Gluckenmafia gegen Karrierehühner - Tanja Kuchenbecker

Gluckenmafia gegen Karrierehühner

Grabenkämpfe helfen nicht. So lösen wir das Familiendilemma
Buch | Softcover
197 Seiten
2007
Campus (Verlag)
978-3-593-38378-1 (ISBN)
17,90 inkl. MwSt
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Kind oder Karriere? In Deutschland längst ein Politikum, das hitzig diskutiert wird. Die Fronten sind verhärtet: hier die »Glucken«, dort die »Rabenmütter«. Tanja Kuchenbecker, Journalistin, Mutter und Wahlpariserin, schaut über den Tellerrand und findet konstruktive Lösungen!
In Frankreich gilt es als normal, dass Frauen berufstätig sind, auch wenn sie Kinder haben. Die Gesellschaft, die Kultur und nicht zuletzt die Betreuungsangebote signalisieren: Hier lebt man nicht für die Kinder, sondern mit ihnen. Nicht die Eltern passen sich den Kindern an, sondern umgekehrt. Das sorgt für mehr Leichtigkeit im Umgang mit dem Nachwuchs. Ein besseres Modell? Jedenfalls eines, das offenbar für eine höhere Geburtenrate sorgt. Frankreich hält den europäischen Geburtenrekord. Auch in Deutschland ist ein anderes Lebensmodell möglich. Dafür muss sich aber nicht nur die Politik ändern, sondern zuerst die persönliche Einstellung jedes Einzelnen.

Tanja Kuchenbecker lebt seit mehr als 15 Jahren als freie Journalistin in Paris und schreibt für Focus, den Axel Springer Verlag und andere über Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Zuvor studierte sie in Deutschland und in den USA. Sie ist Mutter von zwei Kindern im Alter von vier und sieben Jahren.

Inhalt


Einleitung

1.Und so fing alles an

2.Die ersten Monate

3.Mutti ist die Beste
Sind Kinder nur in Deutschland eine Herzensangelegenheit?
Mama, spiel mit mir!
Kinderfeindlich und kindergerecht - wie Sprache das Familienbild transportiert

4.Muttis & more: Vater Staat als Erzieher - oder, warum arbeitet die Französin und bekommt die meisten Kinder?
Frankreichs Muttigeschichte: Es geht auch mal ohne Mutter
Familienpolitik in Frankreich: Ein Signal für arbeitende Mütter
Der deutsche Muttermythos: Ohne Mutti geht es nicht und der Sonderweg der DDR
Familienpolitik in Deutschland: Der Ernährer und die Mutter

5.Alles eine Zeitfrage
Zeit für die Kinder
Keine Zeit zum Träumen - wenn Kinder krank werden
Endlich Ferien

