Das dritte Herz des Oktopus (eBook)

Spiegel-Bestseller
Thriller
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
700 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-4826-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das dritte Herz des Oktopus -  Dirk Rossmann,  Ralf Hoppe
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Das Jahr 2032, die Weltregierung kämpft gegen die Klimakatastrophe. Aber immer noch sperren und sträuben sich auf der Welt viel zu viele Menschen - wie kann man sie überzeugen, zur Einsicht bringen? Oder sogar - ändern? Ein ehrgeiziger Wissenschaftler hat eine Lösung: Ein Parasit, der unser Denken verwandelt, der uns zu besseren Menschen macht. Doch als ein Verbrecher diesen Parasiten für seine skrupellosen Ziele benutzen will, liegt unser aller Schicksal in den Händen eines kleinen Beamten und einer temperamentvollen Millionärin.

DIRK ROSSMANN ist erfolgreicher Unternehmer und Schriftsteller, unter anderem Mitgründer der "Deutschen Stiftung Weltbevölkerung". Alle seine Bücher standen auf Platz 1 der SPIEGEL-Bestsellerliste. Dirk Rossmann setzt sich intensiv für den Klimaschutz ein. RALF HOPPE arbeitete fast drei Jahrzehnte für die ZEIT und den SPIEGEL. Seine Reportagen wurden vielfach preisgekrönt (u. a. Henri-Nannen-Preis, Theodor-Wolff-Preis).

Marianengraben, Pazifischer Ozean


Elf Grad nördlicher Breite, hundertzweiundvierzig Grad östlicher Länge – die Koordinaten beschreiben, bei aller Exaktheit, dennoch einen Ort im Nirgendwo, definieren im Undefinierbaren, anders gesagt: in der Leere und Weite des Pazifischen Ozeans.

Hier auf dem Meer hört scheinbar alles auf. Weiter entrückt von der Zivilisation, weiter entfernt vom Festland, von Menschen und Städten kann man nicht sein.

Ein einsamer Schiffbrüchiger, der hier vorbeitriebe, in einem Rettungsboot etwa, hätte nichts, woran sein Auge sich festhalten könnte, keine Insel, keine Orientierung, keine Horizontlinie. Das nächste Eiland, Guam, das zu Mikronesien gehört, zur »Welt der kleinen Inseln«, liegt Hunderte von Seemeilen entfernt. Unser Mann in seinem Boot sähe nur Himmel und Meer, ein blaues Panorama, so weit man schaut. Gewaltig und atemberaubend, unendlich und meistens friedlich.

Zwar gibt es gelegentlich Stürme hier, die wochenlang brüllen und toben, aber die meisten Tage sind warm und freundlich, daher hat der Pazifik auch seinen Namen, das Meer des Friedens. Meist weht eine milde Brise. Die Luft ist seidig, die Himmelskuppel ziseliert mit weißen Federwölkchen, das Plätschern der Wellen ist einlullend.

Der Pazifik, inklusive seiner Nebenmeere, ist mit Abstand die größte Wasserfläche auf der Erde. Mehr als die Hälfte allen Wassers auf dem Planeten befindet sich hier, mehr als ein Drittel der Erdoberfläche wird vom Pazifik bedeckt. Aber wirklich erfassen lässt sich die Gewalt und Größe dieses Meeres weder mit Zahlen noch mit Worten – und für den Menschen wahrscheinlich gar nicht.

Bei aller Verlorenheit ist diese eine, ganz bestimmte Position nördlicher Breite und östlicher Länge dennoch besonders, dennoch geheimnisvoll, nicht nur als Schauplatz dieser Erzählung.

Ihr Geheimnis liegt in der Tiefe, in dem, was man nicht sieht.

*

Steigen wir also hinab. In die Tiefe, wo der Ursprung allen Lebens ist, und auch der Beginn dieser Geschichte.

Hier, an diesen Koordinaten, verläuft nämlich der sogenannte Marianengraben, hier ist der tiefste Punkt der Erde. Hier ist die See nicht etwa nur durchschnittlich 52 Meter tief, wie in der Ostsee, oder 1 450 Meter, wie im Mittelmeer – nein, hier geht es mehr als zehn Kilometer tief hinab. In eine Welt immerwährender Dunkelheit, die nichts gemein hat mit der Welt da oben. Würde man den Mount Everest in seiner Majestät auf den Grund der Rinne verfrachten, läge der Gipfel immer noch zwei glatte Kilometer unter Wasser.

