Der Tausch - Zwei Frauen. Zwei Tickets. Und nur ein Ausweg. (eBook)

Spiegel-Bestseller
Thriller - Der Nr.1 SPIEGEL-Bestseller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
416 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-26757-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Tausch - Zwei Frauen. Zwei Tickets. Und nur ein Ausweg. -  Julie Clark
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Zwei Frauen auf der Flucht. Eine Entscheidung, die alles verändert. Und kein Weg zurück.
New York, Flughafen JFK: Claire soll nach Puerto Rico reisen, um ihren Mann, einen ehrgeizigen Politiker, beim Wahlkampf zu unterstützen. Doch in Wahrheit will sie nichts als fliehen - vor seinen gewalttätigen Übergriffen und der lückenlosen Kontrolle, die er über sie ausübt. Sie kommt mit Eva ins Gespräch, die bei ihrem schwerkranken Mann Sterbehilfe geleistet hat. Zu Hause in Kalifornien erwartet sie die Polizei. Innerhalb weniger Sekunden beschließen sie, die Bordkarten zu tauschen und sich gegenseitig ein neues Leben zu schenken.

Erleichtert landet Claire in Kalifornien. In Evas Haus gibt es allerdings keine Hinweise auf einen Ehemann. Dann erfährt sie, dass das Flugzeug nach Puerto Rico abgestürzt ist. Und kurz darauf entdeckt sie die vermeintlich abgestürzte Eva in einer Fernsehreportage über das Unglück. Lebendig. Hat sie die Flucht in das Leben einer Anderen am Ende doch nur in eine Falle gelockt?

Julie Clark wuchs in Santa Monica auf. Während sich ihre Freunde auf Surfbrettern in die Wellen stürzten, las sie lieber Bücher am Strand. Nach dem Studium arbeitete sie in Berkeley an der University of California. Dann kehrte sie zurück nach Santa Monica, wo sie heute mit ihren beiden Söhnen und einem Goldendoodle lebt und als Lehrerin tätig ist. Mit ihrem gefeierten internationalen Debüt »Der Tausch« eroberte sie die SPIEGEL-Bestsellerliste im Sturm und stand wochenlang auf Platz 1.

CLAIRE


Montag, 21. Februar


Der Tag vor dem Absturz

»Danielle«, sage ich, als ich das kleine Büro betrete, das neben unserem Wohnzimmer liegt. »Sagen Sie bitte Mr. Cook, dass ich ins Fitnessstudio gehe.«

Sie blickt von ihrem Computer auf, und ich sehe, dass ihr Blick an dem notdürftig mit Make-up kaschierten Bluterguss unten an meinem Hals hängen bleibt. Automatisch rücke ich den Schal zurecht, um den Fleck zu verstecken, obwohl ich weiß, dass sie kein Wort darüber verlieren wird.

»Wir haben um vier Uhr einen Termin im Literaturhaus in der Center Street«, sagt Danielle. »Sie werden wieder zu spät kommen.« Danielle behält den Überblick über meinen Terminkalender und meine Fehltritte, und sie ist diejenige, die Bericht erstattet, wenn ich zu spät komme oder einen Termin absage, den mein Mann Rory für wichtig hält. Wenn ich für den Senat kandidiere, können wir uns keine Fehler leisten, Claire.

»Danke, Danielle. Ich kann den Terminkalender ebenso gut lesen wie Sie. Bitte laden Sie meine Notizen vom letzten Mal hoch, und halten Sie sie bereit. Wir treffen uns dort.« Als ich den Raum verlasse, höre ich, wie sie zum Telefon greift, und verlangsame den Schritt, obwohl ich weiß, dass dies ein denkbar schlechter Zeitpunkt ist, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Ich werde immer gefragt, wie es ist, in die Cook-Familie eingeheiratet zu haben, eine Politikerdynastie, die gleich nach den Kennedys kommt. Ich lenke dann ab, indem ich von unserer Stiftung erzähle, geschult, mich auf die Arbeit statt auf die Gerüchte zu konzentrieren. Auf unsere Alphabetisierungsprogramme und Bewässerungsinitiativen in der Dritten Welt, die Beratungsdienste in der Stadt und die Krebsforschung.

Ich kann niemandem erzählen, dass es ein ständiger Kampf um Privatsphäre ist. Selbst bei uns zu Hause sind zu jeder Tageszeit irgendwelche Leute anwesend. Mitarbeiter. Hausangestellte, die für uns kochen und sauber machen. Ich muss um jede Minute und jeden Zentimeter für mich kämpfen. Nirgendwo bin ich vor Rorys Personal sicher. Alle von ihnen sind engagierte Cook-Mitarbeiter. Selbst nach zehn Jahren Ehe bin ich noch ein Eindringling. Der Außenseiter, den man im Auge behalten muss.

