Im Zentrum der Katastrophe - Richard Munz

Im Zentrum der Katastrophe

Was es wirklich bedeutet, vor Ort zu helfen

(Autor)

Buch | Hardcover
246 Seiten
2007
Campus (Verlag)
978-3-593-38123-7 (ISBN)
22,00 inkl. MwSt
Ein Insider berichtet
TSUNAMI I N INDONESIEN. FLÜCHTLINGSDRAMA IM SUDAN. ERDBEBEN IN PAKISTAN. HUNGERSNOT IM NIGER. Bilder aus Katastrophengebieten erreichen uns dank der modernen Technik fast zeitgenau und tagesaktuell. Viel zu oft jedoch zielt die Berichterstattung der Medien auf spektakuläre Schlagzeilen und bewegende Bilder ab. Die tatsächliche Lage vor Ort sieht meist ganz anders aus. Der Notfallarzt Dr. Richard Munz ist seit u?ber zwanzig Jahren bei internationalen Hilfseinsätzen tätig. Engagiert und kritisch entlarvt er die Mythen der Katastrophenhilfe, an denen Medien und Hilfsorganisationen viel zu oft gemeinsam weben. Er erklärt, welche Hilfsmaßnahmen tatsächlich am dringendsten benötigt werden und wie wir selbst am besten helfen können. Seine persönlichen Erfahrungsberichte zeigen auf eindringliche Weise, wie es wirklich ist - im Zentrum der Katastrophe.

Dr. Richard Munz (1953-2010) leitete Katastropheneinsätze für verschiedene Hilfsorganisationen (etwa für das Deutsche Rote Kreuz nach dem Tsunami in Sumatra) und galt als einer der wichtigsten Auslandsmitarbeiter nicht nur des DRK, sondern auch der Organisationen des Internationalen Roten Kreuzes in Genf. Munz war Experte für das Thema »Internationale Humanitäre Hilfe« und hatte einen Lehrauftrag im gleichnamigen Studiengang an der Universität Bochum.

Inhalt






Einleitung7
I." Die größte humanitäre Katastrophe aller Zeiten …"
Der Mythos von der Objektivität der Medien17
2." Die Opfer warten verzweifelt auf Hilfe …"
Der Mythos von den hilflosen Überlebenden37
3." Endlich kommen die ersten Helfer an …"
Der Mythos vom schnellen Zupacken50
4." Die Koordination ist chaotisch …"
Der Mythos vom heillosen Durcheinander72
5." Jede Hand wird gebraucht …"
Der Mythos von unserer Unentbehrlichkeit96
6." Wegen der vielen Leichen droht Seuchengefahr …"
Der Mythos vom Leichengift116
7." Helfen, wo es am nötigsten ist …"
Der Mythos von der gezielten Soforthilfe129
8."Verlassen herumirrende Waisen …"
Der Mythos von den verlassenen Kindern151
9." Unfallchirurgen werden dringend gebraucht …"
Der Mythos von den lebensrettenden Amputationen160
10." Unsere aufopferungsvollen Helden trotzen jeder Gefahr …"
Der Mythos von den Superrettern177
11." Unsere überragende Technologie …"
Der Mythos von der schnellen technischen Rettung194
12." Jeder Euro kommt bei den Betroffenen an …"
Der Mythos von der schnellen und unbürokratischen Hilfe207
Wie wir in Zukunft noch besser helfen können222
Anhang: " Nicht vergessen …"234
Register241

Geschichten hinter den Schlagzeilen
"Ein gelungenes Buch. Es bietet Diskussionsstoff und lädt dazu ein, sich mit den Opfern von Katastrophen auseinanderzusetzen." (Deutschlandfunk, 12.03.2007)

Die Kehrseite der Hilfe
"Ein erhellender Blick hinter die Kulissen des Helfergeschäfts." (Greenpeace Magazin, 01.05.2007)

Die Mär vom Superhelfer
"Munz hat ein wichtiges Buch zu einem längst fälligen Thema geschrieben." (Frankfurter Rundschau, 16.05.2007)

Iranische Suchhunde
"Munz' Geschichten von der anderen Seite der Erdbeben-, Hunger- und Flutberichterstattung sind das wohl beste, was in letzter Zeit zu diesem Thema erschienen ist, spannend und erhellend zugleich ... Der Band ist ein Muss, für Spender und vor allem für berichtende Journalisten und ihre Auftraggeber." (Süddeutsche Zeitung, 25.06.2007)

Das Märchen vom Superhelfer
"'Im Zentrum der Katastrophe' ist ein spannendes wie aufklärendes Buch. Eine Pflichtlektüre für Politiker, Journalisten - und Spender." (Financial Times Deutschland, 06.07.2007)

