Kleine Geschichte Niederbayerns -  Gerald Huber

Kleine Geschichte Niederbayerns (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 4. Auflage
200 Seiten
Verlag Friedrich Pustet
978-3-7917-6222-7 (ISBN)
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Seit Urzeiten war die Region an der Donau Einfallstor für immer neue Völker, für zahllose technische und kulturelle Neuerungen aus dem Mittelmeerraum. Im Mittelalter erlebte das bayerische Unterland eine kulturelle Blüte, die ihresgleichen sucht und die Landschaft heute noch prägt. Der Fall des Eisernen Vorhangs hat Niederbayern in jüngster Zeit seine zentrale Vermittlerrolle zwischen Westen und Osten in Europa zurückgegeben. Die Kleine Geschichte Niederbayerns möchte unterhaltsam und auf dem neuesten Stand der Forschung die Augen öffnen für ein jahrtausendealtes Kulturland, in dem sich auf engstem Raum Zeugnisse nahezu aller Epochen der Menschheitsgeschichte finden. 'Das kleine Buch (...) weckt Interesse an den reizvollen Städten und zeigt, was in einer 'Provinz' so alles steckt.' MITTELBAYERISCHE ZEITUNG

Gerald Huber, M. A., geb. 1962 in Landshut, studierte Geschichte und Germanistik in Regensburg und München. Zahlreiche Veröffentlichungen zu kulturellen und historischen Themen. 1990 Auszeichnung mit dem 'Altbayerischen Medienpreis' der Stiftung Aventinum.

Gerald Huber, M. A., geb. 1962 in Landshut, studierte Geschichte und Germanistik in Regensburg und München. Zahlreiche Veröffentlichungen zu kulturellen und historischen Themen. 1990 Auszeichnung mit dem "Altbayerischen Medienpreis" der Stiftung Aventinum.

Europäisches Niederbayern: Ur- und Frühgeschichte


Am Anfang war der Stein


Abgesehen vom wenig zugänglichen Waldgebirge war das heutige Niederbayern ein Dorado für die Menschen der frühesten Kulturen. Gute Böden, ausreichend Wasser, das bedeutet eine vielfältige Flora und Fauna. Über die Donau und ihre zahlreichen Nebenflüsse war die Region außerdem seit Urzeiten bestens erschlossen. Erstmals archäologisch greifbar wird die frühe menschliche Besiedelung in Niederbayern vor rund 130 000 Jahren. Sporadisch haben sich Steinwerkzeuge von Neandertalern an bevorzugten Aufenthaltsorten erhalten: hochwassergeschützte Anhöhen mit weitem Ausblick über die Flusstäler. Ganz besonders beliebt waren bei den ältesten „Niederbayern“ die sonnenwarmen Südhänge des Jura über dem Donau- und Altmühltal.

Neben Stellen unter freiem Himmel, wie etwa einem Platz der sehr seltenen sogenannten Aurignac-Kultur bei Irnsing (Lkr. Kelheim), gehören vor allem die Höhlen der niederbayerischen Juraregion zu den altbekannten Fundplätzen von Kulturzeugnissen aus der Altsteinzeit: Das Große und das Kleine Schulerloch, die Obernederhöhle, die Klausenhöhlen oder die Sesselfelsgrotte bei Essing (Lkr. Kelheim) lassen schon lange Archäologenherzen höher schlagen. Gerade die Sesselfelsgrotte zählt zu den bedeutendsten altsteinzeitlichen Fundstellen Europas. In meterhohen Schichten haben sich hier Reste aus rund 100 000 Jahren frühester Kulturgeschichte erhalten, darunter 14 Neandertaler-Fossilien, die zu drei Individuen gehören.

Vor rund 35 000 Jahren kam es zu einem einschneidenden Umbruch in der Menschheitsgeschichte Europas. Der „Homo sapiens sapiens“ verdrängte den primitiveren „Homo neandertalensis“. Zahlreiche Funde aus dieser Zeit traten in den niederbayerischen Höhlen zutage: Steinmesser, steinerne Pfeilspitzen und Knochenahlen, aber auch ausgesprochene „Kunstwerke“, wie etwa eine gelbe Steinplatte mit geheimnisvollen roten Punktreihen, ein Elfenbeinstück mit einem eingeritzten Mammut (Obere Klause) oder ein Kalkstein mit dem Kopf eines Wildpferdes (Mittlere Klause). In der Mittleren Klause fanden die Ausgräber außerdem einen Schamanenstab aus dem Geweih eines Rentiers. Er ist mit der geheimnisvollen Darstellung eines Mischwesens aus Tier und Mensch verziert. Das klassische menschliche Relikt der Altsteinzeit aber ist und bleibt der Faustkeil aus Feuerstein.

