Love Letters -  Virginia Woolf,  Vita Sackville-West

Love Letters (eBook)

Herausgegeben von Alison Bechdel
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
352 Seiten
Unionsverlag
978-3-293-31178-7 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
16,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
»Ich habe dich vermisst. Ich vermisse dich. Ich werde dich vermissen. Und wenn du das nicht glaubst, bist du eine langohrige Eule und Eselin.« Auf einer Dinnerparty 1922 lernt die Schriftstellerin Virginia Woolf die Autorin und gefeierte Aristokratin Vita Sackville-West kennen. Es ist der Beginn einer verzehrenden Leidenschaft und einer tiefen Freundschaft, die das literarische Schaffen beider inspiriert; eine Verbindung, die der Zeit trotzt, in der beide Frauen einander finden und erfinden und die Liebe in Kopf und Herz erforschen. Erzählt in ausgewählten Briefen und Tagebucheinträgen, ist die Geschichte von Vita und Virginia Zeugnis einer großen Liebe und des außergewöhnlichen Lebens zweier auf je eigene Weise bedeutender Frauen der Moderne.

Virginia Woolf (1882-1941) gilt als Englands bedeutendste Schriftstellerin der Moderne. Ihre Romane stellen sie als Autorin neben James Joyce und Marcel Proust, zudem verfasste sie zahllose Essays und hinterließ umfangreiche Tagebücher. 1917 gründete sie mit ihrem Mann Leonard den Verlag The Hogarth Press, in dem auch Ein Zimmer für sich allein erschien. Als Opfer sexuellen Missbrauchs in der Familie litt sie zeitlebens unter wiederkehrenden schweren Depressionen, am 28. März 1941 nahm sie sich im Fluss Ouse bei Lewes (Sussex) das Leben.

Virginia Woolf (1882–1941) gilt als Englands größte Autorin der Moderne. Ihre Romane stellen sie als Schriftstellerin neben James Joyce und Marcel Proust, zudem verfasste sie zahllose Essays und hinterließ umfangreiche Tagebücher. 1917 gründete sie gemeinsam mit ihrem Mann Leonard den Verlag The Hogarth Press, in dem auch Ein Zimmer für sich allein erschien. Als Opfer sexuellen Missbrauchs in der Familie litt sie zeitlebens unter wiederkehrenden schweren Depressionen, am 28. März 1941 nahm sie sich im Fluss Ouse bei Lewes (Sussex) das Leben. Vita Sackville-West, geboren 1892 auf Schloss Knole in Kent, schrieb bereits mit elf Jahren ihre erste Ballade. Zahlreiche Novellen, Romane und Theaterstücke folgten. Nach längerem Aufenthalt in Persien kehrte sie mit ihrem Mann und zwei Kindern nach England zurück. Hier pflegte sie eine enge Freundschaft zu Virginia Woolf, die Woolf als Inspiration für ihr Schreiben diente. 1926 und 1933 wurde Sackville-West mit dem Hawthornden-Preis ausgezeichnet. Sie starb 1962 auf Sissinghurst Castle.

1925


Anfang des Jahres trafen sich Vita und Virginia gelegentlich in London. Vita fing mit ihrem Langgedicht The Land an, und Virginia begann zwischen Krankheitsphasen mit der Arbeit an To the Lighthouse.

Vita an Virginia

Long Barn, 26. Mai

Es ist furchtbar saumselig von mir, dass ich mich noch nicht für Mrs Dalloway bedankt habe. Aber weil ich nicht einen Brief nach dem Muster »Wie reizend, dass Du mir Dein Buch geschickt hast, ich freue mich schon darauf, es zu lesen« schreiben wollte, beschloss ich zu warten, bis ich sowohl den Roman als auch The Common Reader gelesen hatte, und ich bedauere sehr, sagen zu müssen, dass ich inzwischen beide gelesen habe. Ich bedauere es, weil ich die Bücher zwar wiederlesen werde, aber die erste Erregung, Dir auf einem unbekannten Pfad zu folgen, ist vorbei, und nichts bereitet der Überraschung so schnell ein Ende wie Vertrautheit. Allerdings gibt es Passagen in The Common Reader, die ich am liebsten auswendig lernen würde. Das Buch ist überwältigend, mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich kann mir kein anderes Buch denken, das mir besser gefallen hätte oder das ich öfter lesen möchte. Mrs Dalloway ist etwas anderes, es ist ein Roman, seine Schönheit liegt hauptsächlich in seiner Strahlkraft; es verstört, erhellt, enthüllt. The Common Reader wird im Laufe der Lektüre ein Leitfaden, ein Philosoph und Freund, während Mrs Dalloway ein Irrlicht, eine funkelnde, entzückende Bekanntschaft bleibt. Eins hat Mrs Dalloway ein für alle Mal bewirkt: Ich brauche jetzt nie wieder nach London zu fahren, denn London im Juni findet sich in seiner Gänze auf Deinen ersten zwanzig Seiten. (Kannst Du auch ein Winter-London schreiben? Mit Nebel und Leuchtfeuern und sauber gefegten Straßen?)