Szenen für die Kamera
"Munz räumt mit Mythen der Katastrophenhilfe auf." (Berliner Zeitung, 31.07.2007)

Bitte keine Rettungsrambos"
"Richard Munz hat ein spektakuläres Buch über Katastrophenhilfe geschrieben." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.08.2007)

Schwierige Hilfe in aller Welt
"Das Buch ist eine Pflichtlektüre für alle, die in der humanitären Hilfe arbeiten wollen." (amnesty journal, 01.09.2007)

Einleitung Indonesien. Sri Lanka. Afghanistan. Indien. Sudan. Iran. Tsunami, Erdbeben, Bürgerkrieg, Überschwemmung oder Flüchtlingsdrama. Mit schrecklicher Regelmäßigkeit reißen uns Katastrophenberichte, meist aus den ärmsten Regionen der Welt, aus unserem abgesicherten Alltagstrott. Die Informationen über diese Katastrophenereignisse werden hierbei hauptsächlich durch unsere Massenmedien vermittelt, die inzwischen innerhalb weniger Stunden an fast jedem Punkt der Erde präsent sein können und die entsprechenden Nachrichten sofort bis in unsere Wohnzimmer verbreiten. So wird dann auch der Eindruck und die Einstellung der Öffentlichkeit zu Katastrophen und den nachfolgenden Hilfsmaßnahmen fast ausschließlich durch diese Schlagzeilen in den Medien geprägt. Das Leid der Opfer geht uns so nah und ist zugleich so unsagbar fern. Das Bild der Katastrophe, welches durch die Berichterstattung der Medien in der Öffentlichkeit entsteht, beschränkt sich dabei meist auf oberflächliche Schlaglichter und sehr überzogene Darstellungen von Opfern und Helfern. Leider werden hierdurch oft völlig unrealistische Erwartungen geweckt, die in der Wirklichkeit nur sehr selten erfüllt werden können. Was aber steckt tatsächlich hinter den fett gedruckten Schlagzeilen? Wie geht es wirklich zu im Zentrum der Katastrophe? Wie ist es wirklich, vor Ort zu helfen? Eine Folge der irreführenden Berichterstattung ist leider immer wieder überzogene Kritik an den Hilfsoperationen, wie Klagen über Geldverschwendung, Korruption oder unnötigen Verwaltungsaufwand. Bei Einsätzen in Krisengebieten wird häufig der pauschale Vorwurf erhoben, dass durch die Hilfsmaßnahmen das Leiden der Betroffenen nur weiter verlängert würde. Diese Kritik lässt oft die nötige Sachkenntnis vermissen und erzeugt bei den Spendern ein Gefühl der Unzufriedenheit und oft auch Zweifel am Sinn und an der Wirksamkeit ihrer Spenden. Da ist es erstaunlich, dass die Spendenbereitschaft trotz aller Klagen über die oft unbefriedigende wirtschaftliche Entwicklung im eigenen Land ungebrochen ist, wie wir nach den Katastrophen der letzten Jahre gesehen haben. Sie ist Ausdruck einer ganz spontanen Betroffenheit, die in dem Wunsch mündet, genau dort schnell und unbürokratisch zu helfen, wo es den Opfern von Naturkatastrophen und bewaffneten Konflikten gerade am schlechtesten geht. Es ist die extreme Berichterstattung in den Medien, die zunächst aus übertriebenen Schlagzeilen und aus vorschneller Heroisierung der humanitären Hilfe besteht und später sehr häufig in heftigste Kritik mündet, die den Spender in ein Wechselbad aus spontaner Hilfsbereitschaft und späterem Frust stürzt. Eine ausgewogene und sachgemäße Berichterstattung über internationale Katastrophen und die darauf folgenden Hilfsmaßnahmen ist leider eine allzu seltene Ausnahme. Nach mehreren Jahren in der Entwicklungshilfe bin ich nunmehr seit 1993 regelmäßig in den Katastrophengebieten dieser Welt tätig. In dieser Zeit war ich bisher in mehr als 25 Einsätzen für verschiedene Organisationen in Europa, Afrika, Asien und Lateinamerika. Neben rein ärztlichen Tätigkeiten habe ich in den letzten Jahren immer häufiger auch Aufgaben als Erkunder, Teamleiter oder Koordinator übernommen. Hierbei war und ist es stets mein Ziel, möglichst schnell am Ort der jeweiligen Katastrophe einzutreffen, da die Abstimmung mit den einheimischen Helfern in den ersten Tagen nach einer Katastrophe immer am einfachsten und auch am effektivsten ist. Zusätzlich bietet mir meine Lehrtätigkeit im Studiengang "Internationale Humanitäre Hilfe" in Bochum seit zehn Jahren die großartige Möglichkeit, alle meine praktischen Erfahrungen immer wieder aufs Neue mit