Atlas der Anatomie

Ich kann die wirklich einzigartige und sehr realitätsnahe Darstellung der Anatomie von Frank H. Netter sehr empfehlen. Schon beim ersten Durchblättern fiel mir die hervorragende Strukturierung ins Auge. Die 6. Auflage unterteilt sich in die Kapitel Kopf und Hals, Rücken und Wirbelsäule, Thorax, Abdomen, Becken und Dammregion, Obere sowie untere Extremität, wobei die einzelnen Kapitel farblich differenziert dargestellt sind. Jedes Kapitel gliedert sich weiterhin übersichtlich in Unterkapitel, beispielsweise gliedert sich das Kapitel 3 "Thorax" in die Unterkapitel Topografische Anatomie, Mamma, Rumpfwand, Lunge, Herz, Mediastinum, Tomogramme in Form von Bildgebung und radiologischen Darstellungen sowie Querschnitte und Muskeltafeln. Der Atlas wurde so gestaltet, dass Details sehr genau dargestellt sind, aber auch nicht in der Masse von Informationen verloren gehen. Man spürt in den Zeichnungen, dass der Künstler selber Arzt ist und das medizinsche Grundverständnis in die Abbildungen miteinfliessen lässt. Der Atlas macht richtig Lust auf Anatomie!

Das Buch befindet sich in erstklassige Druckqualität mit hochwertiger Papierqualität und einem Onlinecode als Zugang zu Online-Bonusmaterial (Videos, Quiz examensgetreu im Multiple Choice Format und weitere Darstellungen) - allerdings in englischer Sprache. Der Netteratlas wird den steigenden Anforderungen der Medizin gerecht. Das Autorenteam um Netter ist es gelungen, besonders die topografischen Beziehungen, gern gefragte Sichtweisen und klinisch relevanten Strukturen des menschlichen Körpers (z.B. Bursa omentalis, Verläufe am Rückenmarkskanal) hervorzuheben, sodass nicht nur reine "Tafeln" mit Gefäßen oder nur mit Nerven dargestellt sind, sondern auch - wie im Präparationskurs - Darstellungen gezeichnet wurden, wo sämtliche Strukturen (Muskeln, Gefäße, Nerven und Lymphe) dargestellt sind. Deshalb ist es der ideale Begleiter während des Präparationskurse, wo topografische Zusammenhänge gerne abgefragt werden. Das farbliche Hervorheben einzelner Strukturen erleichtet das visuelle Einprägen der menschlichen Anatomie.

Außerdem sind detailreiche Strukturen nochmal einzeln, vergrößert gezeichnet worden, wobei durch unterschiedliche Darstellung beispielsweise das Auge immer weiter zerlegt dargestellt wird, sodass man nicht von der Fülle der Informationen erschlagen wird, sondern durch die verschiedenartige Darstellung sich das Verständnis des "großen Ganzen" bildet (z.B. Darstellung des Auges auf Tafel 83 bis Tafel 93). Hierdurch hilft der Netter oft, das Wesentliche auf einen Blick zu erfassen! Der Atlas ist an Genauigkeit kaum zu übertreffen. Der Atlas enthält übersichtlich in der oberen Ecke jeder Seite den Titel der dargestellten Tafel in deutscher und auch englischer Sprache (bilingual). Außerdem erleichtert auch die "Table of Contents" am Ende des Atlanten die schnelle Suche nach einer ganz bestimmten Struktur. Auf fast allen Seiten findet man oben Verweise auf korresponierende Farbtafeln, die z.B. den aktuellen Situs aus einer anderen Perspektive zeigen. Hier spielt der Netter seine Stärke aus, die komplette Anatomie in einem einzigen Band zusammen zu fassen.

Die 6. Auflage des Atlas umfasst 531 anatomisch realitätsnahe Tafeln, wobei anschließend zusammenfassend Querschnitte und Muskeltafeln das jeweilige Kapitel beenden. Im Atlas von Netter wird die menschliche Anatomie sowohl durch Zeichnungen, Beschreibungen als auch durch radiologische Darstellungen wie Röntgen, Angiogrammen und CT-Bildern vermittelt. Die Verbindung zum lang ersehnten klinischen Studienabschnitt wird hierdurch vermittelt. Schnittbilder in der Sagittal,- Frontal,- und auch die Transversalebene erleichtert das dreidimensionale Verständnis. Die einzelnen Kapitel beginnen mit einer oberflächlichen Darstellung, die sich nun immer weiter in Richtung proximal zeigen lassen. Besonders gelungen finde ich die Darstellung und die unterschiedlichen Sichtweisen des Truncus coeliacus mit seinen Variationen und Anastomosen (siehe ab Tafel 283 sowie Angiogramm auf Tafel 285). Das Autorenteam versucht die Anatomie des menschlichen Körpers einfach und schematisch zu vermitteln, ohne das wichtige Details verloren gehen (z.B. auf Tafel 416 Plexus brachialis oder Tafel 292 Portokavale Anastomosen). Nicht nur für den Medizinstudenten ist der Netter Anatomieatlas durch seine einzigartige gezeichneten Darstellungen zu empfehlen, sondern auch anlehnende Berufsgruppen, wie Physiotherapeuten oder Krankenpflegern, dient der Netter als ideale Ergänzung in Ausbildung, Alltag und/oder Nachschlagewerk. Ich hätte mir in der 6. Auflage die Anatomie als Verknüpfung mit der Darstellung von klinischen Maßnahmen, z.B. der Lumbalpunktion oder einer Thoraxdrainage, gewünscht.