Feuerklingen (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2011 | 1. Auflage
800 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-06880-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Feuerklingen -  Joe Abercrombie
Systemvoraussetzungen
12,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Der zweite Band des Bestsellerepos von Joe Abercrombie
Für den Barbarenkrieger Logen Neunfinger, der eigentlich nur seine Ruhe haben will, und den zynischen Großinquisitor Glokta hat die Begegnung mit dem mächtigen Magier Bayaz alles verändert. Denn nun befinden sie sich im Zentrum eines verheerenden Krieges, bei dem es um nichts Geringeres als die Zukunft des Reiches geht. Nun werden offene Rechnungen eingefordert, uralte Geheimnisse aufgedeckt, und über allem schwebt die Magie aus den Anfängen der Zeit ...

Joe Abercrombie arbeitet als freischaffender Fernsehredakteur und Autor. Mit seinen weltweit erfolgreichen »Klingen«-Romanen hat er sich auf Anhieb in die Herzen aller Fans von packender, düsterer Fantasy geschrieben und schafft es regelmäßig auf die internationalen Bestsellerlisten. Joe Abercrombie lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in Bath.

DER GROSSE GLEICHMACHER


Verdammter Nebel. Er gerät einem in die Augen, bis man nicht mehr als ein paar Schritte weit sehen kann. Er gerät einem in die Ohren, bis man nichts mehr hört, und wenn doch, dann weiß man nicht, aus welcher Richtung die Geräusche kommen. Er gerät einem in die Nase, bis man nichts mehr riecht außer Feuchtigkeit und Nässe. Verdammter Nebel. Er ist ein Fluch für jeden Kundschafter.

Ein paar Tage zuvor hatten sie die Weißflut überquert, den Norden verlassen und Angland erreicht, und den ganzen Weg über war der Hundsmann äußerst angespannt gewesen. Ein fremdes Land zu erkunden, während dort Krieg herrschte, der sie eigentlich nichts anging. Von Dreibaum einmal abgesehen, war keiner von ihnen je aus dem Nordland herausgekommen. Außer Grimm vielleicht. Der sagte nicht, wo er gewesen war.

Sie waren an einigen niedergebrannten Höfen vorbeigekommen, an einem Dorf, in dem niemand zu sehen gewesen war. Unionsgebäude, groß und solide. Spuren hatten sie entdeckt von Pferden und Menschen. Viele Spuren, aber nie hatten sie diejenigen zu Gesicht bekommen, die sie hinterlassen hatten. Hundsmann wusste allerdings, dass Bethod nicht weit sein konnte. Sein Heer hatte sich auf der Suche nach neuen Dörfern zum Niederbrennen, nach Nahrung zum Stehlen und nach Menschen zum Töten über das ganze Land verteilt. Seine Krieger brachten Unheil, wohin sie nur kamen. Er würde auch überall seine Kundschafter haben. Wenn er den Hundsmann schnappte oder einen der anderen, würden sie wieder zu Schlamm werden, aber nicht auf die schnelle Weise. Blutkreuz, aufgespießte Köpfe, das ganze Programm wartete dann auf sie, da war sich Hundsmann sicher.

Wenn die Union sie erwischte, waren sie aller Wahrscheinlichkeit nach genauso tot. Es herrschte immerhin Krieg, und im Allgemeinen dachten die Leute im Krieg nicht allzu lange nach. Hundsmann ging nicht davon aus, dass sich jemand die Zeit nahm, um einen freundlich gesinnten Nordmann von einem feindseligen zu unterscheiden. Das Leben war voller Gefahren, das war nun mal so. Diese Umstände reichten, um jeden nervös zu machen – und den Hundsmann, der schon zu seinen besten Zeiten ein bisschen angespannt war, sowieso.

Angesichts all dessen rieb Nebel sozusagen nur noch ein bisschen Salz in die Wunde.

Das Herumkriechen durch den Dreck hatte ihn durstig werden lassen, und daher schlug sich Hundsmann durch das Unterholz zu der Seite hinüber, wo er den Fluss plätschern hörte. Am Ufer kniete er sich hin. Verfaulende Pflanzenreste und altes Blattwerk trübten das Wasser, aber Hundsmann nahm nicht an, dass dieses bisschen Schlamm ihm etwas ausmachen würde, zumal er sich so ausgedörrt fühlte, wie man überhaupt nur sein konnte. Vorsichtig schöpfte er mit den hohlen Händen Wasser und trank. Dort, hinter den Bäumen, kam ein leichter Wind auf, der die Nebelbänke erst näher heranschob und dann wieder davonblies. Und da sah er ihn.

