Der Fühlweber (eBook)

Asche des Feindes
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
456 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-09347-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Fühlweber -  Cathrin Block
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Seit fast fünfhundert Jahren schon bewahrt Nouworld sein Geheimnis vor den Fremden, den Siedlern von der Erde. Man hat ihnen Asyl gewährt, als sie mit ihrem Schiff strandeten, mehr aber nicht. Trotzdem haben die Menschen ihre neue Heimat in Besitz genommen - oder zumindest den Teil, den man ihnen überließ. Doch erneut entbrennt ein Kampf zwischen den körperlosen Astralwesen, die die Geschicke der Welt lenken. Dadurch droht Nouworlds Geheimnis bei den Siedlern bekannt zu werden - was die völlige Auslöschung alles Irdischen zur Folge hätte, die Vernichtung sämtlicher Menschen, Tiere und Pflanzen. Der achtzehnjährige Gavandon gerät nur durch Zufall zwischen die Fronten und muss nun versuchen, für sich und seine Artgenossen ein solches Schicksal abzuwenden. Was sein ganzes bisheriges Leben auf den Kopf stellt. Lassen Sie sich in eine ungewöhnliche Welt entführen von einer Autorin, die genau weiß, was sie tut. Gute Reise. (Andreas Eschbach)

Mit dem Schreiben begonnen hat Cathrin Block schon in der Grundschule, aber erst nach der Familienphase, wurde daraus mehr. Erschienen sind seither etliche Kurzgeschichten, unter anderem in der Anthologie 'Blaue Welt', zwei Bücher mit Texten zum Thema Weihnachten - 'Das Weihnachtsbuch' (vergriffen) und 'Der Engel unterm Tisch' - sowie ein Roman (Der Fühlweber - Asche des Feindes). Cathrin Block lehrte lange literarisches Schreiben an der Volkshochschule. Heute lebt sie in Hannover, hat zwei erwachsene Kinder und drei Enkel.

Mit dem Schreiben begonnen hat Cathrin Block schon in der Grundschule, aber erst nach der Familienphase, wurde daraus mehr. Erschienen sind seither etliche Kurzgeschichten, unter anderem in der Anthologie "Blaue Welt", zwei Bücher mit Texten zum Thema Weihnachten - "Das Weihnachtsbuch" (vergriffen) und "Der Engel unterm Tisch" - sowie ein Roman (Der Fühlweber – Asche des Feindes). Cathrin Block lehrte lange literarisches Schreiben an der Volkshochschule. Heute lebt sie in Hannover, hat zwei erwachsene Kinder und drei Enkel.

Eins

28. März 467 n. L.

Obwohl alle drei Fenster offenstanden, roch es wie immer nach Kreidestaub, Bohnerwachs und dem Apfelshampoo von Kelliann Brink, die am Pult vor mir saß. Von draußen drangen Räderrollen, die Rufe der Viehtreiber und das Brüllen eines Hinjets herein. Weiß der Himmel, es gab im Augenblick eine Menge Orte, an denen ich lieber gewesen wäre als in diesem muffigen Klassenzimmer.

Wir hatten Geografie – und nichts war öder. Schleimbeutel Borhan neigte zum Schwafeln. Er sonderte einen endlosen Strom aus Worten ab und die Klasse verfiel in seinen Stunden regelmäßig in eine dösige Starre. Ich machte mich klein hinter dem breiten Rücken von Kelliann Brink und sehnte mich hinaus an den Fähranleger, den meine Großmutter am Ufer vor dem Gasthaus betrieb.

Eigentlich hatte ich vorgehabt zu schwänzen. Ich wollte unten bei den Fähren helfen, dort fehlte immer jemand, der das Geld kassierte oder die Zugfische ins Geschirr spannte, gerade jetzt nach Pas Tod. Doch Mams sechster Sinn, besonders wenn es um mich ging, kehrte leider inzwischen zurück, gut sieben Wochen nach dem schrecklichen Unfall, bei dem mein Vater umgekommen war. Einerseits war ich froh, dass sie wieder an etwas anderes als an ihren Kummer denken konnte, andererseits verlor ich ein paar angenehme Freiheiten. Heute früh jedenfalls hatte sie mich zum Fahrradschuppen begleitet und mir nachgewinkt, als ich wohl oder übel in Richtung Schule davonfuhr. Also saß ich jetzt hier und versuchte, Sor Borhans Blick zu entgehen.

Eine Biene flog durch den weit offenen Fensterflügel. Ich folgte ihr mit den Augen, als sie eine Schleife durch den Klassenraum drehte und bei der Rückkehr an die geschlossene Glasscheibe prallte. Gefangen wie ich. Der Frühling war da und ich bekam wieder Lust, draußen Kricket zu spielen oder Bambusschösslinge zu suchen. Oder man müsste zur Badewiese am Fluss radeln und grillen, am besten zusammen mit Mirana.

Ich blickte nach rechts, wo sie saß und konzentriert in ihre Aufzeichnungen schaute. Zum Schwimmen war es jetzt natürlich noch zu früh, aber sie besaß so einen supertollen, winzigen Bikini. Ich wünschte …

„Gavandon!“

Ich fuhr auf.

Hühnerscheiße! Borhan blickte mir direkt in die Augen. Ich zog den Kopf zwischen die Schultern und versuchte, mich noch tiefer hinter Kellianns Sichtschutzrücken zu ducken. Natürlich vergebens.

Ein lauerndes Lächeln hockte in Borhans Mundwinkeln. Jetzt kam er sogar zu mir nach hinten. „Können Sie mir meine Frage beantworten, Sor Barjenden? Oder sind Ihre Tagträume mal wieder interessanter?“, fragte er mit zuckersüßer Stimme. Er stützte seine Fäuste auf mein Pult und beugte sich vor. „Na?“

Ich blinzelte zu ihm hoch. Verdammt, was denn für eine Frage?

„Menschen“, zischte Mirana von rechts.

„Danke, Mem Smit“, sagte Borhan, ohne mich aus den Augen zu lassen. „Ich kann mich sehr gut selbst wiederholen, wenn ich das möchte. Also?“ Sein Gesicht stieß auf mich zu. „Ich warte.“

In meinem Kopf begann es zu rattern. Menschen, was hatte Mirana damit sagen wollen? Verzweifelt sah ich nach vorn. Was stand an der Tafel?

Nichts. Nur hellgraue Kreideschlieren auf dem Dunkelgrün. Daneben hing die Erdkarte an der herabgelassenen Haltestange, darauf links der lang gestreckte Doppelkontinent von Amerika, rechts die riesige, eurasisch-afrikanische Landmasse, die sogar Meere umschloss. In das Blau dazwischen war von unten nach oben „Atlantischer Ozean“ geschrieben. „Weil wir von der Erde stammen?“, sagte ich aufs Geratewohl.

Die Enttäuschung war Sor Borhan anzusehen, als er sich aufrichtete und nach vorn zu seinem Platz zurückkehrte. „Weil wir von der Erde stammen, sind wir Menschen, genau.“ Mit einem Ruck drehte er sich um und fixierte mich erneut. „Und was unterscheidet uns außerdem von den Wesen hier auf Nouworld?“

Himmel noch mal, nie konnte der Fischfurz einen in Ruhe lassen. Ich zermarterte mir das Hirn. Vier Gliedmaßen gab es hier wie dort. Oder sechs oder acht. Es gab Fell, Schuppen und Exoskelette. Und der Nachwuchs schlüpfte aus Eiern oder wurde geboren. Sogar Beutelbrüter hatte es dem Vernehmen nach auf der Erde gegeben. Was bei allen Wurmlöchern des Universums meinte er?

Schleimbeutel zückte sein Büchlein. Gleich war sie fällig, die Fünf. Wie üblich. „Äähh …“ machte ich unbehaglich.

„Tja, Gavandon, wie immer, nicht wahr?“ Borhan zog den Stift aus der Schlaufe am Buchrücken und schlug den Deckel auf. Dann schaute er mich mit einem zufriedenen Lächeln an. „Sicher hat man es in solch illustren Familien wie der Ihren nicht nötig zu lernen, Sor Barjenden, habe ich recht? Wenn man andere nach seinem Willen steuern kann, ist Wissen natürlich überflüssig, oder?“

Zwei Reihen vor mir sagte Martek Gerson so laut, dass es jeder hören konnte: „Kopfbohrer bleiben nun mal Kopfbohrer, und die gehören ausgebrannt.“

„Welch eine hässliche Unterstellung, Martek.“ Borhan drohte mit dem Finger, doch ganz konnte er sein Grinsen nicht unterdrücken.

Mein Schädel hämmerte, als würde ein Schwarm Mingesh von innen dagegen prasseln. Lasst mich in Ruhe, dachte ich inbrünstig, lasst mich endlich in Ruhe.

