BLOODCAST (eBook)

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2014 | 1. Auflage
505 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-8387-5266-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

BLOODCAST -  Michael Peinkofer,  Claudia Kern
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Endlich ist es wieder soweit: Die weltweit agierende Modehauskette Kayne & Sparks sucht das Face of KayS. Hunderte Mädchen wittern ihre Chance auf eine große Modelkarriere. Aber nur sieben schaffen es in die Endrunde. Diese Top-Kandidatinnen kommen in Berlin zusammen. Hier werden ihr Aussehen, ihre Begabungen und ihr Wille schweren Prüfungen unterzogen. Doch der harte Konkurrenzkampf unter den Models ist nicht das Einzige, was den Kandidatinnen zusetzt - es häufen sich die Anzeichen dafür, dass in der Modelvilla nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Und schon bald müssen die Mädchen erkennen, dass sie nicht nur wegen ihres Aussehens und Talents ausgewählt wurden...

»Was haben wir nur getan?« Der Wind trug die Stimme als leises Flüstern heran, kaum hörbar und zerbrechlich. »Wie konnte es nur so weit kommen?«

»Wir wollten nicht, dass es so kommt«, erwiderte die andere junge Frau. »Keine von uns.«

»Trotzdem sind wir hier. Wir sind schuld an dem, was geschehen ist, wir alle!« Jetzt ließ Verzweiflung die Stimme noch zerbrechlicher wirken.

»Das ist nicht wahr! Wir können nichts dafür, und das weißt du.«

»Wir hätten es verhindern können! Wir hätten es kommen sehen müssen …«

»Das konnten wir nicht, keine von uns. Du nicht und auch niemand sonst. Wir alle waren zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Es ist … außer Kontrolle geraten. Aber das bedeutet doch nicht …«

Die andere schüttelte den Kopf. Ihre Augen schwammen in Tränen. Das grelle Licht der Straßenbeleuchtung, das von unten heraufdrang, spiegelte sich darin. »Ich kann nicht mehr«, hauchte die junge Frau. »Ich kann so nicht leben. Ich halte es nicht mehr aus, verstehst du?«

»Das verstehe ich. Wir alle sind erschöpft, und wir alle wollen nach Hause.«

»Nach Hause«, wiederholte die andere, als wäre dies ihr Stichwort, und wandte sich um.

»Nein! Tritt von der Kante zurück, ich bitte dich!«

»Wozu?«

»Weil es nichts ändert, wenn du weitergehst.«

»Für mich schon. Es wird alles ändern.«

»Aber nicht für die anderen … nicht für uns!«

Wieder ein Blick zurück. Die Augen liefen ihr über; Tränen rannen die bleichen Wangen herab.

»Du darfst uns nicht verlassen, hörst du? Wir brauchen dich. Ich brauche dich!«

Trotz der Tränen ein Lächeln.

Matt und kraftlos.

»Du brauchst mich nicht«, sagte die andere leise. »Du hast mich nie gebraucht.«

Die Worte waren kaum verklungen, da wandte sie sich ab. Ohne Zögern machte sie einen Schritt nach vorn, in die bodenlose Tiefe.

Berlin Mitte
Sechs Monate zuvor

Die Unruhe war beinahe körperlich spürbar.

Wie ein schlecht gewähltes, aufdringliches Parfüm schwängerte sie die schwüle Luft. Der Saal, eigentlich ein Lagerhaus, wo bis zum Vorabend noch Hunderte Schaufensterpuppen in Reih und Glied gestanden hatten, war voller Menschen. Anstelle des Containers mit überzähligen Händen, Füßen und Köpfen stand jetzt das Buffet. Es lockte mit asiatischem Fingerfood, von den Spießchen, die würzigen Curryduft verströmten, über die Bällchen aus Klebreis bis hin zu dem in Gläsern angerichteten Gemüse. Dem Buffet gegenüber befand sich die Bar, ein glitzernder Schrein endlos aneinandergereihter und mit bunten Flüssigkeiten gefüllter Flaschen. Ein gut aussehender junger Mann mit Fliege und wirrem Haar mixte Cocktails daraus, die Namen wie Moonlight Kiss und Red Riding Hood trugen. Die Schaufensterpuppen, denen die Halle sonst gehörte, waren nichts als Beiwerk im Hintergrund: ein Heer anspruchsloser, weil stummer und sich niemals beschwerender Statisten.

