Tante Poldi und die Früchte des Herrn (eBook)

Spiegel-Bestseller
Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
368 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-2355-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tante Poldi und die Früchte des Herrn -  Mario Giordano
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Tante Poldi ist sauer: Zuerst wird ihr das Wasser abgestellt, dann auch noch der Hund ihrer Freundin um die Ecke gebracht. Kreizsacklzement! Erste Ermittlungen führen sie zum Winzer Avola. Und der ist auch noch so hammer-attraktiv, dass die Poldi nach einer heißen Nacht prompt ihre Ermittlungen vergisst.

Bis am nächsten Morgen die Polizei vor Avolas Tür steht. Denn zwischen seinen Reben wurde eine Leiche gefunden, und Commissario Montana ist alles andere als erfreut, dass ausgerechnet Poldi Avola ein Alibi geben kann. Außerdem bleibt die Frage: Wer hat Giuliana getötet - und warum?




Mario Giordano, geboren 1963 in München, schreibt Romane (u.a. Apocalypsis-Trilogie), Jugendbücher und Drehbücher (u.a. Tatort, Schimanski, Polizeiruf 110, Das Experiment). Nach Tante Poldi und die sizilianischen Löwen ist Tante Poldi und die Früchte des Herrn der zweite Roman um die charismatische und einzigartige Ermittlerin aus Bayern. Giordano lebt in Berlin.

Mario Giordano, geboren 1963 in München, schreibt Romane (u.a. Apocalypsis-Trilogie), Jugendbücher und Drehbücher (u.a. Tatort, Schimanski, Polizeiruf 110, Das Experiment). Nach Tante Poldi und die sizilianischen Löwen ist Tante Poldi und die Früchte des Herrn der zweite Roman um die charismatische und einzigartige Ermittlerin aus Bayern. Giordano lebt in Berlin.

1. Kapitel


Erzählt vom Wasser, Tölen, Schatten und Deliziosi und von den Sorgen der Familie um Poldis inneres Gleichgewicht. Die Poldi ist der Star von Torre Archirafi und hat Blut geleckt. Da ist der Konflikt mit Montana praktisch vorprogrammiert. Aber wenn der Ruf der Gene einmal erschallt ist, ist die Poldi auch nicht durch Hitze, Ascheregen oder schwäbische Studienreisende zu stoppen.

Irgendjemand hatte der gesamten Via Baronessa das Wasser abgedreht, und irgendjemand hatte Lady vergiftet. Durst und Mord – sprich: alles, was meine Tante Poldi hasste und ihr inneres Gleichgewicht mehr erschütterte als der Anblick eines stattlichen, tadellos uniformierten Vigile.

Lady war eine von Valéries freundlichen Tölen gewesen. Eine kurzbeinige Promenadenmischung, eine struppige Kläfferin mit Unterbiss, die mit ihrem Zwillingsbruder Oscar auf Femminamorta die Ratten verjagt und die Gäste begrüßt hatte. Jeder, einfach jeder, der sie kannte, hatte »Läddi« geliebt, denn sie hatte ihr kleines Herz freigiebig und großzügig an alle verschenkt. Bei jedem Besuch war sie schier verrückt geworden vor Kennenlern- oder Wiedersehensfreude und hatte selbst Valéries misanthropische französische Verwandte im Schwanzwedelstreich geknackt. Den ganzen Tag über hatte man Valéries Arbeiter in der Palmenplantage »Läddi! Läddi!« rufen hören und kurz darauf Läddis heisere, begeisterte Antwort. Bis man ihren kleinen struppigen Körper dann eines Morgens steif und schmutzig im Hof fand. Ein Giftköder, wie der Tierarzt diagnostizierte.

Ganz klar also, dass meine Tante Poldi, stur und bayerisch, das Gleichgewicht wiederherstellen musste. Die Dinge ins Lot ruckeln. Das Wasser wieder zum Fließen bringen. Ladys Mörder finden. Gerechtigkeit schaffen.

Zumal meine Tante Poldi, darf man nicht vergessen, ohnehin auf einem schmalen Grat zwischen Lebenslust und Schwermut balancierte. Da wollte sie wenigstens um sich herum Ordnung schaffen, denn Ordnung zu schaffen half der Poldi immer ein wenig über die Schwermutsattacken hinweg.

