Königsklingen (eBook)

Roman
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2011 | 1. Auflage
944 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-06882-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Königsklingen -  Joe Abercrombie
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Band 3 der großen 'Klingen-Saga'
Erneut muss Logen Neunfinger in die Schlacht ziehen, denn überall im Land herrscht Krieg, der König liegt im Sterben, und das Reich versinkt im Chaos. Das weiß auch Großinquisitor Glokta, und mit List und Tücke versucht er den größtmöglichen Vorteil für sich herauszuschlagen. Nur der erste Magier Bayaz ahnt, was bei all dem wirklich auf dem Spiel steht: das Schicksal ihrer Welt. Doch um diese zu retten, muss er die obersten Gesetze der Magie brechen ...

Joe Abercrombie arbeitet als freischaffender Fernsehredakteur und Autor. Mit seinen weltweit erfolgreichen »Klingen«-Romanen hat er sich auf Anhieb in die Herzen aller Fans von packender, düsterer Fantasy geschrieben und schafft es regelmäßig auf die internationalen Bestsellerlisten. Joe Abercrombie lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in Bath.

DIE WAFFEN DES EHRBAREN HANDWERKS


Superior Glokta stand in der Halle und wartete. Er streckte seinen verdrehten Hals erst zur einen, dann zur anderen Seite, bis er das gewohnte Knacken hörte und die vertrauten Schmerzfinger die verknoteten Muskeln zwischen seinen Schulterblättern packten. Wieso mache ich das, wenn es mir doch jedes Mal wehtut? Wieso fordern wir den Schmerz heraus? Lecken am Geschwür, reiben an der Schürfwunde, kratzen am Schorf?

»Nun?«, fauchte er.

Die Marmorbüste am Fuß der Treppe strafte ihn mit schweigender Verachtung. Davon bekomme ich auch sonst schon genug. Glokta schlurfte davon, seinen nutzlosen Fuß über die Fliesen nachziehend, und das Klappern seines Stocks hallte von der hoch über ihm schwebenden, stuckverzierten Decke.

Unter den großen Edelleuten des Offenen Rates war Lord Ingelstad, der Besitzer dieser überdimensionierten Halle, ein eher kleines Licht. Das Oberhaupt einer Familie, von dem sich das Glück im Lauf der Jahre abgewandt hatte und dessen Reichtum und Einfluss beinahe völlig dahingeschmolzen waren. Und je kleiner der Mann, desto größer seine Anmaßung. Wieso begreifen sie es nie? Kleine Dinge sehen in einem großen Rahmen noch unbedeutender aus.

Irgendwo in den Schatten würgte eine Uhr ein paar nachlässige Schläge hervor. Schon recht spät. Je kleiner der Mann, desto länger lässt er auf sich warten. Aber ich kann geduldig sein, wenn ich muss. Auf mich warten keine atemberaubenden Bankette, keine begeisterten Menschenmengen, keine schönen Frauen. Das ist vorbei. Dafür haben die Gurkhisen gesorgt, in der Dunkelheit unter den Gefängnissen des Imperators. Er drückte seine Zunge gegen das leere Zahnfleisch und keuchte, als er sein Bein verlagerte, die Nadelstiche von dort bis in den Rücken schossen und sein Augenlid zu zucken begann. Ich habe Geduld. Das ist das einzig Gute daran, wenn jeder Schritt zur Qual wird. Man lernt schnell, vorsichtig aufzutreten.

Die Tür neben ihm öffnete sich abrupt, und Glokta warf den Kopf herum; dabei versuchte er sein Bestes, nicht das Gesicht zu verziehen, als seine Halswirbel knackten. Lord Ingelstad stand in der Tür, ein breiter, väterlich wirkender Mann mit gerötetem Gesicht. Er setzte ein freundliches Lächeln auf, als er Glokta ins Zimmer bat. Als ob ich ihm einen Anstandsbesuch abstattete, noch dazu einen willkommenen.

»Bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie habe warten lassen, Superior. Ich hatte so viele Gäste, seit ich in Adua angekommen bin, dass ich gar nicht weiß, wo mir der Kopf steht.« Hauptsache, er ist noch dran. »So viele Gäste!« Gäste mit gewissen Angeboten, davon bin ich überzeugt. Angeboten für Ihre Stimme. Angeboten für Ihre Hilfe bei der Wahl des nächsten Königs. Aber mein Angebot, so denke ich, werden Sie kaum ablehnen können. »Darf ich Ihnen einen Schluck Wein anbieten, Herr Superior?«

»Nein, Lord Ingelstad, vielen Dank.« Glokta humpelte unter Schmerzen über die Schwelle. »Ich bleibe nicht lange. Auch ich habe sehr viele Dinge, um die ich mich kümmern muss.« Wahlen manipulieren sich nicht von selbst, müssen Sie wissen.

