Kongressgeschichten -  Volker Schumpelick

Kongressgeschichten (eBook)

Wenn Ärzte reisen und tagen
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
199 Seiten
Dr. R. Kaden Verlag GmbH & Co. KG
978-3-942825-49-8 (ISBN)
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Der Besuch von Ärztekongressen - ob nun als Vortragender oder einfacher Besucher - ist ein wichtiger Bestandteil des chirurgischen Berufslebens außerhalb des Operationssaales. Kongresse sind ein Ort der Fortbildung und Begegnung, des fachlichen Austausches sowie der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, manchmal auch Schauplatz für die Selbstdarstellung und nicht zuletzt eine hervorragende Möglichkeit, die kulturellen Besonderheiten des Veranstaltungsortes kennenzulernen. Für seine kurzweiligen Anekdoten aus dem chirurgischen Kongressleben schöpft Volker Schumpelick aus dem reichen Fundus jahrzehntelanger Erfahrungen bei zahlreichen Vortragsreisen, die ihn auch in entlegene Winkel unseres Planeten führten. Humorvoll, lehrreich, manchmal nachdenklich und mit gewohnt spitzer Feder liefert der Autor pointierte Beobachtungen und lässt Studenten, junge Ärzte, Kollegen sowie interessierte Laien einen Blick hinter die Kulissen der chirurgischen Kongress-Szenerie werfen. Diese Ausführungen zum Kongressbetrieb sind zudem gewürzt mit ganz praktischen Empfehlungen und Tipps zur Überwindung der Unsicherheit des unerfahrenen Redners in den Fallstricken seiner ersten Kongressauftritte.

Volker Schumpelick wurde 1944 als Sohn eines Hamburger Chirurgen geboren und wuchs in Hamburg auf. Er studierte Medizin in München, Berlin, Hamburg, Göttingen und New York. Nach Staatsexamen und Promotion (1970/71) in Hamburg erfolgte dort 1978 auch die Habilitation. Ende 1985 übernahm er die Chirurgische Klinik und den Lehrstuhl am Universitätsklinikum Aachen (RWTH), den er bis 2010 bekleidete. 1994 wurde er Ehrendoktor der Universität Moskau. 2008/2009 war er Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Der Verfasser zahlreicher medizinischer Lehrbücher und Mitherausgeber vieler Fachzeitschriften leitete über mehr als zehn Jahre die Gesprächsreihe 'Medizin-Ethik-Recht' der Konrad-Adenauer-Stiftung in Cadenabbia. Schumpelick gilt als einer der bedeutendsten Promotoren der Hernien- und Dickdarmchirurgie über das letzte Vierteljahrhundert und hat ihre Neuentwicklungen in dieser Zeit maßgeblich beeinflusst. Er ist Ehrenmitglied und Preisträger zahlreicher internationaler Gesellschaften sowie seit 2013 Präsident der European Hernia Society (EHS). Seit seiner Emeritierung widmete er sich in mehreren Büchern der Betrachtung des Berufsbildes eines Chirurgen. Dies begann mit der dreibändigen Anekdotenserie seiner persönlichen Erfahrungen an Patienten mit den Titeln 'Unterm Messer I-III'. Seit zwei Jahren beschäftigt er sich darüber hinaus mit den Besonderheiten des typischen Kongresslebens anhand von kritischen Analysen und humorvollen Anekdoten.

