Linkshänderland (eBook)

Der Auftrag
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2014 | 1. Auflage
352 Seiten
Baumhaus (Verlag)
978-3-8387-5993-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Linkshänderland -  Lara De Simone
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Eine computergesteuerte Welt, die das Leben auf der Erde simuliert? Eine Welt, zu der nur Linkshänder Zutritt haben und in der man schon mit zwölf Jahren volljährig ist?

Die 13-jährige Trix ist wie vom Schlag getroffen, als sie von diesem mysteriösen Linkshänderland (LHL) erfährt. Über zwei Mikrochips in ihrem Gehirn ist sie mit dem LHL vernetzt und kann ihren Avatar steuern. Sie muss lediglich in Gedanken den Wunsch formulieren, sich ins LHL einzuloggen und schon sieht es in der realen Welt so aus, als würde sie schlafen. Wie ihr Mentor Liam, 16, beginnt sie eine Ausbildung zur Spionin. Und schon bald stecken die beiden in einem gefährlichen Auftrag, bei dem sie an eine Untergrundgruppe geraten, die sich gegen das LHL auflehnt. Damit setzen sie nicht nur ihre Freundschaft, sondern vor allem auch ihr Leben aufs Spiel.

DIE ROTE AKTE


Frustriert knallte Jannik die Wohnungstür hinter sich zu, mit so viel Kraft, dass ein paar Fotos, die über dem Türrahmen hingen, zu Boden fielen. Er bückte sich, hob sie leise fluchend auf und hängte sie mehr schlecht als recht wieder an ihre Nägel. Dabei verwechselte er die ursprüngliche Reihenfolge der Bilder. Jetzt lächelte ein kleiner Junge mit strohblondem Haar schief auf ihn herab, von dort, wo vorher noch das letzte Urlaubsbild hing.

Wann war ich das letzte Mal im Urlaub?, fragte sich Jannik, ohne die Antwort wissen zu wollen, und ermahnte sich stattdessen: Ich sollte vorsichtiger mit der Tür sein.

Ein unschöner Sprung zerteilte eines der Fotos. Das von ihm und Annika. Es wunderte ihn, dass das Glas nicht schon früher zersplittert war.

Jetzt kann es auch kaputtgehen, dachte Jannik. Jetzt ist es auch egal. Es ist ja vorbei, das mit uns.

Offiziell war es nicht vorbei, aber der Umstand, dass Annika seit Wochen nicht mehr mit ihm redete, deutete Jannik als Zeichen der endgültigen Trennung.

Verstimmt ging er bis zum Ende des dunklen Flurs und öffnete die Tür zu seinem vollgestopften Arbeitszimmer. Hinter dem klapprigen Schreibtisch gab es zwar ein Fenster, doch das ließ nur wenig Licht herein. Zu viele gefährlich hohe Aktenstapel türmten sich auf dem Schreibtisch und versperrten dem Tageslicht den Weg. Das meiste Licht spendeten zwei Neonröhren an der Decke.

Auf der Türschwelle stieß er schmerzvoll gegen eine der Türangeln. Wieder fluchte er kurz und stolperte weiter zu seinem Schreibtisch. Neue Akten, die er von der Arbeit mitgenommen hatte, platzierte er auf den überladenen Tisch, dann ließ er sich in seinen Drehstuhl fallen.

Mit einer Mischung aus Zorn und Langeweile zog er einen wackligen Papierstapel zu sich heran. Formblätter auswerten, Aktenberichte und Bestellungen schreiben, das war alles, was sein Vorgesetzter ihm zutraute. Sah Jannik etwa aus wie seine persönliche Sekretärin? Wozu machte er überhaupt dieses verdammte Medizinstudium?

Außerdem, dachte Jannik, ist es sicher saugesetzwidrig, vertrauliche Daten auf Papier festzuhalten. Warum macht der das nicht digital? Dieser Arsch macht das nur, um mich zu quälen. Ich muss mir endlich einen anderen Betreuer suchen. Und mit der Masterarbeit anfangen.

Aber das machte Jannik nicht. Missmutig öffnete er stattdessen den ersten schwarzen Ordner, die Akte eines gewissen Gilbert Schweigerts. Jannik überflog die Blätter. Fehlfunktion im Out-Auge … sieht nur schwarz-weiß … langweilig. Die Akte kam auf den höchsten Stapel rechts. Der Nächste, bitte.

Eine sehr dicke Akte, mit der Inschrift »Gaetano Rocco« berichtete von einem sehr eigentümlichen Leiden: Immer wenn Herr Rocco etwas Rotes berührte, verbrannte er sich daran. Entweder eine psychosomatische Störung oder, um einiges wahrscheinlicher, es war abermals eine Störung des Out-Auges … na ja. Jannik legte die Akte auf den mittelhohen Stapel genau vor ihm.

