In fünf Jahren (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
320 Seiten
btb (Verlag)
978-3-641-26131-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

In fünf Jahren -  Rebecca Serle
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Wo sehen Sie sich in fünf Jahren? Als die ehrgeizige New Yorker Anwältin Dannie dies beim wichtigsten Bewerbungsgespräch ihrer jungen Karriere gefragt wird, ist ihre Antwort klar, hat sie doch einen minutiös ausgeklügelten Lebensplan. An diesem Abend macht ihr Freund ihr einen Heiratsantrag, und sie legt sich schlafen mit dem guten Gefühl, dass alles so läuft, wie sie es sich gewünscht hat. Doch als sie mitten in der Nacht aufwacht, befindet sie sich in einer fremden Wohnung, an ihrem Finger steckt ein anderer Ring, und neben ihr liegt ein ganz anderer Mann. Im Hintergrund laufen die Nachrichten, und sie sieht das Datum: Es ist derselbe Tag, der 15. Dezember, doch fünf Jahre in der Zukunft. Nach einer Stunde, die alles in Frage stellt, an das sie bisher geglaubt hat, wacht sie in ihrem eigenen Bett wieder auf. Und obwohl sie versucht, diesen Moment zu vergessen, kann sie es nicht. Bis sie viereinhalb Jahre später dem Mann aus ihrem Traum begegnet ...

Rebecca Serle ist Autorin und Drehbuchschreiberin und lebt in New York und Los Angeles. »In fünf Jahren« wurde von Leser*innen und Presse begeistert aufgenommen und stand monatelang auf der New-York-Times-Bestsellerliste. Rebecca Serles Bücher erscheinen in 24 Ländern.

1


Fünfundzwanzig. Jeden Morgen, bevor ich die Augen aufmache, zähle ich bis fünfundzwanzig. Das ist eine meditative Technik zur Beruhigung, die dem Gehirn dabei hilft, sich besser zu erinnern, zu konzentrieren und achtsam zu sein, doch der eigentliche Grund, warum ich es tue, ist, dass mein Freund David genau so lange braucht, um neben mir aus dem Bett zu steigen und die Kaffeemaschine einzuschalten. Und so lange dauert es auch, bis ich die frisch gemahlenen Bohnen rieche.

Sechsunddreißig. So viele Minuten brauche ich, um mir die Zähne zu putzen, zu duschen, mein Gesicht mit Gesichtswasser zu reinigen, ein Serum, Tagescreme und Make-up aufzutragen und mir für die Arbeit ein Outfit auszusuchen. Wenn ich mir die Haare wasche, sind es dreiundvierzig.

Achtzehn. So lange brauche ich zu Fuß von unserer Wohnung in Murray Hill bis zur East Forty-Seventh Street, wo die Kanzlei Sutter, Boyt & Barn ihren Sitz hat.

Vierundzwanzig. So viele Monate sollte man meiner Meinung nach mit jemandem zusammen sein, bevor man sich eine gemeinsame Wohnung sucht.

Achtundzwanzig. Das richtige Alter, um sich zu verloben.

Dreißig. Das richtige Alter, um zu heiraten.

Mein Name ist Dannie Kohan. Und ich glaube an ein Leben nach Zahlen.

»Viel Glück für das Bewerbungsgespräch«, sagt David, als ich in die Küche komme. Heute. 15. Dezember. Ich trage einen Bademantel und habe mir ein Handtuch um die Haare geschlungen. Er ist immer noch im Schlafanzug, und sein braunes Haar zeigt für jemanden, der noch nicht mal die Schallgrenze von dreißig überschritten hat, einen bemerkenswert hohen Anteil an Grau, aber mir gefällt es. Er sieht dadurch würdevoller aus, besonders, wenn er seine Brille trägt, was er oft tut.

»Danke«, sage ich. Ich schlinge die Arme um ihn, küsse ihn auf den Hals und dann auf die Lippen. Ich habe mir bereits die Zähne geputzt, aber David hat morgens nie schlechten Atem. Nie. Als wir uns damals gerade erst kennengelernt hatten, dachte ich, er stehe vor mir auf, um sich rasch ein bisschen Zahnpasta auf die Zähne zu schmieren, doch als wir dann zusammenzogen, stellte ich fest, dass er von Natur aus frischen Atem hat. Er wacht einfach so auf. Von mir kann man das nicht behaupten.

»Kaffee ist fertig.«

Er blinzelt mich an, und mir geht das Herz auf bei dem Gesicht, das er dabei macht, wie zerknittert es aussieht, wenn er versucht, etwas zu erkennen, aber seine Kontaktlinsen noch nicht drin hat.

