China Morgana - James Mann

China Morgana

Chinas Zukunft und die Selbsttäuschung des Westens

(Autor)

Buch | Softcover
145 Seiten
2008
Campus (Verlag)
978-3-593-38626-3 (ISBN)
14,90 inkl. MwSt
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Trotz florierenden Handels und Investments von außen ist China nach wie vor ein autoritärer Staat mit einem Einparteiensystem. Doch wir verschließen uns vor dieser unbequemen Wahrheit.
Wir versuchen immer wieder, uns und andere davon zu überzeugen, dass China sich derzeit ändert und die politische Liberalisierung im Reich der Mitte Einzug halten wird. James Mann übt Kritik an dieser naiven Sichtweise und entwirft neben der Möglichkeit der Demokratisierung und Liberalisierung oder einem anderweitigen Umsturz der Regierung Chinas ein drittes mögliches Szenario: das Verharren der Volksrepublik in alten Strukturen. Nur wenn wir dieses Szenario berücksichtigen, können wir effektiv entscheiden, wie künftig mit China umzugehen ist.

James Mann hat in den USA bereits mehrere Bücher über China veröffentlicht. Von 1984 bis 1987 arbeitete er als Auslandskorrespondent der Los Angeles Times in Peking.

Inhalt



Einleitung: Das Schönreden Chinas

Kapitel 1: Das Dritte Szenario
Kapitel 2: Das Wörterbuch des Abwiegelns
Kapitel 3: Der Starbucks-Trugschluss
Kapitel 4: Der P-Faktor
Kapitel 5: Die Spiele sind eröffnet
Konklusion: Wer integriert hier wen?