Gleichgültig griff Jannik nach einem weiteren Ordner. Erst als er direkt auf den Einband des Ordners blickte, bemerkte er, dass dieser dunkelrot war. Schlagartig fiel jede Langeweile von ihm ab. Er schlug den Ordner so schnell auf, dass er den Aktenturm daneben fast zum Einsturz brachte, und begann zu lesen:

Bei obiger Person wurde festgestellt, dass sie Verkappte Linkshänderin ist. Im Alter von 13 Jahren hat sie einen Umfang L-0,1. Identifikationsnummer: 1492-7935-1701. Identifikationsnummer des Mentors: 0985-2042-2393. Hiermit wird sie in der St. Vincentius-Klinik angemeldet. Neues Augenpaar benötigt, Standardgröße. Bestellformular folgt.

Abgesehen vom Bestellformular war der rote Ordner leer. Jannik schielte auf den Namen:

Alexandra Beatrix Gertz.

Natürlich kannte er sie nicht. Schließlich war sie nicht aus seinem Sektor. Dennoch landete die Akte auf dem Stapel ganz links, dem niedrigsten von allen. Immerhin, Verkappte Linkshänder haben Vorrang.

Die restliche Arbeit war jedoch so öde wie immer. Und es war ein sehr großer Rest. Nach einer halben Stunde stumpfsinniger Bürokratie gönnte Jannik sich eine Pause. Er stand auf und blickte aus dem Fenster.

Sehr spannend war das nicht: Ein von Wolken abgedunkelter Himmel und eine regennasse Straße, das war auch schon alles, was man sehen konnte. Alles andere verhüllte ein dunstiger Nebel. Dennoch starrte er ein paar Minuten lang nachdenklich hinaus. Wirklich eine graue Aussicht, die sich ihm da bot. Er verengte seine Augen zu Schlitzen, um das Nachbarhaus durch den Nebel zu erspähen. Aussichtslos. Man konnte absolut nichts erkennen.    

Gerade wollte er sich abwenden, da glaubte er, aus den Augenwinkeln eine Bewegung ausmachen zu können. Doch als Jannik herumschnellte, um sich die Sache besser ansehen zu können, musste er feststellen, dass sie entweder schneller als er gewesen war oder gar nicht vorhanden.

Hab ich eigentlich zu wenig zu tun oder wieso stehe ich hier rum?, fragte sich der gewissenhafte Teil in ihm schneidend. Bevor er sich eine Ausrede zum Aufschieben überlegen konnte, riss ihn sein klingelndes Handy von diesem tristen Anblick los, das er ärgerlicherweise heute Morgen nicht hatte finden können. Voilà, seine Chance es wiederzufinden!

Jannik drehte sich auf dem Absatz um. Er rannte aus dem Zimmer ans andere Ende des kurzen Korridors hin zur Tür seines Wohn- und Schlafzimmers. Dem Klingeln folgend, fand er sein Handy schließlich unterm Bett. Es war ein Smartphone der älteren Generation, ein billiges Schrottteil mit einem leicht grünstichigen Display. Als Jannik abnahm, hatte der Anrufer schon aufgelegt.

»Verdammt«, murmelte er.

Doch als er auf die Anzeige blickte, um zu erfahren, wer angerufen hatte, war er froh, nicht abgenommen zu haben. Es war Herr Hackermann gewesen, sein Vorgesetzter. Wahrscheinlich hatte er angerufen, um Jannik noch mehr nutzlose Arbeit aufzubürden. Erleichtert legte Jannik das Smartphone weg. Gerade wollte er das Zimmer verlassen, als sein Handy abermals klingelte. Diesmal nahm er rechtzeitig ab.

»Jannik Nilsen«, meldete er sich.

»Hey, Kumpel! Kennst du mich noch? Hier ist Björn!«

»Björn?«, sagte Jannik. Das kam unerwartet. »Mann, das ist aber lange her! Wie geht’s dir?«

»Gut, gut«, sagte Björn, klang dabei jedoch ein wenig abwesend.

»Weißt du, ich hätte ja angerufen, aber ich hab dich aus den Augen verloren und irgendwie …«, sagte Jannik mit einem Anflug von Schuldgefühlen. Schon seit ein paar Jahren hatte er Björn nicht mehr gesehen. »Und, was macht das Leben?«

»Ach, nichts Besonderes. Mal ein Job hier, mal ein Job da …«

Jannik meinte eine Spur von Unruhe aus Björns Stimme heraushören zu können. Er kannte Björn aus der Schule. Björn hatte ihm damals, als angehender Jurastudent, kostenlose Nachhilfe gegeben. Anders als Jannik war Björn immer sehr fleißig gewesen. Dass Björn keinen festen Job hatte, wunderte ihn sehr.

