Autokorrektur - Mobilität für eine lebenswerte Welt (eBook)

Spiegel-Bestseller
Leserpreis des Deutschen Wirtschaftsbuchpreises 2022

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
272 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491574-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Autokorrektur - Mobilität für eine lebenswerte Welt -  Katja Diehl
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Ein Plädoyer für eine inklusive und klimagerechte Verkehrswende - Mit Schwung, Know-how und Kreativität macht die Mobilitätsexpertin Katja Diehl Lust auf eine Gesellschaft, die gemeinsam eine attraktive und klimafreundliche Zukunft für alle baut. Eine Zukunft, die mehr Lebensqualität in Städten und auf dem Land bietet sowie moderne Formen von Arbeit berücksichtigt. »Jede:r sollte das Recht haben, ein Leben ohne ein eigenes Auto führen zu können.« »Autokorrektur« will Kick Off einer Gesellschaft sein, die gemeinsam eine attraktive Mobiltätszukunft baut - und zwar schon heute. In Katja Diehls Vorstellung der Zukunft können die Menschen Auto fahren, so sie es denn wollen. Sie müssen es aber nicht mehr - denn es gibt attraktive Alternativen. Momentan ist nicht alles in unserem Land fair und klimagerecht, inklusiv und bezahlbar aufgestellt. Die Bedürfnisse vieler Menschen werden nicht angemessen berücksichtigt. Das können wir ändern, davon ist Mobilitätsexpertin Katja Diehl überzeugt und läutet die Verkehrswende ein. Die Mobilitätsexpertin Katja Diehl weist den Weg zu einer gerechten und fairen Mobilität der Zukunft, die den Menschen ins Zentrum stellt und unsere Welt lebenswert macht.

Katja Diehl, geboren 1973, hat sich voll und ganz dem Mobilitätswandel verschrieben. Nach 15 Jahren in z.T. leitenden Funktionen der Mobilitäts- und Logistikbranche verändert sie das System nun mit ihrer Expertise von außen. Sie hostet den Podcast »SheDrivesMobility«. In Hamburg hat sie die Vertretung der womeninmobility gegründet und engagiert sich im Bundesvorstand des Verkehrsclub Deutschland e. V.  Für ihre Arbeit hat sie zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u.a. wurde sie 2020 vom »Focus« zu den »100 Frauen des Jahres« gezählt, 2019 kam sie auf die Liste »25 LinkedIn TopVoices in Deutschland, Österreich und der Schweiz« und gilt als eine der »Remarkable Women in Transport«. Ihr Buch »Autokorrektur« war wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste, sie selbst erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Leserpreis des Deutschen Wirtschaftsbuchpreises 2022 und den Deutschen Mobilitätspreis in der Kategorie Menschen. Katja Diehl lebt in Hamburg.

Katja Diehl, geboren 1973, hat sich voll und ganz dem Mobilitätswandel verschrieben. Nach 15 Jahren in z.T. leitenden Funktionen der Mobilitäts- und Logistikbranche verändert sie das System nun mit ihrer Expertise von außen. Sie hostet den Podcast »SheDrivesMobility«. In Hamburg hat sie die Vertretung der womeninmobility gegründet und engagiert sich im Bundesvorstand des Verkehrsclub Deutschland e. V.  Für ihre Arbeit hat sie zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u.a. wurde sie 2020 vom »Focus« zu den »100 Frauen des Jahres« gezählt, 2019 kam sie auf die Liste »25 LinkedIn TopVoices in Deutschland, Österreich und der Schweiz« und gilt als eine der »Remarkable Women in Transport«. Ihr Buch »Autokorrektur« war wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste, sie selbst erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Leserpreis des Deutschen Wirtschaftsbuchpreises 2022 und den Deutschen Mobilitätspreis in der Kategorie Menschen. Katja Diehl lebt in Hamburg.

Diehls Plädoyer für eine inklusive und klimagerechte Verkehrspolitik hat mich in vielen Aspekten überrascht. Vor allem, weil die Analyse eine intersektionale ist.