Blick aus der „Klausenhöhle“ bei Essing (Lkr. Kelheim). Sie besteht aus mehreren neben- und übereinanderliegenden Grotten etwa 55 Meter über der Sohle des Altmühltals. Neueste Funduntersuchungen ergaben eine auf +/– 360 Jahre genaue Datierung eines bearbeiteten Knochens aus der jüngeren Altsteinzeit: Er dürfte um das Jahr 24 680 v. Chr. entstanden sein. Foto: C. Zuchner, Erlangen

Ab dem Ende der letzten Eiszeit, vor etwa 10 000 Jahren, erwärmte sich das Klima langsam und Wald breitete sich über die Flussebenen und das Hügelland aus. Das Wild nahm spürbar zu und damit auch die Jagd der Menschen auf Hirsche und Rehe, wilde Rinder und Wildschweine, Bären und Biber. Die Sippenverbände der sogenannten „Mittelsteinzeit“ nutzten für ihre Lager nicht mehr ausschließlich Höhlen und Felsdächer, sondern kampierten bereits in der offenen Landschaft.

Erst jetzt gewannen die Menschen ein weitergehendes religiöses Bewusstsein und die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Die wahrscheinlich früheste Bestattung Bayerns gehört in die Zeit des Übergangs von der spätesten Mittelsteinzeit zur frühen Jungsteinzeit vor rund 8000 Jahren. Sie stammt aus Altessing (Lkr. Kelheim) und besteht lediglich aus einer ovalen Eintiefung unter einem Felsüberhang. In dem Grab lagen die Überreste einer jungen Frau mit ihrem toten Kind im Arm.

Neue Siedler, die im ständig wärmer werdenden Klima um 5700 vor Christus die Donau entlang von Südosten her zuwanderten, brachten Kultur und Technik aus dem Mittelmeerraum und dem Gebiet der ältesten Kulturen in Mesopotamien. Dort hatte man in langen Jahrtausenden die neue bäuerliche Wirtschaftsweise entwickelt, die nun als fertiges System nach Mitteleuropa kam. Zum Hund, den schon die Leute der mittleren Steinzeit gehalten hatten, treten nun Nutztiere: Rinder, Schweine, Schafe und Geißen. Dazu kommen die frühesten Vertreter vieler noch heute üblicher Kulturpflanzen: der Apfelbaum und der Lein, außerdem Erbsen, Bohnen und Linsen sowie selbstverständlich Hirse, Gerste, Emmer, Einkorn und Weizen. Ackerbau und Viehzucht prägen bis heute die Grundlagen der Kultur Niederbayerns und ganz Europas.

Zu den bedeutendsten Errungenschaften dieser Epoche gehören die Weberei und die Herstellung von Keramik. Anhand der frühen Hafnereierzeugnisse lässt sich belegen, dass es zu dieser Zeit, genauso wie all die Jahrtausende vorher, kaum regionale kulturelle Entwicklungen gegeben hat. Niederbayern gehörte vielmehr zum riesigen Verbreitungsgebiet der ältesten, von den Archäologen „Linearbandkeramik“ genannten, sesshaften Kultur. Belege dafür finden sich im Süden Polens genauso wie im Pariser Becken.