jungen und hoch motivierten Studenten zu diskutieren und aufzuarbeiten. In diesen Gesprächen fühle ich mich wieder in meine eigene Anfangszeit vor vielen Jahren zurückversetzt. Oft frage ich mich dann, wie und wodurch sich meine Einstellung zur internationalen Katastrophenhilfe in den letzten Jahren gewandelt hat und wie die zunehmende Diskrepanz zwischen der Realität vor Ort und den oft ergreifend naiven Vorstellungen selbst dieser interessierten Studenten zu erklären und zu bewerten ist. Wenn ich in den letzten Jahren nach meinen zahlreichen Einsätzen wieder nach Hause kam und dort die Schlagzeilen der vergangenen Wochen durchsah, hatte ich sehr oft das Gefühl, eigentlich an einem anderen Ort oder in einer anderen Situation gewesen zu sein. Ich fühlte mich immer unwohler beim Lesen der Heldengeschichten über ausländische Helfer, und ich war zornig, wenn wieder einmal eine Hilfsoperation in der Presse in Bausch und Bogen verrissen wurde. Von der alltäglichen Wirklichkeit war hinter all den fett gedruckten Überschriften meist gar nichts mehr auszumachen. Diese zunehmende Überzeichnung von Katastrophen in der Berichterstattung ist sicherlich nicht alleine den Medien anzulasten. Auch die Hilfsorganisationen sind für diese Darstellungen im selben Maße verantwortlich. Sie genießen und fördern allzu oft die übermäßige Verklärung ihrer Arbeit und haben es später entsprechend schwer, sich gegen Kritik zu wehren, die sehr häufig von den allzu großen und unrealistischen Erwartungen ausgeht, die an die humanitäre Hilfe gestellt werden. Die Realität, die ich in meinen Einsätzen erlebt habe, unterschied sich meist deutlich von dem, was zu Hause als Bild in der Öffentlichkeit erzeugt wurde. Es waren nie die großen Ereignisse der Schlagzeilen, die mir nach diesen Hilfsoperationen im Gedächtnis geblieben sind, sondern meist die vielen kleinen und unspektakulären Dinge, die den Verlauf der Hilfsmaßnahmen bestimmt haben. Da diese Kleinigkeiten kaum jemals den nötigen Sensationswert haben, um von den Medien wahrgenommen zu werden, wird es vor allem an uns Helfern liegen, das oberflächliche Bild, das dort vermittelt wird, zu vervollständigen und zu korrigieren. Dieses Buch unternimmt den Versuch, dazu einen Beitrag zu leisten. Dabei ist es mir auch ein Anliegen, alle, die sich durch das Leid, welches Katastrophen auslösen, berühren lassen, ein wenig an der spannenden, dramatischen, oft auch beglückenden Wirklichkeit im Zentrum der Katastrophe teilhaben zu lassen. Ich will versuchen, dem gängigen Schwarz-Weiß-Bild der Medien ein wenig Farbe zu geben und die groben Schlagzeilen mit der Wirklichkeit abzugleichen, die ich jeweils vor Ort erlebt habe. Da es allerdings meine Sicht auf die Realität ist, kann dieses Buch nicht den Anspruch erheben, in jeder Hinsicht objektiv zu sein. Obwohl ich überzeugt bin, dass die meisten erfahrenen Helfer und auch die Hilfsorganisationen im Wesentlichen mit meinen Schilderungen und Schlussfolgerungen übereinstimmen werden, möchte ich doch festhalten, dass ich hier meine ganz persönlichen Schlüsse ziehe und keineswegs für eine bestimmte Organisation spreche.

Erscheint lt. Verlag 12.3.2007
Zusatzinfo 16-seitiger 4-farbiger Bildteil
Verlagsort Frankfurt
Sprache englisch; deutsch
Maße 140 x 215 mm
Gewicht 475 g
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften
Wirtschaft
Schlagworte Afrika • Ärzte ohne Grenzen • Asien • BAM • Banda Aceh • Bhuj • Darfur • Erdbeben • Flüchtlinge • Hardcover, Softcover / Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft • HC/Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft • Helfer • Hilfseinsatz • Hilfsorganisation • Hilfsorganisation / Hilfswerk • Indien • Indonesien • Iran • Katastrophe • Katastrophen • Katastrophenhilfe • Katastrophenmedizin • Krieg • Medienberichterstattung • Notfallmedizin • Notfallmedizin / Akutmedizin • Rotes Kreuz • Ruanda • Spende • Sudan • Tsunami • Überschwemmung • Vereinte Nationen • Völkermord
ISBN-10 3-593-38123-0 / 3593381230
ISBN-13 978-3-593-38123-7 / 9783593381237
Zustand Neuware
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