blade Itself - The First Law
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte action • Barbaren • Bayaz • Bestsellerautor • britische Fantasy • eBooks • epische Schlachten • Fantasy • Fantasy-Epos • Glokta • grim & gritty • Highfantasy • High Fantasy • Inquisitoren • Klingen • Königreich • Logen Neunfinger • Magier • Reihe • Roman • Spannung • Trilogie
ISBN-10 3-641-06881-9 / 3641068819
ISBN-13 978-3-641-06881-3 / 9783641068813
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