David holt einen Kaffeebecher aus dem Regal und schenkt mir ein. Ich gehe zum Kühlschrank, und als er mir die Tasse reicht, gebe ich ein bisschen Kaffeeweißer dazu. Coffee Mate, Haselnussgeschmack. David hält das für Frevel, aber er sieht es mir nach. Genau so ist er: ein Mann mit einer festen Meinung, aber großzügig.

Ich nehme meine Kaffeetasse und setze mich in unsere Kochnische mit Blick auf die Third Avenue. Murray Hill ist nicht gerade das glamouröseste Viertel in New York und hat ungerechtfertigterweise einen schlechten Ruf (jedes Mitglied einer studentischen jüdischen Verbindung, ob Männlein oder Weiblein, ob aus New York, New Jersey, Connecticut oder Pennsylvania, sucht sich nach der Schule hier eine Wohnung, und die meisten tragen das Sweatshirt der Pennsylvania State University), doch nirgendwo sonst in der Stadt könnten wir uns eine Zweizimmerwohnung mit eigener Küche in einem Gebäude mit Portier leisten, obwohl wir zusammen genommen mehr Geld verdienen, als es einem Paar Achtundzwanzigjähriger eigentlich zusteht.

David ist in der Finanzbranche tätig und arbeitet als Investmentbanker bei Tishman Speyer, einem Zusammenschluss von Immobilienmaklern. Ich bin Firmenanwältin. Und heute habe ich ein Bewerbungsgespräch bei der besten Anwaltskanzlei der Stadt. Wachtell. Das Mekka. Besser geht’s nicht. Das legendäre Hauptquartier der New Yorker Anwaltschaft, das seinen Sitz in einer schwarzgrauen Festung an der West Fifty-Second Street hat. Alle Spitzenanwälte des Landes arbeiten dort. Die Liste der Mandanten ist endlos, die Kanzlei vertritt alles, was Rang und Namen hat: Boeing, ING, den Telekommunikationsriesen AT&T. Die größten Firmenfusionen, alle Deals, die über Wohl und Wehe unserer globalen Märkte entscheiden, finden in den heiligen Hallen von Wachtell statt.

Seit ich zehn war und mein Vater mich gelegentlich zu einem Lunch bei Serendipity und einer Matinee in die Stadt mitnahm, wollte ich für Wachtell arbeiten. Jedes Mal, wenn wir an den großen Gebäuden am Times Square vorbeigingen, bestand ich darauf, bis zur West Fifty-Second Street 51 hochzugehen, weil ich unbedingt einen Blick auf das CBS Building werfen wollte, wo Wachtell bereits seit dem Jahr 1965 seine Büros hat.

»Du wirst das Ding heute rocken, Baby«, sagt David. Er reckt sich, zeigt einen Streifen Bauch. David ist groß und schlaksig. Alle seine T-Shirts sind zu klein, wenn er sich streckt, aber ich sehe es gern. »Bist du bereit?«

»Natürlich.«

Als ich zu diesem Bewerbungsgespräch eingeladen wurde, hielt ich es zuerst für einen Witz. Klar, ein Headhunter von Wachtell ruft mich an, das glaubt doch keiner. Da musste Bella, meine beste Freundin – eine impulsive, Überraschungen liebende Blondine, wie sie im Buche steht –, jemanden eingespannt haben, um mich zu veräppeln. Doch dann stellte sich heraus, dass es stimmte. Wachtell, Lipton, Rosen & Katz wollten ein Gespräch mit mir führen. Heute, am 15. Dezember. Ich schrieb mir das Datum sofort in meinen elektronischen Kalender. Bei diesem Termin würde nichts dazwischenkommen.

»Vergiss nicht, dass wir heute Abend essen gehen«, sagt David. »Das muss gefeiert werden.«

»Ich werde heute noch gar nicht erfahren, ob ich den Job kriege«, teile ich ihm mit. »So läuft das nicht mit Bewerbungsgesprächen.«

»Echt? Das musst du mir genauer erklären.« Er flirtet mit mir. David ist ein großer Flirter. Man würde es kaum glauben, wenn man ihn sieht – meistens ziemlich zugeknöpft –, aber er ist ein witziger Typ. Das ist eins der Dinge, die ich am meisten an ihm liebe. Und weshalb ich mich gleich in ihn verliebt habe.