In der Mitte der Halle war ein Catwalk errichtet worden, der von einem Ende bis zum anderen reichte. Zu beiden Seiten des Laufstegs drängten sich die jungen Frauen, derentwegen diese Veranstaltung abgehalten wurde. Ihre Ängste, Befürchtungen und Hoffnungen klebten an ihnen wie wachsame Bodyguards.

Kayne & Sparks war bekannt dafür, nicht nur Models mit Idealmaßen für Shows auszuwählen. Wie die Kleidung, die das Label entwarf und in seinen Filialen auf der ganzen Welt vertrieb, sollten auch jene, die sie präsentierten, nicht einfach von der Stange kommen. KayS stellte außergewöhnliche Mode für außergewöhnliche Menschen her – unprätentiös, mit einem gewissen Vintage-Touch, düster. Entsprechend sollte auch das neue Face of KayS sein.

Außergewöhnlich.

Mit Ecken und Kanten.

Sogar mit Narben.

So hatten sie sich also eingefunden: insgesamt über tausend Bewerberinnen aus ganz Deutschland, junge Frauen im Alter zwischen siebzehn und fünfundzwanzig, die so unterschiedlich waren, wie sie es nur sein konnten.

Die größte Fraktion stellten jene dar, die um die Einzigartigkeit der Chance wussten, denen klar war, was ein Vertrag mit Kayne & Sparks für eine Karriere bedeuten konnte. Entsprechend hatten sie sich gestylt, waren in enge Kleider geschlüpft, die ihre schlanken Körper zur Geltung brachten. Andere schienen sich der Tragweite des Augenblicks kaum oder gar nicht bewusst zu sein. Abenteuerlust oder Neugier trieb sie an – oder vielleicht auch Langeweile. Dann gab es jene, die treue Anhänger des Labels waren. Sie hatten sich in dessen ausgefallene Kreationen gehüllt, um zu zeigen, wie sehr sie den Style of KayS verinnerlicht hatten. Und dann waren da noch die, die kein Verlangen danach verspürten, sich für irgendwen zu verbiegen – Punks, Goths, Grunge-Bräute. Ihnen allen jedoch war gemeinsam, dass sie sich Chancen ausrechneten und die Konkurrenz argwöhnisch beäugten.

Viele waren in Begleitung gekommen. Wer die aufgeregt wimmelnde Masse näher betrachtete, konnte sie schnell ausmachen: ehrgeizige Mütter, die am Erscheinungsbild ihrer Töchter noch letzte Korrekturen vornahmen; besorgte Väter, die der Vorstellung, ihre Töchter womöglich schon bald in Unterwäsche auf Plakatwänden zu sehen, sichtlich wenig abgewinnen konnten; treue Freundinnen, die mit Rat und Tat zur Seite standen; und schließlich missmutige Romeos, denen die Aussicht, für ein halbes Jahr von ihrer Julia Abschied nehmen zu müssen, ganz und gar nicht gefiel. Doch genau darum ging es. Zumindest dies war jeder der jungen Frauen, die sich via Internet beworben, in die engere Wahl gekommen und schließlich zur Ausscheidung nach Berlin eingeladen worden waren, nur zu bewusst. Wer das neue Face of KayS sein wollte, musste bereit sein, alles zu geben. Es ging nicht nur darum, Film- und Fotoaufnahmen für das Label zu machen und seine Mode auf Laufstegen zu präsentieren. Es ging darum, ihm für die nächsten fünf Jahre ein Gesicht zu geben.

Dafür gab es Geld.

Berühmtheit.

Und jede Menge teure Kleidung.

Man bereiste die Metropolen der Welt, machte Fotoshootings und Filmaufnahmen mit den Besten des Fachs, durfte über rote Teppiche flanieren und auf Partys echten Stars begegnen. Allein dafür hätten viele der Bewerberinnen ihre Seele verkauft.

