Shakespeares Welt (eBook)

So lebten, liebten und litten die Menschen im 16. Jahrhundert

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
496 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-99649-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Shakespeares Welt -  Ian Mortimer
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Shakespeare lebte in einem Zeitalter neuer Horizonte und großer Umbrüche. Bestsellerautor Ian Mortimer betrachtet das späte 16. Jahrhundert aus einer völlig neuen Perspektiven.?  Königin Elisabeth I., William Shakespeare, Sir Francis Bacon: Diese historischen Figuren sind zwar bestens bekannt, doch Ian Mortimer gelingt es auf besondere Weise, ihnen Leben einzuhauchen und das »Goldene Zeitalter« Englands so schillernd und greifbar darzustellen, als wäre er selbst durch die Straßen von London und Stratford gezogen.?  ?»Shakespeares Welt« untermalt Wissen nicht nur mit wundervollen Anekdoten, dieses Buch zeigt auch die Widersprüche und Abgründe dieser Zeit. Während die Königin ihre Flotte in neue Welten schickte, herrschten Krankheiten, Hungersnöte und Gewalt in den Straßen Englands.?  »Ein amüsanter und verständlicher Reiseführer durch vergangene Zeiten.« -?Sunday Times?  Wer Geschichte verstehen will, muss in sie eintauchen und sie erleben. Geht es um das England des 16. Jahrhunderts, schafft dies kaum jemand besser als Ian Mortimer. »Shakespeares Welt« ist Reiseführer und Zeitmaschine, Nachschlagewerk und ein echter Spaß.??  Das neue Buch des Erfolgsautors von »Im Mittelalter« und »Zeiten der Erkenntnis«?  Ian Mortimer hat seinen Blick für alle Aspekte von Geschichte geschärft, die Menschen der heutigen Zeit begeistern und mitreißen. Er recherchiert genau, liebt die Details und nimmt sich als Erzähler dennoch zurück. Das macht seine?Geschichtsbücher zu den unterschiedlichsten Epochen und Themen zu einem echten Lesevergnügen für Einsteiger und erfahrene Leserinnen und Leser.?

Ian Mortimer, geboren 1967 in Petts Wood (Kent), studierte Geschichte und Literatur in Exeter und London. Mittlerweile ist er einer der erfolgreichsten britischen Autoren über das Mittelalter, schreibt Sachbücher genauso wie historische Romane, und gilt in diesem Genre als einer der innovativsten Historiker weltweit. Ian Mortimer lebt mit seiner Frau und drei Kindern an der Grenze zum Dartmoor Nationalpark in der südwestenglischen Grafschaft Devon.

Ian Mortimer, geboren 1967 in Petts Wood (Kent), studierte Geschichte und Literatur in Exeter und London. Mittlerweile ist er einer der erfolgreichsten britischen Autoren über das Mittelalter, schreibt Sachbücher genauso wie historische Romane, und gilt in diesem Genre als einer der innovativsten Historiker weltweit. Ian Mortimer lebt mit seiner Frau und drei Kindern an der Grenze zum Dartmoor Nationalpark in der südwestenglischen Grafschaft Devon.

Einleitung
Willkommen im elisabethanischen England


Wir schreiben Freitag, den 16. Juli 1591 – es ist ein ganz normaler Morgen in London. Auf der breiten Cheapside gehen die Menschen zwischen den Marktständen ihren Geschäften nach. Händler bemühen sich lautstark, die Aufmerksamkeit der Kaufmannsfrauen auf sich zu lenken. Reisende und feine Herren flanieren auf dem frisch reparierten Straßenpflaster, gehen bei den Goldschmieden und Geldverleihern ein und aus. Dienstleute und Hausfrauen schieben sich durch die Menschenmenge zum Little Conduit in der Nähe der St. Paul’s Cathedral, um Wasser zu holen, manche mit Ledereimern, andere mit Fässern, die an einem Joch auf ihren Schultern hängen. Die Morgensonne spiegelt sich in den Glasfenstern der reichen Kaufmannshäuser. Eine Magd, die gerade das Schafzimmer ihres Herrn putzt, schaut auf das Gedränge auf der Straße hinunter.

Plötzlich bricht am Rand des Markts ein Tumult aus. »Tu Buße, England! Tu Buße!«, brüllt ein Mann aus vollem Hals. Er ist ganz in Schwarz gekleidet und verteilt auf seinem Weg gedruckte Handzettel. »Tu Buße!«, ruft er wieder und wieder, »Jesus Christus ist gekommen, um die Spreu vom Weizen zu trennen und über die Erde zu richten!« Dieser Mann ist kein armer Irrer; er ist ein wohlhabender Londoner Bürger, Mr Edmund Coppinger. Ein anderer Gentleman, Mr Henry Arthington, ebenfalls ganz in Schwarz, folgt ihm auf dem Weg von der Gasse Old Change auf die Cheapside. Auch er verkündet lauthals, dass »der Tag des Jüngsten Gerichts über uns alle gekommen ist! Die Menschen werden sich erheben und einander töten, wie Metzger Schweine schlachten, denn der Herr Jesus ist auferstanden.« Die von ihnen verteilten Zettel geben kund, dass sie eine vollständige Reformation der Kirche in England planen. Für die vielen Menschen, die nicht lesen können, rufen sie ihre Botschaft aus: »Die Bischöfe müssen abgesetzt werden! Alle Geistlichen sollten gleich sein! Königin Elizabeth hat ihre Krone verwirkt und verdient es, ihr Königreich zu verlieren. Jesus Christus ist zurückgekommen. Der wiedergeborene Messias ist gerade jetzt in London, in Gestalt von William Hacket. Jeder Mann, jede Frau soll ihn als göttliches Wesen und Herrn der ganzen Christenheit anerkennen.«