Ich hebe die Augenbrauen, und er schaltet einen Gang runter. »Natürlich kriegst du den Job«, grinst er. »Ist vorherbestimmt.«

»Ich weiß deine Zuversicht zu schätzen.«

Ich belasse es dabei, denn ich weiß, was heute Abend passieren wird. David tut sich hart damit, ein Geheimnis für sich zu behalten, und er ist ein noch schlechterer Lügner. Heute Abend, zwei Monate nach meinem achtundzwanzigsten Geburtstag, wird David Andrew Rosen mir einen Heiratsantrag machen.

»Zwei Esslöffel Raisin Bran, halbe Banane?«, fragt er und hält mir eine Müslischale hin.

»Große Tage sind Bagel-Tage«, sage ich. »Weißfisch. Das weißt du doch.«

Bevor wir einen großen Fall abschließen, mache ich immer einen Zwischenstopp bei Sarge’s auf der Third Avenue. Ihr Weißfischsalat kann mit dem von Katz’s Delicatessen downtown mithalten, und selbst mit Schlange muss man nie länger als viereinhalb Minuten warten. Ich bin begeistert von so viel Effizienz.

»Vergiss bloß nicht das Kaugummi«, sagt David und nimmt neben mir Platz. Ich schlage die Augen nieder und nehme einen Schluck Kaffee. Er schmeckt süß und warm.

»Du bist spät dran«, sage ich zu ihm. Das wurde mir eben erst klar. David müsste schon seit Stunden weg sein. Seine Arbeitszeit richtet sich nach der Börse. Aber womöglich geht er heute überhaupt nicht ins Büro. Vielleicht muss er ja noch den Ring abholen.

»Ich dachte, ich verabschiede dich gebührend.« Er schaut auf seine Uhr. Es ist eine Apple. Ich habe sie ihm zu unserem zweijährigen Jubiläum geschenkt, das vier Monate her ist. »Aber jetzt muss ich mich beeilen. Ich wollte noch ins Fitness.«

David geht nie ins Fitness-Studio. Er zahlt einen monatlichen Beitrag bei Equinox, hat die Mitgliedschaft aber in zweieinhalb Jahren höchstens zweimal genutzt. Mein Freund ist von Natur aus rank und schlank; am Wochenende joggt er ab und zu. Wir kabbeln uns öfter wegen der unnötigen Ausgabe, deshalb spreche ich das Thema heute Morgen nicht an. Nichts soll uns den heutigen Tag verderben, erst recht nicht so früh am Morgen.

»Klar«, sage ich. »Ich mach mich jetzt fertig.«

»Aber du hast doch noch Zeit.« David zieht mich an sich und schiebt eine Hand in den Ausschnitt meines Bademantels. Ich lasse sie, wo sie ist. Eins, zwei, drei, vier …

»Ich dachte, du bist spät dran. Und ich muss mich konzentrieren.«

Er nickt. Küsst mich. Hat verstanden. »Dann holen wir heute Nacht alles nach«, sagt er.

»Und führe mich nicht in Versuchung«, sage ich neckend und kneife ihn in den Bizeps.

Mein Handy, das auf dem Nachttischchen im Schlafzimmer in der Ladestation liegt, klingelt, und ich gehe hin. Als ich es in die Hand nehme, erscheint auf dem Screen das Bild einer blauäugigen, blonden Göttin, die der Kamera seitlich die Zunge herausstreckt. Bella. Ich bin überrascht. Normalerweise wacht meine beste Freundin nicht vor Mittag auf, wenn sie die ganze Nacht unterwegs war.

»Guten Morgen«, sage ich. »Wo bist du? Doch nicht in New York.«

Sie gähnt. Ich sehe sie vor mir, wie sie sich irgendwo auf einer Terrasse am Meer räkelt, nur notdürftig von einem Seidenkimono verhüllt.

»Nicht New York. Paris«, sagt sie.

Nun, das erklärt auch ihre Gesprächigkeit zu so früher Stunde. »Ich dachte, du fliegst erst heute Abend?« Ich habe ihre Flugdaten auf meinem Handy. UA 57, Abflug Newark zwanzig vor sieben.

»Ich bin früher geflogen«,...

Erscheint lt. Verlag 14.6.2022
Übersetzer Judith Schwaab
Sprache deutsch
Original-Titel In Five Years
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2022 • Anwältin • eBooks • Freundschaft • Liebesgeschichte • Liebesromane • Manhattan • Neuanfang • Neuerscheinung • New York • New-York-Times-Bestseller • Roman • Romane • SPIEGEL-Bestseller • Zwei an einem Tag
ISBN-10 3-641-26131-7 / 3641261317
ISBN-13 978-3-641-26131-3 / 9783641261313
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