Babel (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman - Der weltweite Bestseller über die Magie der Sprache und die Macht von Worten. Deutsche Ausgabe
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
733 Seiten
Eichborn AG (Verlag)
978-3-7517-4838-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Babel -  Rebecca F. Kuang
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»Das Aufregendste im Fantasygenre seit Harry Potter« Denis Scheck

1828. Robin Swift, den ein Cholera-Ausbruch im chinesischen Kanton als Waisenjungen zurücklässt, wird von dem geheimnisvollen Professor Lovell nach London gebracht. Dort lernt er jahrelang Latein, Altgriechisch und Chinesisch, um sich auf den Tag vorzubereiten, an dem er in das Königliche Institut für Übersetzung der Universität Oxford - auch bekannt als Babel - aufgenommen werden soll.

Oxford ist das Zentrum allen Wissens und Fortschritts in der Welt. Für Robin erfüllt sich ein Traum, an dem Ort zu studieren, der die ganze Macht des britischen Empire verkörpert.

Denn in Babel wird nicht nur Übersetzung gelehrt, sondern auch Magie. Das Silberwerk - die Kunst, die in der Übersetzung verloren gegangene Bedeutung mithilfe von verzauberten Silberbarren zu manifestieren - hat die Briten zu unvergleichlichem Einfluss gebracht. Dank dieser besonderen Magie hat das Empire große Teile der Welt kolonisiert.

Für Robin ist Oxford eine Utopie, die dem Streben nach Wissen gewidmet ist. Doch Wissen gehorcht Macht, und als chinesischer Junge, der in Großbritannien aufgewachsen ist, erkennt Robin, dass es Verrat an seinem Mutterland bedeutet, Babel zu dienen. Im Laufe seines Studiums gerät Robin zwischen Babel und den zwielichtigen Hermes-Bund, eine Organisation, die die imperiale Expansion stoppen will. Als Großbritannien einen ungerechten Krieg mit China um Silber und Opium führt, muss Robin sich für eine Seite entscheiden ...

Aber kann ein Student gegen ein Imperium bestehen?

Der spektakuläre Roman der preisgekrönten Autorin Rebecca F. Kuang über die Magie der Sprache, die Gewalt des Kolonialismus und die Opfer des Widerstands.



<p><strong>Rebecca F. Kuang</strong>ist NEW-YORK-TIMES-Bestsellerautorin und wurde vielfach für ihr Werk ausgezeichnet. Ihr Roman<strong>Babel</strong>war ein weltweiter Erfolg und gewann unter anderem den British Book Award und den Nebula. Sie ist Marshall-Stipendiatin, Übersetzerin und hat einen Philologie-Master in Chinastudien der Universität Cambridge und einen Soziologie-Master in zeitgenössischen Chinastudien der Universität Oxford. Zurzeit promoviert Rebecca Kuang in Yale in ostasiatischen Sprachen und Literatur.</p>

Rebecca F. Kuang ist NEW-YORK-TIMES-Bestsellerautorin und für den Hugo, Nebula, Locus und World Fantasy Award nominierte Autorin. Sie ist Marshall-Stipendiatin, Übersetzerin und hat einen Philologie-Master in Chinastudien der Universität Cambridge und einen Soziologie-Master in zeitgenössischen Chinastudien der Universität Oxford. Zurzeit promoviert sie in Yale in ostasiatischen Sprachen und Literatur. Heide Franck übersetzt seit 2010 aus dem Englischen und Schwedischen, darunter Werke von Joe R. Lansdale, Anna Jansson und Olivie Blake. Alexandra Jordan lebt in Münster und übersetzt Literatur (Ernest Cline, Olivie Blake) und Videospiele.

KAPITEL EINS


Que siempre la lengua fue compañera del imperio; y de tal manera lo siguió, que junta mente començaron, crecieron y florecieron, y después junta fue la caida de entrambos.