Meine Tante Poldi war die Frau meines verstorbenen Onkels Peppe gewesen, der im Gegensatz zu seinen Eltern und seinen Schwestern Teresa, Caterina und Luisa in den Siebzigerjahren nicht nach Sizilien zurückgegangen, sondern wie mein Vater in München geblieben war. Mein Onkel Peppe war Münchner durch und durch gewesen, kann man sagen. Ich erinnere mich an ihn eigentlich nur mit einer Maß Bier in der einen und einer Roth-Händle in der anderen Hand. Er hat nur bairisch und sizilianisch gesprochen, ein richtiges Italienisch oder Deutsch hat er nie hingekriegt. Mein Onkel Peppe war immer das schwarze Schaf der Familie gewesen, der coole Wilde mit den unzähligen Affären, den zweifelhaften Spezis, den wilden Partys, den Abstürzen, dem Job beim Film, den spektakulären Autounfällen, den Pleiten und spinnerten Geschäftsideen. Sprich, mein Lieblingsonkel. Erst die Heirat mit einer gewissen Isolde Oberreiter, genannt Poldi, hat ihn später etwas stabilisiert. Sie waren ein glamouröses Paar, der Peppe und die Poldi, dünn wie Rockstars, Kettenraucher, Trinker, großzügig und freigiebig und nach Aussage meiner Mutter die einfühlsamsten Freunde, die man sich vorstellen konnte. Das ist alles lange her. Irgendwann, erinnere ich mich, sprachen meine Eltern darüber, dass Peppe und Poldi sich scheiden lassen würden, und sie wirkten nicht sonderlich überrascht. Ein Jahr darauf heiratete mein Onkel Peppe neu, und dann starb er, und wir verloren den Kontakt zur Poldi. Von Tante Teresa hörten wir einige Jahre später, dass die Poldi ein Haus in Tansania gekauft habe, aber viel mehr wusste niemand.

Und dann war die Poldi plötzlich wieder zurück in München, erbte das Häuschen ihrer Eltern, verkaufte alles, brach sämtliche Brücken ab und zog an ihrem sechzigsten Geburtstag nach Sizilien, ins beschauliche Torre Archirafi an der Ostküste zwischen Catania und Taormina, um sich dort gepflegt zu Tode zu saufen und dabei aufs Meer zu schauen. So weit der Plan. Warum und wieso jetzt genau, wusste keiner. Nur, dass man etwas dagegen tun musste, und das »man« schloss auch mich mit ein, da ich in den Augen meiner Tanten ohnehin praktisch arbeitslos war. Seitdem flog ich einmal im Monat für eine Woche nach Sizilien, um in Poldis Gästezimmer in der Via Baronessa 29 an meinem Familienroman zu arbeiten und nebenbei die Alkoholvorräte zu entsorgen.

Der Mord an Valentino, die Begegnung mit Vito Montana, ihre Freundschaft mit Valérie und der traurigen Signora Cocuzza, die Bemühungen meiner Tanten und nicht zuletzt der Jagdinstinkt hatten der Poldi zwar einstweilen einen Strich durch die Rechnung mit dem Tod gemacht, aber man weiß ja, wie so was geht. Für den Augenblick ist Ruhe, alle atmen auf, der Drops scheint gelutscht, die Sonne bricht durch die Wolken, der Blick richtet sich erneut in die Ferne, die Zigarette schmeckt auf einmal wieder, die Luft summt nur so vor Leben, die ganze Welt ist ein heimeliger Ort, der dir aus allen Ecken nur so Versprechen und Verheißung zuraunt. Einfach herrlich, wer kennt das nicht. Doch dann – wie aus dem Nichts, zack!, keiner hat’s kommen sehen – dreht der Wind, und das Schicksal schüttet einen Kübel Unrat über dir aus und kichert sich eins dabei. Und du denkst nur: »Boah, jetzt brauch ich erst mal einen Drink.« Und der ganze Mist geht wieder von vorne los.

Kein Wunder also, dass meine Tanten ein wenig alarmiert reagierten, als die Poldi nach zwei Wochen immer noch kein fließendes Wasser hatte und dann auch noch Lady vergiftet wurde. Keine Frage, der Wind hatte gedreht, das Eis wurde wieder dünner.

»Du musst kommen!«, sagte mir meine Patentante Luisa am Telefon. »Sofort.«

»Geht nicht«, versuchte ich, mich herauszuwinden. »Ich arbeite gerade an einem super dringenden Pitch fürs Fernsehen. Vorabendserie. Krimi light. Zwar nicht ganz mein Genre, aber könnte eventuell eine große Sache werden, verstehst du?«

»Ich reich dich mal rüber.« Die Patentante seufzte und gab den Hörer ihrer Schwester Teresa, die bei uns in der Familie der Boss ist.

Klar, was das bedeutete: Ende der Diskussion, nämlich.

Durch die Leitung hörte ich Luisa etwas auf Italienisch flüstern und dann die weiche, immer noch jugendliche Stimme meiner Tante Teresa.

»Wie geht es dir, tesoro? Kommst du mit deinem Roman voran?«

Ich hatte es geahnt.