Dank
Anmerkungen
Register

Kapitel 1 Das Dritte Szenario In der Diskussion über China hat sich in den USA und vielen anderen Ländern in den letzten anderthalb Jahrzehnten ein vertrautes Muster eingeschliffen. Wann immer sich jemand über Ereignisse oder Entwicklungen in China alarmiert zeigt, erfolgt in Reaktion darauf eine beschwichtigende Antwort, die zu einem "aufgeklärteren" Verständnis drängt. Einige Kritiker weisen auf das repressive, undemokratische Wesen des chinesischen Einparteiensystems hin. Andere, zum Beispiel Gewerkschaftsfunktionäre, protestieren gegen den Verlust von Arbeitsplätzen in Chinas Niedriglohnfabriken. Westliche Manager warnen vor dem Untergang ganzer Industrien. Mitglieder des Kongresses verdammen lauthals das wachsende Handelsdefizit mit China. Generäle und Admirale warnen vor der gesteigerten Kampfkraft und den wachsenden Fähigkeiten der chinesischen Volksbefreiungsarmee. Auf die eine oder andere Weise fragen alle: Wohin steuert China? Als Antwort erhalten sie gewöhnlich diese oder jene Version des "Beschwichtigungsszenarios". Seien Sie nicht kurzsichtig, bekommen die Kritiker zu hören. Behalten Sie die Übersicht. Die Dinge in China bewegen sich in die richtige Richtung. Schauen Sie sich die bemerkenswerten Veränderungen auf den Straßen an. Die chinesische Wirtschaft blüht; das chinesische Volk wird reicher. Das rasante Wirtschaftswachstum des Landes wird auch zu einem weitreichenden politischen Wandel führen. Schließlich wird der wachsende Handel und der steigende Wohlstand China Liberalisierung und Demokratie bescheren. Dem Beschwichtigungsszenario zufolge wird Chinas wirtschaftliche Entwicklung unweigerlich zu einer Öffnung des politischen Systems führen. Dies ist zwar nur eine der möglichen Entwicklungen Chinas, doch denkt so heute zweifellos die Mehrheit in Amerika. Zu den Verfechtern des Beschwichtigungsszenarios gehören führende Chinaexperten an den Universitäten, Geschäftsleute und Manager, die eifrig bestrebt sind, mit China Handel zu treiben und dort zu investieren, sowie Denkfabriken und andere Eliteorganisationen, die sich mit Beiträgen von Wirtschaftsunternehmen finanzieren. Das Beschwichtigungsszenario ist in Amerika auch zur erklärten Überzeugung sowohl demokratischer wie republikanischer Präsidenten geworden. Um eine Präsidentschaftskandidatur zu erringen, ist es im letzten Jahrzehnt praktisch zur obligatorischen Übung geworden, dem amerikanischen Volk dieses oder jenes Beschwichtigungsszenario anzubieten: Man muss sagen oder zumindest zu verstehen geben, dass wirtschaftliche Entwicklung und Handel China schließlich Demokratie bescheren werden. George W. Bush zollte dem Beschwichtigungsszenario gleich zu Beginn seines ersten Präsidentschaftswahlkampfes Tribut. "Das Argument für Handel ist nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch moralischer Natur", erklärte Bush 1999 in einer seiner ersten außenpolitischen Reden. "Wirtschaftliche Freiheit bringt Gewohnheiten der Freiheit hervor. Und Gewohnheiten der Freiheit schaffen die Erwartung auf Demokratie. [...] Wenn wir mit China freien Handel treiben, ist die Zeit auf unserer Seite."1 Damit echote Bush nur die Worte Bill Clintons. Der demokratische Präsident hatte dem chinesischen Präsidenten Jiang Zemin auf einer Pressekonferenz 1997 gesagt, er befände sich "auf der falschen Seite der Geschichte", womit er andeutete, dass "die Geschichte" Chinas politisches System von selbst öffnen könnte. Früher in jenem Jahr hatte Clinton erklärt, dass die wirtschaftlichen Veränderungen in China dazu beitragen würden, "mit der Zeit den Geist der Freiheit wachsen zu lassen. [...] Ich glaube, es ist unausweichlich, genauso unausweichlich wie der Fall der Berliner Mauer."2 In der Berichterstattung über den Präsidentschaftswahlkampf 2000 wurde häufig darauf hingewiesen, dass sich Bush von Clinton und Vizepräsident Al Gore darin unterscheide, dass er China als "strategischen Konkurrenten" bezeichne. Bushs vermeintlich harte Wahlkampfrhetorik verdunkelte indes die wichtigere Tatsache, dass er in der Kernfrage der politischen Zukunft Chinas und in Bezug auf die Rolle, die er dabei dem Handel beimaß, mit den Demokraten einer Meinung war. Bush ließ nicht auch nur den Hauch einer Abweichung zwischen sich und der Clinton-Administration sichtbar werden. Beide Parteien vertraten die Auffassung, dass durch den Handel mit China das chinesische Einparteiensystem verwandelt würde. Der britische Amtskollege des amerikanischen Präsidenten, Premierminister Tony Blair, bot seine eigene Version des Beschwichtigungsszenarios. Bei einem Besuch in Peking 2005 gab Blair seiner Überzeugung Ausdruck, es gäbe in China "ein unaufhaltbares Momentum" in Richtung Demokratie.3 Das Beschwichtigungsszenario macht es erforderlich, dass jedes Mal, wenn gegenteilige Belege auftauchen - das heißt Razzien gegen Regimegegner oder andere Repressionsmaßnahmen, die zeigen, dass sich Chinas politisches System nicht verändert -, deren Bedeutung heruntergespielt werden muss. Und man kann sich darauf verlassen, dass Chinas Sicherheitsapparat alle paar Monate mindestens ein paar Dissidenten, Intellektuelle, Journalisten, Anhänger religiöser Sekten oder andere Menschen verhaftet, die sich den Beschränkungen des Einparteienstaates widersetzen.

Erscheint lt. Verlag 8.2.2008
Übersetzer Andreas Simon dos Santos
Sprache deutsch
Original-Titel The China Fantasy
Maße 140 x 215 mm
Gewicht 223 g
Einbandart kartoniert
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Schlagworte China • China; Politik/Zeitgeschichte • China; Wirtschaft • Demokratie • Entwicklung • HC/Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft • Politik
ISBN-10 3-593-38626-7 / 3593386267
ISBN-13 978-3-593-38626-3 / 9783593386263
Zustand Neuware
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