Kalte Marsch -  Nina Ohlandt

Kalte Marsch (eBook)

Spiegel-Bestseller
Nordsee-Krimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
493 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-4785-1 (ISBN)
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Nach seiner Strafversetzung leitet John Benthien die Polizeiwache von Friedrichstadt, einem nordfriesischen Kleinod mit Grachten, Holzbrücken und Backsteinbauten. Die Idylle hat ein Ende, als John eines Abends einen Mörder auf frischer Tat ertappt. Dessen Frau glaubt an seine Unschuld, obwohl er doch offenbar ihre Schwester und deren Mann getötet hat. John entdeckt, dass es tatsächlich andere Erklärungen für die Morde geben könnte. Die Spur führt zu einer Freikirche, der die Bewohner von Friedrichstadt mit Argwohn gegenüberstehen und deren geistliches Oberhaupt die grausame Tat prophezeit hat. Der Fall ruft auch Johns alte Kollegen von der Kripo auf den Plan. Sie wissen um seine Vergangenheit und trauen ihm nicht. Und dann wird die vergrabene Leiche einer jungen Frau entdeckt - ausgerechnet im Garten hinter Johns Haus ...


Der zehnte Band der beliebten Bestsellerreihe



<p><strong>Nina Ohlandt,</strong> ausgebildete Sprachlehrerin, arbeitete in vielen Berufen, bis sie zu ihrer wahren Berufung zurückfand: dem Krimischreiben im Land zwischen den Meeren, dem Land ihrer Vorfahren. Nina Ohlandt starb im Dezember 2020.</p>

Nina Ohlandt, ausgebildete Sprachlehrerin, arbeitete in vielen Berufen, bis sie zu ihrer wahren Berufung zurückfand: dem Krimischreiben im Land zwischen den Meeren, dem Land ihrer Vorfahren. Nina Ohlandt starb im Dezember 2020. Ihre Krimireihe wird von Jan F. Wielpütz fortgesetzt, der als Verlagslektor Krimi- und Thrillerautoren betreute und - teils unter Pseudonym - mehrere Bücher veröffentlichte, die auf der SPIEGEL-Bestsellerliste standen.

2    Sanna


Im Schwurgerichtssaal des Flensburger Landgerichts, der mit seinen Holzvertäfelungen und der kunstvoll verzierten Deckenkonstruktion weitgehend in der ursprünglichen Bauweise des neunzehnten Jahrhunderts erhalten war, erhoben sich die Anwesenden zur Urteilsverkündung.

Staatsanwältin Sanna Harmstorf hielt unwillkürlich für einen Moment die Luft an, als die drei Richter mit den beiden Schöffen das mit Holz eingefasste und etwas erhöhte Podium betraten. Sie war sich ihrer Sache sehr sicher. Doch so sicher dann doch wieder nicht. Auch wenn die Beweislage klar war, der Verteidiger hatte sich alle Mühe gegeben, die Zurechnungsfähigkeit der Angeklagten Dorothea Schwenning und ihres Lebensgefährten Stefan Zurgiebel in Zweifel zu ziehen.

Sanna war schon lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass der alte Spruch zutraf: Auf hoher See und vor Gericht war man allein. Am Ende konnte man nie mit absoluter Sicherheit sagen, wie ein Gericht entscheiden würde.

Der Vermisstenfall Mathilda Schwenning hatte die deutsche Medienlandschaft über Wochen in Atem gehalten.

Es war der erste Tag nach den langen Sommerferien gewesen, als die Sechsjährige morgens auf dem Weg zur Schule, die nur wenige Straßen vom Elternhaus in Maasholm entfernt lag, verschwunden war. Es hatte jede Spur gefehlt. Keine Zeugen, die etwas gesehen hatten, keine Nachricht von einem etwaigen Entführer – wobei diese Variante ohnehin früh ausgeschieden war, da bei Dorothea Schwenning und Stefan Zurgiebel, einer Kassiererin und einem Paketboten, nichts zu holen gewesen wäre. Natürlich war neben Erpressung auch ein anderer Grund für eine Kindesentführung denkbar gewesen. Das Augenmerk der Ermittlungen hatte sich daher schnell auf das familiäre Umfeld gerichtet.

Sanna beobachtete, wie die Vorsitzende Richterin noch einmal auf die Aufzeichnungen sah, die sie in der Hand hielt, dann wanderte ihr Blick zu den Angeklagten, die mit ihrem Verteidiger der Staatsanwaltschaft gegenübersaßen. Die beiden Holztische waren schräg ausgerichtet, sodass die Parteien einander, gleichzeitig aber auch dem Richterpult zugewandt waren. Hinter diesem waren zwei Sprossenfenster geöffnet, damit ein wenig Luft in den stickigen Saal kam.