Wie ich Dir Dein Englisch neide – dass es Dir gelingt, es so flüssig und biegsam zu machen wie Französisch und ihm trotzdem die Tiefe seiner speziellen Genialität zu bewahren.

Wann kommst Du zu uns? Übers Wochenende oder in der Woche? Wer bin ich überhaupt, dass ich Dich um einen Besuch bitte? Aber Du hast versprochen, im Sommer zu kommen – falls ein Versprechen, das Du auf den Stufen vor Deinem Haus gegeben hast, bindend ist. Ich verreise über Pfingsten, aber davon abgesehen habe ich vor, mich mehrere Monate lang nicht vom Fleck zu rühren. Ich kann nicht schreiben, deshalb verlege ich mich auf die Hühnerzucht. Komm bitte. Ich werde Dich nicht mehr »nett« finden, wenn Du nicht kommst.

Virginia an Vita

52 Tavistock Square, 27.Mai

Haha! Ich dachte, Mrs Dalloway würde Dir nicht gefallen.

Andererseits hatte ich vermutet, dass Dir The Common Reader gefallen würde, und ich bin sehr froh, dass das der Fall ist. […] Ich versuche, den Kopf in den Sand zu stecken, oder ich spiele Wettrennen zwischen dem Roman und den Essays und lasse die Meinungen meiner Freunde der Maßstab sein. Manchmal liegt Mrs D. vorn, dann wieder der Common Reader.

Virginias Tagebuch

5. Juni

Und wir hatten Vita, Edith Sitwell, Morgan10, Dadie11, Kitty Leaf – und die gute Vita überreichte mir einen ganzen Busch blauer Lupinen, & war sehr ungehobelt & ungeschickt, während Edith wie eine römische Kaiserin war, so exakt, bestimmt, gebieterisch, & doch mit einer Spur dieses Fischweibhumors scheu beglückt von Morgans Komplimenten (& er lobte Vita überhaupt nicht, die gekränkt dasaß, bescheiden, schweigend, wie ein abgekanzelter Schuljunge).

Virginia an Vita

52 Tavistock Square, 24. August

Ich habe eine vollkommen romantische und zweifellos unrichtige Vision von Dir im Kopf – wie Du in einem großen Bottich in Kent Hopfen stampfst – splitterfasernackt, braun wie ein Satyr, und sehr schön. Erzähl mir nicht, dass das alles eine Illusion ist.

Aber bitte erzähl mir von Deinem Gedicht [The Land]. Schreibst Du es? Ist es schön? Ich denke fast, dass es mir gefallen wird: Ich wünsche mir, dass Du Dich ernsthaft mit Fakten befassen würdest. Ich will keine weiteren haargenauen Beschreibungen von Hahnenfüßen mehr, und wie sie auf der einen Seite poliert sind, aber nicht auf der anderen. Was ich will, sind die Gewohnheiten von Erdwürmern; das Essen, das im Arbeitshaus ausgeteilt wird: alles Genaue über eine Tatsache – Milch, zum Beispiel – eine Stunde des Kühlens, Melkens etc. Von da gehe zu Sonnenuntergängen über, und transparenten Blättern, und dem ganzen Rest, den ich, mit meinem in Fakten verwurzelten Geist, dann mit unendlicher Freude umarmen werde. Glaubst Du, dass in alldem eine Wahrheit steckt? Aber da Du einst eine Bäuerin warst, ist das alles sicher schon fertig in Deinem Kopf.

Vita an Virginia

Long Barn, 25. August

Letzten Freitag stand ich um Mitternacht oben auf Euren Downs und versuchte zu erraten, während ich auf die verschiedenen schwarzen Buckel hinuntersah, in welchem Tal Rodmell12 liegt und darin schlafend Du. Und gerade kommt Dein Brief, dem ich entnehme, dass Du im Gegenteil wahrscheinlich wach und von Schmerzen geplagt warst13. Da ich aber in dem Moment davon nichts wusste, sammelte ich meine Hunde, die wild über die Downs rannten, wieder ein, kletterte ins Auto und fuhr auf verlassenen Straßen durch die schlafenden Dörfer von Sussex und Kent, in dem geheimen Wissen, dass ich Dich besucht hatte, ohne dass Du davon wusstest – romantischer, wenn auch weniger befriedigend als die Tasse Tee, zu der Leonard mich am Samstag gebeten hatte.