Ich habe gelernt, dafür zu sorgen, dass sie nichts zu sehen bekommen.

Das Fitnessstudio ist einer der Orte, an die Danielle mir nicht mit Listen und Terminkalendern folgt. Ich treffe mich dort mit Petra, der einzigen Freundin, die mir aus meinem Leben vor Rory geblieben ist, und die einzige, die aufzugeben er mich nicht gezwungen hat.

Denn Rory weiß gar nicht, dass sie existiert.

Als ich beim Fitnessstudio ankomme, ist Petra schon da. Ich ziehe mich im Umkleideraum um, und als ich die Treppe zu den Laufbändern hinaufsteige, steht sie am Treppenabsatz und nimmt sich ein Handtuch vom Stapel. Unsere Blicke begegnen sich kurz, doch als ich mir ein Handtuch nehme, sieht sie in die andere Richtung.

»Bist du aufgeregt?«, flüstert sie.

»Ich habe schreckliche Angst«, sage ich, wende mich ab und gehe weg.

Ich laufe eine Stunde, und als ich um genau halb drei, in ein Handtuch gewickelt, die Sauna betrete, schmerzen meine Muskeln vor Erschöpfung. Ich lächle Petra an, die allein in der obersten Reihe sitzt. Ihr Gesicht ist rot vor Hitze.

»Erinnerst du dich an Mrs. Morris?«, fragt sie, als ich mich neben sie setze.

Ich lächle, dankbar, dass ich an einfachere Zeiten denken kann. Mrs. Morris war unsere Lehrerin in der zwölften Klasse, und Petra hätte beinahe das Klassenziel nicht erreicht.

»Du hast einen Monat lang jeden Nachmittag mit mir gelernt«, fährt sie fort. »Als keiner der anderen Schüler etwas mit mir oder Nico zu tun haben wollte wegen unseres Vaters. Du bist zu mir gekommen und hast dafür gesorgt, dass ich den Schulabschluss schaffe.«

Ich drehe mich auf der Holzbank zu ihr um. »Du tust so, als wären du und Nico Ausgestoßene gewesen. Ihr hattet Freunde.«

Petra schüttelt den Kopf. »Menschen, die nur nett zu dir sind, weil dein Vater die russische Ausgabe von Al Capone ist, sind keine Freunde.« Wir waren auf einer Eliteschule in Pennsylvania, wo die Kinder und Enkelkinder von altem Geldadel Petra und ihren Bruder Nico als spannende Fremdkörper betrachteten und sich ihnen näherten, als wäre es eine Mutprobe herauszufinden, wie nahe man ihnen kommen konnte. Aber sie nahmen keinen von beiden in ihren Kreis auf.

Und so bildeten wir ein Außenseitertrio. Petra und Nico sorgten dafür, dass sich keiner über meine Secondhanduniform oder den ramponierten Honda lustig machte, mit dem meine Mutter mich immer abholte. Sie sorgten dafür, dass ich nicht alleine aß, und schleiften mich zu Schulveranstaltungen, an denen ich sonst nicht teilgenommen hätte. Sie stellten sich zwischen mich und die anderen Kids, die grausame, verletzende Bemerkungen darüber machten, dass ich nur eine Externe mit Stipendium war. Zu arm, zu gewöhnlich, um wirklich eine von ihnen zu sein. Petra und Nico waren Freunde, als ich keine hatte.

Es schien Schicksal zu sein, als ich vor zwei Jahren ins Fitnessstudio kam und Petra sah, wie eine Erscheinung aus der Vergangenheit. Aber ich war nicht dieselbe Person, an die Petra sich von der Highschool erinnern würde. Zu viel hatte sich verändert. Zu viel würde ich erklären müssen, über mein Leben und was ich im Lauf der Zeit aufgegeben hatte. Und so hielt ich den Kopf gesenkt, während Petras Blick mich durchbohrte und mich aufforderte, sie ebenfalls anzusehen. Sie zu erkennen.

Als ich mein Trainingsprogramm beendet hatte, ging ich in den Umkleideraum und hoffte, ich könnte mich in der Sauna verstecken, bis Petra gegangen war. Aber als ich eintrat, war sie dort. Als ob wir es die ganze Zeit geplant hatten.

»Claire Taylor«, sagte sie.

Als ich sie meinen Namen sagen hörte, musste ich unwillkürlich lächeln. Petras Tonfall und Sprachmelodie waren immer noch vom Russischen geprägt, das sie zu Hause sprach. Sofort hatte ich mich wieder wie ich selbst gefühlt, nicht wie die Person, die ich über die Jahre als Rorys Ehefrau gewesen war, glänzend und undurchschaubar, mit verborgenen Geheimnissen unter einer harten Schale.