Der Richterin standen zwei Berufsrichter zur Seite, neben ihnen die Schöffen. Der Protokollant hatte außen links Platz genommen und war bereit, den Urteilspruch aufzuzeichnen.

Der Prozess hatte unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden, obwohl das Interesse an dem Fall groß war. Vor der Tür des Schwurgerichts lagerten bereits die Reporter und warteten auf den Ausgang.

Sanna blickte zu den Zuschauerbänken hinüber. Die Richterin hatte lediglich direkte Angehörige und am Prozess Beteiligte zugelassen. Außer ihnen saßen noch die Kriminalkommissare Tommy Fitzen und Leon Kessler im Auditorium. Fitzen hatte die Mordkommission geleitet. Obwohl es das erste Mal gewesen war, dass er eine solche Führungsrolle übernommen hatte, hatte er seine Sache ausgezeichnet gemacht. Den Gesichtern der beiden konnte Sanna ansehen, dass sie ebenso angespannt auf den Ausgang des Verfahrens warteten wie sie.

Die Ermittlungen hatten zunächst auf der Stelle getreten. Denn es hatte neben Hinweisen auf ein Gewaltverbrechen eben auch jede Spur des Mädchens – beziehungsweise ihrer Leiche – gefehlt.

Letztendlich hatten sie es Kommissar Zufall zu verdanken gehabt, dass die sterblichen Überreste des Kindes gefunden worden waren. Aus der rechtsmedizinischen Obduktion hatten sich die Todesumstände und der mutmaßliche Tathergang rekonstruieren lassen.

Schwenning und Zurgiebel hatten Mathilda wochenlang in einem Kellerraum eingesperrt, weil sie ungehorsam gewesen war. Sie hatten dem Kind weder Wasser noch Essen gegeben. Die Kleine war elendig verdurstet. Tommy Fitzen hatte Dorothea Schwenning schließlich in der Vernehmung nach allen Regeln der Kunst auseinandergenommen, bis sie die Tat gestanden hatte.

»Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil«, begann die Richterin. »Der Angeklagte Stefan Zurgiebel wird des Mordes für schuldig befunden. Er wird hierfür zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Die Angeklagte Dorothea Schwenning wird der Beihilfe zum Mord für schuldig befunden. Sie wird hierfür zu einer Haftstrafe von fünfzehn Jahren verurteilt. Bitte setzten Sie sich …«

Die weiteren Ausführungen der Richterin nahm Sanna nur noch gedämpft wahr. Eine Woge der Erleichterung überflutete sie. Das Gericht war ihrer Argumentation gefolgt und hatte im Fall der Beihilfe sogar das maximale Strafmaß ausgenutzt. Es war ein gutes Gefühl, wenn nach Wochen und Monaten harter Arbeit der Gerechtigkeit Genüge getan wurde.

Die beiden Angeklagten nahmen das Urteil mit stoischer Miene hin. Sie setzten sich auf ihre Plätze, während die Richterin die Begründung verlas.

Dorothea Schwenning und Stefan Zurgiebel hatten die harte Strafe mehr als verdient, doch letztendlich wurde selbst diese der Tat nicht gerecht, die die beiden begangen hatten. Denn am Ende ihrer Haft würden sie das Gefängnis verlassen und noch ein Restleben haben.

Für ihre kleine Tochter Mathilda galt das nicht.

Sanna tauschte einen kurzen Blick mit Tommy Fitzen und nickte ihm anerkennend zu. Er hatte auch noch in anderer Hinsicht seinen Anteil daran, dass die Eltern nun ihrer gerechten Strafe zugeführt wurden. Wie es ihre Art war, hatte Sanna während der Ermittlungen auf die strikte Einhaltung der Verfahrensregeln gedrungen – gerade in einem Fall wie diesem mochte man sich das Fiasko nicht ausmalen, wenn zwei Mörder wegen eines Verfahrensfehlers freikämen. Fitzen hatte Sannas Erwartungen sogar noch übertroffen. Er hatte die Ermittlungen derart penibel geführt, wie sie es zuvor noch nicht erlebt hatte. Er hatte sich wohl ebenfalls keinen Schnitzer erlauben wollen. Vor der Anklageerhebung hatte er mehrere Nächte durchgearbeitet, um die komplette Ermittlungsakte noch einmal auf Unstimmigkeiten, vage Formulierungen und korrekte Aktenführung zu überprüfen. Der Aufwand hatte sich gelohnt.