Er lag auf dem Bauch, die Beine im Wasser, mit dem Oberkörper auf der Böschung. Sie starrten einander eine Weile an, beide gleichermaßen erschrocken und überrascht. Ein langer Stiel ragte aus seinem Rücken. Ein abgebrochener Speer. Da wurde Hundsmann klar, dass der andere tot war.

Er spuckte das Wasser aus und kroch hinüber, wobei er sich sorgfältig umsah, ob dort auch niemand lauerte, der ihm eine Klinge in den Rücken stoßen wollte. Der Tote war ein Mann, der zwei Dutzend Jahre zählen mochte. Gelbes Haar, braunes Blut auf grauen Lippen. Er war mit einer gefütterten, vor Nässe aufgequollenen Jacke bekleidet, so wie man sie unter einem Kettenhemd trug. Ein Kämpfer demzufolge. Ein Nachzügler vielleicht, der den Anschluss an seine Truppe verloren hatte und dann erschlagen worden war. Zweifelsohne ein Unionsmann, aber er sah für den Hundsmann nicht so viel anders aus als andere, jetzt, da er tot war. Ein Leichnam sieht dem anderen recht ähnlich.

»Der große Gleichmacher«, murmelte der Hundsmann vor sich hin, als sich eine nachdenkliche Stimmung seiner bemächtigte. So nannten ihn die Bergmenschen. Den Tod. Er machte alle Unterschiede gleich. Ob Namhafter Mann oder ein Niemand, ob Süden oder Norden. Er holte am Ende jeden, und er behandelte alle gleich.

So wie es aussah, war dieser Mann höchstens ein paar Tage tot. Demzufolge war derjenige, der ihn getötet hatte, möglicherweise noch in der Nähe, und das machte den Hundsmann nervös. Der Nebel schien plötzlich voller Geräusche. Vielleicht lauerten außerhalb der Sichtweite ein paar hundert Carls. Vielleicht war es auch nur der Fluss, der an seinen Ufern schmatzte. Hundsmann ließ den Toten liegen und schlich zurück ins Gebüsch, wobei er von einem Baum zum nächsten eilte, die in der grauen Suppe vor ihm auftauchten.

Beinahe stürzte er über einen weiteren Toten, der halb unter einem Blätterhaufen vergraben war, auf dem Rücken liegend und mit ausgebreiteten Armen. Er kam an einem weiteren vorbei, der auf den Knien lag; ein paar Pfeile staken in seiner Seite, und er streckte das Gesicht gen Boden und den Hintern in die Luft. Der Tod kennt keine Würde, das ist nun einmal Tatsache. Der Hundsmann beeilte sich, es drängte ihn danach, zu den anderen zurückzukehren und ihnen zu erzählen, was er gesehen hatte. Und von diesen Leichen wegzukommen.

Er hatte schon viele gesehen, natürlich. Mehr, als ihm zukam. Aber er hatte sich nie wirklich an sie gewöhnt. Es ist leicht, einen Menschen in einen Kadaver zu verwandeln. Hundsmann kannte tausend Arten, das zu tun. Aber wenn man es getan hat, gibt es kein Zurück mehr. Eben noch ist er ein Mensch, voller Hoffnungen, Gedanken und Träume. Ein Mensch mit Freunden, mit Familie, mit einer Heimat. Einen Augenblick später ist er wieder Schlamm. Es erinnerte den Hundsmann an all die Scharmützel, in die er geraten war, an die Kämpfe und Schlachten, an denen er teilgenommen hatte. Es ließ ihn daran denken, wie glücklich er sich schätzen konnte, dass er noch immer atmete. Geradezu blödsinnig glücklich. Und es ließ ihn fürchten, sein Glück könnte nicht von Dauer sein.

Jetzt rannte er schon beinahe. Leichtsinnig. Er stolperte durch den Nebel wie ein unerfahrener Junge. Nahm sich keine Zeit, reckte die Nase nicht in den Wind, lauschte nicht. Ein Namhafter Mann wie er, ein Kundschafter, der den ganzen Norden erkundet hatte, hätte es besser wissen sollen, aber man kann nicht stets in Habachtstellung sein. Und so geschah es dann.