6.Ça suffit - lass das mal lieber, Schatz

7.Leben wie Papa in Frankreich

8.Von Krippen und Tagesmüttern - und warum ich ein Krippenfan bin

9.Zeit für Disziplin - von den Windeln zur Vorschule

10.Ganztagsschule, Gesamtschule und Frankreichs Elite

11.Tipps für Kind und Karriere

Abkürzungsverzeichnis

Literatur und Quellen

Dank

Einleitung "Kinder bekommen die Leute immer." Was Adenauer, selbst achtfacher Vater, Mitte der fünfziger Jahre noch leichthin behaupten konnte, hat sich bekanntlich als gründlich falsch erwiesen. Bezogen auf Deutschland sowieso. Als deutsche Journalistin mit zwei Kindern liege ich nicht nur erheblich über dem Durchschnitt der deutschen Journalistenmütter (0,5 Kinder), sondern auch über der allgemeinen Geburtenrate von 1,36. Aber ich lebe in Paris. Hätte ich in Deutschland weniger Kinder? Schwer zu beantworten. Als berufstätige Mutter habe ich die französische Infrastruktur von Krippe über Vorschule bis hin zur Ganztagsgrundschule genutzt. Jonglieren zwischen Job und Kindern muss ich trotzdem, jede Minute ist durchorganisiert. Parfait! Mehr oder weniger jedenfalls. Und sicherlich ist das hier leichter als in Deutschland. Die aktuelle Debatte in Deutschland war der Auslöser für dieses Buch aus deutsch-französischer Perspektive. Deutschland ist zur familienpolitischen Baustelle geworden. Gesellschaft und Politik rufen nach Kindern, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und eine spätere Rentenkatastrophe zu verhindern. Jahrelang wurde die Familie als Randthema belächelt. Heute haben die Parteien ihr Herz für sie entdeckt und wetteifern mit Vorschlägen, wie Frauen mit staatlicher Hilfe und Betreuungsangeboten Kinder und Beruf in Einklang bringen können. Die ersten Weichen für einen neuen weiblichen Lebensentwurf werden schon gestellt. Kaum ein Tag vergeht ohne Plädoyers für die bessere "Vereinbarkeit von Kind und Karriere" (Angela Merkel) und heftige Grabenkämpfe über ein neues familienpolitisches Leitbild, das für mehr Kinder sorgen soll. Reformvorschläge werden von vielen Konservativen heftig kritisiert. Gehört das Kind zur Mutter nach Hause oder entwickelt es sich in der Krippe besser zum sozialen Wesen? Darüber streitet sich ein ganzes Heer von Experten. In kaum einem anderen europäischen Land entscheiden sich so viele Frauen gegen Kinder und beklagen die Umstände. Trotz hoher Familienleistungen fällt die Entscheidung für Kinder schwer. Es besteht Handlungsbedarf. In Deutschland bekommen Paare mit dem höchsten Einkommen die wenigsten oder gar keine Kinder. Karrierebewusste Mütter sehen Kinder als Hindernis für ihren Aufstieg an, praktische Erwägungen scheinen wichtiger als die Freude am Kind. Kann Familienpolitik Kinderwunsch und Familiengründung, die emotionalste aller Lebensentscheidungen, beeinflussen? Das kann sie, wie das Beispiel Frankreichs zeigt. Familienpolitik wirkt hier positiv auf das Image des Kindes ein und beweist mit konkreten Maßnahmen, dass nicht nur Kinder erwünscht sind, sondern man auch bereit ist, den Lebensvorstellungen der Eltern entgegenzukommen. Erziehung ist in Frankreich eine Staatsangelegenheit und nicht Privatsache wie in Deutschland. Die Ganztagsbetreuung signalisiert: Berufstätigkeit ist eine Selbstverständlichkeit für Mütter. Im Gegensatz zu Deutschland gilt es in Frankreich als ganz normal, dass sie arbeiten. Niemand muss sich zwischen Beruf und Kindern entscheiden. In vielen Städten sind zwei Gehälter auch einfach notwendig. Das Verhältnis zu den Kindern ist dadurch völlig verändert: Niemand verlangt, dass Frauen ihr eigenes Leben aufgeben und nur noch an die Kinder denken. Hier lebt man nicht für die Kinder, sondern mit den Kindern. Nicht die Eltern passen sich den Kindern an, sondern die Kinder den Eltern. Das sorgt für mehr Leichtigkeit im Umgang mit dem Nachwuchs. Ein besseres Modell? Jedenfalls eine andere Denkweise, die offenbar für eine höhere Geburtenrate sorgt. Die Franzosen halten den europäischen Geburtenrekord. In Deutschland versetzt das erste Baby viele Frauen noch immer zurück in die fünziger Jahre: Papa arbeitet, Mama steht am Herd. Das Projekt Kind wird oft von langer Hand