William Hacket selbst liegt noch im Bett, in einem Haus in der Pfarrei St. Mary Somerset. Als neuzeitlicher Messias gibt er eine eher seltsame Figur ab. Sein Gedächtnis ist hervorragend – er kann ganze Predigten memorieren und sie dann in den Tavernen vortragen und mit amüsanten Witzen ausschmücken. Er hat eine Frau wegen ihrer Mitgift geheiratet, das Geld ausgegeben und sie dann verlassen. Er gilt als Frauenheld, ist jedoch noch bekannter für seinen unkontrollierbaren und gewalttätigen Jähzorn. Jeder, der sein Verhalten im Dienst von Mr Gilbert Hussey beobachten konnte, wird das bestätigen. Als ein Schulmeister Mr Hussey beleidigt hatte, traf sich Hacket mit diesem in einer Schankwirtschaft und gab vor, die Meinungsverschiedenheit aus der Welt schaffen zu wollen. Nachdem er das Vertrauen des Schulmeisters gewonnen hatte, legte er ihm in aller Freundschaft einen Arm um die Schultern. Dann plötzlich ergriff er den Mann, schubste ihn zu Boden, warf sich auf ihn und biss ihm die Nase ab. Als er das Stück Fleisch hochhielt, flehten ihn die verblüfften Zuschauer an, er solle dem blutenden Schulmeister doch erlauben, damit zu einem Wundarzt zu eilen, um es möglicherweise wieder anzunähen und so eine schreckliche Entstellung zu verhindern. Hacket lachte nur, steckte sich die Nase in den Mund und schluckte sie hinunter.

Hacket, der da gemütlich im Bett liegt, weiß, was die Messrs Coppinger und Arthington vorhaben: Er selbst hat ihnen frühmorgens die Anweisung dazu gegeben. Seiner so überzeugenden Persönlichkeit und seines glühenden Eifers wegen halten sie ihn für den wiedergeborenen Christus, und gemeinsam haben sie in den letzten sechs Monaten ein Komplott geschmiedet, um die Bischöfe zu vernichten und die Herrschaft der Königin zu untergraben. Sie haben mit Hunderten Menschen gesprochen und Tausende Flugblätter verteilt. Allerdings weiß Hacket nicht, dass gerade eine riesige Menschenmenge seine beiden Engel der Verheißung umschwirrt. Einige sind neugierig, einige lachen über ihre Verkündigungen; andere wollen sich ihnen anschließen. Die meisten möchten Hacket persönlich sehen. Eine so große Menschenmenge drängt heran, dass Mr Arthington und Mr Coppinger bald in der Falle sitzen. Sie suchen Zuflucht in einer nahen Wirtschaft, The Mermaid, und können durch die Hintertür fliehen, um wieder in die Pfarrei St. Mary Somerset und zu ihrem Langschläfer-Messias zurückzukehren.

Die Nachricht macht in der Stadt die Runde. Mittags marschieren die Stadtwachen von Haus zu Haus. Um ein Uhr sind alle drei Männer von den Behörden gestellt und verhaftet worden. Nicht einmal zwei Wochen später sind zwei von ihnen tot. Hacket wird wegen Hochverrats vor Gericht gestellt, schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Am 28. Juli wird er aufgehängt – nicht ohne den Henker vorher mit wüsten Beschimpfungen überschüttet zu haben –, dann vom Galgen abgeschnitten und geköpft. Sein kopfloser Körper wird wie üblich in vier Teile zerteilt, an denen je ein Körperglied hängt. Mr Coppinger stirbt im Gefängnis: Die Obrigkeit behauptet, er habe sich zu Tode gehungert. Mr Arthington hat mächtige Freunde im Kronrat und rettet so sein Leben. Als Teil seiner Buße veröffentlicht er einen Widerruf all der Dinge, die er gesagt hat.[1]

Diese Episode mutet seltsam an, aber sie bietet einen guten Einstieg, um Shakespeares England zu beschreiben. Sie führt uns die Unsicherheit des Lebens in der Hauptstadt genau in dem Moment vor Augen, in dem Shakespeare sich dort allmählich einen Namen macht. Die Ernsthaftigkeit, mit der die Behörden Hacket verfolgen, und die gnadenlose Effizienz, mit der sie den Aufruhr unterdrücken, sind typisch für diese Zeit. Es ist zwar nicht alltäglich, dass ein Mann öffentlich zum auferstandenen Christus ausgerufen wird und angesehene Gentlemen in einem gewalttätigen, flegelhaften, ungebildeten Schürzenjäger den Messias sehen; ganz und gar nicht ungewöhnlich ist aber, dass die Bürger extreme religiöse Standpunkte vertreten und die Absetzung der Monarchin fürchten. In den letzten Jahrzehnten hat sich so viel geändert, dass die Leute einfach nicht mehr wissen, was sie glauben oder denken sollen. Sie haben sich daran gewöhnt, mit schwelenden Krisen zu leben, die jederzeit lebensbedrohlich auflodern können.

