Das eingeschossige Amerika (eBook)

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2014 | 1. Auflage
600 Seiten
AB - Die Andere Bibliothek (Verlag)
978-3-8477-5320-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das eingeschossige Amerika - Ilja Ilf, Jewgeni Petrow
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Ilfa Ilf und Jewgeni Petrow durchquerten drei Monate lang Amerika: von Oktober 1935 bis Januar 1936, von Ost nach West und wieder zurück. Ihr mausgraues Ford-Automobil brachte sie 16000km durch mehrere hundert Städte. Sie 'erlebten die Indianer, sprachen mit jungen Arbeitslosen, alten Kapitalisten, radikalen Intellektuellen und revolutionären Arbeitern, mit Dichtern, Schriftstellern und Ingenieuren', sie besuchten kulturelle, soziale, industrielle Institutionen - und fotografierten mit ihrer Leica-Kamera auf der Höhe der Fotokunst ihrer Zeit. Ihr Amerika war ein alltägliches: das eingeschossige Amerika, von Ilf und Petrow präzis beobachtet, beschrieben und im Stil einer klassischen Fotoreportage bebildert - mit Neugier, Scharfsicht und Ironie. Ilja Ilf (1897-1937) und Jewgeni Petrow (1903-1942) arbeiteten in den zwanziger Jahren zusammen mit Michail Bulgakow und Juri Olescha für satirische Zeitungen. Mit den beiden Romanen 'Zwölf Stühle' (1928) und 'Das Goldene Kalb' (1931) wurden sie zu den meistgelesenen Autoren ihrer Zeit. Und: Ein 1982 entdeckter Kleinplanet wurde nach dem populären Autorenduo benannt - 3668 IlfPetrow ...

Ilja Ilf (1897-1937) und Jewgeni Petrow (1903-1942) arbeiteten in den zwanziger Jahren zusammen mit Michail Bulgakow und Juri Olescha für satirische Zeitungen. Mit den beiden Romanen »Zwölf Stühle« (1928) und »Das Goldene Kalb« (1931) wurden sie zu den meistgelesenen Autoren ihrer Zeit. Und: Ein 1982 entdeckter Kleinplanet wurde nach dem populären Autorenduo benannt - 3668 IlfPetrow ...

Alexandra Ilf


»Stalin schickt Ilf und Petrow ins Land der Coca-Cola«

Die in diesem Band zusammengestellten Reportagen sind das Ergebnis einer Reise Ilja Ilfs und Jewgeni Petrows durch die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Autoren des berühmten Doppelromans »Zwölf Stühle/Das goldene Kalb« unternahmen sie als Korrespondenten der Zeitung Prawda, in deren Feuilleton seit Anfang 1932 regelmäßig Beiträge aus ihrer Feder erschienen.

Ilf und Petrow brachen am 19. September 1935 in Moskau auf. Über Polen, die Tschechoslowakei und Österreich gelangten sie nach Frankreich. In Paris legten sie einen Zwischenstopp von mehreren Tagen ein, um die Herausgabe ihrer Bücher zu regeln. Am 2. Oktober verließen sie Le Havre auf dem Dampfer Normandie, der am 7. Oktober in New York eintraf. Dreieinhalb Monate hielten sich die beiden Schriftsteller in den Vereinigten Staaten auf. In einem kleinen mausgrauen Ford durchquerten sie den gesamten nordamerikanischen Kontinent zweimal – von Ost nach West und von West nach Ost. »Zusammen mit Millionen Automobilen rollten auch wir von Ozean zu Ozean – ein Sandkörnchen im Benzinsturm, der seit so vielen Jahren über Amerika tobt!«

Das Programm war prall gefüllt. Ilf und Petrow fassten die Reise so zusammen: »Wir besuchten fünfundzwanzig Staaten und mehrere Hundert Städte, wir atmeten die trockene Luft von Wüsten und Prärien, fuhren über die Rocky Mountains, erlebten die Indianer, sprachen mit jungen Arbeitslosen, alten Kapitalisten, radikalen Intellektuellen und revolutionären Arbeitern, mit Dichtern, Schriftstellern und Ingenieuren. Wir besichtigten Fabriken und Parks, bestaunten Straßen und Brücken, erklommen die Sierra Nevada und stiegen in die Carlsbader Höhlen hinab. Insgesamt legten wir 10 000 Meilen1 zurück.«