Sanna sah zu, wie die beiden Angeklagten nach dem Urteilsspruch abgeführt wurden. Dann erhob sie sich, verließ den Saal und stellte sich den versammelten Medienvertretern. Das Interesse der Öffentlichkeit war so groß, dass sie es nicht bei ein paar lapidaren Worten bewenden lassen konnte. Es dauerte eine halbe Stunde, bis sie die wichtigsten Fragen beantwortet und ein Interview mit einem Kamerateam der Tagesschau geführt hatte.

Als sie das Gerichtsgebäude verließ und auf den kopfsteingepflasterten Platz davor trat, fiel eine Last von ihr ab. Sie atmete tief durch und ging zu Fitzen und Kessler hinüber, die unter einem der Bäume standen, welche den Platz in einem Halbkreis einrahmten.

Tommy Fitzen reichte ihr die Hand. »Meinen Glückwunsch zum gelungenen Prozess.«

»Das kann ich nur zurückgeben. Ohne Ihre brillante Vorarbeit hätte es auch anders ausgehen können.«

Sie streckte Leon Kessler ebenfalls die Hand hin, doch er griff nicht zu, sondern sagte nur nüchtern und mit unbewegter Miene: »Ich gratuliere, Frau Staatsanwältin.«

So war das schon die ganze Zeit gewesen.

Tommy Fitzen war offen und zugewandt, Leon Kessler zwar professionell, aber deutlich reserviert ihr gegenüber. Und nicht nur er war so gewesen, sondern auch einige seiner Kollegen aus der Mordkommission.

Üblicherweise hielt sich die Staatsanwaltschaft bei Ermittlungen zurück und ließ die Polizei ihre Arbeit machen. Sanna hatte allerdings mehr als einen Fall zum Erfolg geführt, indem sie das jeweilige Team eng begleitete. Manche Kollegen warfen ihr deshalb einen ausgeprägten Kontrollwahn vor.

Sie galt als emotionslos und unterkühlt, rein den Fakten und Paragrafen verschrieben, mit wenig Sinn für das Zwischenmenschliche. Ihrer Ansicht nach hielt sie sich lediglich an die Regeln, daher konnte sie nur ahnen, weshalb dieser Eindruck immer wieder entstand – schließlich hatte sie diesen Ruf bereits in ihrer alten Dienststelle in München gehabt, und er schien ihr hier nach Flensburg gefolgt zu sein. Es musste an ihrer friesischen Ader liegen, gepaart mit dem Aussehen. Sie war ein Albino, und sie wusste, dass die weißen Haare und die blauen Augen auf nicht wenige Menschen eine unterkühlte Ausstrahlung hatten.

Allerdings hatte Sanna die sichere Vermutung, dass nichts von alledem die Kollegen der Flensburger Kripo derart verstimmt hatte. Nein, der Grund lag ganz woanders.

»Also dann«, meinte Tommy Fitzen, dem die Situation sichtlich unangenehm war. »Ich habe mir den Nachmittag freigenommen. Schätze, bei den Temperaturen werde ich wohl mit meiner Tochter ins Freibad gehen. Wir sehen uns.«

Er klopfte Leon Kessler zum Abschied auf die Schulter und ging davon.

Kessler blieb stehen. »Auf ein Wort, Frau Staatsanwältin.«

Er griff in sein Jackett – vor Gericht hatte man ungeachtet der Temperaturen in angemessener Kleidung zu erscheinen – und holte ein gefaltetes Blatt Papier hervor, das er Sanna hinhielt.

»Was ist das?«, fragte sie und nahm den Zettel entgegen.

»Sie sollten wissen, dass John Benthien hier in Flensburg noch immer sehr viele Freunde hat. Im Gegensatz zu Ihnen. Wir wissen Bescheid.« Kessler wandte sich zum Gehen. »Ich wünsche einen angenehmen Tag, Frau Staatsanwältin.«

Sanna faltete das Blatt auf.

Es war die Kopie eines Zeitungsartikels. Sie spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. Bislang war es lediglich ein vager Verdacht gewesen. Nun hatte sie die Bestätigung, dass sich die Kriminalpolizei gegen sie...

Erscheint lt. Verlag 28.3.2024
Reihe/Serie Hauptkommissar John Benthien
Co-Autor Jan F. Wielpütz
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Eva Almstädt • Föhr • Friedrichstadt • Friesische Wintermorde • Friesland • Jahreszeiten • John Benthien • Krimis • Küste • Küstenkrimi • Küstenmorde • Meer • Mordsee • Möwenschrei • Nordseekrimi • Pia Korittki • Regionalkrimi • Reihe • Schwarze Dünen • Schweigende See • Sylt • Tiefer Sand • Westfriesland
ISBN-10 3-7517-4785-0 / 3751747850
ISBN-13 978-3-7517-4785-1 / 9783751747851
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