Wir tasteten uns langsam vor. Wir machten Small Talk, der schnell persönlich wurde, als wir uns über die Jahre austauschten, die vergangen waren, seit wir uns zuletzt gesehen hatten. Petra hatte nicht geheiratet. Sie ließ sich treiben, unterstützt von ihrem Bruder, der jetzt das Familienunternehmen führte.

»Und du«, sagte sie und deutete auf meine linke Hand. »Du bist verheiratet?«

Ich sah sie prüfend an, überrascht, dass sie es nicht wusste. »Ich habe Rory Cook geheiratet.«

»Beeindruckend«, sagte Petra.

Ich sah weg und wartete darauf, dass sie fragte, was die Leute immer fragen – was wirklich mit Maggie Moretti passiert sei, deren Name für immer mit meinem Mann verbunden sein wird. Das Mädchen, das zweifelhaften Ruhm erlangt hatte, nur weil sie vor langer Zeit Rory geliebt hatte.

Aber Petra lehnte sich nur auf ihrer Bank zurück und sagte: »Ich habe das Interview gesehen, das er Kate Lane bei CNN gegeben hat. Was er mit der Stiftung geleistet hat, ist bemerkenswert.«

»Rory ist ein sehr leidenschaftlicher Mensch.« Eine vielsagende Antwort, wenn man nachhaken würde.

»Wie geht’s deiner Mutter und Schwester? Violet muss inzwischen das College beendet haben.«

Ich hatte mich vor der Frage gefürchtet. Selbst nach so vielen Jahren saß der Verlust der beiden immer noch tief. »Sie sind vor vierzehn Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Violet war gerade elf geworden.« Bei meinem Bericht fasste ich mich kurz. Ein regnerischer Freitagabend. Ein betrunkener Fahrer, der ein Stoppschild übersah. Ein Zusammenstoß, bei dem sie beide sofort tot waren.

»O Claire«, hatte Petra gesagt. Sie hatte keine Plattitüden von sich gegeben oder mich gezwungen, Details zu offenbaren. Sie saß einfach bei mir und hüllte meine Trauer in Schweigen, denn sie wusste, dass Worte den Schmerz nicht lindern konnten.

Wir machten es uns zur Gewohnheit, uns jeden Tag nach dem Training in der Sauna zu treffen. Petra hatte Verständnis dafür, dass wir wegen ihrer Familie nicht in der Öffentlichkeit miteinander sprechen konnten. Selbst bevor wir wussten, was ich schließlich tun würde, waren wir vorsichtig, telefonierten selten und schickten uns auch keine E-Mails. Aber in der Sauna erneuerten wir unsere Freundschaft, bauten das gegenseitige Vertrauen wieder auf, das wir früher gehabt hatten, erinnerten uns an unser Bündnis, das uns beiden geholfen hatte, die Highschool zu überstehen.

Es dauerte nicht lange, bis Petra klar war, was ich verbarg. »Du musst ihn verlassen«, sagte sie eines Nachmittags, einige Monate nachdem wir uns wiedergetroffen hatten. Sie sah einen Bluterguss an meinem Oberarm, Überbleibsel eines Streits, den ich zwei Abende zuvor mit Rory gehabt hatte. Obwohl ich mich bemüht hatte, das Offenkundige zu verbergen – ein Handtuch um den Oberkörper höher gezogen, um den Hals gehängt oder über die Schulter drapiert –, hatte Petra stillschweigend die Zunahme der Spuren von Rorys Wut auf meiner Haut verfolgt. »Das ist nicht der erste, den ich bei dir gesehen habe«.

Ich bedeckte den Bluterguss mit dem Handtuch, weil ich ihr Mitleid nicht wollte. »Ich hab es einmal versucht. Vor ungefähr fünf Jahren.« Ich hatte gedacht, es wäre möglich, mich scheiden zu lassen. Ich hatte mich auf einen Streit eingestellt, wusste, dass es schmutzig und teuer werden würde, aber ich wollte seine Misshandlung als Druckmittel benutzen. Gib...

Erscheint lt. Verlag 25.12.2020
Übersetzer Gabriele Burkhardt, Astrid Gravert
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Flight
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Boardkarte • Claire Douglas • eBooks • Flucht • Flugticket • Frauenfreundschaft • Identitätstausch • Lüge • Megan Miranda • #metoo • metoo • Misshandlung • Neuanfang • Neues Leben • New York • Thriller
ISBN-10 3-641-26757-9 / 3641267579
ISBN-13 978-3-641-26757-5 / 9783641267575
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