Duale Reihe Anatomie (eBook)

Fachbuch-Bestseller

Verlag Georg Thieme (Herausgeber)

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2020 | 5. Auflage
1336 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-243504-9 (ISBN)

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Duale Reihe Anatomie -
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Die Mischung macht's - dual genial Anatomie lernen Anatomie in der beliebten Dualen Reihe, das heißt: Lehrbuch und Kurzlehrbuch in einem. Das Besondere: die anatomischen Fakten werden funktional eingeordnet. So lernst du besonders effizient. Viele praxis- und klinikorientierte Bezüge, exzellente PROMETHEUS-Grafiken und zahlreiche Helferlein sorgen dafür, dass das Lernen sogar Spaß macht! Gut zu wissen: Buchinhalt und Präpkurs-Lernprogramm stehen dir ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform eRef und in via medici zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App hast du viele Inhalte auch offline immer griffbereit.

Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Teile – Eine medizinethische Annährung an die Anatomie


Giovanni Maio

„Um ein guter Arzt zu sein, braucht man nicht nur Faktenwissen, sondern man braucht eine innere Richtschnur, ein Sensorium dafür, worauf es ankommt im Umgang mit Menschen.“

Giovanni Maio

Die Anatomie – ein Fach, auf das man sich freut, weil man weiß, wie wichtig anatomische Kenntnisse für das gesamte Berufsleben sind. Aber es ist auch ein Fach, das viele mit einem mulmigen Gefühl erwarten. Zum einen wegen der Fülle an Fakten, die auf einen zukommt. Und zum anderen, weil der „Präp-Kurs“ für die meisten der erste Kontakt mit einem toten Körper ist. Das führt zu ambivalenten Gefühlen und mitunter auch zu Angst und Abwehr. Diese Reaktionen sind aber ganz natürlich, denn der tote Körper ist zwar einerseits der Körper eines anderen Menschen wie Du und ich – aber dass ein Mensch wie ein Objekt vor einem liegt und nicht auf uns reagiert, ist uns komplett fremd und wir würden uns am liebsten davon fernhalten.

Die gesunde Scheu vor dem Einschnitt in einen menschlichen Körper


Die Leiche ist zunächst schwer einzuordnen. Ein Mensch ist sie zwar nicht mehr, und doch ist sie auch nicht nur eine Sache. Im Präparierkurs dürfen wir sie „behandeln“, sie steht uns in gewisser Weise zur Verfügung, wir dürfen entscheiden, auf welche Weise wir sie für Studienzwecke verwenden, und doch dürfen wir nicht beliebig mit ihr umgehen. Schon beim ersten Schnitt in die Haut des toten Körpers spüren wir dieses Ambivalente. Es kommt uns zunächst geradezu wie eine Grenzverletzung vor, fast schon wie ein Tabubruch, denn wir machen damit etwas, was wir uns davor nie getraut hätten. Es braucht Zeit, bis man sich an die Überschreitung der sonst natürlichen Grenze gewöhnt hat – fast ist es so, als wäre der Präparierkurs eine Art Mutprobe. Unser Verstand sagt uns, dass diese Überschreitung der Hautgrenze sein muss, damit wir später unseren Patienten besser helfen können. Aber zunächst muss man durch die vielen Gefühle, die in den ersten Stunden im „Präp-Saal“ aufkommen. Diese Gefühle sind wichtig, und sie ordnen neu. Sie sozialisieren, bereiten vielleicht auch vor, für manche bedeuten sie aber auch das Ende des Studiums. Das zeigt, wie tief diese Gefühle gehen können.

Fast ist es so, als wäre der Präparierkurs eine Art Mutprobe.

Der tote Körper zwischen verstorbenem Menschen und Präparat


Zunächst ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass wir mit dem Schnitt in die Haut etwas tun, wozu uns der Verstorbene selbst ermächtigt hat. Er hat darüber verfügt, dass sein Körper für einen guten Zweck verwendet werden soll, und wir spüren auf der einen Seite Dankbarkeit dafür, aber zunächst bleibt der Skrupel. Wir spüren, dass dieser tote Körper eben doch mehr ist als ein Anschauungsobjekt. Der tote Körper ist zwar Objekt, weil mit dem Tod die Subjekthaftigkeit verloren gegangen ist, aber er ist doch nicht nur Objekt, sondern irgendwie steht er zwischen dem unverfügbaren Subjekt und der Sache, die er zu sein scheint. Er gehört niemandem, dieser tote Körper, weder uns noch den Angehörigen. Und doch ist er in gewisser Weise zu schützen. Er ist zu schützen vor willkürlicher Verwendung, zu schützen vor despektierlicher Behandlung, zu schützen vor jeder Behandlung, durch die ein Mangel an Achtung, an Respekt, an Pietät zum Ausdruck gebracht werden würde. Warum aber sollten wir Achtung empfinden vor einer „Sache“, die gar nicht mehr lebt? Wie können wir einer Leiche Bedeutung beimessen, wenn die Person, die die Leiche einmal war, jetzt gar nicht mehr existiert?

Der tote Körper als Identität eines Menschen


Achtung, Respekt oder auch Pietät stellen keine Normen dar, sondern eine Haltung. Aus der Pflicht zur Pietät gegenüber der Leiche resultiert nicht eine bestimmte Norm, konkret dies oder jenes zu tun, sondern es geht vielmehr darum, wie man sich gegenüber der Leiche verhält, mit welcher Einstellung man ihr gegenübertritt und welche Grundhaltung damit zum Ausdruck gebracht wird. Dann ist es auch kein Widerspruch, einen Körper zu präparieren und ihm dennoch Pietät entgegenzubringen. Es geht darum, in welcher inneren und auch äußeren Atmosphäre präpariert wird. Es geht zentral um den Modus des Machens, nicht allein um das Machen an sich.

Es geht vielmehr darum, wie man sich gegenüber der Leiche verhält, mit welcher Einstellung man ihr gegenübertritt und welche Grundhaltung damit zum Ausdruck gebracht wird.

Warum aber Achtung und Respekt vor der Leiche? Zunächst einmal ist die Leiche zwar nicht mehr die Person, die der lebende Mensch einmal war, aber in ihr ist am Anfang zumindest immer noch etwas vorhanden, was sozusagen als Kennzeichen der Identität des Verstorbenen weiterexistiert. Deshalb fällt es den Studierenden auch besonders schwer, so identitätsstiftende Körperbereiche wie das Gesicht oder die Hände zu präparieren. Denn diese Bereiche haben in gewisser Weise einen symbolischen Wert – sie repräsentieren das, was der Tote einmal war, ein individuelles Wesen, das sich über Mimik und Hände ausgedrückt hat und selbst nach dem Tod verweist der Körper auf den Menschen, der gelebt hat: Die Identität eines Menschen ragt also in gewisser Weise über den Tod hinaus und in das Bewusstsein der die Leiche umgebenden Menschen hinein.

Die Identität eines Menschen ragt also in gewisser Weise über den Tod hinaus.

Wenn wir pietätvoll mit der toten Materie umgehen, dann deswegen, weil uns diese tote Materie an den Menschen erinnert, der gelebt hat. Diese tote Materie – so könnte man auch sagen – spricht noch mit uns, ohne selbst lebendig sein zu müssen. Wir interagieren mit diesem Körper, auch wenn der Körper selbst nicht mehr agieren kann.

Vom Präparat zurück zum ganzen Menschen


Im Präparationssaal lernen wir, die Leiche nicht als toten Menschen zu sehen, sondern als Präparat. Diese Verobjektivierung und Distanzierung ist sehr wichtig und auch notwendig, um überhaupt etwas lernen zu können für das eigene zukünftige Leben als Arzt. Aber man darf hier nicht stehen bleiben. Man muss irgendwann und in einer geeigneten Form wieder zurückfinden von der Leiche als verobjektiviertes Präparat hin zum Menschen, der gestorben ist. Hin zu den lebenden Menschen, die etwas ganz anderes sind als dieser präparierte Körper in der Anatomie. Dieses Zurückfinden kann nicht im Präparationssaal geschehen. Schon allein deshalb nicht, weil die Leichen aufgrund der Konservierung eher unwirklich aussehen, eher wie „Schaufensterpuppen“ oder Wachsfiguren. Aber für das Arztleben ist dieser Weg zurück vom versachlichten toten Präparat zum Menschen, der gestorben ist, sehr wichtig – vielleicht genauso wichtig wie das Erlernen der anatomischen Strukturen. Möglicherweise kann das Erlernen der anatomischen Strukturen sogar ein Wegbereiter sein, um zum Menschen zurückzufinden, zur Achtung vor dem Menschen, zum Staunen ob der Perfektion des Menschen, die sich auch in der Perfektion seines Körpers manifestiert. Vielleicht kann über die Vergegenwärtigung der wunderbaren anatomischen Wohlgeordnetheit des menschlichen Körpers realisiert werden, wie faszinierend vielfältig der lebende Mensch ist. Der lebende Mensch, der seine anatomische Beschaffenheit als seine Identität mit sich führt und durch sie hindurch seine ganz eigene Lebendigkeit durchfließen lässt. Eine Lebendigkeit, die nur er in dieser Form hat: Jeder Mensch bewegt sich anders, jeder Mensch hat eine andere Stimme, jeder Mensch eine andere Mimik, jeder Mensch einen anderen Blick, eine Ausstrahlung. Wie faszinierend diese Vielfalt menschlichen Lebens und wie faszinierend jeder Mensch für sich doch ist! Gerade im Kurssaal der Anatomie besteht die Chance, das Staunen neu zu lernen.

Für das Arztleben ist dieser Weg zurück vom versachlichten toten Präparat zum Menschen sehr wichtig.

Vom Gesetzmäßigen zur Einzigartigkeit eines jeden Menschen


Bei aller Vielfalt des Lebens, ohne die Verinnerlichung des Allgemeinen, ohne das Erlernen einer Abstraktion vom Konkreten hin zu allgemeinen Gesetzen, wäre man als Arzt nicht handlungsfähig. Denn wenn wir den Menschen nur als Individuum betrachteten und in ihm nur das Einzigartige sähen ohne ein Wissen von der Allgemeinheit, von der Gesetzmäßigkeit seiner Anatomie und Physiologie, dann wären wir im Angesicht eines leidenden Menschen ratlos. Ohne das Bewusstsein von Gesetzmäßigkeiten würden wir bei jedem Patienten immer wieder aufs Neue im Dunkeln tappen, würden wir jedes Mal ganz von vorne anfangen. Wir brauchen also das Wissen um allgemeine Naturgesetze. Aber wenn wir bei diesem allgemeinen Wissen stehen bleiben, dann verlieren wir die Lebendigkeit des Menschen aus dem Blick. Je mehr wir den Menschen in seine einzelnen physischen Bestandteile zergliedern, desto mehr könnte sich ein Denken einschleichen, wonach der Mensch die Gesamtheit der darstellbaren Strukturen sei. Es soll tatsächlich Chirurgen gegeben haben, die meinten, sie hätten die Seele des Menschen, so sehr sie auch in die entlegensten Körperhöhlen eindrangen, nirgendwo gefunden. Der Mensch als eine Körpermaschine, die durch physikalische Gesetze am Leben erhalten wird und...

Erscheint lt. Verlag 8.4.2020
Reihe/Serie Duale Reihe
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Chirurgie
Studium 1. Studienabschnitt (Vorklinik) Anatomie / Neuroanatomie
Schlagworte Anatomie • Duale Reihe • Histologie • Histololgie • Knochen • Medizinstudium • Muskeln • Muskulatur • Nerven • Organe • Organsysteme • Präpkurs-Lernprogramm • Skelett • topografische Anatomie • via medici
ISBN-10 3-13-243504-X / 313243504X
ISBN-13 978-3-13-243504-9 / 9783132435049
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