Diehls Buch ist ein großer Wurf.

Also neu und nicht mehr mit dem Blick durch die Windschutzscheibe denken!

Die Stärke von Diehls Ansatz ist, individuelle Lebensrealitäten mit dem Systemkontext von Mobilität zu verbinden.

Katja Diehl hinterfragt lesenswert und sehr radikal die Liebe zum Auto.

Was hat sich durch das Auto verändert?


Arbeitsteilung und Handel waren es, die vor Tausenden von Jahren unsere Mobilität ausgerichtet haben. Vorher waren wir zu Fuß unterwegs, um das Gejagte oder Gesammelte zu unserer Gruppe zu bringen, zuzubereiten und zu verzehren. Wir sind zudem noch gar nicht so lange sesshaft. Damit ist die heute am meisten vernachlässigte Verkehrsart zugleich die erste, die wir erlernen: das Zu-Fuß-Gehen.

Um Waren über größere Strecken transportieren zu lassen, domestizierten wir Kamele und Pferde und entwarfen Kutschen, um die Zugkraft verschiedener Tiere bestmöglich auszunutzen. Pferdestärken eben. PS. Personen- und Warenbeförderung etablierten wir als Geschäftsmodell und Mobilitätsart. Erste Straßennetze zu Lande und zu Wasser entstanden, um Geschwindigkeit und Bequemlichkeit zu steigern. Vor allem in Städten sorgte die Trennung von Fuß- und Pferdverkehr für eine größere Sicherheit der ungeschützten Fußgänger:innen, damit war die erste Hierarchie im Straßenraum etabliert, und der Fußweg wurde zum randseitigen und stark vernachlässigten Phänomen. Das hat sich bis heute nicht geändert, sondern eher noch verschlechtert.

Das Fahrrad – Symbol feministischer Mobilität


Wenn Sie sich das Deutschland in den 1890er Jahren vorstellen, was sehen Sie in den Straßen unseres Landes?

Sicher keine Autos, denn die gab es damals noch nicht.

Zwar hatte 1888 Bertha Benz (und damit eine Frau!) die erste längere Fahrt mit dem ersten Automobil unternommen,[1] Automobile waren aber noch lange nicht massentauglich, sehr wohlhabenden Menschen vorbehalten und standen damit noch ganz am Beginn ihrer Welteroberung.

Sie denken somit vielleicht eher an edle Kutschen und vornehme Damen und Herren, die angemessenen Schrittes die Gehwege herunterspazierten. Aber es gab damals auch schon ein anderes Verkehrsmittel, das sich großer Nachfrage erfreute: das Fahrrad.

Vor allem Arbeiter:innen wussten dieses günstige Verkehrsmittel, das den persönlichen Bewegungsradius deutlich erweiterte, sehr zu schätzen. Sie konnten es selbst reparieren und die ausgebauten Straßen damit nutzen. Frauen erhielten, sehr umstritten und heiß diskutiert, mit diesem Verkehrsmittel emanzipatorische Freiheit in ihrer Mobilität. Waren sie sonst auf das Gutdünken ihres Vaters oder Ehemannes angewiesen, der ihnen für längere Strecken entsprechende Mobilität bereitstellen musste, so bot das Fahrrad völlig unkompliziert zuvor nicht gekannte Freiheit. Und schon dieses Beispiel zeigt: Selbstbestimmte und wahlfreie Mobilität ist hochpolitisch, vor allem, wenn sie bestimmten Gruppen von Menschen exklusiv ermöglicht und anderen vorenthalten wird.

