Ein Bauch spaziert durch Venedig (eBook)

Spiegel-Bestseller
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2022 | 1. Auflage
320 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01192-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Bauch spaziert durch Venedig -  Vincent Klink
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Seit vierzig Jahren fährt Vincent Klink in jene Region Italiens, die einen geflügelten Löwen in ihrem Wappen trägt: Venetien. Die dortige Küche liebt er fern der Klischees von «Tomate-Mozzarella». Die Köstlichkeiten Venetiens haben ihn geprägt, ebenso die eindrucksvollen, reichen Kunst- und Kulturschätze Venedigs, der Sehnsuchtsstadt auf Stelzen, die Vincent Klink uns in diesem Buch jenseits der Rialto-Brücken-Postkarten-Romantik auf seine gewohnt lässige und authentische Art nahebringt. Mit Goethe und Montaigne im Gepäck begibt er sich auf die Reise, passiert den Brenner Richtung Bozen und Trient, wo er lilafarbenem Risotto begegnet, macht Abstecher nach Vicenza und Padua, bis er auf dem berühmten Markusplatz im Caffè Quadri (wo schon Lord Byron und Stendhal verkehrten) zum Frühstück ein Cornetto genießt. Was folgt, ist eine gewohnt reizvolle, Klink'sche Mischung aus Rezepten, Beschreibungen venezianischer Spaziergänge und Ausflügen in die Umgebung: ein ebenso kultursattes wie kulinarisch verheißungsvolles Porträt von Venedig und Venetien.

Vincent Klink, geboren 1949, betreibt in Stuttgart das Restaurant Wielandshöhe. In der verbleibenden Zeit musiziert er, widmet sich Holzschnitten, malt und pflegt seine Bienen. Er ist Autor zahlreicher Bestseller, darunter «Sitting Küchenbull» (2009) , «Ein Bauch spaziert durch Paris» (2015) und «Ein Bauch lustwandelt durch Wien» (2019). Zuletzt erschien von ihm «Ein Bauch spaziert durch Venedig» (2022). 

Vincent Klink, geboren 1949, betreibt in Stuttgart das Restaurant Wielandshöhe. In der verbleibenden Zeit musiziert er, widmet sich Holzschnitten, malt und pflegt seine Bienen. Er ist Autor zahlreicher Bestseller, darunter «Sitting Küchenbull» (2009) und «Ein Bauch spaziert durch Paris» (2015) und «Ein Bauch lustwandelt durch Wien» (2019). Zuletzt erschien von ihm «Ein Bauch spaziert durch Venedig» (2022). 

Terra ferma bellissima: Eine kleine Reise durch Venetien


Der Weg in den Süden: Über Brixen nach Asolo


Ich begebe mich als leidenschaftlicher Italienreisender gern auf die Spuren des französischen Schriftstellers Michel de Montaigne (1533–1592), dessen Essais für mich zu den wichtigsten Büchern überhaupt zählen. Nachdem er jahrelang zurückgezogen auf Schloss Montaigne sein philosophisches Dasein gefristet hatte, ließ er sich in den Jahren 1580/81 über die Alpen nach Venetien kutschieren, bereiste auch Venedig und Rom. Seine Erfahrungen hielt er im Tagebuch einer Reise durch Italien über die Schweiz und Deutschland fest, und etwas darin erinnert an die heutige Zeit. Epidemien plagten das Volk, Montaigne musste an den Toren jeder Stadt eine bolletta di sanità vorlegen, sozusagen seinen Impfausweis. Tolerant, genau und in entspannter Laune schildert er Koch- und Tischgebräuche, beschreibt das Leben des «einfachen Volkes», die Besuche bei den «höheren Ständen» und natürlich die Landschaft. Motorboote gab es damals noch nicht, auch führte keine Brücke nach Venedig. In Fusina bei Mestre wurde eine Gondel bestiegen. In Venedig angekommen, war Montaigne begeistert von der Lage und angetan vom «Gewühl von Menschen aus aller Herren Länder …».

Ungefähr zweihundert Jahre später, von 1786 bis 1788, trat auch Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) in diese Spur, bereiste Italien und verfasste ein zweibändiges Reisetagebuch, die Italiänische Reise. Es war dann aber vor allem ein Gedicht, das zum ersten Mal in Wilhelm Meisters theatralischer Sendung veröffentlicht wurde, das bis in heutige Zeiten zum Inbegriff deutscher Italiensehnsucht wurde: Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn / Im dunkeln Laub die Gold-Orangen glühn / Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht / Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht? / Kennst du es wohl? Dahin! dahin möcht ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn. Am 28. September 1786 ließ sich Goethe von Padua die Brenta hinab nach Venedig schippern. Auf dem Lido sah er zum ersten Mal in seinem Leben das Meer. Er blieb fast drei Wochen und schrieb täglich seine heute immer noch interessanten Tagebucheinträge.