Immer war die Sprache Begleiterin des Imperiums und folgte ihm so, dass sie zusammen begannen, wuchsen und zur Blüte kamen und dann gemeinsam verfielen.

ANTONIO DE NEBRIJA
Gramática de la lengua castellana

Als Professor Richard Lovell den Weg durch die schmalen Gassen von Kanton zu der verblichenen Adresse aus seinem Kalender gefunden hatte, war in dem Haus nur noch der Junge am Leben.

Die Luft roch ranzig, der Boden war glitschig. Ein voller Wasserkrug stand unberührt neben dem Bett. Anfangs hatte der Junge zu viel Angst gehabt, sich übergeben zu müssen, wenn er trank; jetzt war er zu schwach, um den Krug zu heben. Er war zwar noch bei Bewusstsein, jedoch in einem nebligen Halbtraum versunken. Bald, so wusste er, würde er in einen tiefen Schlaf fallen und daraus nicht mehr erwachen. So war es vor einer Woche seinen Großeltern ergangen, einen Tag später seinen Tanten, und dann, noch einen Tag später, Miss Betty, der Engländerin.

Seine Mutter war an diesem Morgen gestorben. Er lag neben ihrer Leiche und sah zu, wie sich ihre Haut zunehmend blau-lila färbte. Das Letzte, was sie zu ihm gesagt hatte, war sein Name gewesen. Zwei Silben, die sie tonlos gehaucht hatte. Dann hatte sich ihr Gesicht verzerrt, war schlaff geworden. Ihre Zunge hing ihr aus dem Mund. Der Junge versuchte, ihre verhangenen Augen zu schließen, doch die Lider öffneten sich immer wieder.

Als Professor Lovell klopfte, öffnete niemand die Tür. Als er sie eintrat, schrie niemand überrascht auf – sie war verschlossen gewesen, denn Diebe nutzten die Seuche und nahmen die Häuser in der Nachbarschaft bis auf die Knochen aus, und obwohl es bei ihnen nur wenig Wertvolles zu holen gab, hatten der Junge und seine Mutter ein wenig Ruhe gewollt, bevor die Krankheit sie ebenfalls heimsuchte. Der Junge hatte das Gepolter gehört, konnte sich jedoch nicht dazu aufraffen, sich darum zu scheren.

Zu diesem Zeitpunkt wollte er nur sterben.

Professor Lovell ging die Treppe hinauf, betrat das Zimmer und blieb einen langen Augenblick neben dem Jungen stehen. Entweder bemerkte er die tote Frau auf dem Bett nicht, oder er wollte sie nicht bemerken. Der Junge lag still in seinem Schatten und fragte sich, ob diese große, bleiche Gestalt gekommen war, um seine Seele zu holen.

»Wie fühlst du dich?«, fragte Professor Lovell.

Der Junge atmete zu angestrengt, um zu antworten.

Professor Lovell kniete sich neben das Bett. Er zog einen schmalen Silberbarren aus seiner Jacketttasche und legte ihn auf die nackte Brust des Jungen, der zusammenzuckte; das Metall brannte, stechend wie Eis.

»Triacle«, sagte Professor Lovell erst auf Französisch. Dann auf Englisch: »Treacle.« Sirup.

Der Barren leuchtete blassweiß auf. Aus dem Nichts erklang ein gespenstischer Laut; ein Klingen, ein Singen. Der Junge wimmerte, drehte sich auf die Seite, krümmte sich zusammen, seine Zunge tastete verwirrt in seinem Mund umher.

»Durchhalten«, murmelte Professor Lovell. »Schluck den Geschmack hinunter.«

Die Sekunden tröpfelten vorbei. Der Atem des Jungen beruhigte sich. Er öffnete die Augen. Jetzt sah er Professor Lovell deutlicher, konnte die schiefergrauen Augen und die gebogene Nase erkennen – yīnggōubí nannten sie so eine Nase, Adlernase –, die nur einem Ausländer gehören konnte.