Der Marianengraben ist, wissenschaftlich ausgedrückt, eine Senkung des Meeresbodens, ein tiefer, eingepresster Sichelabdruck, so lang wie die Entfernung zwischen Berlin und Madrid. Über der tektonischen Spalte liegt die gewaltige Kraft der Wassersäule. An der bisher gemessenen tiefsten Stelle liegt der Druck bei etwa 1 093 Bar. Für den menschlichen Körper, ausgerichtet auf ein Tausendstel dessen, bedeutet das, dass etwa siebzehn Millionen Kilo auf ihm lasten würden. Ein Tiefseetaucher, den der unkluge Gedanke überkäme, seine Tauchglocke versuchsweise zu verlassen, würde das merken – oder eigentlich nicht merken. Im Bruchteil einer Sekunde würden sämtliche Organe und Knochen, die mit Gas oder Luft gefüllt sind, zerquetscht: Die Lunge würde auf die Größe etwa einer Mandarine zusammengedrückt, Schädelknochen wie das Schläfenbein oder das Stirnbein würden pulverisiert. Pink ashes, sagen die Tiefseetaucher, blutrotes Pulver. Und die physikalischen Kräfte wirken ohne Zeitverzögerung; es ginge sehr schnell.

Und trotzdem gibt es hier unten, am Bodensatz der Welt, an diese Umstände angepasste Wesen, flitzende, beißende, fressende Geschöpfe, dem Überleben gewidmete Aktivitäten. Denn das Leben findet fast immer seinen Weg, auch hier unten, in steter Dunkelheit. Die Evolution hatte Zeit, und Raum für Mutationen und Experimente gab es hier unten auch.

Die Tiefsee ist weniger erforscht als die Oberfläche des Planeten Mars, aber ungleich belebter. Spanische Wissenschaftler schätzen, dass die Zahl der Geschöpfe in der Tiefsee zehnmal höher liegt, vielleicht sogar tausendmal höher als bislang gedacht. Es gibt eine wahrscheinlich vier- oder fünfstellige Zahl von unbekannten Bakterien, und es existieren Parasiten, deren Wirkung wir nicht kennen, deren Herkunft im Dunkeln liegt.

Die Wesen, die bislang entdeckt wurden und die dieses gepresste Dasein aushalten, sehen bizarr aus – aber das ist nur Geschmackssache, eine Frage der Perspektive, aus Sicht der Tiefseebewohner wären wir Menschen die Monströsen und Seltsamen.

Da ist zum Beispiel der Anglerfisch. Ein unschöner und grimmiger Geselle – genau genommen: eine Gesellin, denn nur die weiblichen Tiere erreichen eine ansehnliche Größe von etwa einem Meter, die Männchen, nur ein Sechzigstel so groß, schwimmen als kleine Fortsätze mit, manchmal sogar im Körper des Weibchens. Aber beim Anglerfisch weiß man zumindest, wo vorn und hinten ist. Vorn scheint das Tier nur aus einem Kopf, beziehungsweise aus einem zahnbewehrten Maul zu bestehen, dazwischen ein plumper, stachliger Leib, hinten hängt ein Schwänzchen dran, winzig, faserig, fast lieblos, als hätte die Evolution die Lust verloren. Mit seinen spitz-scharfen Zahnreihen sieht das Tier aus wie ein schwimmender Bolzenschneider, ausgestattet mit einem flimmernden Leuchtorgan, das der Anglerfisch vor sich herträgt wie ein Kind beim Laternegehen, und das ihm seine Beute zutreiben soll.

Harmloser als der Anglerfisch ist der Scheibenbauch, auch Schneckenfisch genannt, wegen seiner schleimigen, schuppenlosen Haut und der energiesparenden Langsamkeit, mit der er durchs Leben gleitet und, eher stumpf, nichts als Flohkrebse verspeist.