Und nun wiederum, grob gerechnet weitere 250 Jahre später, macht sich ein schwäbischer Koch auf den Weg nach Italien, zwar nicht gerade im Postkutschentempo, dafür aber mit Bedacht, sodass das Innere dem Äußeren gut folgen kann. Etappenweise möchte ich mich diesmal der Lagune nähern, und meine Tochter Eva begleitet mich. Im Juni 2021 brechen wir auf zu einem kleinen Roadtrip durch Venetien. Eva meint, beim Fliegen käme die Seele nicht hinterher, man solle sich stets auf dem Landweg nähern und auf diese Art behutsam in «Land und Leute» hineinwachsen. Übrigens, meine Tochter dient mir auf dieser Reise sozusagen als Blindenhündin. Sie regelt alles, zu dem ich zu faul bin, organisiert unsere Hotels und unsere Tische und ist die unangefochtene Herrin der Kreditkarte.

Unsere Route wird uns von Stuttgart über Ulm und Füssen nach Reutte in Tirol, über den Fernpass nach Innsbruck führen und dann den Brennerpass hinauf und wieder hinunter nach Brixen, der Bischofsstadt in Südtirol. Die beiden erwähnten Dichterfürsten nahmen übrigens den Weg über München, Garmisch, Seefeld und den Zirler Berg ins Inntal hinab. Der Berg, der die Wasser des Inn entlässt, ist der Piz Lunghin. Wenn man mich heute so anschaut, traut man es mir nicht zu, dass ich diesen Berg, immerhin 2780 Meter hoch, einmal bestiegen habe. Aber das ist lange her, und damals warf ich auch noch nicht den Schatten eines Wochenendhauses.

Sehr bequem fahren wir die Brennerautobahn bergan und kein Stau klemmt uns fest. Es ist wenig Verkehr, nur ein antiker VW-Bulli mit Hippiebemalung orgelt sich über die Europabrücke und ist für kurze Zeit unser Augenglück und Weggefährte. In jüngeren Jahren litt ich unter ungestümem Vorwärtsdrang und sammelte jede Menge Strafzettel, drückte das Gaspedal durch bis zum Anschlag, bekam aber von der Landschaft fast nichts mit. Nun erlebe ich, dass es wahrlich Schöneres gibt als den Rausch der Raserei. Es fällt mir nicht schwer, die österreichische Geschwindigkeitsbegrenzung einzuhalten, über die der Altkanzler Helmut Kohl mal die Warnbotschaft hinausschleuderte: «130 km/h sind für Deutsche unzumutbar.» Goethe schrieb seinerzeit von der Fahrt über den Brennerpass: «Die Postillons fuhren, daß einem Sehen und Hören verging, und so leid es mir tat, diese herrlichen Gegenden mit der entsetzlichsten Schnelle und bei Nacht wie im Fluge zu durchreisen, so freute es mich doch innerlich, daß ein günstiger Wind hinter mir herblies und mich meinen Wünschen zujagte.»

Ziemlich verschnarcht verfehle ich fast die Ausfahrt nach Brixen. Ohne Brixen war mir noch nie eine Fahrt in den Süden möglich. Das liegt nicht daran, dass gehobene Stände mit Bildung mir dort den romanischen Kreuzgang mit den mittelalterlichen Fresken anempfohlen hätten oder mir die Bedeutung des gotischen weißen Turms ins Gemüt treiben wollten. Der Grund für meine Verankerung an diesen Bischofssitz sind nicht das mittelalterliche Ortsbild oder die Schätze des Diözesanmuseums. Nein, die Messlatte der Kultur liegt um einiges höher: Über ein gutes Gasthaus geht nichts hinaus. Andere Meinungen sind selbstverständlich gestattet, aber nicht mir.

Erkundung Brixens mit dem Rad

Goethe übernachtete als wirklich erste Verfehlung seiner Italienreise 1786 nicht im «Hotel Elephant», das schon seit über 400 Jahren die Türen für Vorbeireisende geöffnet hat. Seine Pferde zogen bergab schneller als ihm lieb war: «Der Postillon schlief ein, und die Pferde liefen den schnellsten Trab bergunter, immer auf dem bekannten Wege fort; kamen sie an ein eben Fleck, so ging es desto langsamer. Der Führer wachte auf und trieb wieder an, und so kam ich sehr geschwind, zwischen hohen Felsen, an dem reißenden Etschfluß hinunter. Der Mond ging auf und beleuchtete ungeheure Gegenstände.» Goethe stand ziemlich unter Kuratel der Kutscher, die sich nicht nach ihm richteten, sondern nach den Pferden: «Brixen, wo man mich gleichsam entführte, so dass ich mit dem Tage in Kollmann ankam.»