geplant und äußerst gewissenhaft umgesetzt. Das umsichtige Großziehen der Kleinen ist ein soziales Erfolgsbarometer, was den gesellschaftlichen Erwartungsdruck auf die Mutter enorm erhöht. Dahinter steckt die Gluckenmafia! Sie wacht über die Bewahrung des herkömmlichen Familienbildes. Deshalb wird auch der Krieg der Frauen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen - zwischen Glucken und Rabenmüttern - heftig geführt. Jede will eine Supermutter sein, doch der Zickenkrieg reibt auf und ist eine sinnlose Energieverschwendung. Viele Mütter fühlen sich durch zu hohe Ansprüche an sich selbst überlastet und überfordert. Einerseits sollen die Frauen voll und ganz dem traditionellen Rollenbild entsprechen, rund um die Uhr versorgen, trösten und ermutigen. Anderseits wollen auch die Mütter dem Ideal der unabhängigen Frau nacheifern. Das ist zwangsläufig ein Konflikt. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist unter diesen Umständen schwierig. Das überzogene Mutterbild mit einem Kult ums Kind sowie dem Hang zum Perfektionismus muss deshalb überdacht werden. Sinnvoll ist es, im Gegenzug auch das Vaterbild neu zu definieren. Das alles ist mindestens ebenso wichtig wie die Investionen in die Infrastruktur der Kinderbetreuung. Es ist an der Zeit, mit den Erziehungsmythen aufzuräumen. Dieses Buch richtet sich an Väter und Mütter und solche, die es vielleicht noch werden wollen - in Deutschland! Dabei werde ich über die familienpolitische Debatte, Familienbilder und Werte sprechen, über geschichtliche Hintergründe ebenso wie über die vielen alltäglichen Situationen. Es wird um Krippen, Vorschulen, Ganztagsschulen, Mütter, Väter und Chancengleichheit gehen. Dabei werde ich konkret zeigen, was in Frankreich anders ist. Von der Geburt über die Erziehung zu Hause bis zu den Schulen. Sicherlich wird einiges davon schockieren, aber auch vieles inspirieren. Frankreich wird oft als Paradies der Kindererziehung idealisiert. Alles ist auch in Frankreich nicht perfekt, aber für die Familien entspannter, und deshalb sind diese viel lockerer im Umgang mit Kindern. Wir Deutschen können von Frankreich etwas lernen, weil dort Kindererziehung nicht nur Privatsache und Angelegenheit der Frauen ist - wenn wir es wollen. Kein Land kennt den Königsweg, ebenso wie ihn keine Frau kennt, weder die Karrierefrau noch die Vollzeitmutter. Jede Entscheidung hat Konsequenzen. Etwas bleibt immer auf der Strecke, wenn man sich für Kind und Karriere entscheidet. C'est la vie! Da sieht eine Mutter vielleicht nicht die ersten Schritte des Kindes, verpasst das Mutter-und-Kind-Turnen und kann auch nicht jede spannende berufliche Herausforderung annehmen. Doch ist eine gute Mutter wirklich nur eine, die 24 Stunden über ihr Kind wacht? Oder ist auch die eine gute Mutter, die zufrieden ist, weil sie Beruf und Kinder gewählt hat? Ich möchte erzählen, wie man Beruf und Familie vereinbart und wo die Vor- und Nachteile des französischen Systems liegen, kurzum: wie es mir als Mutter in Paris ergeht, die beide Welten kennt und versucht, einen Mittelweg zu finden. Dabei greife ich auf viele Geschichten und Erfahrungen von Bekannten und Experten in Deutschland und Frankreich sowie auf wissenschaftliche Untersuchungen zurück. Einiges wird für eine bessere Verständlichkeit der beiden Lebensformen übersteigert dargestellt. Eine deutsche Freundin sagte mir: "Du musst Tipps geben, damit wir etwas von den berufstätigen Französinnen lernen können!" Klar, das mache ich gerne. Familienpolitik beginnt schließlich schon auf der privaten Ebene, in den Köpfen der Eltern.

Sprache deutsch
Maße 140 x 215 mm
Gewicht 310 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Schlagworte Beruf • Berufstätige Mutter • Deutschland • Familie • Frankreich • Frauenbilder • Gesellschaft • Glucke • Glucken-Mafia • Hardcover, Softcover / Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft • HC/Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft • Kind • Mutterbild • Muttermythen • Politik
ISBN-10 3-593-38378-0 / 3593383780
ISBN-13 978-3-593-38378-1 / 9783593383781
Zustand Neuware
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