»Geht so«, druckste ich herum. »Fühlt sich eigentlich alles ganz gut an. Erstes Kapitel so gut wie fertig. Mir fehlt nur gerade ein bisschen …«

»Weil du dich verzettelst«, erklärte mir Tante Teresa sanft. »Was du brauchst, ist Konzentration aufs Wesentliche.«

Wo sie recht hatte …

»Und nebenbei könntest du ein Auge auf die Poldi haben.«

Ich schwieg, und Tante Teresa wechselte ins Italienische, was immer ein Zeichen dafür ist, dass der Luftdruck fällt.

»Sie mag dich.«

»Was?«

»Irgendwie. Wir sprechen jedenfalls oft über dich.«

»Äh, was denn?«, fragte ich misstrauisch.

Tante Teresa ging nicht darauf ein. »Diese Fernsehsache – liegt dir die am Herzen?«

Treffer, versenkt.

Am nächsten Mittag landete ich in Catania, wurde von Tante Teresa mit spaghetti al nero di seppie bekocht, beantwortete brav alle Fragen nach dem Befinden der Familie in Deutschland und saß abends bereits wieder bei meiner Tante Poldi in Torre Archirafi auf dem Sofa. Und das Seltsamste daran war: Ich fühlte mich wie nach Hause zurückgekehrt und meinem verkorksten Familienroman so nah wie lange nicht mehr.

»Du hast ein Bäuchlein bekommen«, stellte die Poldi fest, als sie mir die Tür öffnete.

»Hab ich nicht! Aber danke, ich freu mich auch, wieder hier zu sein.«

Sie ließ mich eintreten und ging zurück ins Haus. »I sag ja nur. Ein kleines Bäuchlein, des steht jedem Mann. Kompakt muss es halt sein. In der Kunst und der Erotik ist alles nur eine Frage der Proportion, merk dir des für deinen Roman.«

Ich ignorierte den Kommentar und sah mich um. Eines beruhigte mich: Das Projekt Totsaufen mit Meerblick schien vorerst immer noch on the rocks zu liegen. Ich entdeckte nirgendwo Nester mit leeren Schnapsflaschen, das Haus wirkte frisch geputzt und aufgeräumt, die Kübelpflanzen auf der Terrasse ausreichend gewässert, der Kühlschrank voller Gemüse. Kein Anzeichen von Verwahrlosung. Aber wie gesagt, schmaler Grat, ein somnambuler Tanz auf dem Vulkan. Nicht mal die Tanten erwarteten ernsthaft, dass die Poldi von einem auf den anderen Tag stocknüchtern bleiben würde, aber tatsächlich trank die Poldi nicht mehr als eine Flasche Prosecco am Tag, das halbe Weizen zum pranzo und der kleine corretto am Nachmittag mal nicht mitgerechnet. Die Poldi wirkte frisch und wie neu erblüht. Aufgetufft und duftend, im wallenden Seidenkaftan mit tüchtig Ausschnitt, die Perücke kunstvoll toupiert, flanierte sie täglich zur passeggiata den lungomare auf und ab. Montags ging sie zum Strand, dienstags begleitete sie Onkel Martino zum Fischmarkt in Catania, mittwochs Tante Luisa in den Lido Galatea. Donnerstags Tee mit Valérie, freitags legte die Poldi Commissario Montana flach, samstags dann Rommé mit Signora Cocuzza und Padre Paolo, sonntags ging sie manchmal mit Teresa und Martino in die Pilze und genoss im Übrigen ihre neue lokale Prominenz, nachdem sie den Candela-Fall auf so spektakuläre Weise aufgeklärt hatte. Was sage ich, lokal! Sogar der Augsburger Heimatkurier hatte sie dazu interviewt....

Erscheint lt. Verlag 13.5.2016
Reihe/Serie Sizilienkrimi
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 20. - 21. Jahrhundert • Andrea Camilleri • Bairisch • bayrisch • Catania • Commissario • Cosy Crime • Cozy Crime • Culture Clash • Dedektiv • Detektiv • Detektivin • Deutsche Krimis • Dolce Vita • Ermittler • Ermittlerin • Humor • humorvoll • Italien • Italien Krimi • ItalienKrimi • italien krimi ebook • Komissar • Kommisar • Kommissar • Krimi • Krimi Bestseller • krimi ebook • Kriminalroman • Krimireihe • Krimi Reihe • Krimis • krimi serie • Kulinarischer Krimi • Lokalkolorit • lustig • lustiger Krimi • Mafia • Mario Giordano • Montana • Mord • Mörder • Polizei • Polizist • roberta gregorio • Serienkrimi (Serienermittler) • Sizilien • Spannung • Spannungsroman • Tante Poldi • Taormina • Tatort • Thriller • Torre Archirafi • Verbrechen • Wassermafia • Wein
ISBN-10 3-7325-2355-1 / 3732523551
ISBN-13 978-3-7325-2355-9 / 9783732523559
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