Michel Montaigne berichtete 1581 hingegen empört von der Halsabschneiderei der Wirte. Er nächtigte in Brixen jedoch ebenso wenig wie Goethe im «Elephanten», sondern im «Goldenen Adler». Diesen Gasthof gibt es urkundlich schon seit 1500, und Montaigne erwähnt ihn und die Stadt sehr lobend: «très belle ville» (eine sehr schöne Stadt) in einer «bonne auberge» (einer guten Herberge) übernachtet!

Das «Hotel Elephant» wurde schon zur Zeit Goethes von der gleichen Familie geführt wie heute. Das erste Mal war ich als junger Kerl mit meinen Eltern hier, später dann in den Achtzigerjahren, aber erst dieses Mal entdeckte ich den zauberhaften Garten, dessen zierliche, weißgestrichene Schmiedeeisentüre sich über die schmale Straße hinweg gegenüber dem Hoteleingang befindet. Der Garten, mitten in der Stadt gelegen, ist riesig und wird von einem Gärtner gepflegt, der nicht nur wie ein Philosoph aussieht, sondern das Pflanzen-Elysium auch aufs Herrlichste präsentiert. Im Grunde ist es ein kleiner, nach allen Regeln der Kunst angelegter Zauberort mit einem restaurierten Pavillon aus der Jahrhundertwende. Ein großes Schwimmbecken ist schwer zu finden und stört das romantische Auge nicht, denn es liegt mittendrin, leicht erhöht von Blumen eingefasst.

Garten gegenüber dem Hotel «Elephant»

Das «Elephant» ist ein Hotel wie ein Museum, aber alles andere als museal, sondern perfekt in Schuss, und das Personal ist von beeindruckender Professionalität. Der Koffer gelangt ohne mein Zutun aufs Zimmer. Der Uhrzeiger schiebt sich auf fünfe, und in Tirol wird früher gegessen als im südlichen Italien. So senke ich meinen heißen Schädel im Bad kurz unters eiskalte Gebirgswasser und restauriere mich binnen einer Minute. Habe ich vergessen zu erwähnen, dass meine Tochter als Expeditionsmanagerin stets alles im Griff hat? Wenn nicht, dann sei es jetzt erneut gesagt. Unten am Auto hat sie schon die Fahrräder von der Halterung befreit.

Brixen, wenn auch keine große Stadt, ist bei mittlerer Sommerhitze zu Fuß kein Vergnügen. Überhaupt, tierartige Fortbewegung überlasse ich gerne anderen, und meine Tochter denkt zum Glück genauso. Sie ist eine ziemlich modern ausgerüstete Lady, und an ihrer Lenkstange ist das Handy mit Ortungssystem befestigt. Wir radeln gemächlich die antiken Pflastersteine zum Dom hinab. Ursprünglich wurde die Kirche in der Zeit der Gotik gebaut und in den späteren Jahren dem barocken Zeitgeschmack angepasst. Das Innere ist dementsprechend üppig, was nicht so mein Ding ist. Vielleicht liebe ich ausladenden Gipsstuck mit obligater Goldhöhung auch deshalb nicht so sehr, weil ich selbst so üppig bin.

Beim Kreuzgang des Doms verweilen wir länger. Mit seinen gotischen Fresken gehört er zu den bedeutendsten Kunstdenkmälern Südtirols. An der dritten Arkade tritt der berühmte Elefant vor unser Auge. Geboren wurde das geradezu adelige Tier 1540 in Indien und auf den Namen Soliman getauft. Er war ein Geschenk der Tochter Karls V. und Isabellas von Portugal an den Neffen des Kaisers und späteren Kaiser Maximilian II. Elefanten galten als die gewaltigsten Staatsgeschenke und wurden immer wieder halb um die Welt...

Erscheint lt. Verlag 17.5.2022
Zusatzinfo Zahlr. 4-farb. Abb.
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Reisen Reiseberichte Europa
Reisen Reiseführer Europa
Schlagworte Bestsellerautor • Bücher Neuerscheinungen 2024 • Fernseh-Koch • Geschichte • Italien • kulinarischer reisebericht • Kulinarischer Reiseführer • Kulturgeschichte • Kunstgeschichte • literarischer Reisebericht • Reisebericht • Reiseführer • Reiseliteratur • Rezepte • Spaziergang • Spaziergänge Venedig • Sternekoch • Tourenguide Venedig • Venedig • Venezianische Renaissance
ISBN-10 3-644-01192-3 / 3644011923
ISBN-13 978-3-644-01192-2 / 9783644011922
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