»Natürlich, natürlich. Bitte setzen Sie sich.« Ingelstad ließ sich schwer in einen Sessel fallen und deutete auf einen zweiten. Glokta benötigte einen Augenblick, um es sich halbwegs bequem zu machen. Er ließ sich vorsichtig auf das Polster sinken und schob dann die Hüften hin und her, bis er eine Haltung gefunden hatte, in der sein Rücken nicht ständig schmerzte. »Und was wünschen Sie mit mir zu besprechen?«

»Ich komme im Auftrag von Erzlektor Sult. Ich hoffe, Sie werden es mir nicht verübeln, wenn ich es rundheraus sage: Seine Eminenz wünscht Ihre Stimme.«

Die schweren Gesichtszüge des Edelmannes verzogen sich in vorgetäuschter Verwunderung. Sehr schlecht vorgetäuscht, im Vergleich. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie recht verstehe. Meine Stimme hinsichtlich welcher Angelegenheit?«

Glokta wischte sich ein wenig Feuchtigkeit aus dem Augenwinkel. Müssen wir denn hier einen derart würdelosen Tanz aufführen? Sie haben dafür nicht die Statur und ich nicht die Beine. »Hinsichtlich des nächsten gekrönten Hauptes, Lord Ingelstad. «

»Ah. Das.« Ja, das. Idiot. »Superior Glokta, ich hoffe, ich enttäusche weder Sie noch Seine Eminenz, einen Mann, für den ich den höchsten Respekt empfinde.« Ingelstad neigte übertrieben dienstbeflissen den Kopf. »Aber ich muss Ihnen sagen, dass ich es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren kann, mich in irgendeine Richtung beeinflussen zu lassen. Mir ist bewusst, dass man mir, wie allen Mitgliedern des Offenen Rates, ein heiliges Vertrauen ausgesprochen hat. Ich bin verpflichtet, für den Mann zu stimmen, der mir von allen hervorragenden Männern als der am besten geeignete Kandidat erscheint.« Er schloss den Satz mit einem höchst selbstzufriedenen Lächeln.

Eine hübsche Rede. Ein Dorfdepp hätte sie ihm vielleicht sogar abgekauft. Wie oft habe ich solche oder ähnliche Worte in den letzten Wochen gehört? Erfahrungsgemäß sollte nun das Feilschen folgen. Die Diskussion darüber, wie viel ein derart heiliges Vertrauen wert ist. Wie viel Silber ein gutes Gewissen aufwiegt. Wie viel Gold eine Verpflichtung aufzulösen vermag. Aber ich bin heute nicht in Stimmung, lange zu verhandeln.

Glokta zog seine Augenbrauen in die Höhe. »Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer edlen Haltung, Lord Ingelstad. Wären nur alle so charakterfest wie Sie, dann lebten wir in einer besseren Welt. Eine wirklich edle Haltung … vor allem, wenn man bedenkt, dass Sie so viel zu verlieren haben. Tatsächlich sogar alles, würde ich sagen.« Er verzog gequält das Gesicht, als er seinen Stock in die andere Hand nahm und sich mit schaukelnden Bewegungen auf die Kante des Stuhls vorarbeitete. »Aber ich sehe schon, dass Sie sich nicht umstimmen lassen, und von daher will ich mich verabschieden …«

»Was meinen Sie damit, Herr Superior?« Dem Edelmann stand nun die Besorgnis auf dem fülligen Gesicht geschrieben.