Auch die Technik des Hausbaus hatten die Neusiedler aus dem Osten mitgebracht. Gut geeignet als Siedlungsplätze erschienen ihnen die leicht erhöhten und von den Auwäldern nicht berührten Talterrassen des Donau-, des Isar-, Vils, Rott- und Inntals. In ganz Niederbayern sind bisher über 800 Siedlungsplätze der Jungsteinzeit entdeckt worden. Sie bilden Einzelgehöfte und frühe Dörfer aus vier bis zehn langgestreckten, rechteckigen Pfostenhäusern von beträchtlicher Größe, die in sich mehrfach unterteilt sind für Mensch, Vieh und Vorräte. Bei der Dantschermühle bei Bad Abbach (Lkr. Kelheim) kam eines der größten dieser Anwesen aus der Epoche der Linearbandkeramik aus dem Boden: Das Haus war 52 Meter lang und zwölf Meter breit, seine Wände bestanden aus massiven Holzständern, die fachwerkartig verstrebt und mit Lehmflechtwerk ausgefüllt waren. Das steile Satteldach war mit Stroh, Schilf oder Riedgras gedeckt. Um ihre Anwesen herum legten die frühesten Bauern Gärten, Felder und Weiden an. In Landshut-Sallmansberg wurde ein jungsteinzeitliches Dorf komplett ausgegraben. Derartige Dörfer gruppierten sich oft um zentrale, mit Wällen und Gräben befestigte Siedlungen, die Schutz- und Repräsentationsfunktionen hatten. Bei solchen Siedlungen finden sich gelegentlich Friedhöfe, in denen die Toten in embryonaler Hockerstellung begraben werden: Als Bauer weiß der Mensch der Jungsteinzeit, dass alles von der Erde kommt und zu ihr zurückkehren wird.

Rekonstruktion der linearbandkeramischen Siedlung von Stephansposching (Lkr. Deggendorf). Wichtig für die ersten Bauern der älteren Jungsteinzeit war der fruchtbare Gäuboden der Umgebung. Typisch für ihre Siedlungen sind Einzelgehöfte und weilerartige Dörfer. Größere Ortschaften mit etwa 30 gleichzeitig bewohnten Häusern, wie in Stephansposching, sind seltener. Zeichnung von A. von Krieglstein-Bender, Passau, nach einem Entwurf von J. Pechtl, Geretsried

Ein wichtiger Standortvorteil für die Donau-Alb-Region waren schon seit der Altsteinzeit außerordentlich hochwertige Vorkommen von Feuerstein (Silex). Die Siedler aus dem Osten machten daraus mit den neuen Techniken des Schleifens, Bohrens und Sägens vielfältigeres und spezialisierteres Werkzeug als es den Menschen in hunderttausend Jahren zuvor gelungen war. Gleichzeitig gewannen sie jetzt aus normalem Stein Alltags- und Massenwerkzeuge für Haus- und Feldbau, bei dem kostbares Silex-Werkzeug viel zu schnell verschleißt.

Blick zu den Sternen


Um etwa 5000 vor Christus zerfällt der große einheitliche Kulturraum der Linearbandkeramik. Aus dem böhmisch-sächsischen Raum kommen die sogenannten „Stichbandkeramiker“ nach Niederbayern und verdrängen offenbar gewaltsam die eingesessene Bevölkerung. Sie entwickeln innerhalb der folgenden Jahrhunderte die erste spezifisch niederbayerische Kultur, die nach dem Fundort Oberlauterbach bei Rottenburg an der Laaber „Oberlauterbacher Kultur“ genannt wird. Wie früher gibt es neben Einzelgehöften, die sich jetzt auch vereinzelt auf Höhenlagen vortasten, weiterhin kleine Weiler und größere zentrale Siedlungen, die oft mit Wall und Graben gesichert sind. In ihrer Mitte finden sich häufig riesige Kreisgrabenanlagen, die weniger Verteidigungszwecken als vielmehr Versammlungs- und Kultzwecken gedient haben.

Frühe Himmelsbeobachtung

Diese steinzeitlichen Rundtempel haben das jungsteinzeitliche Niederbayern neuerdings in der ganzen archäologischen Welt bekannt gemacht. Die Anlagen mit mehreren ineinander gestaffelten Gräben mit 40 bis 150 Metern Durchmesser gehören zu den ältesten Monumentalbauten Europas. Sie sind rund 2000 Jahre...

Erscheint lt. Verlag 24.6.2022
Reihe/Serie Bayerische Geschichte
Zusatzinfo Mit 45 Textabbildungen.
Verlagsort Regensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Regional- / Landesgeschichte
Naturwissenschaften Geowissenschaften Geografie / Kartografie
Schlagworte Antike • Bajuwaren • Bayerischer Wald • Bayern • Christianisierung • Geschichte • Kelten • Mittelalter • Neuzeit • Römer • Straubing
ISBN-10 3-7917-6222-2 / 3791762222
ISBN-13 978-3-7917-6222-7 / 9783791762227
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