Und sah mit heruntergeklappter Kinnlade zu, wie Borhan sein Büchlein wieder schloss, den Stift zurück in die Schlaufe schob und sich der gesamten Klasse zuwandte. „Ich möchte Sie daran erinnern, dass Ihr Graduat näher rückt“, sagte er. „Dieses Wissen sollten Sie für die Abschlussprüfungen parat haben. Wer also weiß, was uns Menschen von den einheimischen Lebewesen unterscheidet?“

Ich starrte ihn an. Was war das denn jetzt? Geografie war das Fach, in dem ich so sicher durchfallen würde, wie der Therion alljährlich Hochwasser führte. Borhan verabscheute mich, damit hatte ich mich längst abgefunden. Andere Lehrer ließen mir in letzter Zeit einiges durchgehen, da ich meinen Vater verloren hatte. Borhan jedoch war das egal. Und ich konnte nichts dagegen tun, weder durch Lernen noch durch Aufmerksamkeit. Für Borhan reichte es, dass mein Bruder ein Fühlweber war. Er hasste Fühlweber, und mich nahm er gleich mit in Sippenhaft.

Doch jetzt hatte er von mir abgelassen. Einfach so. Nicht zu fassen.

„Also, was unterscheidet uns von denen?“, wiederholte Borhan.

Zögernd reckte Mirana als Einzige den Finger in die Höhe. Borhan nickte ihr zu. „Dass sie ein Drittauge haben?“, sagte sie.

Das Klingeln schrillte in Borhans Antwort und allgemeine Unruhe beendete die Stunde, ohne dass die letzte Frage endgültig geklärt wurde. Ich schnappte meine Tasche und machte, dass ich aus dem Klassenraum kam.

„Warte!“, rief Mirana hinter mir her. Ich drehte mich um.

„Borhan ist so ein mieser Fischfurz“, sagte sie, als sie mich eingeholt hatte. „Ich hasse Geografie.“

„Wieso? Dich lässt er doch in Ruhe.“ Ich schulterte meine Tasche und ließ mich neben ihr mit den anderen auf die Treppe zutreiben. Dass sie mir nachgelaufen war, versöhnte mich mit den letzten paar Minuten. Ich wusste, dass ich eigentlich noch trauern müsste, aber Mirana mit ihren langen, dunklen Haaren, bei dem die Strähnen an ihren Schläfen im Rhythmus der Schritte schwangen – ebenso wie ihre runden Brüste … Schnell schaute ich woanders hin.

„Wo triffst du Torbin?“, wollte sie wissen.

Na klar. Sie war schon eine ganze Weile in meinen Freund verknallt, ohne dass Torbin, der Holzkopf, etwas davon merkte. Der Gedanke stach in meiner Brust. „Er wartet unten“, sagte ich.

Ein Stoß traf mich an der linken Schulter, dass ich zwei Schritte nach vorn stolperte. „Hallo, Blondie“, flötete Martek. Er wusste genau, wie sehr ich es hasste, wenn man mich so nannte, oder aber Krauskopf oder Schlacks. Doch ich hielt meinen Ärger unter Verschluss. Pa hatte mir schon vor langer Zeit gezeigt, wie man bei solchen Provokationen ruhig blieb. Ich schluckte nur den unwillkommenen Kloß hinunter, der bei dieser Erinnerung in meiner Kehle auftauchte.

Martek baute sich vor mir auf und äffte grinsend Sor Borhan nach: „Tja, Gavandon Barjenden, eine glatte Sechs.“ Cal und Joski, wie immer in seinem Schlepptau, feixten.

Heute legte er es also darauf an. Die Nummer vorhin im Unterricht war wohl nicht genug gewesen. Ich schloss kurz die Augen und wappnete mich. Das Schlimme war, dass man bei Martek niemals sagen konnte, was er als Nächstes tat. Er konnte einen so kneifen, dass man tagelang einen blauen Fleck behielt. Oder er trat einem in die Knie, dass man hinfiel. Oder er verletzte so mit Worten, dass der Rest des Tages verdorben war. „Lass mich in Ruhe“, murmelte ich durch meine zusammengebissenen Zähne. Ich würde nicht die Beherrschung...

Erscheint lt. Verlag 31.1.2024
Verlagsort Ahrensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Abenteuer • Alltag • AndreasEschbach • astralwesen • Eschbach • Fantasy • Fremd • jung • Kampf • Sciencefiction • Übersinnlich
ISBN-10 3-384-09347-X / 338409347X
ISBN-13 978-3-384-09347-9 / 9783384093479
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