»Nun, Lord Ingelstad, Ihre korrupten Geschäfte.«

Die rosigen Wangen des Lords hatten ein Gutteil ihrer frischen Farbe verloren. »Da muss ein Irrtum vorliegen.«

»O nein, das kann ich Ihnen versichern.« Glokta ließ einen Packen Dokumente aus der Innentasche seines Mantels gleiten. »Sie werden oft in den Geständnissen ranghoher Tuchhändler erwähnt, verstehen Sie?« Er hielt die knisternden Seiten hoch, so dass sie beide die Papiere sehen konnten. »Hier werden Sie – und das sind nicht meine Worte – als ›Komplize‹ genannt. Und hier als ›hauptsächlicher Nutznießer‹ eines höchst unerquicklichen Schmuggelgeschäfts. Und hier wird Ihnen auffallen – und mir ist es wirklich unangenehm, Sie darauf hinzuweisen –, dass Ihr Name und das Wörtchen ›Verrat‹ in unmittelbarer Nähe zueinander auftauchen.«

Ingelstad sank zurück auf seinen Stuhl und setzte sein Glas klappernd auf dem Tisch neben sich ab, wobei eine beachtliche Menge Flüssigkeit auf das polierte Holz schwappte. Oh, das sollten wir aber aufwischen. Sonst bleibt ein ganz hässlicher Fleck, und manche Flecken lassen sich nie wieder abreiben.

»Seine Eminenz«, fuhr Glokta fort, »der Sie zu seinen Freunden zählt, konnte Ihren Namen zum Nutzen aller Beteiligten aus dem Beginn dieser Untersuchung heraushalten. Er versteht durchaus, dass Sie versuchen, die unglückliche Wendung umzukehren, die das Schicksal Ihrer Familie genommen hat, und er bringt Ihnen wirklich Mitgefühl entgegen. Wenn Sie ihn jedoch in dieser Sache, bei dieser Wahl, enttäuschen würden, könnte dieses Mitgefühl schnell erschöpft sein. Verstehen Sie, was ich meine?« Ich denke doch, ich habe mich klar und deutlich ausgedrückt.

»Ich verstehe«, krächzte Ingelstad.

»Und löst sich das Gefühl der Verpflichtung nun ein wenig? «

Der Edelmann schluckte, und die Farbe war ganz aus seinem Gesicht gewichen. »Ich möchte Seiner Eminenz natürlich in jeder Hinsicht zu Diensten sein, aber … die Sache ist so …« Was denn jetzt noch? Ein verzweifeltes Angebot? Ein letzter Versuch der Bestechung? Vielleicht gar ein Appell an mein Gewissen? »Ein Vertreter von Kronrichter Marovia kam gestern zu mir. Ein Mann namens Harlen Morrow. Er machte mir gegenüber durchaus ähnliche Ausführungen … und durchaus ähnliche Drohungen.«

Glokta runzelte die Stirn. Hat er das tatsächlich? Marovia und sein kleiner Wurm. Immer einen Schritt voraus, und wenn nicht, dann stets nur einen Schritt hinter uns.

Ein schriller Ton schlich sich in Ingelstads Stimme. »Was soll ich denn tun? Ich kann Sie nicht beide unterstützen! Ich werde Adua verlassen, Herr Superior, und nie zurückkehren! Ich werde … ich werde mich der Stimme enthalten …«

»Das werden Sie verdammt noch mal nicht tun!«, zischte Glokta. »Sie werden so abstimmen, wie ich es Ihnen sage! Marovia soll sich zur Hölle scheren!« Noch mehr nachbohren? Es ist ja eklig, aber was sein muss, muss sein. Sind meine Hände nicht ohnehin schon bis über die Ellenbogen beschmutzt? Wenn sie sich jetzt durch noch ein oder zwei weitere Kloaken wühlen müssen, macht das kaum einen Unterschied. Er senkte die Stimme zu einem öligen Schnurren. »Ich habe gestern im Park Ihre Töchter beobachtet.« Das Gesicht des Edelmannes war nun wachsbleich. »Drei unschuldige Mädchen, fast schon junge Frauen, alle nach der neuesten Mode gekleidet und eine hübscher als die andere. Die Jüngste ist sicher gerade erst … fünfzehn?«

»Dreizehn«, krächzte...

Erscheint lt. Verlag 18.7.2011
Reihe/Serie Die Klingen-Romane
Illustrationen Dominic Harman
Übersetzer Kirsten Borchardt
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Abenteuer • action • Barbaren • Bayaz • Bestsellerautor • britische Fantasy • eBooks • epische Schlachten • Fantasy • Fantasy-Epos • Glokta • grim & gritty • Highfantasy • High Fantasy • Inquisitoren • Klingen • Königreich • Logen Neunfinger • Magier • Reihe • Roman • Spannung
ISBN-10 3-641-06882-7 / 3641068827
ISBN-13 978-3-641-06882-0 / 9783641068820
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