Bis heute ist die Art der Mobilität ein Zeichen von Klassenzugehörigkeit – wenn auch in Sachen Auto sicher enorm aufgeweicht durch irrational attraktive Finanzierungsangebote. Ein Nachbar meiner Eltern arbeitete in einer Bank und sagte immer: »Die dicksten Karren sind geleast.« Oder – um aus Fight Club zu zitieren: »Von dem Geld, das wir nicht haben, kaufen wir Dinge, die wir nicht brauchen, um Leuten zu imponieren, die wir nicht mögen.« In den 1920er Jahren war es deutlicher. Wer zu Fuß ging, gehörte zur Unterschicht, während die Frauen der Oberschicht als fragile Geschöpfe im Haus bleiben mussten und die Herren der Oberschicht ein Automobil besaßen. Somit war die kollektive Wirkung all dieser Aspekte des Fahrrads Symbol der »neuen Frau« des 20. Jahrhunderts – einer Frau, die nicht nur an die Traditionen von Klasse und Kinderkriegen gebunden war.

Radfahrende Frauen waren Ende des 19. Jahrhunderts ein politischer Akt gegen das Patriarchat. Frauenwahlrecht, Bildung, eigenständiges Leben – all das war noch in weiter Ferne. Umso revolutionärer mutete es an, sich auf dem Fahrrad sitzend weibliche Mobilität zu erobern. Für die Suffragetten war das Fahrrad das Mittel für ihre Kampagnen, sie fuhren in den 1910er Jahren mit Transparenten durch die Gegend. Zuvor – in den 1890er Jahren – erklärte die Frauenzeitschrift Godey’s: »Im Besitz ihres Fahrrads fühlt die Tochter des 19. Jahrhunderts, dass die Erklärung ihrer Unabhängigkeit verkündet worden ist.« Viele der Autobauer:innen begannen übrigens mit dem Fahrrad, ohne das die Technik, auf der das Auto heute basiert, nicht entwickelt worden wäre. Adam Opel baute erst Nähmaschinen und Fahrräder. Erst 1898, drei Jahre nach seinem Tod, startete Sophie Opel mit dem Bau von Autos. Auch Henry Ford hob sein erstes Auto auf vier Fahrradlaufräder und brachte die Kraft des Motors durch die Fahrradkette an die Räder. Auch die Dodge-Brüder und die Peugeots verdienten zunächst ihr Geld mit dem Fahrradbau, bevor sie Autos bauten.

Dennoch blieb das Fahrrad als Mobilitätsmittel eher ein Gegenstand der proletarischen Alltagsmobilität von subkulturellen Gruppen. Bürokraft und Verkäuferin waren Berufe, die Frauen ergreifen konnten. Der Krieg an sich brachte keine außergewöhnliche Zunahme der Frauenarbeit mit sich. Es gab aber Verlagerungen, so dass Frauen jetzt Berufe ergriffen, die bisher Männern vorbehalten waren. Die berufstätige Frau wurde damit in der Öffentlichkeit wahrnehmbar – als Arbeitskraft in der Schwerindustrie, an Maschinen und auch als Straßenbahnführerin. Gerade jungen Frauen bot sich die Möglichkeit, früh erwerbstätig zu werden, selbständiger zu leben. Was auch kein Problem war: Arbeit und Leben und Wohnen lagen zu dieser Zeit noch nahe beieinander, 60 Prozent der Wege wurden zu Fuß zurückgelegt. Heute sind es unter fünf Prozent.

Die städtische Mobilität trug mit dazu bei, sich von den sehr kasteienden Reifröcken und der Schichtkleidung zu verabschieden. Wie sollte eine Frau sonst die Stufen einer Straßenbahn hinaufkommen? Wie sollte eine Frau gepresst in ihr Korsett einen langen Arbeitstag hinter Schreibmaschinen oder in Fabriken schaffen? Es gab sogar einen deutschen Verband zur Verbesserung der Frauenkleidung. Inspiriert von Kleidung, die zuvor zum Wandern, Turnen, Fahrradfahren oder Schwimmen entwickelt worden war.

Der Siegeszug des Autos


Um 1900 waren in den USA die wenigen Automobile zu 40 Prozent mit Dampfkraft, zu 38 Prozent elektrisch und nur zu 22 Prozent fossil betrieben. Es benötigte nur etwas mehr als zwei Jahrzehnte, bis sich der Ottomotor und dann ab den 1930er Jahren der Diesel, zunächst mit Schwerpunkt auf Nutzfahrzeugen, durchsetzte.