Das Bild von mir […] im ausgelassenen Tanz in den Fässern, […] gefällt mir außerordentlich. Bitte erhalte es Dir. Ich werde Dir nicht erzählen, wie es in Wahrheit war. […] Eine Seite später jedoch widersprichst Du Dir auf Deine großartige Art und verlangst lautstark Präzision bei den banalsten Beschreibungen. Seltsamerweise triffst Du genau das, wovon mein Gedicht (das keinesfalls schön ist) handelt, denn mit den darin enthaltenen Informationen könntest Du einen kleinen Hof betreiben […] Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Zeit für blumige Poesie vorbei ist, nur prosaische Kunst (die ja auch ihren Charme hat) gilt noch, oder das Intellektuelle. Eine schlechte Definition, aber ich bin mir sicher, Du verstehst, was ich meine. Im Übrigen gibt es durchaus Blumiges, aber mit gründlich zerriebenen Wurzeln in gut gedüngtem Boden. – Mein eigenes Interesse an meinem Gedicht war dabei zu erlöschen, aber Du hast die Glut wieder entfacht, und heute brennt ein munteres Feuer. […]

Lass mich kommen, wann immer Dir danach ist, dann hole ich Dich in Rodmell ab. Ich kenne die Straßen so gut, weil ich meine Mutter oft in Brighton besuche, dass ich mit geschlossenen Augen durch die Gegend trudeln kann. Ich könnte mir viele Orte ausdenken, die ich mit Dir besuchen würde.

Virginia an Vita

52 Tavistock Square, 1. September

Wie schön es doch wäre, wieder einmal einen Brief von Dir zu bekommen – noch besser, Dich zu sehen. Ich habe es nicht vorgeschlagen, weil die Kopfschmerzen diesmal doch ein schreckliches Ärgernis sind, und ich habe wieder eine Woche im Bett verbracht. Aber jetzt gibt selbst Leonard zu, dass es mir wieder besser geht.

Ich stelle mir vor, dass Du auf Deinem Weg bei uns vorbeikommst und zum Tee oder Essen bleibst, was immer Du möchtest, und zu einem kleinen Gespräch. Nächste Woche vielleicht? Ich verhalte mich ganz still und wage nicht, das vorzuschlagen, was ich am liebsten möchte – einen Ausflug nach Amberley. Aber wenn ich wieder bei bester Gesundheit bin, was bald der Fall sein wird, wäre es dann wirklich eine Möglichkeit? […]

Ich muss jetzt aufhören, sonst würde ich erklären, warum es in Ordnung ist, wenn ich mir Dinge ausdenke, Du aber genau sein musst. Ich schreibe Prosa, Du Dichtung. Dichtung, die ja die einfachere Form ist, elementarer, und durch Reim und Rhythmus zusätzlichen Charme erhält, kann, anders als Prosa, keine Schönheit vermitteln. Schon sehr wenig steigt ihr zu Kopfe. Du sagst: Definiere Schönheit –

Aber nein: Ich gehe schlafen.

Vita an Virginia

Long Barn, 2. September

Wie gern bekomme ich Briefe von Dir.

Mit welcher Begeisterung trete ich dann dem Tag entgegen.

Ich bekomme sie so gern, dass ich sie aufhebe und als letzten Brief meiner Morgenpost öffne, wie ein Kind, das sich ein Stückchen Schokolade bis zum Schluss aufhebt –

Aber ich mag es weniger, wenn ich lese, dass Du eine Woche lang krank warst. Ich fühle mich dann schuldig für jeden Augenblick, den ich kräftig und gesund mit so derben Tätigkeiten wie Gärtnern oder Tennisspielen verbracht habe –

Ich werde nächste Woche für einen Tag meine Mutter besuchen. Könnte ich auf der Rückfahrt zum Abendessen in Rodmell haltmachen? (Aber nur, wenn es nicht lästig ist.) Ich würde es Dich wissen lassen, an welchem Tag. Das hängt von meiner Mutter ab. Anfang der Woche, nehme ich an. Ich werde ihr Montag oder Dienstag vorschlagen. Und Amberley, wann immer Du willst – Du kannst aus meiner Betonung eine Bereitschaft ablesen, alle anderen Verabredungen über Bord zu werfen,...

Erscheint lt. Verlag 18.3.2024
Übersetzer Susanne Höbel
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Briefe / Tagebücher
Schlagworte Biografie • Briefe • England • Frau • Freundschaft • Leidenschaft • Liebe • Sehnsucht
ISBN-10 3-293-31178-4 / 3293311784
ISBN-13 978-3-293-31178-7 / 9783293311787
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,9 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich

von R. Howard Bloch; Carla Hesse

eBook Download (2023)
University of California Press (Verlag)
43,99