Dieses Bild Englands zur Zeit Shakespeares wird manche Leser überraschen. Im 21. Jahrhundert hören wir gewöhnlich Positiveres über die Gesellschaft, die das goldene Zeitalter des englischen Theaters hervorbrachte. Wir schätzen Shakespeare als einen der größten Schriftsteller, den die Welt je gesehen hat – und stellen ihn damit auf eine Stufe mit den großen Wortführern anderer »großer« Zeitalter – Homer für das alte Griechenland, Vergil für das kaiserzeitliche Rom oder Dante und Petrarca für die italienische Renaissance. Die Königin ist für uns die Gloriana. Wir denken an die Niederlage der spanischen Armada und an Sir Francis Drakes Weltumseglung mit der Golden Hind. Wir denken an andere Autoren wie Francis Bacon und Sir Walter Raleigh, die Dichter Edmund Spenser und Sir Philip Sidney und die Dramatiker Christopher Marlowe und Ben Jonson. Kann man eine Gesellschaft, die solche architektonischen Meisterwerke wie Hardwick Hall, Burghley, Longleat und Wollaton Hall geschaffen hat, anders als triumphal nennen? Einem kleinen Königreich, das seine Marine vor der Küste Mittelamerikas in die Schlacht schickt, kann man doch sicher keine Selbstzweifel unterstellen? Und kann man von der Gesellschaft, die uns William Shakespeare schenkte, wirklich sagen, sie sei von Furcht durchdrungen?

Doch unsere Sicht auf die Geschichte schränkt die Realität der Vergangenheit ein. Wir konzentrieren uns auf das historische Ereignis und sehen nicht den Moment, in dem es geschieht. Wenn wir zum Beispiel das Wort »Armada« hören, denken wir an den englischen Sieg in der Schlacht von Gravelines, bei dem die bedrohlichen spanischen Schiffe vernichtet und Sir Francis Drake als Held gefeiert wurde. Doch im Augenblick des Angriffs war alles möglich. Als Drake in Plymouth an Bord ging, bestand die reale Möglichkeit, dass sein eigenes Schiff versenkt werden und die Armada in England landen würde. Er wusste bestimmt, dass ein Wechsel der Windrichtung alles ändern konnte – falls sich der Wind drehte, war seine Kriegstaktik in Gefahr und seine Flotte somit der Vernichtung preisgegeben. Wir Heutigen können uns eine Landung der Armada in England gar nicht mehr vorstellen. Unsere Sicht auf das Ereignis als etwas Vergangenes beschränkt unser Verständnis der Zweifel, Hoffnungen und Realitäten der Zeit.

Dieses Buch ist ein Versuch, die Schichten der Verklärung, Vereinfachung und des aufgeblasenen historischen Urteils, die die Vergangenheit auf Distanz zu uns halten, so weit wie möglich abzutragen. Dadurch will ich Shakespeares England nicht als etwas Behagliches und Vertrautes zeigen, aber auch nicht als etwas völlig anderes, das große Unbekannte. Vielmehr geht es darum, es aus der Nähe zu betrachten, als ob man wirklich in Shakespeares England mit den Menschen dort leben würde. Wo werden Sie unterkommen? Wie werden Sie sich kleiden? Was werden Sie essen? Da so viel über diese Zeit bekannt ist, ist zu erwarten, dass ein Historiker auf solche Fragen eine Antwort weiß. Doch es gibt natürlich Grenzen: Historiker können die Vergangenheit nicht tatsächlich wiederherstellen, zumal es...

Erscheint lt. Verlag 3.8.2020
Übersetzer Karin Schuler
Zusatzinfo Mit zahlreichen Abbildungen und Illustrationen
Verlagsort München
Sprache englisch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Neuzeit bis 1918
Geisteswissenschaften Geschichte
Schlagworte 16. • 16. Jahrhundert • Buch • Bücher • Christopher Marlowe • die erste • Elizabeth • England • Francis Bacon • Geschichtsunterricht • Gesellschaft • Goldene • Goldenes • History • Im Mittelalter • Jahrhundert • Leben früher • Leben Shakespeare • Lesen gegen Langeweile • Menschen Shakespeare • Preisendörfer • sechzehntes • Shakespeare • Unterhaltung zu Hause • Weltgeschichte • Zeit • Zeitalter • Zeit der Erkenntnis • Zeitmaschine • Zeitreise • Zeit zu Hause
ISBN-10 3-492-99649-3 / 3492996493
ISBN-13 978-3-492-99649-5 / 9783492996495
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