1 Die hier gemeinte Englische Meile beträgt 1,609344 km – d. Ü.

Die Arbeit an diesem Buch begann schon in den USA. Statt am Abend nach der Ankunft in ihrem Quartier der Ruhe zu pflegen, griffen Ilf und Petrow regelmäßig zur Feder oder setzten sich an die Schreibmaschine. Sie folgten dem Rat ihres Begleiters und Freundes Mr. Trone (im Buch nennen sie ihn Adams) und kritzelten nicht nur von früh bis spät Reiseeindrücke in ihre Notizbücher, sondern füllten auch dicke amerikanische Kladden mit ausführlichen Aufzeichnungen. Dazu Ilf in seinem Tagebuch: »Wenn man nicht jeden Tag oder gar zweimal täglich festhält, was man gesehen hat, dann ist es bald vergessen und nie wieder zurückzuholen.« Bei alledem fanden Ilf und Petrow auch noch Zeit, ihren Familien in der Heimat Briefe zu schreiben. Sätze daraus tauchen immer wieder im Buchtext auf.

Bereits einen Monat nach Abfahrt der Schriftsteller aus New York ins Land, am 24. November 1935, erschien in der Prawda ihre erste Reportage unter dem Titel »Der Weg nach New York«. Einen Monat zuvor hatte Ilf in seinem Tagebuch notiert: »Wir haben begonnen, für die Prawda zu schreiben …« Während des ganzen Jahres 1936 brachte die Zeitung weitere sechs Reiseberichte: am 5. Januar »Begegnungen in Amerika«, am 18. Juni »Reise ins Land der bürgerlichen Demokratie«, am 4. Juli »New York«, am 12. Juli »Elektrische Gentlemen«, am 5. September »Das berühmte Hollywood« und am 18. Oktober »In Carmel«.

Wie eine Zusammenfassung des Buches erscheinen uns heute die elf Fotoreportagen von Ilf und Petrow, welche die Zeitschrift Ogonjok im April 1936 unter dem Titel »Fotografien aus Amerika« abzudrucken begann. Dabei handelte es sich um Bilder von Ilja Ilf mit ausführlichen Begleittexten. Sie vermittelten den Lesern eine (wenn auch recht flüchtige) Vorstellung von Amerika und den Menschen, die den beiden Schriftstellern begegnet waren. Während der Reise machte Ilf insgesamt über eintausend Aufnahmen.

Der Buchtext entstand im Sommer 1936.

Oft wird gefragt, wie die beiden Autoren zusammenarbeiteten. »Wie schreiben wir eigentlich gemeinsam? Ständig reden wir von uns in der Mehrzahl. Wir haben gesagt, wir haben gedacht … Das bereitet uns schon selber Kopfschmerzen«, meinte Ilf einmal ironisch. Sie hatten die seltene Gabe, gemeinsam zu denken und zu formulieren. »Dieses Buch war die erste Arbeit, an die wir uns getrennt setzten«, erinnerte sich Petrow. »Zwanzig Kapitel hat Ilf und zwanzig habe ich geschrieben. Sieben haben wir dann nach alter Gewohnheit gemeinsam formuliert.«

Das fertige Werk durften als Erste die Leser der Literaturzeitschrift Snamja (Nr. 10 und 11, 1936) zur Kenntnis nehmen. Im Frühjahr 1937 erschien es auch in Nr. 4 und 5 der Roman-Gaseta. Zugleich brachte es der Verlag Chudoschestwennaja literatura als Buch heraus. Ilja Ilf, der am 13. April 1937 verstarb, konnte noch eines der ersten Exemplare im blauen Einband in den Händen halten.

Was ist das für ein Buch?

Es gibt Reisebeschreibungen, die nicht nur etwas über ein Land, sondern auch über den Reisenden selbst aussagen. Man könnte sie als psychologisch bezeichnen. Die klassischen Beispiele dieses Genres von Sterne, Heine und Andersen, von den Russen Karamsin oder Fonwisin sind eher der Belletristik als dem Sachbuch zuzuordnen. Das gilt auch für Ilfs und Petrows Werk. Es ist kein Reiseführer durch die USA, sondern echte erzählende Prosa über dieses »Land in ständiger Bewegung« von zwei sensiblen, scharf beobachtenden Autoren. »Wir wussten: Nur nichts übereilen. Keine vorschnellen Schlüsse. Erst einmal so viel wie möglich sehen. Wir arbeiteten uns durch das Land wie durch die Kapitel eines dicken, spannenden Romans, bei dem der Leser ständig der Verlockung widerstehen muss nachzuschauen, wie er ausgeht.«

Im Russland der zwanziger und dreißiger Jahre war man gewohnt, die kapitalistischen USA kritisch zu sehen. Der Dichter Jessenin nannte New York ein »eisernes Mirgorod«. Gorki taufte es in einer seiner Kurzgeschichten »Stadt des gelben Teufels«, womit er das Gold im Auge hatte. Majakowski wollte »Amerika ein wenig säubern und dann ein zweites Mal entdecken«. Für diese Schriftsteller war das noch ein inneres Bedürfnis. Aber Mitte der dreißiger Jahre konnte daraus schon ein direkter Auftrag werden.