»Wie fühlst du dich jetzt?«, fragte Professor Lovell.

Der Junge holte noch einmal tief Luft. Dann sagte er auf überraschend gutem Englisch: »Es ist süß. Es schmeckt so süß …«

»Gut. Dann hat es funktioniert.« Professor Lovell steckte den Barren wieder zurück in seine Tasche. »Ist hier noch jemand am Leben?«

»Nein«, flüsterte der Junge. »Nur ich.«

»Gibt es etwas, das du nicht zurücklassen willst?«

Der Junge war einen Augenblick lang still. Eine Fliege landete auf der Wange seiner Mutter und krabbelte über ihre Nase. Er wollte sie verscheuchen, war jedoch zu schwach, um die Hand zu heben.

»Ich kann keine Leiche mitnehmen«, sagte Professor Lovell. »Nicht dorthin, wo wir hingehen.«

Der Junge blickte seine Mutter lange an.

»Meine Bücher«, sagte er schließlich. »Unter dem Bett.«

Professor Lovell beugte sich hinab und zog vier dicke Bände hervor. Bücher auf Englisch, deren Rücken vom vielen Lesen ramponiert waren, die Seiten so abgegriffen, dass die gedruckte Schrift kaum noch lesbar war. Der Professor blätterte darin umher, musste gegen seinen Willen lächeln und packte sie in seine Tasche. Dann nahm er den dünnen Jungen auf den Arm und trug ihn aus dem Haus.

Im Jahr 1829 breitete sich eine Seuche, die später als Cholera bekannt werden sollte, von Kalkutta über den Golf von Bengalen bis in den Fernen Osten aus – erst nach Siam, dann nach Manila und dann über Kaufmannsschiffe bis an die Küste Chinas. Die dehydrierten, hohläugigen Mannschaften warfen ihre Abfälle in den Perlfluss, aus dem Tausende tranken, in dem Tausende schwammen und badeten, und kontaminierten so das Wasser. Die Cholera traf wie eine Flutwelle auf Kanton und arbeitete sich rasant von den Docks bis in die weiter innen liegenden Wohnviertel vor. Das Viertel, in dem der Junge gelebt hatte, war innerhalb weniger Wochen wie ausgelöscht, ganze Familien starben hilflos in ihren Häusern. Als Professor Lovell den Jungen aus den Gassen Kantons trug, waren bereits alle Nachbarn in seiner Straße tot.

All das erfuhr der Junge, als er in einem sauberen, gut beleuchteten Zimmer in der English Factory erwachte, in Decken gewickelt, die weicher und weißer waren als alles, was er jemals berührt hatte. Sie trugen nur wenig dazu bei, dass es ihm besser ging. Ihm war unglaublich heiß und seine Zunge lag ihm wie ein sandiger Stein im Mund. Er fühlte sich, als ob er weit über seinem Körper schwebte. Wann immer der Professor sprach, schoss dem Jungen ein scharfer Schmerz durch die Schläfen, und seine Sicht färbte sich rot.

»Du hast großes Glück«, sagte Professor Lovell. »Diese Krankheit rafft beinahe alle dahin.«

Der Junge starrte ihn an, fasziniert von dem langen Gesicht und den hellgrauen Augen des Fremden. Wenn er seinen Blick unscharf werden ließ, wurde der Fremde zu einem Riesenvogel. Einer Krähe. Nein, einem Raubvogel. Zu etwas Grausamem, etwas Starkem.

»Verstehst du, was ich sage?«

Der Junge leckte sich über die ausgetrockneten Lippen und antwortete.

Professor Lovell schüttelte den Kopf. »Auf Englisch. Benutze dein Englisch.«

Dem Jungen brannte die Kehle. Er hustete.