»Und in der Realen?«, fragte Jannik.

»Da läuft’s ganz gut. Ich habe Julia endlich geheiratet und arbeite jetzt als Rechtsanwalt für Immobilienstreitigkeiten.«

Erneut vernahm Jannik diese Unruhe in seiner Stimme, diesmal deutlicher.

»Ihr habt geheiratet. Glückwunsch! Grüß Julia von mir«, sagte Jannik und war etwas verunsichert. »Aber wenn du es in der Realen so weit gebracht hast, warum findest du hier dann keine feste Stelle? Normalerweise achten die Leute doch auch auf deine Laufbahn in der Realen.«

»Nun, ich …«, setzte Björn an, dann brach er ab. Unbehagen lag in seinem Zögern. »Das ist eine lange Geschichte …«

Jannik grinste. »Aha! Wir haben doch nicht etwa was ausgefressen, oder?«, neckte er ihn.

»Hör mal, Jannik, können wir nicht woanders darüber reden?« Auf einmal klang Björn ernst. »Ich würde dich gerne treffen.«

»Okay«, sagte Jannik, irritiert durch den unvermittelten Stimmungswechsel. »Bist du in der Stadt?«

»Ja.«

»Gut dann …«, fing Jannik an, ohne zu wissen, wie er den Satz beenden sollte.

»Kennst du Bonnies Kneipe?«, unterbrach ihn Björn.

»Nein, nie gehört«, antwortete Jannik.

»Die liegt an der Kreuzung Q18. Sei heute Abend um zehn Uhr dort!«

Geistesgegenwärtig nahm Jannik das Handy vom Ohr und tippte die Adresse ein.

»Bonnies Kneipe, Q18, um zehn«, wiederholte er dann. »Alles klar. Aber willst du nicht lieber zu mir? Ich hab jetzt ’ne eigene Wohnung.«

»Nein, danke.«

»Äh … na gut, wenn du willst …«, sagte Jannik lahm.

»Ja, das wär mir lieber«, erwiderte Björn. »Also, bis dann!«

»Was?«, sagte Jannik, verwirrt durch das abrupte Ende des Gespräches, doch da hatte Björn schon aufgelegt. Eine Weile stand Jannik einfach nur da, dachte über das Telefonat nach. Ein seltsames Gespräch. Trotzdem. Er freute sich, Björn wiederzusehen.

Schweren Herzens ging er an seinen Arbeitsplatz zurück und nahm die mühselige Sortiererei wieder auf, wofür er dank seiner Unkonzentriertheit eine geschlagene Stunde brauchte. Als Jannik endlich alle Akten ihrer Wichtigkeit nach geordnet hatte, war es schon Viertel nach neun. Schnell verschwand er ins Bad und kam zehn Minuten später mit nassen Haaren und in seinen Freizeitklamotten wieder heraus. Hastig vergewisserte er sich, die Schlüssel eingesteckt zu haben, vergaß dabei erneut das Handy irgendwo und schlug die Tür hinter sich zu.

Stille herrschte in der kleinen Wohnung. Auf dem Schreibtisch lag immer noch die dunkelrote Akte auf dem niedrigsten Stapel ganz links. Nur eine Akte hatte Jannik obenauf gelegt. Sie enthielt einen Bericht über eine...

Erscheint lt. Verlag 15.8.2014
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte ab 12 • Abenteuer • Adoleszenzroman • All Age Literatur • Bücher ab 11 Jahre • Bücher ab 12 Jahre • Bücher für Kinder ab 12 • Bücher für Mädchen • Bücher für Teenager • Cassandra Clare • Cornelia Funke • Freundin • Freundschaft • für Jugendliche • Geschenke für Jugendliche • Geschenke für Kinder • Gregs Tagebuch • Jugendbuch • Jugendbuch ab 11 • Jugendbuch ab 12 • Jugendbücher • Jugendbücher; Linkshänder • Jugenromane • Junge Belletristik • Linkshänder • Romane für Jugendliche • Starke Mädchen • Teenager • Teenie • Teenies • Teens • Teeny • Tintenwelt • tribute von panem • Twilight • Young Adult
ISBN-10 3-8387-5993-1 / 3838759931
ISBN-13 978-3-8387-5993-7 / 9783838759937
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