Wir wissen nicht, mit welchen Instruktionen des Prawda-Chefredakteurs Mechlis Ilf und Petrow nach Amerika reisten. Sollten sie vor dem Hintergrund des Siegeszuges des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion die USA einer vernichtenden Kritik unterziehen, das Unvermögen und die Perspektivlosigkeit des Kapitalismus, das Primitive und Vulgäre der amerikanischen Lebensweise, die Verlogenheit der bürgerlichen Presse und die gewaltsame Vernichtung der amerikanischen Filmkunst entlarven? Oder war der Besuch der Tatsache geschuldet, dass in dieser Zeit zwischen der Sowjetunion und den USA unter Präsident Franklin Roosevelt zum ersten Mal normale diplomatische Beziehungen hergestellt wurden?

Wie dem auch sei, ob es nun einen gesellschaftlichen Auftrag gab, oder nicht, eines ist sicher: Was herauskam, war kein Auftragswerk.

Amerika nahm Ilf und Petrow freundlich auf. Den fortschrittlichen Intellektuellen waren die beiden Satiriker ein Begriff. Der Roman »Das goldene Kalb« erschien in New York zweimal – 1932 und 1935. Auch »Das eingeschossige Amerika« kam 1937 kurz nach dem Erscheinen der sowjetischen Ausgabe in englischer Übersetzung heraus. Ilf und Petrow trafen mit Hemingway, Upton Sinclair, John Dos Passos, Lincoln Steffens, Henry Ford und mit Regisseuren in Hollywood zusammen. Dort schrieben sie das Szenarium für einen Film nach Motiven ihres Romans »Zwölf Stühle«.

Beide hatten nicht die Absicht, eine Satire, Groteske oder »Kritik« des Lebens in den USA zu schreiben. »Amerika ist nicht die Premiere eines neuen Stückes, und wir sind keine Theaterkritiker. Wir haben lediglich unsere Eindrücke von diesem Land und unsere Gedanken darüber zu Papier gebracht.« »Vielleicht haben wir Amerika ja nur als Außenseiter erlebt. Aber dann ist es eben so, und wir berichten, was wir gesehen haben«, bekannte Ilf aufrichtig.

»Das eingeschossige Amerika« erschien auf dem sowjetischen Büchermarkt. Nach den Reaktionen zu urteilen, stieß das Buch bei den »einfachen« Lesern (so nannten sie sich selbst) auf lebhaftes Interesse.

Womit konnte ein solches Werk die sowjetischen Leser der dreißiger Jahre fesseln? Damit, dass es ihnen erzählte, wie andere Menschen in einem fremden Land lebten.

Im Russland jener Zeit gab es weder Wolkenkratzer, Cafeterias noch Striptease, einen Service, Grapefruit oder Grapefruitsaft, keine entwickelte Autoindustrie, keine elektrische oder andere Werbung, weder Hotdogs noch Toilettenpapier, elektrische Haushaltsgeräte und vieles andere mehr. Heute gehört das zum Alltag.

Viel Zeit ist vergangen, seit Ilf und Petrow von Bord des Dampfers Normandie zum ersten Mal die Wolkenkratzer von New York erblickten, die aus dem Ozean aufstiegen »wie stille Rauchsäulen«. Seitdem hat sich Amerika verändert, und mit ihm unser Land, ja die ganze Welt.

Heute haben auch wir in Russland Schutzgelderpresser, exotische Früchte, einen Präsidenten, Makler, Dealer und Killer, ein Weißes Haus, »nackte Mädchen, die nach Liebe dürsten«, Hamburger und andere Genüsse. Äußerlich gesehen, gibt sich unser Land alle Mühe, so zu werden wie Amerika: Thriller von Hollywood-Format, die allgegenwärtige Werbung und vieles andere hat auch bei uns Einzug gehalten. Was wir nach wie vor nicht haben, sind gute Straßen, ein funktionierender Service, exakte und...

Erscheint lt. Verlag 16.10.2014
Reihe/Serie Die Andere Bibliothek
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Sachbuch/Ratgeber
Reisen Reiseberichte
Schlagworte 30er Jahre • Amerika • Fotoband • Fotoreportage • Ilf Petrow • Ilf und Petrow • Reisebericht • Reiseliteratur • USA
ISBN-10 3-8477-5320-7 / 3847753207
ISBN-13 978-3-8477-5320-9 / 9783847753209
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