Er bekam einen schweren Schlag gegen die Seite, der ihn bäuchlings zu Boden warf. Als er sich aufzurichten versuchte, gab ihm jemand einen Tritt, dass er wieder hinfiel. Hundsmann kämpfte, aber wer auch immer der Drecksack hinter ihm war, er war fürchterlich stark. Bevor er wusste, wie ihm geschah, lag er auf dem Rücken am Boden, und das hatte er sich ganz allein selbst zuzuschreiben. Sich selbst und den Leichen und dem Nebel. Eine Hand packte seinen Hals und drückte ihm die Kehle zu.

»Gurgg«, krächzte er und kratzte an der Hand. Ihm war, als habe nun seine letzte Stunde geschlagen. All seine Hoffnungen würden zu Schlamm. Der große Gleichmacher kam nun auch zu ihm …

Dann hörten die Finger auf zu drücken.

»Hundsmann«, sagte eine Stimme nahe an seinem Ohr, »bist du das?«

»Gurgg.«

Die Hand löste sich von seiner Kehle, und er holte tief Luft. Fühlte sich an seiner Jacke gepackt und emporgezogen. »Scheiße noch mal, Hundsmann! Ich hätte dich umbringen können!« Jetzt erkannte er die vertraute Stimme. Der Schwarze Dow, dieser Drecksack. Hundsmann war halb erzürnt, dass man ihn beinahe zu Tode gewürgt hatte, und zur anderen Hälfte geradezu blödsinnig glücklich darüber, noch am Leben zu sein. Er hörte, wie Dow über ihn lachte. Ein herbes Lachen, wie der Schrei einer Krähe. »Alles klar?«

»Ich bin schon herzlicher begrüßt worden«, krächzte Hundsmann, der noch immer nach Luft rang.

»Du kannst verdammt froh sein, ich hätte auch härter zupacken können. Viel härter. Ich hab dich für einen von Bethods Kundschaftern gehalten. Dachte, du wärst drüben auf der anderen Seite des Tals.«

»Wie du siehst«, flüsterte Hundsmann, »bin ich das nicht. Wo treiben sich die anderen herum?«

»Die sind rauf auf einen Hügel, um über diesen Scheißnebel hinauszukommen. Sehen sich ein bisschen um.«

Hundsmann deutete mit dem Kopf in die Richtung, aus der er gekommen war. »Da drüben liegen Leichen. Jede Menge.«

»Jede Menge Leichen, echt?«, fragte Dow, als glaube er nicht, dass der Hundsmann wusste, wie jede Menge Leichen aussahen. »Ha!«

»Joh, jedenfalls ziemlich viele. Tote Unionsmänner, nehm ich an. Sieht aus, als hätte es hier einen Kampf gegeben.«

Der Schwarze Dow lachte wieder. »Einen Kampf, meinst du?« Hundsmann war sich nicht sicher, was er damit meinte. »Scheiße«, sagte er.

Sie standen oben auf dem Hügel, alle fünf. Der Nebel hatte sich verzogen, aber beinahe wünschte Hundsmann sich jetzt, er wäre noch da. Er sah nun, was Dow gemeint hatte, und wie. Das ganze Tal war voller Leichen. Sie lagen verstreut auf den Hängen, eingeklemmt zwischen Felsen, ausgestreckt unter dem Ginster. Sie lagen auf dem Gras im Tal wie Nägel, die aus einem Sack gefallen sind, zusammengekrümmt und furchtbar zugerichtet auf der braunen Erde der Straße. Man hatte sie am Fluss aufgetürmt, in einem hohen Haufen am Ufer aufgeschichtet. Arme und Beine und zerbrochene Waffen ragten aus den letzten Nebelfetzen heraus. Sie waren überall. Mit Pfeilen gespickt, mit Schwertern erstochen, mit Äxten zerfleischt. Krähen ließen ihre Schreie ertönen, während sie von einer Mahlzeit zur nächsten hüpften. Heute war ein guter Tag für die Krähen. Es war schon eine Weile her, dass Hundsmann ein richtiges Schlachtfeld gesehen hatte, und...

Erscheint lt. Verlag 18.7.2011
Reihe/Serie Die Klingen-Romane
Illustrationen Dominic Harman
Übersetzer Kirsten Borchardt
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Barbaren • Bayaz • Bestsellerautor • britische Fantasy • eBooks • epische Schlachten • Fantasy • Fantasy-Epos • Glokta • grim & gritty • Heroische Fantasy • High Fantasy • Inquisitoren • Joe Abercrombie • Klingen-Romane • Logen Neunfinger • Magier
ISBN-10 3-641-06880-0 / 3641068800
ISBN-13 978-3-641-06880-6 / 9783641068806
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,4 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich