Medizin verändern (eBook)

Heilung braucht Zuwendung, Vertrauen und Mut zu neuen Wegen
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
288 Seiten
Ludwig (Verlag)
978-3-641-29793-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Medizin verändern -  Dietrich Grönemeyer
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Werden wir gut behandelt?

Werden wir beim Arztbesuch wahrhaft gesehen und gehört? Werden wir kompetent und umfassend beraten und können uns - voller Vertrauen - auf empfohlene Maßnahmen einlassen, die auf unsere medizinische Situation individuell abgestimmt sind? Können wir davon ausgehen, dass das ganze Spektrum der therapeutischen Möglichkeiten eingesetzt wird, um uns verbindlich zu besserem Wohlbefinden und Gesundheit zu verhelfen? Oder werden wir mit unseren Beschwerden, Ängsten und Sorgen einfach nur abgefertigt und letztendlich allein gelassen?

In seinem bislang persönlichsten Buch beschreibt Dietrich Grönemeyer anhand bewegender Erlebnisse und Erfahrungen, was sein Verständnis als Arzt geprägt hat - und was wir tun müssen, um als Gesellschaft zu guter Gesundheit zu finden: Wir brauchen eine Medizin, in der individuell und ganzheitlich auf die Patienten eingegangen wird, in der Prävention, Aufklärung und Eigenverantwortung eine entscheidende Rolle spielen, in der Heilkompetenzen kombiniert werden, Heilende als engagiertes, vertrauensvolles Team fungieren und das Arzt-Patienten-Verhältnis eine echte Begegnung auf Augenhöhe darstellt, wie es beispielsweise viele Krankenschwestern und Pfleger bereits vorleben, trotz großer Frustration und mangelnder Wertschätzung - menschlich wie finanziell. Die menschenferne Organisation und das Diktat der Ökonomie und Verwaltung in der Medizin verhindern zunehmend eine würdevolle Heilkunst zwischen HighTech und Naturheilkunde, zwischen Psychosomatik und Umweltmedizin.
Veränderung ist möglich - davon ist Dietrich Grönemeyer überzeugt. Sein Motto 'Den Jahren Leben geben' steht für eine Medizin des Wohlbefindens, in der jeder Mensch nur an einer Stelle stehen kann: im Mittelpunkt.

Prof. Dr. med. Dietrich Grönemeyer, Jahrgang 1952, ist einer der bekanntesten Ärzte in Deutschland und emeritierter Professor und Lehrstuhlinhaber für Radiologie und Mikrotherapie an der Universität Witten/Herdecke. Seit Jahrzehnten setzt er sich für Aufklärung und Prävention ein und ist Verfechter einer Integration von Natur- und Schulmedizin sowie der psychosomatischen, HighTech- und Umwelt-Medizin. 1997 gründete er das Grönemeyer Institut für Mikrotherapie in Bochum, später in Berlin und weiteren Städten. Prof. Dietrich Grönemeyer ist Autor zahlreicher Bestseller. Seine Bücher wurden in rund 20 Sprachen übersetzt.

Einleitung

Ich erinnere mich noch ganz genau an diesen Moment des absoluten Verlorenseins. Ich war vier Jahre alt und stand mutterseelenallein in der Dunkelheit des Nichts, wortlos schluchzend, vor unendlicher Angst zitternd. Kleine Tränen kullerten an meinem Hals herunter, während eine bleibeschwerte Hand meinen Brustkorb und den Bauch abtastete. In meinem unendlichen seelischen Schmerz hörte ich aus dem Dunkel eine geisterhafte Stimme, die mich streng ermahnend anraunzte: »Einatmen, ausatmen, nicht mehr atmen« …, und irgendwo vernahm ich aus der Ferne die leisen Rufe meiner Mutter: »Didilein, alles wird gut…!«

Wie gerne hätte ich sie damals getröstet. Ja, wirklich. Sie tat mir so unendlich leid in ihrem Weh und ihrer Angst um ihren ältesten Sohn. Aber ich musste ja selbst mit dieser gefühlten »Hölle« fertigwerden. Nackig zitterte ich in dem schwarzen Ungeheuer eines Röntgen- Durchleuchtungsgeräts und biss die Zähne aufeinander. Auf der einen Seite stand ich vor einem kalten quadratischen Etwas, das eng an meinen Vorderkörper drückte. Zwischendurch wurde mein Körper ohne mein eigenes Zutun immer wieder hoch- und runtergefahren. Ein Gefühl wie Fahrstuhl, Kirmes und Geisterbahn gleichzeitig – unter anderen Umständen hätte es ein lustiges Abenteuer sein können. Irgendwo auf der Gegenseite im gefühlten Nichts saß ein Arzt vor einem Bildschirm – wie ich später, viel später begriff – und beurteilte mit knappen Worten mein Inneres. Immer wieder raunzte mich seine Stimme aus dem Dunkeln an: »Nicht einschlafen, Junge, noch einen kräftigen Schluck aus dem Becher.« Mich ekelte. Er hätte mich ja wenigstens begrüßen und nach meinem Namen fragen können. Am liebsten hätte ich ihm die ganze »Brühe« über die Schulter gespuckt. Aber er war ja unsichtbar, selbst ein Nichts im Nichts. Glauben Sie mir, es war das Abscheulichste, was ich jemals getrunken habe: ein widerlich stinkendes schleimig-zähes Gesöff. Mit solch einem Kontrastmittel wurden damals, lange bevor die Magen-Darm-Spiegelung aufkam, die Speiseröhre, der Magen und der Darm unter dem Röntgenschirm sichtbar gemacht. Brrrr. Und zu allem Überfluss auch keine tröstenden Worte, keine Erklärung, keine Verabschiedung.

Schrecklich. Im Nachhinein hätte ich ihm vermutlich vors Schienbein treten sollen … Macht man doch so als kleiner Junge. Oder?

Ich litt zu dieser Zeit immer wieder an Bronchitis, Mandel- und Ohrentzündungen sowie an Bauchgrummeln. Da meine Mutter übervorsichtig und ihre Schwester internistische Chefärztin im Krankenhaus war, wurde ich häufiger bei kleinen Wehwehchen zum Arzt »verschleppt«. Echte Torturen für mich – wie Sie sich vermutlich gut vorstellen können.

Es sind nicht nur Erlebnisse dieser Art aus meiner Kindheit, die bis heute nachhallen. Immer wieder wurde und werde ich als Arzt, als Vater und Großvater und als Patient (der ich selbst gelegentlich ebenfalls bin) im medizinischen Alltag der Gegenwart damit unangenehm berührt. Es sind Erfahrungen der Hilflosigkeit, des Alleingelassen-Werdens, der mangelnden Wertschätzung und fehlenden Empathie. Erfahrungen, die verängstigen können, die empören und fassungslos machen. Ihre Tragweite ist für unsere Gesundheit und für unsere Einstellung zur Welt viel zu ausschlaggebend, als dass wir uns als Ärzte, Krankenschwestern und Patienten damit abfinden dürften. »Muss das denn so sein?«, habe ich mich in solchen Momenten immer wieder gefragt. Wieso ist es so schwierig, der Situation angemessene tröstende Worte zu finden? Und damit meine ich nicht, dass man lapidar »Das wird schon wieder« zu hören bekommt. Oder: »Das tut bestimmt nicht weh!« Wie oft habe ich selbst erlebt, dass es gerade dann höllisch wehtut. Nein, ich meine ein vertrauensvolles Gespräch, in dem man in Ruhe aufgeklärt wird. Damit man sich mit seiner Angst nicht unverstanden fühlt. Sonst ist man schlussendlich nicht beruhigt. Nicht, weil der Arzt oder die Therapeutin die Methode des Untersuchens, Spritzens oder Katheter-Legens nicht beherrschen würde, sondern, weil die Empathie, das Fingerspitzengefühl und die Worte fehlen. Kein Wunder, wenn dann Tränen kullern oder wenn man dann so verspannt ist, dass der ganze Körper, die gesamte Muskulatur vor Angst so hart wie ein Brett wird. Oder gar die Ohnmacht einen niederstreckt.

Könnte man solche Zustände nicht ändern? Und wenn, wie? Dem Kranken als Arzt nicht als verstörende Autorität, geradezu herrschaftlich, sondern auf Augenhöhe zu begegnen, Angst zu nehmen, aufzuklären und verständlich zu reden, das halte ich nach wie vor für eine der wichtigsten Voraussetzungen jeder erfolgreichen Therapie. Und diese Haltung vermisse ich seit meiner eigenen Kindheit. Warum – so frage ich mich seit Jahrzehnten – wird nach wie vor vergessen, dass liebevolle Zuwendung, Vertrauen und solidarisches Miteinander in der Medizin so wesentlich für den Patienten, für seine Einstellung zur Medizin und damit für seine Heilung sind?

Aus solchen leider viel zu zahlreichen Erfahrungen auf meinem Lebensweg hat sich für mich als Arzt eine klare Haltung herauskristallisiert: Nicht ein »Erkenne die Kosten«, sondern die alte Weisheit vom Apollon-Tempel in Delphi »Erkenne dich selbst« – an jeden von uns gerichtet – wird uns helfen, die Zukunft der Gesundheit und die Zukunft der Menschheit langfristig zu gestalten.

Drei Säulen für eine menschliche Medizin

Es sind drei Maximen, die für mich das Fundament einer dem Menschen zugewandten Medizin ergeben – so wie ich sie zu vertreten immer bemüht bin:

1.  Heilung braucht Zuwendung und Vertrauen,

2.  Medizin ohne Seelsorge ist keine Medizin,

3.  Medizinische Kompetenz-Teams sind die Zukunft.

Heilung braucht Zuwendung und Vertrauen

Was hat sich in den letzten 65 Jahren in der Medizin nicht alles zum Guten verändert? Die Krankenhäuser sind architektonisch und von der Ausstattung sehr viel moderner geworden, die Technik hat gigantische Fortschritte zu verzeichnen, es gibt fantastische Behandlungs- und Operationsmethoden, wir können fast jeden Körperteil (bis auf den Kopf) transplantieren, Impfstoffe in Rekordzeit entwickeln, Krankheiten wie die Pocken ausrotten oder die Kinderlähmung durch pharmazeutische Produkte besiegen.

Mit dem Computertomografen und besonders mit der Kernspintomografie ist es möglich geworden, transparent die gesamte Anatomie des Körpers bis in die Zellen hinein anzuschauen und zu beurteilen. Sogar, ohne den Körper mit dem Skalpell zu öffnen. Vielleicht bin ich deshalb Radiologe geworden? Trotz der schlimmen Erlebnisse als kleiner Junge im Röntgengerät – oder gerade deshalb, unbewusst? Fasziniert davon, dass man, ohne den Körper zu öffnen, seine Details so genau anschauen kann, war ich schon immer. Aber nicht mit den Menschen auf Augenhöhe zu sprechen, ihnen nicht in Würde zu begegnen und sie liebevoll zu behandeln, das macht mich seit meinem vierten Lebensjahr traurig und wütend. Und genau das hat sich im Turbo-Alltag der Zwei- bis Fünfminutenmedizin bis heute leider nicht geändert.

Natürlich gibt es gute Gegenbeispiele, ärztlich und besonders wenn Krankenschwestern die Kranken behandeln. Aber im allgemeinen Medizinbetrieb werden wir Menschen wie seelenlose Materie, wie Körpermaschinen und nicht als Individuen behandelt. Der heutige Medizinbetrieb ist straff ökonomisch geprägt und durchorganisiert. Statt Zuwendung gibt es eine Tablette oder eine Operation. Statt psychosomatisch-sozial orientierter Gespräche und persönlicher Untersuchungen des Körpers viel Technologie. Statt Seelsorge Sterbehilfe. Statt eines vorsichtigen Behandlungsbeginns mit Hausmitteln oder Naturmedizin, die eine begleitende Behandlung des Arztes erfordern würden, meistens sofort schulmedizinische »Geschütze«. So sieht die medizinische Realität bis heute aus. Weltweit. Und körperliche und psychische Krankheiten nehmen zu.

Den kranken Menschen als Individuum wahrnehmen und auf Augenhöhe behandeln

Bei allen unbestreitbaren und unverzichtbaren Erfolgen der modernen, hoch technisierten und spezialisierten Medizin besteht die Tendenz, dass sich Ärzte mit einer ausschließlich körperlichen medizinischen Wiederherstellung begnügen – anstatt den Menschen auch in seinen psychischen und intellektuellen Eigenschaften sowie in seinen gesellschaftlichen und kulturellen Bezügen wahrzunehmen. Ferner ist mit der Technisierung der Medizin eine Konzentration des Arztes auf feste Krankheitsbilder verbunden, die es anhand »objektiver« Labor-, Elektro- oder Bilddaten festzustellen und dann nach den »Regeln der Kunst« zu behandeln gilt. Die kranke Person als Individuum rückt damit in Anamnese, Diagnose und Therapie immer mehr in den Hintergrund.

Der Patient oder die Patientin als Mensch und Dialogpartner des Arztes findet in der modernen, immer unpersönlicher werdenden und zunehmend »datenorientierten« Medizin immer weniger Beachtung. Und damit geht auch das Bewusstsein verloren, dass der Patient nicht nur eine Krankheit hat, sondern ein fühlendes und denkendes Wesen ist, das in seiner Gesamtheit von einer Krankheit betroffen ist – einer Krankheit, die vielleicht auch aus seiner oder ihrer Lebensgeschichte und Lebenseinstellung resultiert und die nun das Leben und die Einstellung dazu umgekehrt beeinflusst.

Gesundheit, das Ziel allen ärztlichen Handelns, ist nicht die Abwesenheit von Krankheit (und wird nicht durch das bloße Abstellen von Krankheitssymptomen erlangt). Gesundheit ist vielmehr ein lebenslanger, dynamischer Prozess,...

Erscheint lt. Verlag 9.11.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Naturheilkunde
Schlagworte 2022 • achtsames Leben • Angst • Ängste • Angststörung • Angst überwinden • anti stress buch • Arzt des Vertrauens • Ayurveda • Coronapolitik • Demenz • Digitalisierung Medizin • eBooks • Ethische Medizin • Gesund altern • Gesundheit • Gesundheitslexika & Medikamentenratgeber • Gesundheitssystem • Gesundheit und Umwelt • Grönemeyer Buch • Kompetenznetze Medizin • Lebensfreude • Medizin • Mensch • Naturmedizin & Alternative Heilmethoden • Neuerscheinung • Schulmedizin • Selbstbestimmt Leben • Stress • TCM • Traditionelle Chinesische Medizin • Volkskrankheiten • Weltmedizin • Zukunft der Medizin
ISBN-10 3-641-29793-1 / 3641297931
ISBN-13 978-3-641-29793-0 / 9783641297930
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