Die meisten dieser Tiefseebewohner aber sind winzig, für das menschliche Auge unsichtbar: Bakterien, Einzeller, exotische Parasiten, die wenige Mikrometer lang sind. Denn ein großer Organismus bedeutet Aufwand in der Unterhaltung, die Proteinketten, die etwa die Muskulatur ausmachen, drohen unter dem Druck ständig zu verklumpen, was den Tod bedeutet. So sind die meisten Seegurken, die an die neunzig Prozent der bodennahen Biomasse ausmachen, klein, primitive Bodenstaubsauger, die alles abgrasen, was nach unten sinkt – manche Arten können allerdings bis zu zwei Meter lang werden. Und sehr selten gibt es sogar Säugetiere, die diese Tiefen aufsuchen: Pottwale zum Beispiel; die Zellen der Pottwale stellen ein Enzym her, das die Verklebung ihrer Eiweißketten verhindert.

*

Und dann existiert in diesen tiefsten Bereichen noch ein anderes riesiges Wesen. Eine Kreatur, die dem raubgierigen Pottwal ein mehr als ebenbürtiger Gegner ist, die ihn an Größe sogar noch weit übertrifft – es ist ein mutierter Verwandter des Pazifischen Riesenkraken Enteroctopus dofleini, aus der Familie der Echten Kraken, der Octopodidae.

Sein Name: Megaloctopus octaviae.

Hierbei handelt es sich um eine äußerst seltene und nahezu unbekannte Spezies, ein Oktopus, einigen Spezialisten bekannt, aber unbelegt, unerforscht – und würden die Wissenschaftler sich einem lebenden Tier widmen können, hätten sie mehr Fragen als Antworten.

Der Megaloctopus erreicht eine Gesamtlänge von etwas mehr als fünfzig Metern, die Länge der Tentakel schwankt zwischen neunundzwanzig und vierundzwanzigeinhalb Metern; die Kopflänge: mehr als neun Meter; die Spannweite der Tentakel beträgt zweiundsechzig Meter; und dieses ungeheuerliche Wachstum verdankt Megaloctopus octaviae schlechterdings der Tatsache, dass er nicht gestorben ist. »Normale« Kraken (aber die Evolution unterscheidet nicht zwischen »normal« und »neuartig«, sie probiert, spielt, experimentiert) werden allenfalls zwei Jahre alt. Megaloctopus octaviae erreicht jedoch eine Lebensspanne wie ein Pottwal, bis zu achtzig Jahren. Wie und warum, das ist eine andere Frage.

Während dieser Zeit wächst er – und er lernt. Kraken sind ohnehin hochintelligent, allerdings auf eine ganz andere Art als wir Menschen. Für uns nicht nachvollziehbar. Und im Normalfall setzt ihr kurzes Leben dem Lernpensum der Kraken ohnehin eine Grenze. Hier nicht. Seine lange Lebensdauer gibt Megaloctopus die Chance, viel mehr Wissen anzusammeln.

*

Bei dem Megaloctopus octaviae, der im Marianengraben lebt, handelt es sich um ein relativ junges weibliches Tier mit drei abgabereifen Eierstöcken. Hat das Weibchen sich unlängst von einem Männchen befruchten lassen, oder fand die Samenabgabe vor längerer Zeit statt und der Samen wurde gleichsam in einer Hauttasche gebunkert?

Und warum gehen diese Tiere von Zeit zu Zeit, aus bisher ungeklärten Gründen, auf Wanderschaft? Dass Tiere wandern, ist nicht ungewöhnlich, Grauwale legen bis zu zwanzigtausend Kilometer zurück, Flussaale immerhin mehr als fünftausend Kilometer. Die meisten Oktopoden-Arten sind heimische Tiere, sie verlassen ihr Habitat nur im Notfall, wenn sie eine Gefahr kommen sehen.

Das Exemplar, von dem die Rede ist, welches das Habitat im Marianengraben bewohnte, bei elf Grad nördlicher Breite, hat diese Umgebung bereits vor neun Wochen verlassen, aus ungeklärten Gründen – möglicherweise aus einem Fluchtimpuls heraus, vielleicht, weil ein Seebeben bevorsteht, das gibt es hier häufig. Vielleicht ahnte das Tier eine viel umfassendere Veränderung der Verhältnisse auf dem Planeten.

Mit seiner Größe, durch seine Anpassungsfähigkeit kann es sich jedenfalls aufmachen,...

Erscheint lt. Verlag 16.10.2023
Reihe/Serie Die Oktopus-Reihe
Oktopus-Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Klima • Klimawandel • Ökologie • Oktopoden • Oktopus • SPIEGEL-Bestsellerautor • Thriller
ISBN-10 3-7517-4826-1 / 3751748261
ISBN-13 978-3-7517-4826-1 / 9783751748261
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