»Ich weiß, dass du Englisch sprichst.« Professor Lovells Stimme klang warnend. »Nutze es.«

»Meine Mutter«, keuchte der Junge. »Sie haben meine Mutter vergessen.«

Professor Lovell antwortete nicht. Umgehend stand er auf und strich sich über die Knie, bevor er den Raum verließ, auch wenn der Junge nicht verstand, wie sich in den wenigen Minuten, die der Professor bei ihm gesessen hatte, Staub auf seiner Hose hätte sammeln können.

Am nächsten Morgen konnte der Junge eine Schale Brühe austrinken, ohne zu würgen. Den darauffolgenden Morgen konnte er ohne allzu viel Schwindel stehen, obwohl seine Knie in letzter Zeit so selten gebraucht worden waren und so stark zitterten, dass er sich am Bettrahmen festhalten musste, um nicht umzufallen. Sein Fieber sank; sein Appetit kehrte zurück. Als er am Nachmittag erneut erwachte, stand anstelle einer Schale ein Teller mit zwei dicken Scheiben Brot und einem großen Stück Roastbeef vor ihm. Ausgehungert aß er den Teller mit bloßen Händen leer.

Die meiste Zeit verbrachte er in traumlosem Schlaf, der regelmäßig durch die Ankunft einer Mrs Piper unterbrochen wurde – einer fröhlichen runden Frau, die seine Kissen aufschüttelte, ihm die Stirn mit einem wunderbar kalten Tuch abwischte und deren Englisch so merkwürdig klang, dass der Junge sie bei jedem Besuch mehrfach bitten musste, sich zu wiederholen.

»Meine Güte«, gluckste sie, als er sie das erste Mal darum bat. »Hast wohl noch nie ’ne Schottin gesehen.«

»Eine … Schottin? Was ist eine Schottin?«

»Zerbrich dir darüber mal nicht den Kopf.« Sie tätschelte ihm die Wange. »Du lernst schon noch früh genug, wie Großbritannien aussieht.«

An jenem Abend brachte Mrs Piper ihm neben seinem Abendessen – wieder Brot und Fleisch – die Nachricht, dass der Professor ihn in seinem Büro sehen wollte. »Das ist nur die Treppe hoch. Zweite Tür rechts. Iss erst auf; der geht nirgendwohin.«

Der Junge aß schnell und zog sich mit Mrs Pipers Hilfe an. Er wusste nicht, woher die Kleidung kam – sie war im westlichen Stil geschneidert und passte überraschend gut an seinen kleinen, dünnen Körper –, doch er war zu müde, um Fragen zu stellen.

Als er die Treppe hinaufging, zitterte er. Ob es an Müdigkeit oder Beklommenheit lag, wusste er nicht. Die Tür zum Büro des Professors war geschlossen. Er hielt einen Moment inne, um zu Atem zu kommen, dann klopfte er.

»Herein«, rief der Professor.

Die Tür war sehr schwer. Der Junge musste sich gegen das Holz stemmen, um sie zu öffnen. Ihm schlug der überwältigende, staubig-tintige Geruch von Büchern entgegen. Stapel über Stapel – einige ordentlich in Regale gestellt, andere achtlos zu wackeligen Pyramiden...

Erscheint lt. Verlag 28.4.2023
Übersetzer Heide Franck, Alexandra Jordan
Sprache deutsch
Original-Titel Babel
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Book Of The Year • Britischer Humor • British Book Awards • China • dark academia • Empire • Fantastik • Fantasy • Fantasy Bücher • Großbritannien • Humor • Kanton • Kolonialismus • Kolonialreich • literarische Unterhaltung • London • Magie • Nebula-Award • Neil Gaiman • Oxford • Phantastik • Phantastische Literatur • Übersetzung • UK • Universität • Verschwörung • Widerstand • Young Adult
ISBN-10 3-7517-4838-5 / 3751748385
ISBN-13 978-3-7517-4838-4 / 9783751748384
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