Volker Schumpelick wurde 1944 als Sohn eines Hamburger Chirurgen geboren und wuchs in Hamburg auf. Er studierte Medizin in München, Berlin, Hamburg, Göttingen und New York. Nach Staatsexamen und Promotion (1970/71) in Hamburg erfolgte dort 1978 auch die Habilitation. Ende 1985 übernahm er die Chirurgische Klinik und den Lehrstuhl am Universitätsklinikum Aachen (RWTH), den er bis 2010 bekleidete. 1994 wurde er Ehrendoktor der Universität Moskau. 2008/2009 war er Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Der Verfasser zahlreicher medizinischer Lehrbücher und Mitherausgeber vieler Fachzeitschriften leitete über mehr als zehn Jahre die Gesprächsreihe "Medizin-Ethik-Recht" der Konrad-Adenauer-Stiftung in Cadenabbia. Schumpelick gilt als einer der bedeutendsten Promotoren der Hernien- und Dickdarmchirurgie über das letzte Vierteljahrhundert und hat ihre Neuentwicklungen in dieser Zeit maßgeblich beeinflusst. Er ist Ehrenmitglied und Preisträger zahlreicher internationaler Gesellschaften sowie seit 2013 Präsident der European Hernia Society (EHS). Seit seiner Emeritierung widmete er sich in mehreren Büchern der Betrachtung des Berufsbildes eines Chirurgen. Dies begann mit der dreibändigen Anekdotenserie seiner persönlichen Erfahrungen an Patienten mit den Titeln "Unterm Messer I–III". Seit zwei Jahren beschäftigt er sich darüber hinaus mit den Besonderheiten des typischen Kongresslebens anhand von kritischen Analysen und humorvollen Anekdoten.

Die Kunst der Absage

Wenn in den ersten Jahren meiner wissenschaftlichen Tätigkeit die Einladung zu einem Kongressvortrag noch eine große Ehre und Auszeichnung war, für deren Annahme ich alles in die Wege leitete, wich diese Bereitschaft mit der wachsenden Zahl der Einladungen einer nüchternen Kalkulation: Kann ich? Will ich? Nutzt es mir? Oder nutzt es nur dem Einladenden zur eigenen Profilierung? Ist dies eine Gegenleistung für eine von ihm bereits gewährte oder zu erwartende Gefälligkeit? Würde mit meiner Absage die Botschaft unserer Klinik zu diesem wichtigen Thema im Konzert der anderen Teilnehmer fehlen? Sollte ich doch besser teilnehmen, um meine Ansichten vorzubringen, zu verteidigen oder zu unterstreichen? Diese vielschichtige Kalkulation macht jeder Kongressredner immer wieder mit sich ab, um dann nach einiger Bedenkzeit zu einem positiven oder negativen Ergebnis zu kommen. Dies gilt vor allem für die Phase der Bewerbung um einen Lehrstuhl im Zenit der wissenschaftlichen Produktivität. Hier übertrifft bei jedem vielgefragten Wissenschaftler die Zahl der Einladungen zu auswärtigen Kongressauftritten meist die der ihm noch verfügbaren freien Termine. Nun will ihn auf einmal jeder hören oder den eigenen Kongress mit seiner Präsentation oder Anwesenheit schmücken. Er selbst aber weiß, dass er in dieser Bewerbungsphase von tausend Augen beobachtet wird und tunlichst keinem auf den Fuß treten sollte. Es ist die Zeit der großen Rücksichtnahme, man braucht viele Freunde und möglichst wenig Feinde. Obwohl im Frühjahr und Spätsommer eigentlich schon alle Wochenenden mit Vortragsterminen belegt sind und das oftmals doppelt und dreifach, muss man sich in dieser sensiblen Phase jede Absage reiflich überlegen. So beginnt nach Vorliegen der schriftlichen Einladung wenige Tage später am Telefon bereits die Verhandlung zwischen dem einladenden Kongressausrichter und dem Referenten über die Termine, die Reihenfolge der Vorträge oder die Erreichbarkeit des Vortragsortes. Geld in Form eines Honorars spielt hierbei eigentlich nie eine Rolle, was fast schon merkwürdig anmutet in einer ansonsten so kommerziell ausgerichteten Welt, aber vielleicht Ausdruck eines letzten Ehrenkodexes unter ärztlichen Kollegen ist. Im Gegenteil erinnere ich Fälle, bei denen die Nachfrage nach dem zu erwartenden Honorar zum unmittelbaren Verhandlungsabbruch führte.