Als aus den Lautsprechern Musik zu dröhnen begann, setzte kreischender Jubel ein. Gleichzeitig verlosch die nüchterne Industriebeleuchtung, in die die Lagerhalle eben noch getaucht gewesen war, und wich grellem Scheinwerferlicht. Es fiel in bunten Kegeln auf den Catwalk und tanzte zu den rhythmischen Klängen. Dann wurde die Musik heruntergeregelt. Dennoch blieb ein spannungsgeladenes Wummern, das die Halle erbeben ließ. Eine sonore Stimme verkündete: »Im Jahr 1921 begründeten Cyrus Kane und Desmond Sparks in New York einen Traum. Sie wollten Damenmode entwerfen, Kleidung für eine Generation von Frauen, die anders sein sollte als alle anderen zuvor. In Brooklyn eröffneten sie eine Schneiderei, die die Keimzelle dessen war, was heute ein weltumfassendes Unternehmen ist. Dabei zogen die beiden Visionäre es von Beginn an vor, selbst im Hintergrund zu bleiben und stattdessen jene ins Licht zu rücken, für die sie ihre Mode entwarfen – die Idee für das Face of KayS war geboren. Seit 1923 wird alle fünf Jahre eine junge Frau ausgewählt, die das offizielle Gesicht der Firma ist. Viele dieser Frauen haben die Berühmtheit, die sie dadurch erlangten, genutzt, um eine Karriere als Fotomodell oder Schauspielerin zu begründen – ein Weg, der auch jenen sieben jungen Frauen offensteht, die heute Abend von der Jury ausgewählt werden, um an der neunzehnten Endausscheidung zur Wahl des Face of KayS teilzunehmen. Die Wahl wird diesmal, den visionären Grundsätzen der Firmengründer folgend, erstmals via Internet entschieden. Das Warten hat ein Ende«, verkündete die Stimme, worauf sowohl die Musik als auch der Jubel wieder anschwollen, »die Suche beginnt jetzt. Kayne & Sparks. Fashion. No Limit!«

Die Stimme war kaum verstummt, als zu beiden Seiten des Catwalks gelber Funkenregen emporschoss. Den Laufsteg hüllte Rauch ein, in dem sich das Scheinwerferlicht brach. Als sich der Rauch wieder lichtete, stand ein Mann auf der Bühne, der Maßanzug und Rüschenhemd trug. Der Mann war groß und schlank und mochte Mitte vierzig sein; sein Kopf war haarlos, lediglich sein markantes Kinn zierte ein rigoros getrimmter Spitzbart. Der Teint des Mannes war makellos und sonnengebräunt. In der verspiegelten Sonnenbrille, die er trug, schillerten die Farben der Scheinwerfer.

»Geschätzte Besucher, verehrte Bewerberinnen«, wandte er sich über Headset an die versammelte Menge. »Ich weiß, dass Sie alle lange auf diesen Moment gewartet haben. Deshalb wollen wir Sie nicht länger auf die Folter spannen. Mein Name ist Leander. Ich bin Casting Director bei Kane & Sparks und für die Durchführung des Wettbewerbs verantwortlich, der erstmals via Internetvoting entschieden wird. Alle fünf Jahre sucht Kayne & Sparks, das weltweit führende Label für Urban Gothic Style, eine junge Frau, die die Firma in den kommenden fünf Jahren repräsentiert. Aus über tausend Bewerberinnen aus ganz Deutschland hat die Jury sieben ausgewählt, die ich nun nacheinander aufrufen werde. Aus diesen sieben Kandidatinnen werden Sie – die hier Anwesenden ebenso wie die Internetgemeinschaft – im Lauf der kommenden Monate eine Gewinnerin auswählen. Alle vier Wochen werden sich unsere Mädchen der Entscheidung durch das Publikum stellen, und bei jeder Entscheidung wird uns eine von ihnen verlassen. Wer gehen muss und wer bleiben darf, liegt allein in Ihrer Hand. Diejenige Kandidatin, die bis zum...

Erscheint lt. Verlag 11.4.2014
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte 20. - 21. Jahrhundert • All Age (Bücher für Jugendliche + Erwachsene) • All Age Fantasy • Deutschland • Eis und Feuer • Elb • Elfe • Epic Fantasy • Fantasy Bestseller • Fantasy Bücher • Fantasy Roman • Game of Thrones • Gothic • Herr der Ringe • High Fantasy • Hobbit • Horror • Low Fantasy • Romantic Thriller / Suspense • Tolkien • Troll • Unheimlicher Roman • Vampire • Vampirroman / Werwolfroman • Zeitreisen
ISBN-10 3-8387-5266-X / 383875266X
ISBN-13 978-3-8387-5266-2 / 9783838752662
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