Und wie war es in Deutschland? Anfang des 20. Jahrhunderts verdrängten Automobile die Pferdefuhrwerke – was für Aufruhr sorgte. Der Grund kommt uns bekannt vor: Die um Esel, Pferde, Pferdenahrung, Fuhrwerkbau und -wartung herum entstandene Industrie brach zusammen. Die Präsenz des Autos provozierte aber weitere Konflikte. »Die frühen Autobesitzer dominierten mit Lärm und Geschwindigkeit die Straße, sie galten als arrogant und neureich. Zahlreiche Gesetze gingen – international unterschiedlich – mit diesen Konflikten um und regulierten unter anderem die Reisegeschwindigkeit sowie die Erhaltung der Straßenqualität, wie sie die Autofahrer forderten: So mussten die Fuhrwerksbetreiber die Straße von Pferdedung freihalten, damit die Automobile nicht ausrutschten.«[2]

1910 trat das deutsche Kraftfahrgesetz in Kraft und damit erstmals eine rechtliche Regelung zum Verhalten mit Autos im öffentlichen Raum.[3] Kurz danach, 1913, begann die Fließbandproduktion von Autos. Angeregt übrigens von der Fließbandarbeit in einem Schlachthof, den Henry Ford 1910 besichtigte.[4]

Letztlich sorgte das Auto für die Abschaffung der »Shared Spaces« – öffentlicher Räume ohne Unterteilung in Verkehrszonen. Weil die Verletzungsgefahr für Fußgänger:innen zu hoch wurde. Der gemeinsam genutzte Raum in Städten wurde zugunsten eines einzigen Verkehrsmittels aufgegeben, damit endete auch die Demokratie auf der Straße. Es wurde stattdessen eine Hierarchie eingeführt, die das Auto priorisierte.

Mit den Nazis wurde das Ziel der Volksmotorisierung ausgerufen. In Wolfsburg hatte Ferdinand Porsche in den 1930er Jahren die Ford’schen Produktionsmethoden übernommen. Im Auftrag von Hitler baute er das VW-Werk auf und entwarf den »KdF-Wagen« (benannt nach der Organisation »Kraft durch Freude«).

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dann der Volkswagen in Masse produziert und entwickelte sich zum Symbol für die wirtschaftliche Entwicklung und das Wiedererstarken der Bundesrepublik.[5]

Wie eine Klammer legt sich die Automotorisierung um die Jahre nach dem Kriegsende. Das Auto war ein anfassbares und sehr reales Symbol für Erfolg, sowohl für die Industrie als auch für den Mann, der in jener Zeit der Ernährer der Familie war und mit dem Auto zur Arbeit fuhr. Während die Frau ihre Wege eher »unsichtbar« und zudem unbezahlt zurücklegte. Oftmals zu Fuß, mit dem Rad oder im Bus. Vom demotorisierten und demoralisierten Land schwungvoll hinein in das sogenannte Wirtschaftswunder – ohne Auto undenkbar, oder?

Was ich bei meiner Recherche spannend fand: Im Dezember 1945 startete das Volkswagenwerk unter der britischen Militärregierung die Herstellung von Limousinen. In Produktionszahlen und...

Erscheint lt. Verlag 9.2.2022
Illustrationen Doris Reich
Zusatzinfo Mit zahlreichen Illustrationen von Doris Reich und zusätzlicher Schmuckfarbe
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Ableismus • Autofrei • Barrierefreiheit • Elektromobilität • Fahrrad • Feminismus • Großstadt • Inklusion • Klimagerecht • Klimawandel • Landleben • Lastenrad • Leserpreis des Deutschen Wirtschaftsbuchpreises • Mobilität für alle • Nahverkehr • new work • Öffentlicher Raum • Paternalismus • Rassismus • Sexismus • Stadtplanung • Verkehrssystem • Verkehrswende
ISBN-10 3-10-491574-1 / 3104915741
ISBN-13 978-3-10-491574-6 / 9783104915746
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