Wenn dann nach reiflicher Überlegung, der um einen Vortrag gebetene Kollege zu der Erkenntnis kommt, dass er den angebotenen Vortrag aus Termingründen leider überhaupt nicht wahrnehmen kann, hätte er die Möglichkeit, dies dem Einladenden persönlich am Telefon mitzuteilen und falls gewünscht, gegebenenfalls einen Vertreter zu benennen. Ungleich schwieriger ist die Situation, wenn der Eingeladene zu dem ihm aufgetragenem Thema absolut nichts zu sagen hat und er aus diesem Grund den Vortrag lieber ablehnen möchten. Dies würde jedoch die unhöfliche Unterstellung beinhalten, dass der ihn Einladende sich nicht ausreichend über den Referenten informiert hat und darum ihm dieses ungeeignete Vortragthema vorgeschlagen hat. Um ihn diesen Verdacht nicht auszusetzen und damit seine wissenschaftliche Kompetenz in Frage zu stellen, könnte der um einen Vortrag gebetene Kollege von sich aus Alternativen zum angefragten Thema vorschlagen, und dem Einladenden damit eine Brücke zur wissenschaftlichen Gesichtswahrung bauen. So könnte er etwa sagen, dass er in dieser speziellen Frage zwar wenig kompetent sei, aber durch eine Ergänzung und Ausweitung der Fragestellung in die Lage versetzt würde, sich mit einem etwas anderen, leicht umformulierten Vortragstitel doch noch am gewählten Kongressthema zu beteiligen. Derart vermiede er die direkte Absage und würde sich die Gewogenheit des Kongressausrichters erhalten. Dies ist sicherlich sehr viel eleganter als eine direkte, alternativlose Absage, die allemal als ein großer Affront aufgefasst würde, wenn sie nicht allein aus Termingründen erfolgte.

Im Falle unlösbarer Terminnöte zum Beispiel wegen nicht vermeidbarer Überschneidungen oder unvereinbarer Doppelauftritten ist es meist klüger, den Einladenden über diesen Sachverhalt persönlich zu informieren und nicht allzu lange im Unklaren zu lassen. Gelegentlich gelingt diesem dann durch die Änderung der Vortragsfolge eine Lösung des Terminproblems, das ja nicht vom Referenten sondern von dem einladenden Kongressausrichter verschuldet ist. Diese Umkehr der Beweislast ist ein bewährtes Mittel einer Win-win-Situation zwischen Referenten und Kongressgestalter – wobei der Letztere als Kongressverantwortlicher jetzt alles Weitere richten muss, während der Referent sich als flexibler Verhandlungspartner hervorragend präsentiert hat. Besser als durch eine etwaige klare Absage hatte er sein Interesse am Zustandekommen des Kongresses deutlich gemacht und überdies seine Hilfsbereitschaft bei der Lösung der Probleme dokumentiert. Sein Gegenüber weiß nun, woran er ist und dass er gegebenenfalls – falls sich die Vortragsfolge nicht ändern lässt – er dann doch einen Alternativkandidaten einladen muss. Anderenfalls böte sich bei Schwierigkeiten mit dem Thema durch eine veränderte Fragestellung vielleicht doch noch die Möglichkeit an, seinen Wunschreferenten zu gewinnen. Als letztes Hilfsmittel zur Überzeugung wird gelegentlich noch die schmeichelnde Feststellung versucht „Wer könnte denn besser über ein so ein schwieriges Thema reden, als gerade Sie!“. Wahrscheinlicher aber ist es, dass sich ein orientalischer Handel zwischen dem Kongressausrichter und dem Referenten entwickelt, indem der Einladende auf die Notwendigkeit seiner Anwesenheit mit dem Hinweis „Sie können doch über alles reden“ die tatsächliche Themenwahl deutlich relativiert und Vortragstitel so gut wie freistellt.

Jedem, der dies liest, muss dieser Ablauf von Anfrage, Zu- oder Absage wie ein ritueller Tanz um das strikt zu vermeidende Wörtchen „nein“ vorkommen. Aber es ist nur Ausdruck unserer Kultur der Abwägung zwischen dem Gewollten, dem letztlich Gesagten und dem höflichen Umgang mit unserem Gegenüber. Wie häufig machen wir auch im normalen Leben derartige Eiertänze, um unser Ziel dennoch zu erreichen, ohne jemanden zu verletzen? Warum sollte das im Kongresswesen anders sein? Auch hier geht es um Verhandlungen zwischen Menschen in ihrem ganzen Stolz und ihrer Eitelkeit. Darum sei diese „Tanzeinlage“ bei der Gewinnung und Absage von Referenten hier einmal so ausführlich im Detail dargestellt.

Hat der eingeladene Referent nach langer Verhandlung dann endlich zugesagt, so ist er dem Einladenden moralisch verpflichtet, auch tatsächlich zur Verfügung zu stehen, d.h. am Kongress teilzunehmen. Er wird im gedruckten Programm erwähnt werden, seine Unterkunft wird organisiert und irgendjemand regelt die Reisemodalitäten. Nach dem ganzen, gelegentlich mehrtägigen Handel ist er jetzt endgültig ein Referent des geplanten Kongresses und wird als solcher auch namentlich im Kongressprogramm und im Internet erwähnt werden. Aus dem Zusatz „Anfrage“ hinter seinem Namen im vorläufigen Programm wird jetzt die Ergänzung „Zusage“. Jetzt gibt es kein Entkommen mehr, er ist mit seiner Zusage gefangen und wird mehr und mehr von anderen Kollegen auf seine Teilnahme an diesem Kongress angesprochen. „Ach wir sehen uns ja bald in XY, schön dass Sie auch dabei sind.“ Das bedeutet, dass alle in seiner wissenschaftlichen Kohorte mit seiner Kongressteilnahme rechnen und sich darum auf ein Treffen mit ihm einstellen. Was anfangs nur eine unverbindliche Anfrage war, ist nun eine verpflichtende Zusage, der man sich nur noch durch Einwirkungen „höherer Gewalt“ entziehen kann, wenn man seine Glaubwürdigkeit bewahren möchte. Und hier gibt es zahlreiche Beispiele häufiger Entschuldigungen wegen einer wirklich akuten Erkrankung, die ein Kommen trotz allen Wollens dann doch letztlich unmöglich gemacht haben. Der einladende Kongressausrichter schwankt bei derartigen Absagen zwischen mitfühlender Sympathie in Form der Mitteilung ernst gemeinter Genesungswünschen oder der Unterstellung vorgetäuschter Sachverhalte. Er erinnert sich an den schwierigen Handel schon bei der Einladung und streicht den fernbleibenden Referenten bereits gedanklich von der Liste zukünftiger Einladungen. Schwieriger ist die Situation bei der Absage wegen dem Tod enger Familienangehöriger. Jeder weiß, dass die Frequenz von Erkrankungen und Todesfällen gelegentlich die Zahl tatsächlicher Anverwandter bei weitem übersteigt. Deshalb haftet einer derartig überraschenden Absage wegen Krankheits- oder Todesfällen in der Familie immer der Beigeschmack einer Notlüge an, die sich aber naturgemäß jeder Nachprüfung entzieht. Bei Politikern sind häufige Gründe einer überraschenden Absage kurzfristig anberaumte Koalitionsgespräche oder Ausschusssitzungen, die eine persönliche Teilnahme erforderlich machen. Bei ihnen sind auch die aktuellen politischen Ereignisse gelegentlich der Grund zur Absage. Journalisten als das Spiegelbild dieser Vorgänge können gelegentlich wegen aktueller Redaktionskonferenzen unabkömmlich sein. Dies wird jeweils mit dem Ausdruck tiefen Bedauerns mitgeteilt und eine erneute Teilnahme zu einem späteren Zeitpunkt verbindlich in Aussicht gestellt. Jede Absage eines im gedruckten Programm angekündigten Redners beinhaltet also den Versuch, höhere Gewalt als den eigentlichen Grund darzustellen. Jeder Redner ist mit seiner Zusage an diesen Ehrenkodex gebunden und wird darum sein gegebenes Wort auch einhalten.

Die einzige tatsächliche Ausnahme in meiner mehrere Jahrzehnte währenden Tätigkeit als Kongressausrichter war ein bekannter Politiker mit medizinischem Hintergrund, der am letzten Tag eines dreitägigen internationalen Symposions mit hochkarätigen eingeladenen...

Erscheint lt. Verlag 9.9.2016
Illustrationen Hannes Mercker
Vorwort Peter M. Vogt
Verlagsort Heidelberg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Chirurgenleben • Krankenhaus • Medizin • Operationen • Ordinarius für Chirurgie • Patienten • Reisen
ISBN-10 3-942825-49-X / 394282549X
ISBN-13 978-3-942825-49-8 / 9783942825498
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